Aufhebung der Hundesperre?
Anfang September hatte sich aus Vertretern der sämtlichen Tierschutz, fynologischen und Hundesportvereine Groß- Berlins ein Hauptausschuß für Hundefragen gebiet. Die erste Aufgabe dieses Ausschusses war, in der Angelegenheit der Hundesperre mit dem Berliner Polizeipräsidium und den weiteren zuständigen Stellen in Verbindung zu treten.
Vom Polizeipräsidium ist durch den Oberregierungs- und Beterinärrat Dr. Zahl, den Dezernenten für diese Angelegenheiten, diesem Ausschuß die Mitteilung zugegangen, daß noch in dieser oche, wahrscheinlich schon am morgigen Sonnabend, eine Polizeiverordnung erlassen würde, die eine teilweise Aufhebung des Leinenzwanges vorfieht. Die Verordnung, die am Tage ihrer Berkündigung in Kraft treten wird, soll, wie es heißt, die Befreiung vom Leinenzwang für den füdlichen Teil Groß- Berlins bringen. Die Grenzlinie wird dabei wie folgt gezogen fein: Im Westen der Havellauf, dann voi SpandauHeuptbahnhof aus die Bahnlinie über Fürstenbrum bis Bahnhof Westend, weiter die Südringlinie bis Bahnhof Stralau- Rummels, burg und von hier aus die Ostbahn. Die nördlich dieser Linie liegenden Teile Berlins fönren angeblich wegen der am 5. August festgestellten Tollwutfälle in Pantom noch nicht noch nicht vom Leinenzwang befreit werden, das wird vielmehr erst in einigen Wochen der Fall sein können, falls fein neuer Seuchenfall eintritt. Im Anschluß an diese behördliche Maßnahme fühlt sich der genannte. Ausschuß für Hundefragen, dessen Geschäftsstelle fich beim Deutschen Tierschutzverein, Berlin 23. 9, Potsdamer Str . 195, befindet, verpflichtet, die Hundebesitzer auf folgendes besonders hinzuweisen: Die Hunde sind durch die lange Sperre nicht mehr an„ Straßendisziplin" gewöhnt, das heißt, fie werden, von der Leine freigelaffen, infolge des Kraftüberschusses in der ersten Zeit auf den Pfiff oder Ruf ihres Besizers nicht aus nahmslos reagieren und beim Auslaufen des Guten etwas zu viel tun. Der größte Teil der Hunde fennt auch infolge des Leinenzwanges die Gefahren der Straße nicht mehr, oder, sofern es sich um jüngere Hunde handelt, noch nicht. Es besteht also die Möglichfeit, daß die Tiere ohne weiteres in Straßenbahnwagen, Autos oder Fuhrwerke hineinrennen. Die Hundebesitzer werden also gut tun, diese Möglichkeiten zu beachten und die Tiere in den Hauptverkehrsstraßen und beim Ueberschreiten des Fahr Dammes an der Leine zu halten, bis die Tiere sich wieder an den Verkehr gewöhnt haben. Nur in ruhigeren Nebenstraßen der freigegebenen Bezirke sollte man den Hunden freien Lauf laffen. Bei Nichtbeachtung dieser Ratschläge werden sonst viele Tiere im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder kommen.
Der Aktienschwindel. Weitere Berhaftungen.
Die Ermittlungen zur Aufklärung des großen Attienschwindels haben gestern wieder zu einer Verhaftung geführt. Auch ein Bruder des Kaufmanns und Direttors Werner Jatobi, ein Kaufmann Günther Jakobi, wurde von der Kriminalpolizei festgenommen. Er hat ebenfalls um die Fälschungen und ihre betrügerische Verwendung gewußt und beim Berpacken in der Wohnung von Blumenthal in der Nassauischen Straße mitgeholfen.
Baron Blumenthal ist eingehend verhört worden. Er bestritt zunächst jede Schuld, legte aber endlich doch ein Geständnis ab. Wenigstens gibt er die Fälschungen zu. Dagegen behauptet er immer noch daß er und Boeck nicht die Absicht gehabt hätten, die Spartassen, Banten und Privatleute um ihr Geld zu bringen. Sie hätten viel mehr Aussicht gehabt, durch andere Geschäfte genügend Geld zu befommen, um die auf die Aktien erhaltenen Summen zurückzahlen zu fönnen. Er will nicht mehr wissen, wann er adoptiert wurde. Er habe aber einem Baron D star von Blumenthal 1000 m. bar dafür gezahlt, und noch 10 000. versprochen, sobald er reich heitatete. Blumenthal war früher im Aufsichtsrat bei der BataviaGesellschaft. Er schied aus, weil er megen Betruges mit dem Ctrafnefes in Konflikt gekommen war. Trotzdem blieb er aber für bie Batavia- Filmerportgesellschaft noch weiter tätig. Diese war aus der Deutschen Union- Attiengesellschaft entstanden, die sich zunächst mit Pferdehandel beschäftigte. Um bei der Batavia- Gesellschaft zu einem Direttorposten zu gelangen, hotte Boeck, der in enger Fühlung mit Blumenthal stand sich verpflichtet, größere Einzahlungen zu machen. Weil er dazu fein Geld hatte, so fam er mit Blumenthat auf den Gedanken, Attien zu fälschen und sie sich beleihen zu lassen. Er glaubte, die falschen Attien bei Banten anbringen zu können. Weil er damit feinen Erfolg hatte, so fom man auf die Fürstenwalder Sparkasse, die dann auch die Attien in Denot nahm und Depotscheine ausstellte. Als das alles noch nicht ausreichte, ließen die beiden auch noch Batavia Attien zent nerweise bruden. Der Kreis der Mitwisser wurde größer und weil alle auf großem Fuße lebten. so nahmen die Fälschungen immer größeren Umfang an. Die Kriminalpolizei hat ferner einen Direktor Heinrich Römer vom Kurfürstendamm wegen Berduntelungsgefahr und unter dem dringenden Berdacht der Beihilfe in Haft genommen. Die Ermittlungen werden fortgesetzt.
Zwei Raubüberfälle.
In der vergangenen Nacht gegen zwei Uhr erschien der Chemiker Hugo Kluge aus Friedenau auf der Wache des 124. Polizeireviers in Charlottenburg und teilte mit, daß er in einem Stadtbahnzuge, der in der Richtung Westend fuhr, 11 einem Abteil zweiter Klasse von unbekannten Tätern beraubt worden sei, nachdem er infolge Uebermüdung eingefchlafen war. Die inneren Rodtaschen waren ihm mit der Schere aufgefsnitten. Erst auf dem Bahnhof Butliksiraße bemerkte R, daß er bestohlen worden war und meldete sich bei dem Fahrt: Dienstleiter, der ihn an die Polizei verwies. K. hat den Verlust feiner Brieftasche mit Legitimationspapieren und 180 m. Inhalt sowie einer goldenen Uhr und Kette im Werte von 100 M. zu beklagen. Als gestern abend gegen 844 Uhr der Barbier Richard Rodewald aus Borgsdorf , Hauptstraße 10 wohnhaft, in der Mähe seines Wohnortes durch den Wald ging, wurde er von dem 22jährigen Erich Martowih überfallen. Markowitz hielt ihm einen geladenen Revolver vor das Gesicht und zwang ihn zur Herausgabe feiner Barschaft in Höhe von 23 m. fowie seines Fahrrades. Der alarmierten Bolizei gelang es, den Täter in Hermsdorf zu ergreifen und ihm seinen Raub abzunehmen.
Was geht da vor?
In der Leitung des Berliner Schulwefens treten einige Aenderungen ein, deren Absicht und Tragweite noch nicht ganz flar ist. Der Magistrat hat beschlossen, daß Schulrat Heimte Dom Amt des Dezernenten für höhere Schulen enthoben wird. Da für wird ihm tommiffarisch die Leitung des Fach- und Fortbildungsschulwesens übertragen. Dieses Dezernat war schon feit längerer Zeit infolge des Abganges der Genossin Siemsen ver waist. Die Geschäfte des Dezernenten für höhere Schulen wird fortan Stadtrat Benede mitbesorgen. Herr Benede vertritt bekanntlich auch den Oberstadtschulrat Paulsen, der bis zur EntScheidung über den von ihm gegen feinen Abbau erhobenen Einspruch fich hat beurlauben lassen. Die hier mitgeteilten Aenderungen sind provisorisch. Sie sollen Geltung haben bis zu dem Zeitpunkt, mo über unserem Genossen Paulsen entschieden morden ist. Daß man Paulsens Plaz dauernd mit Benede besezen möchte, ist offenes Geheimnis!
Vertragsbruch der Gas- und Wasserwerke.
Am 11. Februar wurde zwischen der Direktion der Berliner städtischen Baswerte 2.-G. und der Berliner städti schen Wasserwerke A.-G. einerseits und dem Verbande der Gemeinde- und Staatsarbeiter, Ortsverwaltung Berlin , andererseits ein Manteltarifvertag abgeschlossen, der bis zum 31. März 1925 Geltung hat. Im Abs. 1 des§ 2 dieses Bertrages ist die Arbeitszeit wie folgt geregelt:
„ Die regelmäßige, durchschnittliche, tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden ausschließlich der Paufen."
Die Bestimmung hat nachstehende Fußnote:" Für die Zeit bis zum 30. September 1924 ist eine Arbeitswoche von 51 Stunden ausschließlich der Pausen vereinbart, die seitens der Betriebsleitung für Schichtarbeiter bis auf 53% Stunden durchschnittlich pro Woche einschließlich der Pausen ausgedehnt werden kann." Aus dieser flaren Fassung ergibt sich, daß nach Ablauf der hier festgesetzten Frist, also vom 1. Oktober 1924 ab, die achtstündige tägliche Arbeitszeit für die Betriebe der städti schen Gas- und Wasserwerte tariflich vereinbart ist. In diesem Sinne wurden auch die Arbeitnehmer der betreffenden Betriebe in der allgemeinen Belegschaftsversammlung im Februar 1924 informiert, als ihnen die Annahme des Tarifes empfohlen wurde. Daß auch die Direktionen damals durchaus diese Auffaffung teilten, geht schon daraus hervor, daß der Verhandlungsleiter, Direktor Alexander, die in der Tariffommission zum Ausdrud gebrachten Bedenken mit dem Hinweis zerstreute, daß ja die Ueberschreitung der achtstündigen Arbeitszeit
nur eine Ausnahme für eine ganz bestimmt festgelegte Frist sei. Auf Grund dieser Vereinbarungen und ferner veranlaßt durch die neue Arbeitszeitverordnung, verlangte auch die Direktion der Gasbetriebsgesellschaft von ihren Arbeitnehmern die Berlängerung der Arbeitszeit über 8 Stunden hinaus. Der Schlichtungsausschuß Groß- Berlin fällte am 20. März 1924 einen Schiedsspruch, der eine Tagesarbeitszeit von 8½ Stunden und eine wöchentliche Arbeitszeit für Schichtarbeiter bis zu 53% Stunden vorfah. Diese Bestimmung hat gleichzeitig mit Ablauf des Manteltarifvertrag: s für die Gasbetriebsgesellschaft am 3. September ihre Geltung verloren. Da über einen neuen Vertrag eine Einiburg, Oberregierungsrat Dr. Grabein, am 25. September einen gung nicht zu erzielen war, fällte der Schlichter der Provinz BrandenSchiedsspruch, in den die sozialen Bestimmungen des Vertrages der städtischen Gas- und Wasserwerte im allgemeinen übernommen wurden. Die Bestimmung über die Arbeitszeit hat in diesem Schiedsfpruch folgenden Wortlaut:
„ Die reine regelmäßige durchschnittliche tägliche Arbeitszeit be= trägt grundsäglich 8 Stunden ausschließlich der Pausen. Eine Verlängerung der Arbeitszeit fann in Anwendung des§ 5 der Arbeitszeitverordnung vereinbart werden. Für Wechselschichten fann die wöchentliche Arbeitszeit bis zu 53% Stunden durchschnittlich einschließlich der Pausen ousgedehnt werden." Der Schiedsspruch wurde von der Arbeitnehmerorganisation angenommen, von der Direttion abgelehnt. Der Antrag auf Verbindlichkeits erflärung liegt zurzeit dem Reichsarbeitsministerium vor. Inzwischen hat die Organisation an die Direktionen der Gas- und Waffermerte einen Antrag auf Erhöhung der Stunden. löhne im Durchschnitt um 6 baw. 7 Bf. gestellt. Gewiß ein sehr betragen in Gruppe I 49 Pf., in Gruppe II 54 Pf. in Gruppe III bescheidenes Berlangen, denn die zurzeit geltenden Stundenlöhne 63 Pf. Eine Entscheidung des Schlichtungsausschusses Groß- Berlin vom 19. September brachte allen Gruppen jedoch nur eine Zulage
Alles aus Liebe!
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Die Sorge um ihren verhafteten Geliebten brachte eine Frau Elise B. ins Gefängnis. Die Kriminalpolizei nahm zwei Kollidiebe namens Klofe und Schneider fest, als sie versuchten, von einem Wagen, der einen Augenblic ohne Aufsicht stand, Stoffe zu stehlen. Während Schneider im Polizeipräsidium vernommen wurde, erschien eine junge Frau mit einem Manne. Sie trug einen Handforb mit allerlei guten Eßwaren und erfundigte sich, ob sie wohl Herrn Schneider sprechen könne, der, wie sie gehört habe, alle geworden" sei. Man ließ sie einen Augenblick im Nebenzimmer warten und fragte sie dann nach ihrem Namen. Sie cntwortete unbefangen: Ich heiße Frau Müller und mein Begleiter ist mein Mann." Dieser nickte auch zustimmend. Beide wurden endlich zu Schneider hineingelassen, und Frau Müller" pacte diesem ihren Esporrat aus. Den Beamten fiel es nun auf, daß Schneider und Frau Müller" sich oft mit verliebten Augen ansahen, und daß Herr Müller sich über das innige Berhältnis zwischen den beiden sehr zu freuen schien. Einer von ihnen ging nach der Kartothet und stellte bald fest, daß die angebliche Frau Müller in Wirklichkeit eine Frau Elise B. mar, die Geliebte des verhafteten Schneider, die selbst nicht nur von den Berliner Behörden, sondern auch noch durch zwei Haftbefehle aus der Provinz gesucht wurde. Frau Müller" sträubte sich mit allen Kräften gegen diefe Entlarvung. Ihr Mann" aber betam es icht mit der Angst und versuchte, über mehrere Stühle hinweg den Ausgang zu gewinnen. Das gelang ihm jedoch nicht. Angehalten, geftand er, daß„ Die da" feineswegs seine Frau, sondern in der Tat Frau B. fei. Er bat flehentlich, ihn doch wieder laufen zu lassen. Das geschah denn auch. Schneider und feine Geliebte dagegen, die sich in die Eßwaren redlich teilten, blieben beide in Haft.
Das Finanzgeschäft mit der Ausreiseerlaubnis.
In der Nummer vom Sonntag haben wir auf die unglaubliche Bestimmung aufmerksam gemacht, nach der das Finanzamt angewiesen ist, von demjenigen, der ins Auslnd reist, zehn Mart zu er heben für die Bescheinigung, daß der Betreffende mit seiner Reise teine Schiebungen beabsichtigt. Unsere Notiz hat unter unseren Lesern ein Echo gefunden, und einer schreibt uns zu dem Thema mit grimmem Humor:„ Die jetzige Bestimmung ist so, daß eine einmalige Auspeißeerlaubnis 10 m. foftet. Für ein Vierteljahr, wobei mehrmalige Ausreise gestattet ist, fostet der Vermert des Finanzamtes 25 M., und unter denselben Berhältnissen für ein halbes Jahr 40 M., jedenfalls also eine ganz angenehme Einnahme für das Finanzamt. Irrtümlich in Ihrer Veröffentlichung ist nur, daß das Finanzamt feine Arbeit für das Geld leistet. In Wirklichkeit macht sich gegenüber früher das Finanzamt die Arbeit, vermutlich um sich das Geld zu verdienen, etwas schwerer. Zunächst muß nämlich mit dem Betreffenden ein hochnotpeinliches Protokoll aufgenommen werden, welches enthalten muß, daß von dem Antragsteller feine Schädigung des Deutschen Reiches beabsichtigt wird. und feine Banknoten hinausgetragen werden, dann wird der Betreffende zur Kaffe, die räumlich nicht in der Nähe zu sein braucht, gesandt, um feinen Obolus dort zu entrichten. Ist dies geschehen. geht es zur ersten Stelle zurück, und dann wird erst der Stempel aufgedrückt. Ich darf wohl annehmen, daß Ihre Kenntnis der Zufammenhänge nach Obigem etwas verbessert wird und Sie davon überzeugt sein werden, daß bei den Finanzbehörden wirklich feine Einnahmen ohne entsprechende Gegenleistung gesteigert werden! Daß die ganze Abwicklung der Erteilung der Ausreiseerlaubnis mindeflens zwei Stunden Wartezeit für den Antragsteller bedingt, sei nur nebenbei erwähnt." So wird immer noch in den Amtsstuben der Republik die Zeit vertrödelt auf Kosten der Steuerzahler.
zember 1924 Geltung haben. von 2 Pf. pro Stunde. Die neuen Lohnsätze sollten bis zum 31. De
Dieser Schiedsspruch wurde von beiden Parteien ab gelehnt. Daraufhin fanden nochmalige Verhandlungen am 29. September statt, in denen die Direktionen eine Stundenzulage bis zu 3 Bf."(!) zufagten, wenn sich die Arbeitnehmer gleichzeitig bereit erklärben,
die 51- refp. 53% ftündige Arbeitszeit für die Dauer des ganzer Vertrages beizubehalten!!
Diefer Vorschlag wurde von der Arbeitnehmervertretung selbstve.. ständlich abgelehnt. Bom 1. Oktober führten dann die Belegschaften die 8 st ün dige Arbeitszeit für Tagesarbeiter und die 48stündige Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter durch, wie sie laut Vertrag festgelegt ist.
Wegen der Lohnforderung wurde von der Organisation das Reichsarbeitsministerium zur Vermittlung angerufen. Gleichzeitig stellten die Direktionen ebenfalls beim Reichsarbeitsministerium den Antrag, in cinem besonderen Schiedsverfahren zu entscheiden, daß die bis zum 30. Eeptember 1924 festgelegte Arbeitszeit auch für die Zukunft weiter Geltung behalten soll! Beide Anträge wurden vom Reichsarbeitsministerium zusammengezogen. Die Verhandlungen fanden wieder unter Borsiz des Herrn Oberregierungsrats Dr. Grabein am 2. Oktober statt und wurden am 4. Oktober beendet. Eine Mehrheit für einen Bermittlungsvorschlag war in der Kammer nicht zu erzielen und so fällte dann der Schlichter, ohne Zustimmung auch nur eines Beisizers, folgenden Schiedsspruch:
der bis zum 30. September d. 3. gültig gewesenen Mantel1. Hinsichtlich der Arbeitszeit gilt die Regelung wie sie durch tarifvertrag festgelegt war unverändert weiber bis zum 31. Dezember d. J., von da ab mit der Maßgabe, daß die tägliche Arbeitszeit für Tagesarbeiter auf 84 Stunden herabgesetzt wird. 2. Die zurzeit gelter den Stundenlöhne in Gruppe I, II und III erfahren von der laufenden Lohnwoche ab eine Erhöhung von 3 Pf. Die Bezüge der Wochenlöhner erhöhen sich dem prozentual entsprechend. 3. Erklärungsfrist bis Sonnabend, den 11. Oftober 1924." Das bedeutet also die Aufhebung des geltenden Bertrages, die Berlängerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit von acht auf achteinhalb Stunden.
Eine Funktionärversammlung der Gas- und Wasserwerke am 7. Oktober beschloß, über diesen Schiedsspruch in den Betrieben Urabstimmung vorzunehmen. Sie empfahl den Kollegen ein. stimmig die Ablehnung, da es rechtlich eine glatte Unmög lichkeit ist, Bestimmungen eines Tarifvertrages während seiner Geltungsdauer durch gefeßlichen 3wang abzuändern. In der Funk. tionärversammlung wurde ebenso einmütig zum Ausdruck gebracht, daß die Arbeiterschaft nicht gewillt ist, eine Verlängerung der 8ftündigen Arbeitszeit wieder auf fich zu nehmen.
Die Direktionen bemühen sich nun mit energischer Unterstüßung der Arbeitgeber der Groß- Berliner Schwerindustrie, bei den maßgebenden Stellen im Reichsarbeitsministerium dahin zu wirken, daß der Antrag auf Berbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches für die Gasbetriebsgesellschaft abgelehnt, die Berbindlich. feitserklärung des zweiten Schiedsspruches aber ausgesprochen wird. Eine solche Entscheidung würde einen glatten Rechtsbruch bedeuten, der einen Ronflitt in den porgenannten Betrieben unvermeidlich heraufbeschwören müßte.
Pferde unter einer Elektrischen. Heute mittag turz vor 1 Ulyr ftieß an der Ede Glazer und Borhagener Straße ein Wagen der Linie 113 mit einem Privatarbeitsfuhrwert zusammen. Die beiden Pferde gerieten unter die vordere Plattform, Am find aber anscheinend mit dem Schrecken dooongekommen. Straßenbahnwagen wurden Die Scheiben zertrümmert. Personen wurden nicht verletzt.
Charlottenburg . Für den vom Kurfürstendamm , Drogien straße, Gervinusstraße und Wilmersdorfer Straße begrenzten Be zirk befindet sich jetzt die Vorwärtsausgabeftelle nicht mehr Dahlmannstr. 30, fondern bei dem Genossen Schulz, Drohsenstraße 12, Gartenhaus III I.
Berlängerung der Straßenbahnlinie 54. Die Linie 54, die vor übergehend bis Behrenstraße. Ecke Markgrafenstraße, verkehrt, wird Dom 13. Oftober ab über Französische Straße, Werderscher Markt, Schloßplah bis in die Breite Straße( am Köllnischen Fischmartt) weitergeführt
Die Kunstgemeinde Neuföün hatte zu ihrem geftrigen Eröffnungsabend nach der Neuen Welt geladen. Der Dratorienverein Neukölln, das Berliner Sinfonie- Orchester und die Solisten, das Ganze unter Stehmanns bewährter Leitung, brachten. Das Paradies und die Peri von Schumann im mustergültigen Zusammenspiel zu Gebör. Der dichtbefeßte Saal bereitete den Konzertgebern und seinen Mitstreitern eine begeisterte Aufnahme.
Ordner der Proletarischen Feierstunden! Infolge Programm- mechiels des Großen Schauspielhauses" muß die Feierstunde der Sozialistischen Arbeiterjugend vom 12. auf Sonntag, 26. Ottober, verlegt werden.
Start zur Amerikafahrt voraussichtlich Sonnabend. Friedrichshafen , 10. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Nach de heutigen Stand der Dinge ist mit großer Wahrscheinlichkeit dari zu rechnen, daß 3. R. 3 am Sonnabendmorgen um 8 Uhr den Amerikaflug antreten wird.- Ueber dem Atlantic ist seit gestern eine Befferung der Wetterlage zu verzeichnen, wenn auch die große Depression, die über dem 25. Breitengrad lagert, und zum Teil die ist. In Friedrichshafen sind in den letzten Tagen zahllose Fremde, Bone des Nordostpassats berührt, immer noch nicht ganz gewichen Angehörige fast aller Nationen eingetroffen und der Zustrom an Neugierigen ist so start geworden, daß die Werft für die Abfahrt besondere Vorkehrungen treffen muß. Der endgültige Kurs für die Fahrt wird erst heute abend festgelegt werden, wenn man in den Besitz der letzten Wettermeldungen gekommen ist. Man rechnet damit, daß das Luftschiff auf der Höhe des 30. Breitengrades, möglicherweise noch etwas füdlicher, die Fahrt durchführen wird.
Amerikanische Cynchjuftiz. Ein junger Neger, der in Chikago eines Vergehens gegen ein weißes Mädchen beschuldigt Männern und Knaten durch Stöße und Schläge getötet. Später war, wurde gestern abend in den Straßen von einer Gruppe von wurden Zweifel laut, ob der getötete Neger auch der richtige Mann gewesen sei.
Flugzeugunglüd bei Paris . Vorgestern früh stürzte auf dem Flugplay Bourget bei Paris ein Kampfflugzeug ab, das an den Luftmanövern bei Rambouillet teilnehmen follte. Die beiden Insassen
waren auf der Stelle tot.
Erdbeben auf Malta . Am 9. Oftober früh wurde auf Malta ein heftiges Erdbeben verspürt. Unter der Bevölkerung bracht eine Bonik aus. Die Leute stürzten auf die Straßen, wo gekommen, dagegen wurde beträchtlicher Sachschaden an. sie bis zum Tagesanbruch blieben. Menschen sind nicht zu Schaden gerichtet.
Berantwortlich für Politik: Ernst Reuter ; Wirtschaft: Artur Saternus; Gewerkschaftsbewegung: Fr. Ekkorn; Feuilleton: Dr. John Schikowski; Lotales und Sonstiges: Willy Möbus; Anzeigen: Th. Glode; sämtlich in Berlin .