Wirtschaft

Die Goldumstellung im Anilin- Konzern.

Nun hat auch der deutsche   Farben- und Stickstofftrust, der sog. Anilin- Konzern, zur Frage der Umstellung der Bilanzen auf Gold Stellung genommen. Man war feit langem gespannt, wie der geschlossenste aller deutschen   Unternehmungsfomplete die schwierige Frage der Goldumstellung beantworten würde. An den Börsen fur fierben seit Wochen allerhand Gerüchte, und die Bapiere der Inter­effengemeinschaft fanden ein besonderes Interesse. Nun ist der Schleier gelüftet worden: Das Aktienkapital der Stammunterneh­mungen des Anilin- Konzerns soll im Verhältnis von 5: 1 zu ſammengelegt werden. Die Stammwerfe der Interessen gemeinschaft hatten das Rapital in dem verflossenen Jahrzehnt sehr start erhöht. Das Verhältnis des Friedenskapitals zu dem ver­mäfferten Papiermarktapital dürfte aus nachstehender Zusammen­stellung hervorgehen: 1924 Boraussichtlich nach d. Umftell. Stammattienkapital in Millionen Mart 880 176

Badische Anilin- und Sodafabrit Farbenfabriken Baher u. Co. Höchster Farbwerle.

1914

54

54

880

176

50

880

176

19,80

298

16 8

220

67,30

A.-G. für Anilinfabrik. Treptowo Chem. Fabrit Griesheim Elektr. Chem. Fabrik Weiler ter Meer 2. Caffella u. Co. G. m. 6. 5. 25

•

304,40 226,80 3 529,70

59,60 44

13,46 60,88 705,94

Gegenüber dem Friedenstapital würde also das Stammtapital Gegenüber dem Friedenstapital würde also das Stammtapital ber Interessengemeinschaft in Gold ungefähr dreimal höher sein. Hierbei ist angenommen, daß das Gesellschaftsfapital der Leopold Casella und Co., die eine G. m. b. 5. ist und deren Gesell schaftsanteile sich in den Händen der übrigen Konzerngesellschaften befinden, in derselben Relation zufammengelegt wird. Des ferneren bestehen Borzugsaktien, die feinerzeit zum Schuhe gegen die Ueber frembung geschaffen wurden. Diese wurden gegenseitig ausgetauscht. Wie die Zusammenlegung hier vor sich gehen soll, steht noch nicht fest. Die Frage liegt nahe, ob das mit dreifacher Höhe dotierte Stammtapital gegenüber demjenigen der Friedenszeit das verän­derbe Wertverhältnis bei den betreffenden Werken widerspiegelt. Wir wagen das zu bezweifeln. Der Krieg hat auf die innere Ausgestattung der Werte der Interessengemeinschaft unge­heuer eingewirft. Die Anforderungen der Heeresleitung waren nur zu bewältigen, wenn die Produktionsmöglichkeiten gewaltig ver­mehrt wurden. Der Gegen der Kriegsgewinne sette sich des= halb zunächst in Fabritbauten und der technischen Ber­besserung der Werke um. Hinzu traten Neuerwerbungen aller Art. Diese Expansion sette fich in der Nachfriegszeit fort. Was aber besonders für die Wertvergrößerung der Interessengemeinschaft ins Gewicht fällt, ist der Zuwachs der Ammoniat werte Merseburg   Oppau. Diese Riesenwerte, die einzig in ihrer Art dastehen, wurden mit billigen Arbeitskräften unter Zuschuß von Reichsmitteln errichtet. Der Gold mert diefer beiden Werte dürfte ganz gewaltig fein, zudem fich in deren Befiz noch Gipswerfe im Harz und in Württemberg   befinden. Erwähnt werden muß aud noch die neugefchaffene Selbstversicherungsgesellschaft Pallas Att.- Gef.

Bei der Betrachtung des Anilin- Konzerns darf ferner nicht außer Beachtung bleiben, daß die 7 Gesellschaften, die die Inters effengemeinschaft bilden, eben nur Kopf gesellschaften find, in deren Radius fich noch eine große Zahl von Tochtergesellschaften befinden. Wir erwähnen mur die Duisburger   Kupferhütte. Die Steinkohlen geche Auguste Bittoria und die Zuderfabrit Körbisdorf. Das große Attienpalet von Rheinstahl   wollen wir nur anführen, um darzutun, baß fich im Portefeuille der einzelnen Gesellschaften fowie in dem ber Interessengemeinschaft noch verschiedene Attiopoften be­finden, die einen nicht geringen Wert repräsentieren dürften. Das Verhältnis zu den früheren ausländischen Tochtergesellschaften ist noch ungewiß. Desgleichen find die namentlich in der letzten Zeit geführten Verhandlungen, mit den ausländischen Kontur renzwerten in ein vertragliches Verhältnis zu fommen, noch in fiefes Dunkel gehüllt.

Bei Ueberlegung diefer Zusammenhänge muß man zur Er­Lenntnis, fommen, daß der wirkliche Wertzuwachs der Interessen gemeinschaft des legten Jahrzehnts in dem verdreifachten Goldfapital gegenüber dem Stammtapital von 1914 nicht zum Ausdruck kommt. Nach dem Erscheinen der Geschäftsberichte wird noch näheres dar­über zu sagen sein.

Zur Reichsfinanzpolitik.

Ein wertvoller Beitrag zur Kritik der deutschen   Finanzpolitik ift soeben im Verlag der Schwäbischen Tagwacht" erschienen. Die Schrift trägt den Titel 10 Jahre beutscher Finanzpolitit. Kritische Würdigung vom Standpunkt der Sozialdemokratie". Bon Josef Hirn  . Preis 1,80 m.

"

Die Darstellung der deutschen   Finanzpolitik in dem 175 Seiten foffenden Buch ist mehr als eine fritische Würdigung, sie ist zugleich ein ausgezeichnetes Lehrbuch für alle Genoffen, die Intereffe für die deutsche Wirtschaftspolitik der jüngsten Bergangenheit und die augenblicklichen steuerlichen Probleme befizen. Der Berfasser geht aus von einer Kritik der ungerechten Belastung, die der Etat schon im Frieden aufwies, zeigt dann die völlig verfehlte Anleihe politik eines Helfferich während des Krieges, die die Reichsschuld lawinenartig anwachsen ließ. Während England seine Ausgaben in der Kriegszeit durch Steuern beftritt, verließen sich die bürgerlichen Finanzpolitiker bei uns darauf, daß die Gegner das Bleigewicht der Milliarden durch die Jahrzehnte einst schleppen werden". Nach dem unglücklichen Ausgange des Krieges trat die Sozialdemokratie für starfe Belastung des Besizes und der großen Einkommen ein, die die steuerscheuen Kapitalisten durch die Selbst einschätzung zunichte machten. Statt dessen druckte das Reich Noten, um die laufenden Ausgaben bestreiten zu können, und verschlimmerte die Inflation, die ein bürgerlicher Nationalökonom, Adolf Wagner  , als Raub und Betrug" bezeichnet. Einer der ersten, der unter dem wütenden Aerger der Rechten, instefondere Helfferichs, die Erfassung der Goldwerte verlangte, war der Reichswirtschaftsminister Schmidt. Bei einem Dollarſtand von 50, im Juni 1921, trat also die Sozialdemokratie für eine Abgabe aus der Substanz ein, während Stresemann dieselbe Forderung erst mehr als zwei Jahre später bei einem Dollarstande von einer Million aufstellte, nachdem seine Freunde sie vorher erbittert bekämpft hatten! In der ganzen Zeit nach der Ermordung Rathenaus bis zur Schaffung der Rentenmark bildete dann, wie der Verfasser mit einer Fülle von Material be= weist, die Lohnsteuer der Arbeiter und Angestellten die Haupt­quelle der staatlichen Einnahmen. Als nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft durch die wahnsinnige Notenvermehrung zu­grunde zu gehen drohten, wurde die Finanzreform und Wertbe­ständigkeit unseres Geldes von Hilferding   geschaffen, was mit Belegen der„ Bossischen Zeitung" und des Privatsekretärs von Strefes mann( Henry Bernhard) bewiesen wird. Die folgenden Finanz­minister haben dann das ausgeführt, was Hilferding vorbereitet hatte. Zum Schlusse gibt der Verfasser eine sehr inftruttive Darstellung der

Preisnotierungen für Nahrungsmittel. Durchschnittseinkaufspreise in Goldmark des Lebensmittel- Einzelhandels je

Gerstengraupen, lose Gerstengrütze, lose Haferflocken, lose.... Hafergrütze, lose Roggenmehi 0/1..

Weizengrieẞ Hartgrieß 70% Weizenmehl Weizen- Auszugmehl Speiseerbsen, Viktoria Speiseerbsen, kleine... Bohnen, weiße, Ferl Langbohnen, handverles. Linsen, kleine

Linsen, mittel Linsen, große

Kartoffelmehl Makkaroni

Bruchreis

Cal. Pflaumen 40/50

•

Zentner frei Haus Berlin  . 18,50-24,50| Kakao, fettarm 17,50-18,00 Kakao, leicht entölt 21,00-22,50 Tee, Souchon, gepackt 20,50-22,50 Tee, indischer, gepackt 20,00-21,50 Inlandszucker basis mel.

2

75,00 96,00 100,00-120,00 320,00-400,00 400,00-470,00 37,50- 40,00

43,00-46,00

21,50-24,56 Inlandszucker Raffinade 25,00-26,75| Zucker Würfel 19,2 21,00 Kunsthonig 39,90-42,00 21,25-28,00 Zuckersirup hell in Eim. 40,00- 45,00 18,00-24,50 Speisesirup dunk. in Eim. 27,00- 31,00 16,00-18,50 Marmelade Einfr. Erdb. 90,00- 95,00 22,00-24,75 Marmelade Vierfrucht. 40,00­28,00-32,00 Pflaumenmus in Eimern 43,00­18,50 29,50 Steinsalz, in Säcken 3,10 3,60 31,00-37,50 3,70- 4,20 4,405,00

37,50-51,00 Siedesalz in Säcken

. 17,75-19,50

43,00-46,00 Bratenschmalz in Tierces 38,00-39,00 Bratenschmalz in Kübeln

25,00-28,00 Purelard in Tierces

....

5,205,80 95,50- 96,50 Makkaronimeh! 95,00-97,00 91,50-93,00 Schnittnudeln, lose.... 17,50-18,00 Purelard in Kisten Rangoon   Reis 94,00-95,00 19,00 20,00 Speisetalg in Packung 65,00-66,00 Tafelreis, glasiert, Patna 24,25-32,00 Speisetalg in Kübeln Tafelreis, Java. 32,75-39,00 Margarine, Handelsm. I 66,00 Ringäpfel, amerik. 85,00 90,00 desgl. II 60,00-63,00 Getr. Pflaumen 90/100.. 40,00-43,00 Margarine, Spezialm.! 80,00-84,00 Pflaumen, entsteint 54,00 61,50 desgl. II. 69,00-71,00 Rosinen in Kisten, Candia 60,00 70,00 Molkereibutter 60,00-65,00 Molkereibutter la i. Päss. 216,00-220,00 i. Pack. 223,00-227,00 Sultaninen Caraburnu.. 75,00-90,00 Molkereibutter Ila   i. Fäss. 185,00-192,00 Korinthen, choice... 70,00-75,00| Molkereibutter i. Pack. 190,00-200,00 Mandeln, süße Bari  . 175,00-185,00 Auslandbutter in Fässern 228,00-237,0 Mandeln, bittere Bari  .. 175,00-185,00 Corned beef 12/6 lbs p. K. 35,00- 42,00 Zimt( Cassia)....... 106.00-115,00 Ausl. Speck, geräuchert 103,00-108,00 Kümmel, holländischer 55,00-65,00 Quadratkäse. 45,00-55,00 Schwarzer Pfeffer Singap. 108,00-115,00 Tilsiter Käse, vollfett. 112,00-125,00 150,00-155,00 Bayr. Emmenthaler Rohkaffee Brasil 195,00-220,00 Echter Emmenthaler 175,00-185,00 Rohkaffee Zentralamerika238,00-295,00 Ausl. ungezuck.Condens­Röstkaffee Brasil..... 240,00-290,00 milch 48/16. Röstkaffee Zentralam... 310,00-375,00 Inländische desgl. 48/12 16,50-19,25 Röstgetreide, lose 20,00-21,00 Inl. gez. Condensm. 48/14 25,00 25,00

Weißer Pfeffer

O

99

160,00-170,00

20,50-23,25

legten Steuernotverordnung und des Dames Gutachtens sowie die Stellung der Partei zu ber jezigen Finanz­politik. Im ganzen genommen: ein leicht faßliches, lehrreiches Wert, dessen Lektüre Bereicherung der Kenntnisse und Material zur Agitation bietet.

Gemeinden als Mitglieder von Konfumvereinen. Die Stadt urzen hat die Mitgliedschaft bei der Konsum- und Spargenossen­schaft für Wurzen   und Umgegend erworben. Die Stadt Calbe  hatte bereits vor längerer Zeit die Mitgliedschaft bei der Konsum­wurmte die Händlerschaft sehr. Entsprechend einer durch ihre und Spargenossenschaft für Calve( Saale  ) und Umgegend. Das Organisationen ausgegebenen Parole ließ sie deshalb durch einzelne befreundete Stadtverordnete in der Kollegiensizung den Antrag auf sofortige Kündigung der Mitgliedschaft stellen. Die Mehrheit der Stadtverordneten war jedoch vernünftig genug, zu solcher Schädigung der städtischen Interessen nicht die Hand zu bieten; der Antrag wurde abgelehnt. Begründer des Antrages waren der Inhaber eines Haushaltswarengeschäfts, eines Pelzwarengeschäfts und ein Schneidermeister. Der Verein hat die Gelegenheit wahr­genommen, um eine wirkungsvolle Propaganda zu entfalten, bei der das Treiben der Händlerschaft und die Leistungsfähigkeit der Ge­nossenschaft, die bald 60 Jahre fegensreich wirft, ins rechte Licht gerückt werden.

Zur Umbildung des Reichsbankdirefforiums. Die durch das Inkrafttreten des neuen Bankgeseges bedingte Neubilbung des Reichsbankdirektoriums ist in der Weise erfolgt, daß auf Grund des Paragraphen sechs des Bankgesetzes die bisherigen Mit­glieder zu Mitgliedern des Reichsbankdirektoriums ernannt wurden, mit Ausnahme des mit Rücksicht auf die vorge. sebene Altersgrenze ausgeschiedenen bisherigen Bizepräsidenten von Glasenapp. An Stelle des legteren wurde Geheimrat Kauff­mann zum Bizepräsidenten ernannt.

Der deutsche Landwirtschaftsrat tritt am 23. und 24. Oktober in Berlin   zu einer außerordentlichen Vollversammlung zusammen. Auf der Tagesordnung stehen u. a. Referate des Grafen Stehſerling!- Cammerau und Dr. Müller- Bonn über das Thema„ Landwirtschaft und Handelspolitit". Weiter werden die Reichsversicherungs­gefeßgebung und die Reichsstertergesetzgebung behandelt werden.

Folgen tommunistischer Zersplitterungsfucht im Genoffenschafts­wesen. Am 6. Juni 1920 gründeten 28 Leute in Freiburg  ( Breisgau) die Internationale Arbeiter- Produktiv- und Konsum­genossenschaft, Zentrale Siz Freiburg( Breisgau  )". Man befundete Die Absicht, den internationalen Wettbewerb der Industrie in ge­junde Bahnen zu lenfen". In mehreren Versammlungen dieser tommunistischen Genossenschafter haben die wirklichen Freiburger  Genossenschafter dringend vor dieser Gründung gewarnt. Amm 20. September d. J. mußte man in Freiburg   das Sterbeglödlein für diese kommunistische Genossenschaft läuten, sie hat an diesem Tage den Konturs erflärt. Sechs Tage vorher hatte der Auf­fichtsrat dieser Genossenschaft einstimmig eine Verschmelzung mit Dent Lebensbedürfnis und Produktivverein Freiburg( Breisgau)" beschlossen, was diese Genossenschaft jedoch nach Prüfung der Sach. lage ablehnte, da sie nicht die Schulden anderer bezahlen wollte, an deren Adresse sie vorher ausreichend eindringliche Warnungen hatte ergehen lassen. Damit ist wieder eines jener Gebilde aus der Deutschen   Genossenschaftsbewegung verschwunden, von denen es noch zu viele gibt und unter denen die Genossenschaften leiden. Die Arbeiterschaft, auf die es diesmal ganz besonders abgesehen war, fcllte endlich einsehen lernen, daß man mit Raditalismus und fach­licher Untüchtigteit niemals in der Wirtschaft vorwärts tommt. Nach Schäzungen wird dieser Konkurs jedem Mitglied auf etwa 45 bis 50 m. zu stehen tommen, 1700 arme Familien sind materiell schwer geschädigt worden.

Italienische Freihändler für Erleichterung der deutschen   Waren­ausfuhr nach Italien  . Die Vereinigung der italienischen Frei­bändler betont in einer soeben angenommenen Entschließung die Bedeutung des deutschen   Marktes für die italienische Agrarpolitit. Der deutsche   Markt sei das größte und wich­tigfte Abfazgebiet für Italien   und um sich diesen Markt zu sichern, müffe die italienische Regierung Konzeffionen für die Einfuhr von deutschen   Fertigfabritaten machen, insbesondere auf dem Gebiete der chemischen und der Schwerindustrie. Gegner einer solchen vernünftigen Berständigung seien nur gewiffe italie­nische Industrielle, die durch den jegigen Generaltarif allzu sehr bevorzugt worden seien.

Seute begeht unser Abteilungstaffierer Genoffe Ser­mann Lüd mit seiner Ehefrau bas Feft der Silberhochzeit. Anlaßlich dieser Feier beehrt sich die 23. Abteilung, dem Gilberpaare bie herzlichsten Glüdwünsche, auch für ferneres Wohlergehen barzubringen.

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