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auch solche, die es lesen und schön finden. Mit diesen geistig Enterbten lehnen wir allerdings jede Gemeinschaft ab. Andere Männer erwägen zur gleichen Zeit, wie man die nach den drückenden Entwaffnungsbestimmungen des Frie- densvertrages der Zerstörung anheimgefallene prachtvolle Zeppelin-Halle in Friedrichshafen vor diesem Schicksal retten könnte. Sie möchten aus wahrster Ue'erzeugung und unter Berufung auf die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes den Feinden von gestern zurufen, daß diese Niederreißung eine Sünde wider den menschlichen Fortschritt wäre, daß die Zeppe- line nach ihrem festen Willen nur noch als friedliche Kultur- träger und niewiederals Kriegswaffe dienen sollen. <Sie haben übrigens als eine solche total versagt und werden auch stets in ihrer Hilflosigkeit gegenüber Fliegen: und Flak- geschützen versagen müssen.) Aber während jene Männer, die die Völkerverständigung erstreben und im Interesse Deutschlands und der Welt den Wciterbau von Luftkreuzern erwirken möchten, über geeignete Schritte beraten, fallen ihnen die Kretins und Schmocks der deutschnationalen Presse in den Rücken und liefern durch ihre lyrisch-hysterischen Tiraden den französischen Militärs den erwünschten Vorwand, Unnachgiebigkeit zu fordern. Morgen sitzen womöglich die Freunde desTag" und der Deutschen Zeitung" in der Reichsregierung des Bürger- blocks!... Sombenexplofion an öorü eines ficmeelufischiffes. Ztew Sorf, 13. Oktober. (Eca.) An Bord des Armee-Luft- l ch i f f e s T. C. 2 explodierte im Verlauf von Manövern über Langley-Field. Virginia , eine Bombe, die einen Gasbehälter zer- störte Pilot und Beobachter wurden schwer verletzt, drei andere Insassen erlitten einen Nervenschock. T. C. 2. das g r ö ß t« Luft­schiff der Bereinigten Staaten, hat eine Länge von 136 Fuß und «in« Höhe von 39 Fuß. Dem Umstand, daß der Ballon mit Helium, einem nichtexplosiblen Gas gefüllt war, ist es zuzu- schreiben, daß das Luftschiff der Bernichtung entging.

Süegerblock?- Auflösung! Das Geduldspiel. Der Aeltestenrat des Reichstages trat am Montagnachmittag zu einer Sitzung zusammen, um die Dispo- sitionen für den Zusammentritt des Reichstagsplenums fest- zusetzen. Falls die Regierungsumbildung zustande kommt, soll am Dienstag, den 21. Oktober, das Plenum wieder zusammen- treten. Als Tagesordnung sind vorgesehen: Beamten- fragen, Personalabbauverordnung, Wohnungs- und Sied- lungsanträge, die einem Ausschuß überwiesen werden sollen und etwaige Interpellationen. Es ist jedoch möglich, daß zu- nächst in der ersten Sitzung eine Erklärung der Reichsregie- rung erfolgen wird. Eine Stunde vor der Plenarsitzung wird der Aeltestenrat abermals zusammentreten und endgültig die Dispositionen für die erste Sitzung treffen. Der Aeltestenrat beschäftigte sich außerdem mit der Beschwerde der bürgerlichen Mitglieder des Rechtsausschuffes über den Vorsitzenden dieses Ausschuffess. den kommunistischen Abg. K a tz. Eine Entschei- dung in dieser Streitfrage wurde jedoch noch nicht gefällt. Es sollen zunächst noch Besprechungen in den Fraktionen darüber stattfinden. Darauf wird sich erneut der Aeltestenrat mit dieser Angelegenheit befassen. Die Einberufung des Reichstags ist vorläufig also nur für den Fall einer Regierungsumbildung geplant. Scheinbar soll sie nicht mehr erfolgen, falls eine Rsichstagsauflösung notwendig wird. Darüber dürfte bereits am Dienstag die Entscheidung fallen. Die Zentrumsfraktion tritt um 11 Uhr zusammen, um sich mit der Regierungs» erweiterung zu befassen. Eine Stunde später ist die Fraktions- sitzung der Demokratischen Partei angesetzt, die, wie es scheint, tatsächlich den Bürgerblock ablehnen wird. Der Ausgang der Beratungen des Zentrums ist vorläufig noch unbestimmt. Man

Pläsierkünste. In der Großen Volksoper gastiert das russische D i a g h i l e w- B a l l e t t.Sylphiden" in weiß«i Gaze- röckchan schlingen nach Chopinscher Musik romantische Reigen, drehen sich kreiselartig auf den Zehenspitzen, lassen im himmelhohen Sprung wohlgeformte Waden umeinander wirbeln.P o l o w e tz e r Tänze" zeigen phantastisch bewegte Massen von Frauen, Mädchen,, Kriegern, lockend, begehrend, suchend, fliehend im ungezügelten Temperament halbasiatischer Steppenwildheit. Zu den Melodien d.'s alten Italieners Cimarofa werden zierliche Pas de deux, de trois, de 51 X, eine Tarantella, ein Contre, und ein großes buntes Finale getanzt. Pantomimen,Le Tr i c o r ne",Sch ehe- razade" suchen dramatische Vorgänge tänzerisch-sd>auspie!erisch zu gestalten. Kurz, es sind die verstaubten und oerblühten Künste des alten Balletts, die hier neu auflackiert und frisch parsümiert einem Publikum vorgeführt werden, das von der Schaubühne nicht seelische Erhebung und Beschwingung. sondern leichten Sinnenkitzel. Pläsier und Zerstreuung erwartet. Und dieses Publikum kommt auf fein« Kosten. Es genießt Kostüm« und Bühnenbilder, die zum Teil lP i c a s s o s Dekoration zumTricorne") wirNich schön, zum größeren Teil von blendender Pracht und berauschender Buntheit find. Es bewursdert akrobatische Kunststück«, Pirouetten einer Vera Nemtchinooa, Woizikowstys Entrechats und die paro- distischen Lanzscherze der quecksilbernen Lydia Sokolooa. Es fühlt sich angenehm bewegt von leichten Tanzrhythmen, die seine Sinne prickeln, wie es ein Schuhplattler und ein Foxtrott tut. Daß dos Ballett in feinen Glanzzeiten eine wirklich« ernsthasre Kunst war, soll nicht bestritten werden. Daß es heute keine mehr ist, daß es trotz der Tradition eines einheitlichen, in sich geschlossenen Stils, den es sich wenigstens bei den Russen nock) immer bewahrt hat, für uns nur noch eine Angelegenheit des leichten Amüfs- ments, der pläsierlichen Unterhaltung sein kann, unterliegt keinem Zmeisel, Man braucht die technisch« Vollendung und Sauberkeit dieser Tänzer und Tänze keineswegs zu unterschätzen, aber man darf docki nicht übersehen, daß die Bravour und. Exaktheit niemals kllnst- ierischm Zwecken dient, sondern immer als Selbstzweck auftritt, als Mittel bmutzt wird, um durch bloße Birtuositüt dem Publikum zu imponieren. Auch der Tanz einer Wigman imponiert durch tech- irische Glanzleistungen, aber jede dieser Glanzleistungen gehört als notwendiger Bestandteil in den Organismus des Kunstwerks, sie wird nicht um ihrer selbst willen produziert, sondern dient einer Gesainr- Wirkung, denen erstes und letztes Ziel ist: Gestaltung seelischen Er- �ebens durch rhythmische Körperbewegung, Gewiß soll man jedes Kunstwerk mit sein«,.-» eigenen Maßen messen, aber an das Ballett. wie ez heute erscheint lassen sich überhaupt keine rein künstlerischen Maßstäbe anlegen. Seine Darbietungen erstellen das Auge durch chmückend« Reize und sie verblüffen durch akrobatische Virtuosität. Sie wirken also teils durch sozusagen kunstgewerbliche QiMtätsn, :eilv durch gymnastisch« Kunststücke und Kunstsertigksiten. Was darüber hinousacht. die zum Teil sehr effektvolle pantomimische Wirkung, ist schauspielerisch, aber nicht tänzerisch. Das deutsche Volk hat mit diesen Pläsierkünsten nichts mehr zu schaffen. Es ist sich bewußt, daß gegenwärtig aus seinem Schoß

rechnet aber auch hier weniger mit einer Regierungsumbildung als mit der Auflösung des Reichstages. Die Zeit", das Organ des Herrn Strefemann, meldet: Wie wir erfahren, rechnet man in den Kreisen der Regierung nicht mehr mit der Möglichkeit, durch Verhandlungen mit den Frak- tionsführern die Basis für eine Erweiterung der Koalition zu finden. Man glaubt deshalb an die Notwendigkeit einer Auf- l ö s u n g des Reichstags und einer Neuwahl. Boraussichtlich wird dadurch ein Zusammentritt des Reichstags überhaupt hinfällig werden. Ganz wörtlich wird man die Erklärung des Strefemann- Blattes nicht nehmen dürfen. Deutschnationale und Volks- parteiler bluffen jetzt mit der Auflösung, um diejenigen Ab- geordneten der Mitte, die keine Neuwahlen wollen, für den Bürgerblock weich zu machen. Die Deutsche und die Baye- rische Volkspartei setzen noch in letzter Stunde dem Zentrum heftig zu, wobei das"Argument Strefemanns eine große Rolle spielt, bei den bevorstehenden schweren Entscheidungen der Außenpolitik wäre die Opposition der Deutschnationalen nicht zu ertragen. Die Deutfchnationalen haben sa auch schon in ihrer Presse offen gedroht, wenn sie keine Ministerportefeuilles bekämen, würden sie die GefchäftedesReiches lahm- legen ohne Rücksicht auf die sich daraus ergebende Schädi- gung deutscher Volksinteressen. Da man weiß, daß sich die vaterlandslose" Sozialdemokratie zu solchen Höhen natio- naler Politik nie versteigen wird, glaubt man die sozialdemo- kratische Opposition leichter ertragen zu können als die deutsch - nationale. Stark gegen den Bürgerblock spricht aber die Berech- nung, daß er selbst mit Einschluß des Zentrums nur eine kleine Mehrheit hätte und daß ihm schon das bloße Fern- bleiben einiger Zentrumsleute von den entscheidenden Ab- stimmungen zur Katastrophe werden könnte. So ist es wahr- fcheinlich, daß es mit der Auflösung dennoch ernst werden wird, so wenig ernst es auch der Rechten mit ihr ist. Die Kommunisten melden sich. Reformistische Wahlpropaganda. Gestern traten im Reichstag parlamentarische Vertreter der Kommunistischen Partei aus dem Reichstag , den ver- fchiedenen Landesparlamenten und den Gemsindevertretun- gen der dreißig größten deutschen Städte zusammen. Das Ergebnis ihrer Beratung war eine lange Resolution, die sie durch eine bürgerliche Korrespondenz an die Mitwelt verbreiten lassen. Die angenommene Entschließung stellt eine Reihe von Forderungen auf. Sie wendet sich gegen die Bc- lastung der Arbeiterklasse, verlangt ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung Marx-Strefemann und fordert: 1. Kampf gegen jeden Lohnabbau, sofortige vier- zigprozentige Erhöhung des Lohnes bis zur Höhe dos Friedenslohnes, gleiche Löhne für Arbeiter und Arbeiterinnen: 2, Verbot der Arbeits Zeitverlängerung strikte Wiedereinführung des Achtstundentages bzw. der Sechsstunden- schickst untertags: 3. Verbot der Entlassung von Arbeitern, Ange- stellten, unteren und mittleren Beamten, Wiedereinstellung der ob- gebauten Beamten, stärkere Unterstützung der Erwerbslosen unter Abschaffung der Zwangsarbeit für die Erwerbslosen: 4. sofortige Aufhebung des zehnprozentigen Steuerabzuges, der Mietsteuer, der Steuern auf Konsumgenosfensd)ast«n: 5. De- freiung der Kleinbauern von der Pacht und Befreiung der Klein- bauern-Genossenschaften von jeder Besteuerung: 6. Aufhebung des Ausnahmezustandes, Freilassung aller politischen Ge- fangenen der proletarischen Parteien, sofortige Aufhebung des Staats- gerichtshofes zum Schutze der Republik . Ferner wird verlangt die lofortige Polls ozialisiorung, insbesondere der Industrie, des Bergbaues, der Eisenbahn, des Großgrundbesitzes des Groß- Handels und der Banken, Aufhebung der konterrevolutionären Organisationen, Entwaffnung der Polizei und der Reichswehr , Be- waffnung der Arbeiter. Außenpolitisch wird die Ablehnung des Eintritts in den Völkerbund und über den Ropallo- Vertrag hinaus ein sofortiges enges Bündnis mit Sowjet-

heraus eine neu« Kufft erwächst, eine Kunst der rhythmischen Körperbewegung, die nicht nur die Sinn« erfreut, sondern in die Seele dringt, eine Kunst, die des dekorativen Pomps nicht bedarf, sondern in ernster, schlichter Größe den Geist einer ernsten Zeit ver- lörpert. Ein« Kunst, die nicht von akrobatischen Virtuosen gerragerr wird, sondern von wirklichen Künstlern und Vollmenschen, und die letzten Endes die groß« Masse des Volkes zu ihren Trägern haben will und haben wird. Rur was diesem letzten Ziel der künstlerischen Stilentwicklung förderlich ist, verdient heute Beachtung, Daher müssen wir auch eine Tänzerin wie Lucy Kiesel Hausen ob- lehnen, die nach längerer Pausa sich wieder im Blüthnersaal produzierte. Sie ist vom Stamme der Wiesenihals, echt wienerisches, walzerfreudiges Blut rollt in ihren Adern. Aber die einzige Note, über die sie oerfügt, ist äußerlich dekorotio. Wo sie Seelisches zu gestalten sucht(Gloria in excelsis"), wird sie zur Marionette. Da glaubt man ihr das innere Erleben nicht. Man hat das Gefühl, daß sie uns etwas voitäufcht, was ihrer Natur zuwider ist. Und wenn die letzten f-ottcn Tonzrhythmen verflattert sind, ist auch die letzte Spur"von Wirkunperloschen. Es klingt und schwing: nichts in uns nock). Pläsierkuast. John Schilowski. persönliches von �notole Irance. Anotole France gehörte bekanntlich zu den 10Unsterblichen" der Akademie, deren Sitzungen er jedoch fast nie beiwohnte. Er Hot mit Vorliebe seine Kollegen verulkt, deren Gunst«r� sich mit dem etwas sentimentalen RomanDas Verbrechen des Sylv-ftre Bon- nard"(1881) erworben hotte. Es war die Drcysus-Affärc. die Anatole France endgültig in Zwiespalt brachte mit seinenunsterb­lichen", verzopften und nicht nur in politischer Beziehung rückstän- digen Kollegen. Die Dreyfus-Afför«. die 1831 einsetzte, und da, gesamt« politische und geistige Leben Frankreichs aufrüttelte, ließ den großen Zweifler, der eben deskalb ein großer Wahrheitsluchcr war, übertreten in das Lager der sogenannten Dreyfusords. Wenn Anatole France auch nicht an diesem zehnjährigen Kampfe aktiv teil- nahm, wie Zola, Iaurös und Clemenceau , so war ihm doch die Atmosphäre der Lüge aus Staatsraifon unerträglich geworden. Anatole France der ein Meister der französischen Sprache war, wohl der größte des 13. Jahrhunderts, liebte es, mit feinem Spolt die Sprachschnitzer seiner Kollegen zu unterstreichen. Man hat von ihm wohl nicht mit Unrecht gesagt, daß er ein Epituräer war. Man darf sich aber bei France darunter nicht einen Menschen vorstellen, der sick) mit Vorliebe materiellen Genüssen hingibt. France war'däs Gegenteil eines Bohemien. Seine Lebensweise war ebenso zurück- gezogen wie geregelt, und ihr verdankt er zweifellos sein hohes Lebensalter. Er liebt: es. einen Kreis erlesener Freunde zu emp- fangen, und seine geistreichen, schillernden und doch zugleich tief- schürfenden Plaudereien am Kamin waren in literarischen Kreisen bsrübmt und wurden viel nacherzählt. Wenn cr sick:. wie so viele bei Ausbruch des Krieges, von der nationalistischen Woge fortreißen ließ, hauptsächlich unter dem Ein- druck der Kriegserklärung Deutichlands an Frankreich und der Ver- letzung der belgischen Neutralität, so bekam bald der Zweifler und Wahrheitssucher in ihm die Oberhand. France , der mit einer un- erbittlichen Ironie in derInsel der Pinguine" die Verlogenheil des

Rußland verlangt. Die Konferenz erklärt, daß est, solches«« volutionäres Rettungsprogramm nicht verwirklicht werden kann innerhalb der bürgerlichen Parlamente, sondern nur durch die Lttsin, der Massen selbst und durch die Räte macht."..... Die Kommunisten haben offenbar begriffen, daß sie sich mit irgend etwas melden müssen, wenn die Auflösung des Reichstages in den nächsten Tagen erfolgen sollte. Das Bukett von Forderungen, das sie, wie es sich geziemt, in einer schönen Resolution zusammenfassen, kann leider nicht ver» gessen machen, daß sie im Reichstag keine Hand gerührt haben, um ehrlich auch nur für eine einzige ihrer Forderungen zu wirken. Ihre Spezialität war im Reichstag die Aufführung von Spektakelstücken und nicht sachliche Arbeit. Sie sind offenbar ein wenig in Verlegenheit, wie sie im Wahlkampfe ihren Ueberraschungserfolg vom 4. Mai behaupten sollen. Die längsten und die rrrevolutionärsten Resolutionen werden ihnen nicht darüber hinweghelfen, daß ihre Trillerkonzerte im Reichstag keine nützliche Arbeit gewesen sind.

Der gesprengte Rechtsausschuß. Bürgerlicher Protest gegen Katz. Der Rechtsousschuß des Reichstages trat gestern zusammen, um wichtige Vorlogen zu beraten, insbesondere die Einführung des Wiederaufnahmeverfahrens gegen Urteile der bayerischen Volksgerichte herbeizuführen. Vor Eintritt in die Tagesordnung verlas Abg. Kahl(D. Dp.) eine Erklärung, noch welcher die Vertreter aller bürgerlichen Parteien, mit Ausnahme der Nationalsozialisten, die sich bezeichnenderweise dieser Er- klärurig nicht angejchlossen hatten, sich weigern, unter dem Vorsitz des Abg. Katz zu verhandeln. Denn dieser habe im Reichstag grobe Be- leidigungen gegen den deutschen Richterstand und grundlose Per- dächtigungen gegen Mitglieder des Rechtsausschusses ausgesprochen, und die bürgerlichen Parteien wollten zunächst den Aellestenaus- schuß veranlassen, einen Parteienwechsel im Vorsitz des Rechtsau?- schusses eintreten zu lassen. Genosse R o s« n f e l d erklärte, daß unsere Genossen sich dem Verlange r der bürgerlichen Parteien nicht anschlössen. Selbst wenn Katz solche Aeußerungen getan habe, ginge es zu weit, zu verlangen, daß der Kommunistischen Partei dvr Vorsitz im Reckstsausschuß genommen wcrde. angesichts der Wichtig- keit der auf der Tagesordnung stehenden Vorlage sollten die Ver- Handlungen im Rechtsausschuß durchgeführt werden. Abg. Katz erklärt« als Vorsitzender, daß nach einer Aeußerung des Reichstags- Präsidenten der Aeltestenrat heute kaum Zeit haben werde, dem Antrag auf Aenderung des Voriitzes des R e ch t sa u sschu ss e s näherzutreten. Abg. Gerla nd (Dem.) unterstützte das Verlangen der bürgerlichen Parteien mit. dem Hinweis darauf, daß Kotz auch deshalb ungeeignet sei, den Vorsitz des Rechtsausjchusses weiter zu führen, weil dem Haus«in Antrag auf Aushebung seiner Immunität wegen Hochverrates vor» liege. Genosse Rosenfeld forderte, daß wenigstens zunächst sestgc- stellt werde, was Katz eigentlich im Plenum des Reichstages gesagt hob«. Di« Vertreter der bürgerlichen Parteien gingen darauf aber nicht«in, verließen vielmehr die Sitzung und unsere Genossen und die Kommunistm blieben allein zurück. Genossin Pfüls stellte noch fest, daß noch der Erklärung des Reichstagspräsidenten da, Verhalten der bürgerlichen Parteien die Folge hob«, daß de« Be. ratung der wichtigsten Vorlagen versd)leppt würde. Alsdann mußte die Sitzung des Rechtsausschuffes ergebnislos ge- schlössen werden._ Ver Geschästsorduungsausschuh de» Reichstags hat in seiner gestrigen Sitzung den Antrag der nqtionaliozialistlschen Freiheitö- partes out Aushebung der Festungshaft&eS Abg� K r i e b e i ab« gelehyt. Die Verhandlung über da? Verlangen der sqchnschrn. Gesandtschaft auf Genehmigung der Verhaftung de« kommunistischen Abg. Roscher wegen Aufruhr« und LandftiedenSbruch« wurde zunächst aulgesetzt, da sich in der Besprechung ergab, daß nochAus?. schlüsse der zuständigen StaalSanwaltschafr erforderlich sind. Gleich» fall« ausgesetzt wurde die Entscheidung über da« Gesuch auf Aus» Hebung der Untersuchungshast de« kommunistischen Abg. Urbahn». weil hier gleichfalls noch weitere Aufschlüsse der Generalstaat«- anwaltschast erforderlich sind.

Nationalismus und die selbstmörderische Dummheit des Militaris»; mus gekennzeichnet hatte, konnte nicht lange im Schlepptau der nationalistischen Begeisterung bleiben. 1918 schwenkte er sogar ms kommunistische Lager ab. wo er begreiflicherweis« nur«ine kurze Gastrolle gab. Er ist dann, wie vor dem Kriege, mit der sozialisti- sehen Partei innig verbunden geblieben, ohne jedoch jemals aktiv ins politische Leben einzugreifen. Es hat aber keine Sache des ver» letzten Rechts gegeben, für die man bei Anatole France vergeben» angepocht hätte. So kam es. daß Anatole Franc« zahlreichen offen!» lichen Versammlungen vräsidierte und für sein« kühnen und Narcn Sätze den stürmischen Beifall eines Arbeiterpublitums erntete, ob- wohl er gewiß kein Redner war Di« Proletarier waren diesem Großen dankbar, der es so meisterhast verstand, wie inErain- quebille", das Seelenleben auch der Aernfften bloßzulegen. Vor dieser Meisterschaft hoben sich auch seine Gegner gebeugt.

Erstes Festkonzert des Bezirksbildungsausschusies. Es ist hoch- erfreulich, daß der Bezirksbikdungsansschuß es sich schon erlauben kann, zwei Orchesterwecke für ein Soniilagnachmittags konzert aus- zuwählen, ohne die geringste svlistische Betätigung:Weihe des Hauses" von Beethoven und diev-M o l l-Si n f o n i e" von Bruckner. Und c-hn-e falsch a igebrachte Komplimentiere rei muß jeder erfahrene Kenner ffonstaticren, daß die Andacht, die Konzentration und Freude an der Sache bei dieser son-rrtäigig?n Gemeinde sehr, angenehm abstach gegen manche philyarmonische Gemeinde bei Konzerten berühmter Dirigenten. Em berühmter Dirig-mt war es diesmal nicht, der den Stab über die Philharmo-' niker führte: de» Ger.eralmusikdirektor v. Schmeidel.(Früher gab es manche international« Berühmtheit, die diesen Titel memols erlangte, heute lernt man manchen Generalmusikdirektor kernen, von dem man noch kein Won gehört hat.) Nun, man darf keinem dieser fetzt etwa 10 Mann zählenden Ehrentruppe Deutschlnids seinen Titel mißgönnen, sofern er die Berechtigung desselben am Pult erweist Und da war in der ersten Hälfte des Konzerts man­cher klein« Zweifel berechtigt. Sicher ist tzzermann von Schnteidsl ein rassiger, alles Technisch« und Musikalisch« fest beherrschender Dirigent. Aber dieWeihe des Hauses" war noch nicht von hoch- ster Inbrunst beseelt, die Klangfarbe der Streichsy etwas rauh und doch müde, die große Doppeffugc trotz großem dynamischem Aufwand nicht van elementarer Wirkung. Eine gute, aber keine hcroorragende Leistung des Künstler», der offensichtlich etwas vom Lampe ffieber ergriffen war. Der erste Satz der schönen gewaltigen Brucknerschen Sinfonie, deren demütige Dedida-tion Richard Wogner >873 mit Recht so erfreut angenommen hat. hatte ein« bedeutende Physioznomie, gina aber etwas zu viel m den allerdings grandiosen Einzelheiten aus, die leicht den Aufbau hemmen. Nicht umsonst ist die thematische Erinnerung diese? Satze» an den ersten der Neunten" von Beetboven. Er und der viert« sind von der granitn-en Größe, die wir vorher nur bei Beethoven kannten. Aber die drei letzten waren eine einheitlich« Meisterleistunz des noch jugendlichen Dirigenten, die ihm den wohlverdienten Jubel des ganzen Publikums brachte. Der Bann bei den Philharmonikern war gebrnclzen. die wunderbaren Mitteksätze schwelgten in Wohl­laut, die Apotheose des Schlusses war in äußerer und innerer Be- ziehend hinreißend. H. M.