7. Beilage ües vorwärts
Sonnabenö,7S. Oktober 192»
Nr. 492* 41. Iahrgaag
Sonntägliche SauämcS» im Herbst! Ein farbenprächtiges Landschaftsbild. wie wir es so bunt in keiner anderen Jahreszeit kennenlernen, bietet sich uns, wenn wir jetzt die heimatlichen Laubwälder durchstreifen. Und die Mark Brandenburg ist reich an solchen Wäldern, besonders ihr nördlicher Teil. Kloster Chorin . Um zum Kloster Chorin zu gelangen, fahren wir vom Stettiner� Fernbahnhof bis Chorinchen(Sonntagsfahrtarte bis Chorin lösen). Wir kommen in das Dorf und gehen'an der kleinen Kirche vorbei nach seinem südlichen Ausgange, den Weg nach dem Kirchhof. Kurz vor diesem, an der Wegteilung„Sandkrug— R a g ö s e r Mühle", fuhrt ein Fußsteig nach links, bergan. Am Südhang der großen uckern'ärkischen Endmoräne wandern wir weiter. Nach Süden offiK t sich der Bück aus das Urstromtal bei Cberswalde und seine jenseitigen Höhen, sowie auf die Kolonie Sardkrug. Wir kommen zum Nettelgrabe-n, der tief in das Gelände eingeschnitten ist, und dessen Wasser glucksend und mur- melnd zu Tale rauscht. Auf dem Südufer führt der Weg nach Osten zu einem Steig, auf dem wir den Graben überschreiten. Jen- seit? geht es durch«in Fallgatter in den Klostergarten. Wir bleiben am Neitelgraben bis zu der Stelle, wo er den Amtssee verläßt. Nun wenige Schritte noch rechts, und wir stehen vor der Ruin« des Klosters Chorin , eine der schönsten Ruinen Norddeutschlands. Chorin war ein Tochtertloster von Lehnin. 126V wurde dos Kloster Mariensee auf einer Insel im Paarsteiner See, dem jetzigen Pehlitz- w-erder. gegründet. Um 1270 schon wurde dos Kloster dahin ver- legt, wo heute noch die Ruine steht. Das Kloster wurde während des Dreißigjährigen Krieges durch die Schweden zerstört. Ein Teil der Gebäude, von denen einige als Wirtschaftsräumc des Amts Chor in benutzt werden, ist noch erhalten. Die Kirche ist. wie nahezu alle Baulichkeiten Chorins , aus Backsteinen im gotischen Etil er- richtet und weist in ihrem Grundriß die engst« Derwondtschafr mit der Kirche des Mutterklosters Lehnin auf. Im südlichen Teil des westlichen Klosterflügels ist noch die Älosterküche erkennbar. Leider mußte der unbehinderte Zutritt zu den Baulichkeiten verboten wer. den. Sogenannte„Wanderer" haben es durch allerlei Unfug glück- lich soweit gebracht, daß zum Betreten der Ruine ein« besondere Erlaubnis nötig ist, die jedoch dem wirklichen Wanderer und Hei» matfreund gern gewährt wird. Am Choriner Amtssee besäumen hochstämmige Pappeln die Chaussee, auf denen sich zahlreiche Misteln angesiedelt haben. Besonders gut erkennt mcn diese, wenn die Pappeln landlos sind: dann heben sich die überwinternden, dunkel- grünen, lederartigen Blätter der Misteln von dem kahlen Gezweig ihrer Wirtsbäume scharf ab. Wir folgen dem gegenüber dem Kloster von der Chaussee nach Süden abzweigenden Weg«, der bergan in den Wald führt. Er ist mit blauen Wegzeichen versehen. Wir sind hier im Gebiet der großen baltischaa Endmoräne, die sich von Schleswig-Holstein aus durch ganz Norddeutschland verfolgen läßt. Durch hügliges Gelände, das von prächtigem Laubwaid be- deckt ist, folgen wir dem„blauen Wege" bis zu einer Brücke über einen kleinen Abzugsgraben. Das Naturschutzgebiet. Jenseits der Brücke, beim Iogenstein 59/70, zweigt ein Weg rech Nordost ab und bringt uns an die Grenze des„Naturschutzgebietes am Plagefenn". Es ist dies das erst« größere Gebiet in Preußen, dos von der Regierung unter„Natur- schütz" gestellt wurde. An den Grenzen des Reservats sind Tafeln aufgestellt, die darauf hinweisen, daß es bei Strafe oerboten ist, Blätter, Blüten, Zweigs, Beeren, Pilze, Eier, Nester, Tiere dar- aus zu entnehmen. Das Naturschutzgebiet ist ein mooriges, von einigen höheren Landstellsn infelartig unterbrochenes Gelände, das sich auf der Westseite des ebenfalls unter Naturschutz gestellten Großen Plagesees erstreckt. Das Betreten des Fenns ist fast über- all unmöglich oder kann'nur unter aller Vorsicht und mit geeigneten Hilfsmitteln geschehen. Der Name Plagefenn ist auf einen Ort „Plage" zurückzuleiten, der sich früher in dieser Gegend befunden hat. Auch Plagest«, Plogewerder und Plageberge deuten noch dar- aus hin. Dem Kloster Mariensee wurden bei seiner Gründung mehrere Seen und Dörfer, darunter auch Plawe(Plage) verliehen.
2, Der Mittelweg. Von Sir Philip Gibbs . Jetzt vor einem Jahr— in den ersten Monaten ihrer Ehe war es das große Spiel des Lebens gewesen. Joyce hatte das Tempo angegeben und hielt es mit erstaunlicher Wider- standskraft gegen alle Ermüdungen durch. Bertrams Ideal war Ruhe und Zeit, um einander zu lieben, die Ehe eine Zu- flucht vor der Menge gewesen. Sie hatte ihn aber als. einen einsiedlerischen Schwachkops verspottet und ihn in Theater, Tanzklubs und Häuser fremder Leute geschleppt. Sein kleines Haus in der Holland Street füllte sich mit einer seltsamen Kollektion von Leuten, deren Gegenwart oft einen fast giftigen Haß in Bertram aufsteigen ließ— junge Stabsoffiziere, die noch immer in Whitehall herumstolzierten, obgleich der Krieg doch nun endlich zu Ende war: junge Geistliche, ehemalige Frontkavlane; Flieger, die ihre Flügel zum ersten Male ge- räume Zeit nach dem Waffenstillstand erhoben hatten: junge Mädchen, die mit einer Menge Armeeslang und einer Bor- liebe für billige Zigaretten aus den Kantinen von Etaples, Rouen und Köln zurückströmten. Alle wußten mit dem Frieden nichts anzufangen, alle hatten die unabläßliche Sehn- sucht nach vergangenen besseren Zeiten und alle hatten die reichlich fragwürdige Gewohnheit, in gemischter Gesellschaft erotische Probleme mit vollkommener Abwesenheit auch nur der geringsten Zurückhaltung zur Sprache zu bringen. Sie waren zu allen Tageszeiten in seinem Hause ein- und ausge» gangen, kamen sogar schon zum Frühstück, wo Joyce sich dann in einem ihrer vielen Morgengewänder aus futuristischer Seide zu ihnen gesellte. Joyce, die dann wie ein schläfriger Knabe, der in einem überhitzten Raum bis zum frühen Mor- gen getanzt hatte, aussah. Er hatte sich mit ihr deswegen gezankt. Es war ihr erster Streit.„Es gehört sich nicht, und außerdem hasse ichs," hatte er gesagt, als sie einen der vielen Armeegeistlichen, die sie kannte, so beim Frühstück empfing. Er hieß Peter Fynde und war ein junger, gm aussehender, eingebildeter Esel, der übertrieben oxfordhaft näselte und außerdem etwas stotterte und sich einer affektierten Geziertheit befleißigte. Er hatte die Unverschämtheit gehabt, Joyce die Hand zu küssen und einige Bemerkungen über ihre kleinen Füße zu machen, ohne Ber- trams heißes Erröten und brummige Unliebenswürdigteit zu bemerken. Joyce schien nicht einmal für die Intimität ihres Schlaf- famatzs Sinn zu habe«. Dies war der Grund zu einem
WanöerZiete. 1304 wird Plowe mrr noch als Ackerhof aufgeführt und ist bereits 1375 wüst. Die Stell«, an der der Ort gelegen war, ist nicht mehr zu ermitteln, ebenso die Ereignisse, durch die er zerstört wurde. Am Rande des Naturschutzgebiets, auf dem„Weg am Plage- f e n n". wandern wir gen Nord. An manchen Stellen geht der Weg unmittelbar neben dem Fenn hin, das hier von einer Erlen- bruchzone umsäumt wird, an anderen schiebt sich«ine Waldzone zwischen Fenn und Weg. Der Lindenberg, um den sich die Grenz« des Reservats herumzieht, ist zum größten Teil mit Buchen be- standen. Zwischen den Buchen stehen einige alte Linden: wahr- fcheinlich waren es ihrer in früheren Zeiten mehr. Ein Beweis dafür, daß eüist die jetzt verdrängte Linde hier öfter vorkam, ja,
vielleicht ganze Wälder bildete, sst außer dem Lindenberg das Dorf Liepe , im Süden der Forst, das stinen Namen vom wendischen liep= Lind« hat. Wir folgen dem Wege bis kurz vor einer gleichen Tafel, wie wir sie am Anfang des Weges antrafen. An der Grenze der Jagen 89/90 führt ein schmaler Pfad noch links auf die Plageberge hinauf. Bon der Höhe haben wir einen präch- tigen Blick über den herbstlich gefärbten Wald. Unter uns liegt das Plagesenn mit dem Großen und dein Kleinen Plagesee. In der Fer/ie stljeii wir die Häuser von Brodowin und den Aussichtsturm bei Oderberg . In nördlicher Richtung verlassen wir die Plag« berge und konin -.en zur Landstraße nach Brodowin , der wir gen Ost folgen. Am Nordende des Großen Plagesees verlassen wir den Wald. Links vom Wege steigt der Herrscherberg auf, von einer Baumgruppe gekrönt. Auf schmalem Ackerrain gelangen wir auf die Höhe des Berges. Sein Name lautet ursprünglich Hirseberg. Bon hier oben haben wir eine gute Aussicht. Nach Norden schauen wir über die kuppige Grundmoränenlandschaft der Uckermark . Im Vordergrund liegt der Weiße See , östlich davon das Dorf Brodowin . Im Hintergrund sehen wir den ausgedehnten Paarsteiner See, an dessen Ostufrr die Kirchtürme mehrerer Dörfer aufragen. In der Fern« hebt sich der Bau der Marienkirch« in Angerncünde vom Ge-
zweiten Streit gewesen. Eines Nachmittags, als Bertram von einem kurzen Spaziergang zurückkam, kam er hinzu, wie Joyce, die über Kopfschmerzen geklagt hatte, zwei jungen Offizieren, drei Mädchen und Kenneth Murleß vom Auswärti- gen Amt dort Audienz erteilte. Diesem Murleß,— den er mehr als ihre anderen Freunde haßte, denn er war zu schön für diese Welt. Einer jener hochgewachsenen Burschen mit lockigem Haar, der eher einem griechischen Gott als einem gewöhnlichen Sterblichen ähnelte, und zudem noch in allen gesellschaftliche� Unaufrichtigkeiten glänzte. Er saß auf einem Schemel vor Joyces Bett und fütterte sie mit Erdbeeren und Sahne und erzählte dabei zu dem anerkennenden Gelächter der ganzen Gesellschaft und Joyces freundlichem Lächeln eine amüsante Geschichte aus seinem Leben, als er noch junger Diplomat im Haage war. Bertram hatte sich jenen Nachmittag recht zum Narren gemacht. Jetzt in der Erinnerung sah er es mit einem Seufzer der Zerknirschung selbst ein. Der reine Petruchio aus„Der Widerspenstigen Zähmung". „Ich wünsche zu Gott, daß ihr Leute endlich macht, daß ihr aus dem Zimmer meiner Frau kommt," hatte er heftig hcroorgepoltert.„Seht ihr denn nicht, daß sie Kopfschmerzen hat, und daß ihr es mit eurem Geschwätz nur verschlimmert?" Der zweite Teil seiner Rede war erlogen. Nicht wegen Joyces Kopfschmerzen, die sie vollkommen vergessen zu haben schien, geriet er in Wut, sondern seine Eifersucht empörte sich gegen diese öffentliche Besitzergreifung von Joyces Schlaf- zimmer. Natürlich gedachte sie nicht, seinen Ausbruch sanft hinzu- nehmen.„Mein lieber Bertram," hatte sie in ihrer spöttischen Art und Weise gesagt,„wenn du dich diesen Nachmittag nicht wie ein Gentleman fühlst, geh doch ein bißchen spazieren, bis du es tust. Bitte unterbrich aber auf keinen Fall Kenneths hübsche Erzählung." Kenneth und die übrigen amüsierten sich königlich. Ber- trams Wunsch, sie herauszuwerfen, erschien ihnen als ein köst- licher Spaß. Er war es ja, der hinausgeworfen wurde und später, als sie schon gegangen waren, in fürchterlichster Lauxie nach Hause kam und Dinge zu Joyce sagte, für die er sich jetzt hätte die Zunge abbeißen können. Sie war auf seine beleidigenden Ausbrüche nicht eingegangen, sondern sagte nur mit einem kühlen und sarkastischen Lächeln: „Mein lieber Bertram, du willst doch nicht etwa an- nehmen, daß dir unsere Verheiratung das Borrecht der Tyrannei gegeben hat? Das ist unmodern, mein Lieber! Meine Lieb« zu dir berechtigt dich noch lange nicht dazu, meine Freunde zu beleidig«. Warum da eifersüchtig wirft und auf»
sichtskreis ob. Gen West und Süd gleitet der Blick über das aus- gedehnte Choriner Waldgebiet mit dem Naturschutzgebiet. Die Herbstfärbung Ses Laubwaldes. Die Verfärbung des Laubes im Herbst ist die auffallendste Der- änderung, die diese Jahreszeit an den Laubpflanzen verursacht. Wir sehen, wie die einzelnen Laubblätter sich verfärben, wie gelbe und braune Flecke sich auf der Blattoberfläche allsbreiten, ttnd das Grün inehr und mehr oerdrängen, bis das ganze Blatt gefärbt erscheint. Die wissenschaftliche Forschung hat ergeben, daß diese Verfärbung des Laubes im Herbst mannigfache Ursachen hat. Zum Teil be- ruht es auf die zersetzende Wirkung von Säuren auf das Blatt- min. Solange das Blatt lebt, können die in dem Zellfaft der Pflanzen stets enthaltenen Säuren der verschiedensten Art auf das Blattgrün nicht einwirken, denn das Eiweis der Blottzellen, das die kleinen Körnchen des Blattgrüns umgibt, schützt das Blattgrün vor der Einwirkung der Säuren. Vor dem Laubfall im Herbst wird das Eiweis der Mattzellen widerstandsloser; die Säuren des Zcllsaftes gelangen jetzt zu dem Blattgrün und zersetzen es, wo- durch die Blätter braun gefärbt werden. Eine andere Ursache der Herbstfärbung ist das Abwandern eines Teils des Blattgrüns in die übrigen Teile der Pflanzen. Hierdurch bleiben dies« für die Erhaltung der Pflanze wichtigen Stoff« ihr erhalten. Die Blätter bekommen dadurch eine gelbe Farbe. Beide Ursachen zufammen verleihen den Blättern die verschiedensten Farbentöne. Da die Ver- särbung nicht bei allen Blättern dersclben Pflanze in gleichem Maße fortschreitet, und da sie nicht bei allen Pflanzen eines Laub- holzbestandes zu gleicher Zeit einsetzt, entstehen die prächtigen ob- wechslungsreichen Farbenmischungen, die uns der Herbst bietet. Da- zwischen stehen Kiefern mit dem dunklen Grün ihrer Nadeln. Wir steigen herab vom Herrscherberg und wandern auf dem Wege zu- rück bis zum Iagenstein 99/100. Von hier gehen wir westlich am Bierpfuhl und dem Schütteberg vorbei zur Archenbrück« übet den Nettelgraben. Jenseits geht es nach Nordwest bis zum Gestellweg zwischen den Jagen 149/150, diesen eine kurz« Strecke, dann wieder noch Nordwest auf einem Fußsteig, der ins an eine gepflasterte Straß« bringt. Auch dieser Teil des Waldes ist sehr schön; vor- wiegend besteht kr aus Nadelbäumen. Auf der gepflasterten Straße wandern wir gen West und Nordwest zum Bahnhof C h o r i n, dem Endziel unserer heutigen Wanderung, von dem wir die Heim- fahrt antreten. Weglänge etwa 18 Kilometer.
Kleinhaussieülung Tempelhofe? Zelü. Als vor dem Kriege die Westhälfde des Tempelhofer Feldes der Bebauung erschlossen werden sollt«, dachte man an Ausschlachtung zu besseren Mietskasernen. Da für das Gelände vielgeschossige Hochbauren zugelassen wurden, M toimte der Fiskus ohne Erröten«inen gehörigen Preis fordern, und dem Käufer blieb dann auch nur die Besetzung mit Hochbauten übrig. Dem auf weitestgehende Aus- Nutzung des Geländes berechneten Plan des Fiskus nahm die damals unter Kommerzienrat Haberland entstandene Tempelhofer-Feld- Aktiengesellschaft manche Mängel, indem sie einen das Gelände durch- ziehenden Parkgürtel vorsah und für zusammea liegende Hausgarten- flächen innerhalb der Baublocks sorgt«. Den Grundfehler, die De- bauung mit Vielfamilienhäufern. beseitigte sie aus begreiflichem Profittnteresse nicht, und das von ihr bebaute erste Drittel des Ge- ländes zeigt, was daraus wurde. Dann brach der Krieg aus, alle Bautätigkeit mußt« aufhören, schließlich kam der Zusammenbruch, Gelder zur Wiederausnahme der Bebauung mit kostspieligen Hochbauten waren nach dem Kriege nicht zu beschaffen— und Haberlands Unternehmcn war erledigt. Da entstand der Gedanke, aus den noch unbebauten Gelände teilen, eine Kleinhausfiedlung ali-mlegen, die Leuten mit bescheidenen Ersparnissen den Erwerb von Wohnhäusern ermöglicheu sollte. Der jetzige Staatssekretär Scheidt vom preußischen Wohl- fahrtsministerium, der damals Referent im Roichscirbeitsministerium war, gründete die Gemeinnützige Tempelhafer-Feld- Heimstätte n gesellscha f t, deren Aufsichtsrat meist aus Per- tretern von Behörden, hauptsächlich des Reichsfinanzministeriums, des preußischen Finanzministeriums und der Stadt Berlin , zusammen- gefetzt wurde. Die Gesellschaft, deren Anteilseigner der Staat Preußen und die Stadt Berlin sind, baute Häuser und verkaufte sie unter Vorbehalt des Wiederkaufsrechtes mit der Bedingung, daß sie nur den einst vom Käufer gezahlten Preis zurück
geregt, wenn ich sie in meinem Schlafzimmer empfange— sieh doch nur meinen Schlafanzug und all die schweren Stepp- decken— kann ich leider nicht verstehen. Wie du engherzig und oorstädtisch bist! Auf jeden Fall wahre aber in Zukunft bitte besser die Form.,. Bei meinen Freunden benimmt man sich nicht so." „Bei deinen Freunden!" hatte Bertram bitter wiederholt. „Ich wünschte, deine Freunde würden sämtlichst hingehen und sich ertränken. Ich will dich allein haben, allein und für mich. Du läßt diese Lassen in dein Schlafzimmer kommen, dir die Hände von ihnen küssen, aber wenn ich irgendein Ge- ftihl für dich zu zeigen wage, schreckst du vor mir zurück. Wenn ich dich küssen will— ich will dich immer küssen— sagst du, ich sei zu ekelhaft gefühlsduselig." „Das bist du aber wirklich, Bertram," hatte Joyce zurück- gegeben.„Ich kann nun einmal nicht so viel davon vertragen. Es langweilt mich. Eine interessante Unterhaltung, Lachen, Kameradschaft, das alles ist mir vflel lieber. Habe ich denn damit unrecht?" „Die Ehe bedeutet mehr als das!" sagte er düster. Und dann begann er sich wegen seiner Unfreundlichkeit aufs tieffte zu entschuldigen, hatte sich neben ihr Bett hingekniet, so daß sie ihm endlich verzieh und mit spielerischen Fingern in seinem Haar wühlte. Aber es hatte noch mehr Szenen gegeben, immer wieder und wieder, und schlimmere als diese. Er hatte Nerven, er wußte das. Er war durch den Krieg überreizt. Er konnte über Kleinigkeiten außer sich geraten, über einen verlorenen Kragenknopf, über nachlässige Bedie- nung, über das unaufhörliche Telephongeklingel, über Joyces Freunde, die irgendeinen neuen„Bummel" vorschlugen. Ein geheimer Kampf spielte sich in seinem Gehirn ab, fing an, seine früheren Uebcrzeugungen zu zersetzen, zerstörte Hemmungen und Schranken, alte Treugelübde der Ucberlieferung. Wenn er nur etwas zu tun gehabt hätte, wäre alles leichter für ihn gewesen, aber in England gab es zwei Millionen Arbeitslose und Tausende von Exoffizieren liefen sich genau wie er die Schuhsohlen ab, um etwas zu finden, womit sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Joyce war verzweifelt gewesen, als sie spürte, daß sie ein Kind haben würde. Die ganze Zärtlichkeit, hie ihn bei dieser Neuigkeit überkommen hatte, konnte sie nicht mit dem Ge- danken versöhnen, obgleich sie die Frucht, sie in ihr war, tapfer verbarg. Letzten Endes war die ihr aufgezwungene Schwerbeweglichkeit dasjenige, was sie am meisten schmerzte: dies und der zeitweilige Verlust ihrer Schönheit.„Nicht mehr tanzen," hatte sie geweint,„keine Picknicks in Hcndon. Ol Bettram,»sie entsetzlich langweilig",(Fortsetzung folgt.) j