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Während in der Jahren 1919 bis 1921 die Entwicklung des Groß- Berliner Gesundheitswesens insbesondere Alt- Berlins und ber östlichen Vororte einen vielversprechenden Aufschwung nahm, haben die darauf folgenden Jahren vorwiegend 1923 und 1924 unter dem Druck der Finanznot einen bedauerlichen Stillstand, ja sogar Rückschritte mit sich gebracht.
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Nachdem nur anscheinend die schwersten Zeiten überwunden sind und allgemein at Wiederaufbau gedacht wird, werden auch wohl zurückgestellte Aufgaben auf dem Gebiete der städtischen Gejundheitspflege in Angriff genommen und seinerzeit abgebaute und eingeschränkte Einrichtungen allmählich wieder auf den alten Stand gebracht werden müssen. Mit dieser Frage wird sich demnächst auch Die Berliner Stadtverordnetenversammlung beschäftigten, nachdem ein Antrag der sozialdemokratischen Rathausfraktion betreffend„ Wiederaufnahme der zurückgestellten sozialen Aufgaben usm." vorliegt. Zwar besitzt die Stadt Berlin zurzeit ge nügend Krankenhäuser, Irrenanstalten und Hospitäler zur Versorgung ihrer leidenden Einwohner, be fonders, wenn man noch die neuerdings auf Grund des Gesetzes Groß- Berlin übernommenen Kreiskrankenhäuser, die für Berlin in den Provinzialirren und Siechenanstalten zur Verfügung stehenden zahlreichen Bläge, die staatlichen Kliniken, die Privatanstalten und das Krankenhaus der Allgemeinen Ortsfrankenkasse Berlin in Betracht zieht. Neubauten von denen übrigens trotz der Inflation der anscheinend etwas mißlungene Neubau im Krankenhaus Moabit vor furzem fertiggestellt ist- fommen im Augenblid faum in Frage, wenn man nicht im Hinblick auf den in naher Zukunft schon mit großer Wahrscheinlichkeit eintretender Mangel an Betten für Sieche und unheilbare Krante das halbfertige, ursprünglich für Tuberkulöse gedachte Krankenhaus in Hobrechtsfelde ausbauen will, um darin fieche Personen vorzugsweise solche mit offener unheilbarer Tuberkulose aufzunehmen. Aber in den vorhandenen städtischen Kranken- und Pflegeanstalter gibt es
der
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zine nicht unbeträchtliche Zahl von Mängeln,
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die dringend der Abstellung bedürfen. Es ist unzweifelhaft eine der wichtigsten sozialen Aufgaben Berlins , seine Krantenanstaltsbetriebe wieder auf das Friedensniveau zu bringen. Die Zahl des Per fonals des ärztlichen, Pflege- und Hauspersonals ist trok berechtigterweise verkürzten Arbeitszeit beinahe auf Friedensstand wieder vermindert worden, so daß eine weitere Verminderung eine Gefährdung in der Versorgung der Kranten bedeuten würde. Im Gegenteil es wäre zu überlegen, ob nicht für Vertretungszwecke des erkrankten oder beurlaubten Perforals größere Mittel als bisher zur Verfügung zu stellen find, um eine dauernde Ueberlastung des Berfonals zu verhindern. In jommervollem Zustand befindet sich die Wäsche der meisten Anstalten. Hier gilt es endlich einmal, den immer wieder und wieder verzörten Erfah zu schaffen. Auch das Eß und sonstige Gefchirr ist zum Teil wenig erfreulich, ja fogar unappetitlich; hier ist gleichfalls für Ersatz zu sorgen. Die im legter Winter start eingeschränkte Heizung und Beleuchtung ist im Interesse der Kranten wieder dem alter Friedensstande anzugleichen. Längst notmendin gewordene Ausbesserungen an Gebäuden und Maschinen sind endlich auszuführen, um weiterem Verfall vorzubeugen. Ueber die völlig unzulängliche Beföstigung ist vor furzem an dieser Stelle in einer hier wiedergegebenen Resolution des Vereins sozialdemokratischer Aerzte schon das Notwendige ge legt worden. Mit der Freigabe von Verbandsstoffen und Arzneimitteln, insbesondere von Spezialitäten, dürfte auch großzügiger zu verfahren sein. Für die so überaus im Intereffe der Kranken liegenden ärztlichen Forschungsarbeiten sind wefentlich höhere Mittel als bisher zur Verfügung zu stellen. Des= gleichen für die Neubeschaffung und Aufbesserung von Röntgen apparaten und von sonstigem zur modernen medizinischen Technif gehöriger Instrumentarium. Die feinerzeit in dem Halten, von Fachzeitungen für Aerzte und Personal notwendig gewordenen Beschränkungen könnten wieder aufgehoben werden. Solange die offene Gesundheitsfürsorge" sich nicht in den Frankenhäusern abspielt, also lettere ohne nachgehende Fürsorge. fräfte sind, dürfte die allgemeine Einführung der zurzeit nur an einiget Berliner Krantenhäusern wirkenden fozialen Krankenhausfürsorge bzw. der geplanten„ fozialen Irren hausfürsorge" baldigst in die Wege zu leiten sein:
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Aus dem Gebiete der offenen Gefundheitsfürsorge", fälschlicherweise auch soziale Hygiene genannt, wäre zunächst die Errichtung von Schwangeren fürsorgestellen in allen B
Eine Liebestragödie.
Sich selbst und seine Braut erschossen.
Gine Liebestragödie spielte sich gestern abend in Lichtenberg ab. Ein 22 Jahre alter Buchdrucker Alfred Wargizti aus Der Belterstraße 3 war seit einiger Zeit verlobt mit einer 20 Jahre alten Anlegerit Hertha Schneider, die mit ihren Eltern in der Siegfriedstraße 193 in Lichtenberg wohnte. Gestern abend waren die Eltern des jungen Mädchens ausgegangen. Als sie kurz vor 11 Uhr heimkehrten, wunderten sie sich, daß ihnen nicht geöffnet wurde während in der Wohnung Licht brannte. Sie machten nun selbst auf und fanden zu ihrem Schrecken ihre Tochter und deren Bräutigam tot in der Küche liegen. Dos Mädchen lag mit einem Stirnschuß mit dem Gesicht auf dem Fußboden, neben ihr mit einem Kopfschuß der junge Mann auf dem Rücken. Beide waren tot. Die Ermittelungen, die von der Polizei des 255. Reviers sofort aufgenommen wurden, ergaben, daß Wargizli seine Braut wahrscheinlich mit ihrem Einverständnis und dann sich selbst erschossen hat. Irgendeine Aufzeichnung hatte tas Baar nicht hinterlassen. Der junge Mann hatte feine Arbeit verloren und hieraus waren wohl Schwierigkeiten für eine eheliche Verbindurig entstanden. Die Leichen wurden beschlagnahmt.
Der fürsorgliche" Kanarienhändler.
zirfen unter Hinzuziehung der ortsansässigen Hebammen zu nennen. Die Möglichkeit, Wanderkörbe an bedürftige Gebärende und Wöchnerinnen zu verleihen, würde die Arbeit dieser Fürsorge mefentlich ersprießlicher gestalten. Es sei hier nur angedeutet, daß es bedenklich mar.gelt. Die dafür gedachte Station im Obdach ist doch in Berlin an Heimen zur Aufnahme Gebärender und Wöchnerinnen nur ein jammervoller Notbehelf. Säuglings- und KleinPinder fürsorgestellen sind daraufhin zu prüfen, ob ihnen genügend nach gehendes Fürsorgepersonal, das die Hilfsbedürf tigen in ihrer Wohnung aufsucht, und weiterhin genügend Mitte! zur Verteilung von Milch und Stährmitteln zur Verfügung stehen. Auch die Räume, in denen diese Stellend untergebracht sind, ge= nügen vielfach nicht den primitivsten Anforderungen der Hygiene. - Die Zahl der Schulärzte ist erheblich zu vermehren. 10.000 Schulkinder für je einen hauptamtlichen und bis zu 3000 für je einen rebenamtlichen Schularzt, der nebenbei gesagt auch noch miserabel bezahlt wird, wie fast alle für die Stadt nebenamtlich tätigen Fürsorgeärzte, sind ein Unding. Desgleichen reicht die Zahl der Fachschulärzte( Ohren, Augen usw.) wie auch die 3a hl der Schulschwestern nicht im centferntesten aus. Jede Doppelschule würde einer Fürsorgeschwester mehr als genug Betätigung liefern. Daß der Schularzt in vielen Schulen noch nicht einmal einen eigenen Raum zur Untersuchung zur Verfügung hat, ist einfach skandalös. Vielleicht glückt es jetzt, wenigstens einige Aerzte zur Betreuung der Fortbildungsschüler und Schülerinnen einzustellen.
Die Verschidung der Kinder
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ist umzuorganisieren. Der Erholungsaufenthalt auf dem Lande hat sich vielfach gar nicht bewährt, im Gegenteil Schaben angerichtet. Man sollte daher die Verschick ung auf das Land nach Möglichfeit einschränken oder ganz einstellen. Dafür sind die nach sorgfältiger Auswahl herausgefundenen Kinder in gut geleitete, hygienisch einwandfreie Erholungsheime und Kuranstalten zu verschicken. Der artige Kuren sind wesentlich erfolgreicher als Massenverschidungen zu Bauern aufs Land. So fegensreich Spiel- und Sportpläge für geeignete Kinder find, so wären in gleichem Maße günstig gelegene, mit modernem Bestrahlungsinstrumentarium und von anerkannten Fachärzten ge= leitebe Ambulatorien für rhachitische und tuberkulos gefährdete und franke Kinder, bei denen Sommen- und künstliche Bestrahlung. Liege und Luftfuren zur Anwendung kommen müffen, Eine derartige vorbildliche in allen Teilen Berlins erforderlich. Einrichtung liegt im Bezirk Prenzlauer Berg auf dem Nordexerzierplak an der Eberswalder Straße. Die Errichtung von Wald. schulen ist zu fördern, die Anlegung von Landschulen, in denen die Kinder jahrelang leben fönnen, ist energisch zu betreiben. Für die Leitung und Arbeit an den Tuberkulofefürsorgestellen sind- in Krankenhäusern und Heilstätten gut vorgebildete Aerzte zu gewinnen. Sämtliche Tuberkulose fürsorgestellen sind nun endlich einmal mit Röntgenapparaten auszustatten, da sie sonst ihrer Aufgabe nur in beschränktem Umfange gerecht werden können. Mittel für Sachleistungen und Verschickungen in Heilstätten find in höherem Sachleistungen und Verschickungen in Heilstätten sind in höherem Maße als bisher bereitzustellen. Aus den großen Gebiete der Krüppelfürsorge
fei nur das Fehlen eines eimes für sieche und unheilbar frante Kinder" erwähnt. Für die Zwecke der Fürforge für Geistes- und Gemütstrante, für Alkoholiker, für feelish abnorme Jugendliche und Erwachsene( Psychopathen) ist in allen Bezirken je eine von einen Facharzt zu leitende Fürsorgestelle einzurichten, die alle Kategorien von geistig und seelisch Kranken betreut. Die Fürsorge für Geschlechtstrante ist arg vernach fäffigt. Sier gilt es für die Stadt, gefundheitliche und soziale FürAuch für die im Landes= forge großzügig aufzubauen. arbeitsamt und Berufsamt und in den entsprechenden stehen viel zu wenig Aerzte und Hilfsverfonal zur Verfügung. Hier Stellen der Bezirke zu leiftende gewerbeärztliche Arbeit müssen für die Zwecke der ärztlichen Berufsberatung, für die Unterfuchungen der Erwerbslosen und Erwerbsbeschränkten, für die Begutachtung der städtischen Eigenunfallversicherung usw. wesentlich höhere Mittel ausgeworfen werden, um nur den allernotwendigsten
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Anforderungen genügen zu fönnen.
Das sind eine Reihe der wichtigsten Aufgaben aus dem großen Gebiete der städtischen Gesundheitspflege, zu deren Erfüllung eifrige Arbeit von Verwaltung und Stadtverordneten auf lange 3eit Arbeit vce Verwaltung und Stadtverordneten auf lange Zeit notwendig sein wird. Es ist zu hoffen, daß sich sämtliche entscheidenden Stellen, insbesondere sämtliche Stadtverordnetenfrattionen, der Mitarbeit im Interesse der Notleidenden widmen werden.
Dr. med. Eduard Mosbacher.
Mutige Tat eines Siebzigjährigen. Als am Sonnabend zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags ein scheu gewordenes, Pferd mit einem Geschäftswagen führerlos durch die um diese Zeit start belebte Lange Straße raste, fiel der siebzigjährige Schloffer Oswald Kruschwiß, Warschauer Straße 77, dem Pferde in die Zügel und brachte, nachdem er eine Strecke mitgeschleift wurde, das Fuhrwert zum Stehen.
Vom Deutschen und Preußischen Landfreistag. Der Preußische Bandfreistag hielt am 9. und 10. Oftober d. 33. in Raffel eine Vorstandssigung ab, an die fich am 11. Ditober in Eisenach die Vorstandssitzung des Deutschen Landkreistages an schloß. Zur Tagesordnung stehen u. a. Fragen auf dem Gebiete des Landstraßenwesens, der Sondergerichte, der Finanz- und Verwaltungsreform, ferner Meliorationskredite und sonstige Kreditmaßnahmen.
Das Bolfsbildungsamt Prenzlauer Berg ladet die Mitglieder der Kulturgemeinde zum Dienstag, den 14. Oktober, abends 74, Uhr, nach der Aula abend für das Chorwerk Liszt Die Legende von der heiligen Der Königstädtischen Oberrealschule, Pasteurstr. 44, zu einem Einführungs Elisabeth" ein. Vortragende: Dr. Alfred Guttmann und Fräulein Herta Guttmann. Gäste sind sehr willkommen.
Sechs Arbeiter von einer Lokomotive totgefahren. Ein schweres Unglück ereignete sich heute früh zwischen Essen Hauptbahnhof und Effen- West. Eine leere Lokomotive, die sich auf der Fahrt von Mülheim- Hißen nach Effen befond, fuhr in dichtem Nebel in eine Gruppe von Arbeitern. Fünf von ihnen wurden auf der Stelle getötet, ein sechster erlag im beitern wurde schwer verletzt.
Die Aufgabe der JAH.
Proteftrummel gegen den Metallarbeiterverband. Dem folgenden Rundschreiben willen wir zur weiteren 2. breitung verhelfen:
2. Oftober 1924.
gen
,, Genossen, wie Euch bekannt sein dürfte, hat der Beirat des Deutschen Metallarbeiter verbandes den Beschluß gefeßt, die Mitgliedschaft der Ortsverwaltun des DMV. bei der JAH. zu untersagen. Dieser Beschluß ist jetzt von den Bonzen gefaßt worden, nachdem JAH. feindliche Stellung zu vertreten. Aus diesem Grunde ist es sie auf dem Kongreß im Februar nicht den Mut hatten, ihre der notwendig, daß alle Betriebe, soweit sie dem Deutschen oder bei uns gegen diefe Hondlungsweise des Beirats Protest Metallarbeiterverband angehören, sofort bei der Ortsverwaltung einlegen
Die Internationale Arbeiterhilfe hat sich die Aufgabe gefeht, den Kampf gegen den Londoner Paft durch wirtschaftliche Hilfe zu unterstützen. Es liegt deshalb in Eurem Interesse, diesen Angriff gegen die JAH. sofort energisch zurückzuweisen."
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Dieses Rundschreiben ist lehrreich für alle diejenigen, die mit den kommunistischen Praktiken nicht vertraut sind und die JAH. immer noch als eine humanitäre Einrichtung betrachtet haben. Es besagt, daß die unpolitische JAH. sich die Aufgabe gesetzt hat, den Kampf gegen den Londoner Paft zu unterstützen. Damit wird der Beschluß des Metallarbeiterverbonds Beirats durch die JAH. felber nachträglich noch besonders gerecht. fertigt. Schließlich zeigt das Rundschreiben erneut, wie fom munistische Protestaktionen gemacht werden, auch von der JAH.
Die JAH. hätte sich eine gewisse Sympathie erwerben können, wenn sie ihre Aufmerksamkeit den russischen Hungergebieten zugewandt hätte, selbst auf die Gefahr hin, daß die sich in rosenden Schmerzen windende" deutsche Arbeiterschaft ein paar Tage ohne ihre Hilfe blieb. Als Institution der KPD. , der ein Rotes- KreuzMäntelchen umgehängt ist, wirft sie nur abschreckend.
Streit bei Schwarzkopf- Wildau.
Die Arbeiter der Firma Schwarzkopff in Wildau hatten eine Erhöhung ihrer Löhne gefordert. Da in der Groß- Berliner Metallindustrie fein Tarif besteht, die Verbandsfirmen des BBMJ. fich immer nach der Anweisung richten, an Handwerker der ersten Klasse 51 Pf. und an die Transportarbeiter 35-41 Pf. Stundenlohn zu zahlen. Daß die Arbeiterschaft mit diesen Löhnen nicht zurechtfommen fm, liegt klar auf der Hand. Der Schlichtungs. ausschuß sprach in einem Spruch der ersten Klasse 56 Pf. und der fünften Klasse 43 Pf. zu. Dem Verband Berliner Metall. industrieiler sind aber diese Löhne noch zu hoch, und so ver bot er der Firma Schwarzkopff die Annahme des Schiedsspruches. Die Arbeiterschaft, die in einer Stärke von 1500 Mann an der Lohnbewegung beteiligt ist, ließ sich diese Provokation nicht gefallen; sie trat heute früh in den
Streit.
Die Lohnverhältnisse in der Berliner Metallindustrie wachsen sich nachgerade zum Standal aus. Der VBMI. hat es fertig bekommen, heute noch Löhne für qualifizierte Metallarbeiter festzusehen, die dem geringsten Gelegenheitsarbeiter nicht mehr angeboten werden. Wenn hin und wieder Firmen einsehen, daß für solche Schundlöhne feine Arbeiter zu haben sind, und mehr bezahlen wollen, kommt der Gendarm aus der Potsdamer Straße und verbietet es. Die Führer des VBMI. werden mit ihrer Lohnpolitik bald isoliert dastehen. Unter allerlei Bezeichnungen werden an die Arbeiter 3ulagen gewährt, nur um die Arbeiter im Betriebe zu halten. Ater seibst diese Löhne sind viel zu niedrig. Die Metallarbeiterschaft wird anders nicht nachreden lassen, daß sie der Bremsklok für die anderen in fürzester Zeit sich gegen den BBMI. aufvaffen müssen, soll sie sich Arbeitergruppen ift.
,, Streits im ganzen Reich."
Bum größten Kummer der„ Roten Fahne" waren in den letzten Wochen sehr wenige Streits zu verzeichnen. Und auch jetzt kommt im ganzen Reich" bestehen aus einem Streit der städtischen Gas- und im ganzen Reich" bestehen in einer Streit der städtischen Gas- und Wasserwerfarbeiter in Greiz und Arnstadt , dem Streit in den mitteldeutschen Papierfabriken und dem Bauarbeiterstreik in Ostpreußen .
Die Verhandlungen über die Zechenstillegungen. Gestern vormittag wurden im Oberbergamt die Verhandlungen zwischen den Regierungsvertretern und den Bergbauinteressenten übe die Zechenſtillegungen erörtert. Zunächst wurden die Wünsche Der Arbeitnehmer entgegengenommen. Die Berichterstattung der Vertreter der Bergarbeiterverbände nahm den ganzen Vormittag in Anspruch. Nachmittags fand eine Aussprache mit den Vertretern der von den Zechenstillegungen und Arbeiterentlassungen betroffenen Gemeinden statt. Die Gemeindevertreter schilderten die weiterhin untragbare Notlage de Kommunen und forderten Erleichterung der fommunalen Lasten für die Arbeitslosen. Ein besonders drastisches Beispiel für die durch die Stillegungen außer lofenfürsorge bietet die Gemeinde Annen mit 19000 Einordentlich gesteigerte Belastung der Gemeindebassen durch Erwerbs= wohnern, von denen 5000 Unterstügungsempfänger sind. Von den Regierungsvertretern wurde der informato. rische Charakter der Besprechungen betont. Zusagen für Erleichterungen irgendwelcher Art könnten nicht gegeben werden. nur durch die Entscheidende Maßnahmer fönnten gefetzDie Verhandlungen gebenden Körperschaften beschlossen werden. werden heute fortgesetzt.
Massenprotest der Bergarbeiter.
In den letzten Wochen tamen häufig Leute mit einem Kanarienvogel im Käfig zu verschiedenen Vogelhändlern und klagten diesen ihr Leid, daß der echte Harzer Roller" durchaus nicht singen wollte. Wenn ihnen dann der Bescheid wurde, daß sie Sangesfünfte von dem fleinen Tier nicht verlangen könnten, weil es ein Weibchen Krankenhaus seinen Verlegungen, eine weitere Anzahl von Ar- maffenentlassungen betroffenen südlichen Ruhrgebietes fanden stark
fei, so liefen sie zornig zur Polizei und machten Anzeige. In allen Fällen war ein Mann zu ihnen gefommen, meistens in der Tracht der Harzer Vogelhändler, und hatte auf dem Rücken viele keine Käfige mit feinen Lieblingen". Der Mann hatte eine rührende Geschichte erzählt, daß er wegen eines geringfügigen Bergehens mehrere Tage Gefängnis zu verbüßen habe. Während dieser Zeit könne er sich nicht um die Tiere fümmern und wolle sie daher verkaufen. Ihm sei weniger an dem Gelde als daran gelegen, daß seine gefiederten Lieblinge in gute Hände tämen. So verkaufte er die Bögel das Stüc für 8 bis 10 Mart und versicherte, daß jedes einzelne Exemplar ein Künster seiner Art sei. Bergebens wartete der Käufer, daß sich ber Vogel an die neue Umgebung gewöhnen sollte, und wenn er trog des guten Futters und aller Bemühungen nur einfach ,, Biep" sagte, holte er sich bei einem Vogelhändler sachverständigen Rat, warum fein echter Harzer Roller" nie daran denken würbe, zu ,, rollen". Außerdem wurde ihm mitgeteilt, daß der Tagespreis für ein Ranarienweibchen nur 0,70 m. betrage. Mitteilungen, die dazu bienen können, den Bogelhändler" dingfest zu machen, nimmt die Dienststelle B. I. 14. im 3immer 96a des Polizeipräsidiums entgegern.
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Groß- Berliner Parteinachrichten.
78. Abteilung Schöneberg . Mittwoch, abends 28 Uhr: Frauenabend bei der Genoffin Arone, Tempelhoferstr 16, verbunden mit gemütlichem Beisammensein und musikalischer Unterhaltung. Funktionäre des 11. Kreises sind herzlich eingeladen. Jungsozialisten, Gruppe Süden. Genoffe Pfarrer Frande spricht heute abend im Jugendheim über den„ Grünen Heinrich " von Gottfried Keller .
Wetter für morgen.
Wefter für Berlin und Umgegend. Zeitweise etwas nebelig, sonst weiterhin beständig. Für Deutschland : Nirgends eine durchgreifende Witterungsänderung.
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Geschäftliche Mitteilungen.
Die neuesten Modelle hocheleganter Schuhe bringt das bekannte Schnhlofal Behrndt, Münzstr. 25, mit seinen Filialen Rottbuser Damm 13 und Frankfurter Allee 54 au fabe haft billigen Preisen bei guter Qualität. Dura den Maffenumfaz diefer Firma ist sie in der Lage, so billig zu verkaufen. Wir verweisen deshalb auf ihr heutiges Injerat.
In zahlreichen Orten des ven den Zechenstillegungen und Arbeiterbesuchte Massenprotestversammlungen gegen die bergbaulichen Bes triebsstillegungen statt. Es wurden Entschließungen angenommen, in denen ein Eingreifen der Reichsregierung auf Grund des Sozialisierungsgefeges gefordert wird. Ferner wurde die Abschaffung sämtlicher Ueber. schichten verlangt, folange die Krise im Bergbau anhält.
Die Firma Vereinigte Spiegelfabriken A.-G., Möbelfabrik, Berlin , Große Frankfurter Straße 53, ist wegen Maßregelung der Betriebsratsmitglieder und wegen Lohndifferenzen gesperrt. Die Belegschaft befindet sich im Ausstand.
Deutscher Holzarbeiterverband, Berwaltungsstelle Berlin . Amerikanischer Gewerkschaftstongreß. Der 44. Jahreskongres der American Federation of Labor ist zum 17. November nach El Baio einberufen worden.
Berantwortlich für Politit: Ernst Reuter ; Wirtschaft: Artur Saternus; Gewerkschaftsbewegung: Fr. y Butlleton: Dr. John Schikowski; Lokales und Sonstiges: Willy Möbus; anzeigen: Th. Glode; fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Druck: Borwärts- Buchdruckerei und Berlagsanstalt Paul Singer, Berlin GW. 68, Lindenstraße 3