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Die Volkshochschule — Luxus oder Notwendigkeit? von Dr. Th. Seiger, Geschäftsführer der Dolkshochfchule Groß-Derlm. .Die modeme großstädtische Volkshochschule hat bei der Arbeiterschaft einen völligen Bankerott erlebt, der beweist, daß die Albeiterschaft weder bildungswillig, noch bildungsfähig ist. Wo sind sie denn, die bildungshungrigen Millionen, von denen uns immer erzählt worden ist? In den Hörsälen der Volks- Hochschulen modernen Typs sucht man sie vergeblich. Da ist doch das Kulturbedürfnis des Bürgertums größer.. Solche und ähnliche Aeußerunaen entströmen immer wieder den»berufenen"' Federn von Leuten, die es eigentlich besser wissen müßten, weil sie selbst zum Teil vorübergehend als Lehrer an modernen Volkshochschulen gewirkt haben. Nur vorübergehend— zum Glück für die Volkshochschule . Diese Kritiker verwechseln ganz niiv»Wissen" und»Bildung" Sie verwechseln die Neugier des Gaffers am Zaune mit dem ernsten, tiefen Bildungsstreben des reifen Menschen. Ihnen wäre dringend die aufmerksame Lektüre des ersten Ab- schnittes von Nietzsches»Zukunft unserer Bildungsanstalten" zu empfehlen. Richtig an ihren Ausführungen ist: daß allerdings das Bürgertum, namentlich das jüngere weibliche, jene Hörsäle zum Bersten füllt, in denen man— ohne alle philosophischen oder historischen Vorkenntnisse— binnen einigen Stunden das Abendland untergehen sieht oder— ohne Ahnung von den Grundlagen der Physik— in gleicher Zeit die Geheimnisse der Relativitätstheorie in wohlgeformter Rede vorgesetzt be- kommt. Das nennt man Halbbildung: und die ist nicht, wie gelegentlich geglaubt wird, ein Schritt zur wirklichen Bildung: sie ist im Gegenteil schlimmer als Unbildung: Halb- bildung ist die HeuJjelei des Intellekts. Wenn in solchen Hörsälen die Arbeitermillionen vergeblich gesucht werden müssen, so begrüßen wir das im Interesse der Kultur und unserer Arbeiter. Richtig ist noch ein Zweites: daß in den Arbeitssälen der modernen großstädtischen Volkshochschule die Millionen nur durch einen recht kleinen Prozentsatz vertreten sind; vom Bürgertum sieht man aber dort genau so wenig. Dort wird nicht geredet, sondern gearbeitet, nicht zugehört, sondern wissenschaftlich gedacht. Und wissenschaftliches Denken ist nicht jedermanns Sache. Warum soll gerade die Arbeiterschaft sich in geschlossenen Scharen zu dieser mühsamen und verantwor- tungsoollen Aufgabe drängen, deren Erfüllung das Bürger- tum seinen Intellektuellen überläßt? Die selbständig denkende, geistig autonome, mit einem Wort: die gebildete Persönlichkeit ist in allen Schichten eine Ausnahme. In der Arbeiter- fchaft sind immerhin nicht wenige von dem Streben erfüllt, Sebildet in diesem Sinne zu werden. Und s i e kommen in jene 'rbeitssiile. Sie experimentieren und mikroskopieren dort; sie lesen und erörtern die Werke der großen Denker— statt sich mit mißverstandenen Zitaten und einem populären Auszug abspeisen zu lassen. Durch Erlernung und Anwendung wissen- schaftlicher Denkmethoden eignen sie sich also eigene Urteils- fähigkeit, geistige Unabhängigkeit an—: das, was man braucht, um eine selbswerantwortlich begründete Weltanschau- ung statt einer anerzogenen, von vagen Gefühlsmomenten b«5 stimmten zu haben. Im eben skizzierten Sinn« arbeitet seit fünf Iahrenn die Volkshochschule Groß-Berlin. Vor fünf Iahren erschien den städtischen Behörden— auch den Vertretern des Bürgertums— solche Arbeit notwendig und nützlich. Darum beteiligte sich die Stadt Berlin neben den Gewerkschaften und Arbeiterbildungsorganisationen aller Schattierungen und den staatlichen Hochschulen an der Gründung der Volkshochschule . Die Aufgabe der Finanzierung des Unternehmens, welche die Stadt damals übernahm, erfüllte sie bis ins Jahr 1921. Da — mit einem Schlage— erschien, offenbar angesichts des leeren Stadtsäckels, die Arbeit der Volkshochschule Groß-Berlin, welche damals 85<X) Hörer an 20 in der ganzen Stadt ver- teilten Lehrstätten zählte, als entbehrlicher Luxus. Die städ- tische Unterstützung, im Jahre 1922 weniger als dürftig, hörte 1923 praktisch auf. Proteste, Gesuche, Fürsprache des Kultus- Ministeriums, der Universität, prominenter Berliner Perfön« lichkeiten— all das verhallte ungehört. Nun schien nur eines übrig zu bleiben: Auflösung der Volkshochschule Groß-Berlin. Denn ein Schulunternehmen mit intensiv angelegten Unter- richtsklassen von 23 bis 30 Teilnehmern braucht Beihilfen— ebenso, wie jedes Gymnasium, jede Universität. Zur gleichen Zeit wurde in der Rechtspresse ein Feldzug gegen die Voltshochschule Groß-Berlin geführt, worin diese als sozialistisches Parteiunternehmen bezeichnet wurde. Das war natürlich Unsinn. Die Universität Berlin läßt sich nicht offiziell durch Delegierte ihres Senates in der Leitung einer sozialistischen Parteiorganisation oertreten. Trotz aller bün- digen Gegenbeweise kam dieses böswillige Gerede nicht zum Perstummen. Daß durch diese Beeinflussung der öffentlichen Meinung die Rechtsparteien im Stadtparlament der Volks- Hochschule Groß-Berlin nicht gerade freundlicher gesinnt wurden, ist jedenfalls selbstverständlich. War wirklich die Unterstützung der Volkshochschule Groß- Berlin ein Luxus, den man sich in Zeiten der Not sparen tonnte? Nun, der erforderliche Unterstützungsbetrag kam wegen seiner lächerlichen Geringfügigkeit für den Stadtsäckel kaum als Belastung in Betracht. Aber zweitens— und das ist die Hauptsache—: es handelte sich hier um alles andere eher, als um einen Luxus. lieber die Darlegungen der Ziele der Volkshochschule gingen die städtischen Organe stets hinweg. Sie fragten stets nur nach der Hörerzahl: diese Frage hat gegenüber einem volksaufklärenden Unternehmen ihre Berechtigung: daß sie aber in diesem Fall wiederholt gestellt wurde, bewies«in be- dauerliches Mißverstehen der Aufgaben, die hier zu lösen waren. Die Volkshochschule hat nie mit der Zahl ihrer Hörer geprahlt— und hat nie bedauert, daß sie nicht mehr Hörer hatte. Sie hat ja nie die»Sättigung der bildungshungrigen Massen" als Leitspruch auf ihr Panier geschrieben: denn die bildungshungrigen Massen gibt es nur in der Phantasie dilettantischer Volksbeglücker. Dank der Kulturpolitik der 33er- pangenheit ist es gar nicht anders möglich, als daß bei der Arbeiterschaft in ähnlichem Maß eine kulturelle A b st u m p- f u n g eintrat, wie das Bürgertum kulturell e i n g e s ch l S- f« r t wurde. Darüber geben sich ernsthafte Vertreter des freien Volksbildungswesens fo wenig Illusionen hin. wie die
ührer der sozialistischen und gewerkschaftlichen Bewegung. er Bildungstrieb selbst, der bei einer begrenzten Anzahl proletarischer Individuen ungeheuer intensiv ist, muß doch im Proletariat als ganzem erst geweckt und gestärkt werden. Will denn niemand sehen, daß mit Er« reichung dieses Zieles die Bildungsaufgabe selbst schon mehr als halb erfüllt wäre? Und dies Ziel ist nur erreichbar, wenn es gelingt, das Proletariat mit einer wachsenden Anzahl kul- tureller Pioniere, Schrittmacher meinetwegen, zu durchsetzen. Unter diesem Gesichtspunkt muß jeder Mensch einsehen, daß tausend wirklich in den Kulturprozeß aktiv einbezogene Arbeiter durch ihre Einwirkung auf die Klassengenossen mehr bedeuten, als ein— wenn es das sogar gäbe— in seiner Gesamtheit wissendes, d. h. letzten Endes doch vom Denken anderer abhängiges Proletariat. Wie notwendig solche Kulturarbeit ist, hat der Erfolg ge- zeigt. Die Volkshochschule Groß-Berlin ging nämlich trotz Ab- drosselung der städtischen Beihilfe nicht zugrunde. Die »wenigen" Arbeiter, die 3K Jahre lang sich ernstem Studium gewidmet hatten, duldeten nicht, daß ihre Volkshochschule ein unrühmliches Ende nahm. Von ihnen und dem Kultusmini- sterium gedrängt, stellte die Leitung der Volkshochschule die Organisation auf völlige Selbstverwaltung durch die Hörer um. Sie mußte sich dabei auf die vom besten Geist erfüllten Lehr- stätten beschränken und alle anderen sich selbst überlassen. Am lebensfähigsten waren bezeichnenderweise die Lehrstätten der von Ärbeiterbevölkerung bewohnten Bezirke. Die Leitung selbst wurde ehrenamtlich wahrgenommen und beschränkte sich auf eine gewiss« Oberaufsicht über die Verwaltung und auf die eigentlich wissenschaftlichen Aufgaben. Die Hörer brachten trotz Inflation und Erwerbslosigkeit erstaunliche wirffchaflliche Opfer, die Lehrer stellten sich unentgeltlich in den Dienst der Sache. Die menschlichen und fteundschaftlichen Bande der Hörer untereinander und mit den Lehrern wurden fest und fester. Die Arbeit einer Auslese von Lehrern mit einer Aus- lese von Hörern gestallete sich in ungeahntem Maße intensiv. Als der wirtschaftliche und seelische Druck der Erwerbslosigkeit eine große Anzahl von Hörern der zu geistiger Betätigung nötigen Spannkraft zu berauben drohte, organisierten die Hörer aus sich heraus einen Unterstützungsdienst, der eine große Anzahl von Kameraden mit ihren Familien Wirtschaft- lich über Wasser hielt und so der Bewegung wertvolle Kräfte bewahrte. Genügt da«?— Bestrebungen, denen die intellektuell und sittlich höchststehenden Elemente unseres Proletariates solche Opfer an Zeit, Arbeitskraft und sauer erworbenem Geld brin- gen. werden damit allein schon als notwendig und als das Gegenteil eines Luxus erwiesen. Seit kurzem hat sich die Stadt Berlin entschlossen, die Volkshochschule Groß-Berlin wieder zu unterstützen. Di« Volks- Hochschule benutzt diese Mittel wohlweislich zunächst nicht zur Erweiterung ihres Arbeitsfeldes(dazu würde die Beihllfe auch gar nicht ausreichen), sondern zur weiteren Z3ertiefung ihrer Arbeit. Daß die Sammlung der Kräfte nach innen und nicht der Ehrgeiz,«ine imposante Riesenorganisation zu werden, den rechten Weg zu volksbildnerischen Erfolgen bedeutet, in dieser Erkenntnis wurde die Volkshochschule Groß-Berlin durch die Jahre der Not neuerdings bestärkt. In diesem Sinne hatten die letzten zwei Jahre sehr segensreiche Wirkungen. Damit ist keineswegs gesagt, daß die Stadt Berlin eigentlich auch in Zukunft chr« Beihllfe sparen könnte. Die Notwirtschast hatte gute Wirkungen— wie jede Kraftprobe, die man aus- hält: man lernt die eigene Stärke erkennen und gebrauchen. Aber auf die Dauer wirken Kraftproben tödlich. Und wir sind der Stadt Berlin sehr dankbar, daß sie der Volkshochschule im rechten Augenblick das drückend« Sorgenbündel wenigstens etwas erleichtert hat, daß sie ihr einige Ellenbogensteiheit gibt, um die gesammelten Kräfte nun erfolgversprechend anzu- wenden. Wir hoffen sogar, daß die Stadt Berlin sich mit der Zeit zur Erkenntnis durchringt, wie wenig sie bis jetzt für ihre Volkshochschule tut. Eine kleine Illustration zum Schluß: die Stadt Berlin gibt für die Volkshochschule Groß-Berlin und für die daneben al, populäres Vortragswesen und Institut für Fachunterricht (Sprachen, kaufmännische Zkurse usw.) wirkende Humboldt- Akademie gemeinsam im Jahre 20 000 M. aus. Das ist ebensoviel, wie jede finnische Stadt von 20 000 bis 30 000 Ein- wohnern für ihre Arbeiter-Hochschule aufwendet
Wjrtsthcrst Ausländsanleihe und Volkswirtschaft. Heute wird die groß« Auslanbsqnieihe, die die Wiederherstellung der deutschen Boldwährung ormdglichen und zugleich den Reichshaus. halt von Reparationszahlungen entlasten soll, zur Zeichnung ausgelegt. 3!och den vorliegenden Meldungen wird der Andrang der Zeichner in den Ländern mit Geldüberfluß so groß sein, daß die Zeich. nungslisten schon nach wenigen Stunden wieder geschlossen werden. Hoffentlich wird der sicher zu erwartend« Erfolg dazu bei- tragen, die Kreditfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft vor der ganzen Welt zu beweisen, und so zur Befreiung der deutschen Unter» nehmungen von den Wirkungen der Kredit not dienen. Daß mit dem Geldzustrom auch manch« wirtschaftliche Gefahr verknüpft ist, wird in einer Zuschrift an uns geschildert, m der es u. a. heißt: Würden die 800 Millionen Gvldmart direkt von London und New Pork nach Poris und Brüssel fliehen, so wäre die ganz« Trans- aktion für die deutsche Volkswirtschaft gleichgültig. Aber tatsächlich fließen sie zunächst nach Deutschland , weil aus ihnen vor allem(neben den Besatzungskosten) die Sachlieferungen zu be- zahlen find, die Deutschland noch dem Berfa iller Vertrag(an Kohl«, Koks, chemischen Produkten) und dem Londoner Abkommen(sonstige Waren) zu machen verpflichtet ist. Bisher wurden all« diese Leistungen(und noch manche dazu: wie Einfuhrzölle an der ZLest- grenze, Abwhrabgaben. Kohlensteuer, Ueberschüsse der Eisenbahn- oegi«) auf Grund der Micum-Dertrgäe von Deutschland ohne Ent- gelt gemacht: nunmehr wird also«in« schwer« Last von den Schultern der deusscben Doltswirtschaft genommen. Es ist ohne weiteres klar, daß die Einkommen st eigerung. die dies bedeutet, sich zu- nächst in einer Erholung de» Effektenmarktes und in einer Senkung des ZinsfußesaufdemKavital markt bemerklich machen wird, denn die Unternehmer von Rhein und Ruhr, die noch dazu infolge der Entlastung des Reiches vielleicht nunmehr auch für die Vergangenheit Entschädigung erhalten dürsten, werden oersuchen, ihre stark zusammengeschmolzenen Effektenreserven anzufüllen usw. Vom Standpunkt der Arbeit« rsch oft ist aber besonders wichtig, daß die durch die Anleihe aufkommenden Zahlungsmittel so in die inländische Geldzirtulation«intreten. Dann
flihren sie zu einer beträchtlichen Steigerung der Inland». p r« i s«, zu einer Art Jnflalionskonjunktur. Schließlich verschI«ch:«N sich unter der Wirkung dieser Preisverschiebimg die Zahlungsbilanz und nun muß das Geld, das durch die Anleihe in» Land gekommen ist, zur Bezahlung des Importüberschusses wieder ins Ausland ge- geben werden. Di« Konjunktur schlägt um. die Preise sinken unter großen Erschütterungen de» Arbeitemarktes schließlich wieder auf da» alt« Niveau zurück. Dieser Kreislaus ist ja bekannt. Das Bedenklich« an ihm ist, wie oben bereits gesagt wurde, nicht daß das Geld im Eintausch gegen Waren ms Ausland zurückfließt. Dazu ist es bestimmt. Bedenklich ist vielmehr, daß durch seinen Um» weg über den inländischen Geldmarkt«ine künstliche Kon« junttur mit Krise und Depression erzeugt werden kann, daß die große Mass« der arbeitenden Bevölkerung erst durch Preis» steigerung und naivem durch Arbeitslosigkeit betroffen wird. AufgabederReichsbank ist es. diese ungünstige Gesqhr der 800-Million«n>Anleih«(und anderer Auslcmdstredite) abzu» dämpfen: sie muß während des Zuflusses des Auslandskapctals ihr« eigenen Kredite möglcchst durch Auswahl nach rein Volkswirt» schaftlichen Gesichtspunkten einschränken, damit sich der Za h- lungsmittelumlauf nur wenio erhöht, und sie darf nicht davor zurückschrecken, daß der zunächst nutzlos« Goldvorrat, der Zinsen frißt,, sich in ihren Kellern anhäuft. Wendet sich dann die Konjunktur schließlich(und ganz kann und soll die Wellenbewegung des Wirtschaftslebens nicht ausgeglichen werden), so ist sie nun in der Lage, aus ihren reichen Goldvorröten abzugeben, ihr« Kredite zu erweitern, um die Krise zu lindern, ja ganz zu verhüten. Während des Aufftieg« der Konjunktur wird ein« solche Politik sicherlich den heftigen Widerspruch oller Spekulanten und au«» dehnunqslüsternen Unternehmer hervorrufen, aber di« wahrer Interessen der Volkswirtschaft und der breiten Massen können auf andere Weis» nicht gewahrt werden. Nach neuerlichen Aeußerungen au» dem Reichsbankdirektorium scheint man sich der Gefahr einer Preissteigerung infolge erhöhten Zahlungsmittelumlaufes durchaus bewußt zu sein. Di« Kredit- politit des Reichsbantpräsidenten Dr. Schacht ist ganz auf diese Möglichkeit eingestellt. Es ist dringend zu wünschen, daß sie entgegen den Wünschen mancher Interessenten fortgeführt wird, um die der Arbeiterschaft aus den Konjunktur- jchwantungen erwachsenden Schäden zu oerhüten.
Umgruppierung üer europäische« Schweriaöustte» Der Aufbau de» Stinneskonzern in Oesterreich und den südöst- lichen Ländern geschah gemeinsam und unter tätiger Mithilfe von Camillo Ca st ig Ii oh L Durch seine Vermittlung war Siinnes in den Besitz de» Aktienpaketes der»Alpine Montangesell- s ch a s t" gekommen, in deren Kontroll« sich beide teilten. Das Eindringen de» Stinneskonzern in ander« Industrien Oesterreichs und der Nachfolgestaaten konnte nur deshalb in so großem Maß« vor sich gehen, weil Eastiglioni mit bei der Parti« war und seinem deutschen Bundesgenossen di« Steine aus dem Weg« räumt«. Der große In- flationsgewinnler an der Donau galt als der Vertrauensmann de« Stinneskonzern» in Südeuropa und hat sich vielfach al« solcher betätigt. Run, da Eastiglioni» Herrlichkeit dem Ende entgegengeht, wird auch die Frage aktuell, wie sich di« Stinnesgruppe zu der veränderten Situation einstellen wird. Der Mittelsmann wird in Zukunft fehlen, di« weiten Ausstrahlungen des Konzerns ermangeln eines Verbin- dungsgliedes. Man muß allerdings auch bei den Stinnesschen Interessen in Oesterreich die Zweiteilung de» Kanzem » beobachten. So gehört die Alpin« zur Interessensphäre der Siemens-Rhei»- Clbe-Schuckert- Union, während die übrigen Ge- schüft e in Oesterreich meisten» zum Prteaäonzern gehöre» und von der Hugo Stinne» G. m. b. H.. Wien , kontrolliert fei» dürsten. Man kann deshalb darauf gespannt sein, wie die Stinnes- grupp« die durch den Sturz Caftiglionis sich bildend« Lücke auszu- füllen gedenkt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß man die Gelegenheit benutzt, um ein« fülle Liquidation mancher Interessen vorzu- nehmen, die in der Sturmzoit der Inflation geknüpft, nunmehr aber hinfällig oder infolge der österreichischen Industriekris« unrentabel geworden find. Bei nachfolgender Betrachtung soll es sich hauptsächlich um die Zu» kunft der Alpin« Montvngesellschost handeln und die Kombinotionen, die sich aus der veränderten Situation ergeben. Die Alpin« ist bekannt. lich das einzige groß« Werk O« st erreich», das Roheisen, Stahl', Halbzeug und Wolzsabritat« herstellt. Di« meisten ihrer Betriebe befinden sich in Steiermark , in der Rühe de» großen Erzberge», wo Eisenerz in guter Qualität im Tagebau ge« wonnen werden kann. Dieser Erzreichtum wird zum größten Teil von der Alpine kontrolliert. Diese gehörte früher zum Inter- essenkreis der Niederösterreichischen Escompt«. g« s« l l s ch a f t. Als die Banksirma Kola u. Comp, in der ersten Zeit der Inflation in das Gehege der Alpin« einbrach, begann di« Loslösung von der alten Mutterbank. Bon Kola erwarb Eastiglioni gemeinsam mit der italienischen Fiatgrupp« die Mehrheit der Alpin«. Di« Fiat wurde später von Sttnnes abgelöst Hugo Stinnes be» stieg den Präsidenten stuhl, während Eastiglioni die Stelle des Vizepräsidenten einnahm. Mit diesem Majontätswechsel erlosch auch der Einfluß der Escomptegesellschaft, die Anglobant und andere traten an deren Stelle. Was di« österreichische Wirtschaft vor ollem von diesem Majori- tötswechsel erwartete, war di« Wiederingangsetzunq der Werke der Alpine. In der Tat gelang es Stinnes , die Hochöfen der Alpin« wieder anzublasen. Wenn auch die Reparationskommisston di« Aus- fuhr von Koks und Kohl« au» Westfalen nach Sleiermork untersagte und jener Bertrog, der die Lieferung von jährlich 600 000 Tonnen vorsah, dadurch hinfällig wurde, so gelang es doch, hauvtsächlich durch Vermitttuna der Anglobant, soviel Brennstosf aus der Tschechoslowakei usw. heranzuschaffen, daß die Schornstetjr der Alpine wieder rmichen tonnten. Ueber di« finanziellen Schwier�. teiten der Alpine half vorerst ein größerer Pfuirdtredit hinweg. Später wollte oder tonnte da» Syndikat Stinnes-Casttglioni die not» wendigen Kapitalien nur schwer heronschaffen. Weil«« mit der Investition de« notwendigen Kapitals bei der Alpin« durch die neuen Herren haperte, nahm man ihnen die Riesengewinn«, die bei den verschiedensten Kapttaltmnsaktionen erzielt wurden, besonders übel. Und da zur Flüssigmachung der Kredit« wieder Großbanken gebraucht wurden, kam auch die N i« de r ö st« r rei cht s ch« Escompte» gesellschaft wieder zu ihrer alten Tochter: der Präfi» dent der Escomptegesellschaft K r a» n y trat in den Aufsichtsrat«in. Di« Jnteressenerweitcrung der Alpine noch der Bankseit« hin geschah hauptsächlich anläßlich der Transaktton mit der Bismarck» hütte-Kattowitzer Bergbau A.-G. Bekattnlllch hatte Ninnes die!« oberschlesifchen Werk« au« den Händen Friedrich Flicks übernomemn. Die dadurch beabsichtiat« Festsetzung de» Stinneskonzern» in Oberschlesien erregte«inen nicht geringen Sturm bei den neupolnischen Mochthabern. Alle» ander«, nur keinen Sttnnes in Oberschlesien l Diese Klippe wurde umschifft, indem di« Wert« Bismarckhütte-Kottowitz durch«ine geschickte Effektentrans. aktion mit der Alpin« verbunden wurden. Oefterreichisch« Wirtschaft». kreis « sowie die dorttge Regierung sahen das Zustandekommen dieser Interessengemeinschaft nicht ungern. Man hotte so Anschluß an den oberschlesischen Kohlenbergbau bekommen. Ueber. dies ließ sich mit der dortigen Eisenindustrie eint vorteilhaft« Arbeitsteilung verbinden. Di« ruinöse Wirtschaftskrise in Polen und Ober»