N-ngserklärung Herriots, das Symbol selbst niedergeworfen, die Botschaft beim Vatikan wieder aufge- hoben werden. Schließlich war die Sonderstellung Elsoß-Loth- r i n g e n s der stärkste Stein auf dem klerikalen Schachbrett, sie bildete einen Keil in der übrigen französischen Kirchen- und Laiengesetzgebung, den zu erweitern das vornehmste und nächstliegende Ziel des Nationalen Blocks gewesen sein würde, wenn dessen Hoffnungen am 11. Mai nicht so vollständig ent- täuscht worden wären. Das allein wäre Grund genug für die katholische Kirche , eine großzügige Offensive gegen die neue Mehrheit und gegen die Regierung Herriot zu eröffnen. Aber die elsaß -lothringische Frage ist doch nur e>n V o r w a n d, wenn auch ein sehr wirksamer, weil er sich nationalistisch-sentimentaler Argumente bedienen kann. In Wirklichkeit hätte aber diese Offensive auf alle Fälle, auch ohne elsässische Kirchenfrage, mit Naturnotwendigkeit be- gönnen, denn es ist ausgeschlossen, daß eine so starke, so rührige, so zähe, so fanatische Macht, wie es die katholische Kirche in Frankreich ist, einen derartigen Umschwung wider- standslos hinnehme; besonders dann nicht, wenn dieser Um- schwung eine so aussichtsreiche Entwicklung plötzlich abstoppt und rückgängig macht. Die Krise ist nach einigen Wochen vorarbeitender Pro- paganda, besonders um die elsässische Frage, mit aller Wucht vor kurzem ausgebrochen, als sämtliche Kardinäle Frankreichs einen offenen Brief an Herriot richteten, von dem man wohl ohne Uebertreibung sagen darf, daß er einer Kriegserklärung des Klerus gegen den Block der Linken gleichkommt. Eine offene Verurteilung der gesamten Laiengesetzgebuna, die hart an die Aufforderung zum Widerstand gegen diese Gesetze grenzt, paart sich darin mit feierlichen Mahnungen an die Regierung, deren angc- kündigte strenge Durchführung zu unterlassen:„Wir wünschen den Krieg nicht, sollte er uns jedoch aufgezwungen werden, so würden wir ihn zwar mit Bedauern, aber nicht ohne W i d e r st a n d aufnehmen." Das gilt für alles: für die Bot- schaft beim Vatikan , für das Elsaß, für die geplante Unter- bindung der in den letzten Jahren mehr oder minder illegal wiederaufgenommenen Tätigkeit einzelner Kongregationen usw. Es werden dabei nalionalistifch-demagogische Argu- mente ins Feld geführt, die Einblick in die Gehässigkeit ge- währen, mit der dieser neue Kulturkampf geführt werden dürfte. Da wird z. B. von den einst ausgewiesenen Priestern gesprochen, die sich im Krieg freiwillig gemeldet hatten, ver- mundet wurden, und die nun vom Lande gebannt werden sollen, während die neue Linksmehrheit den Rcfrakteuren und Deserteuren die Slmncstie gewährt habe. Herriots prompte Antwort an die Kardinäle war äußerst gemäßigt und würdig im Tone, mit einem leichten Anfluge von Ironie, aber um so unnachgiebiger in der Sache. Die Rede des Innenministers Chautemps in Tours war schon um einige Grade schärfer. Damit ist der Kampf er- öffnet worden, der böckstwahrscheinlich bald zur vollen Ent- foltung kommen wird, denn die französischen Kardinäle und Bischöfe sind dermaßen fanatisch und eigenwillig, daß sie nicht einmal auf die Ratschläge des Nuntius C e r e t t i in Paris hören. Wie uns versichert wurde, macht Ceretti aus seiner Unzufriedenheit über die Disziplinlosigkeit der französischen Kirchensürsten gegenüber mäßigenden Ratschlägen des Vatikans kein Hehl. Indessen ist es kaum anzunehmen, daß der Vatikan in diesen Fragen zu„bremsen" versuchen wird, denn es liegt in der Natur der Sache, daß der Kampf aus- gefochten werde: für die Kirche stehen nämlich die ganzen Fort- schritte der letzten zehn Jahre auf dem Spiele. Bei der Beurteilung dieses Konfliktes darf man in Deutschland die beiden Lager nicht nach deutschen Maßstäben messen. Der französische Klerikalismus ist nämlich in seinem Wesen erznationalistisch und reaktionär; eine nennenswerte fortschrittlich-soziale Richtung, wie sie doch immerhin im deutschen Zentrum, besonders in den Industrie- gebieten, besteht und oft sogar vorherrscht, existiert in Frank- reich nicht. Die kleine Gruppe des katholisch-pazifistischen
Elephantiasis rnusica. Souzertumschau von Kurt Singer . Nur«ms Scheu, oftmals Gesagtes zu wiederholen, wollen wir heute sparsam sein mit der Klage über den pathologischen Gesamt- zustand des Berliner Konzertlebens. Di« Krankheit heißt Elephan. tiasis; es ist das eine Hypertrophie des gesamten Betriebes, ein Sichvcrdicken und Verbreitern der äußeren Formate und Ereignisse auf Kosten einer Vertiefung und Verrinnerlichung. An dieser Elephantiasis geht die Musik Berlins zugrunde. Die großen Musi- kanten imd Musikvereinigungerl wissen kaum mehr, wie sehr sie sich selbst schaden durch eine Häufung ihrer Veranstaltungen. Gerade die Seltenheit des Auftretens gehört mit zu den Reizen der künst- lerischen Auswirkung. Und daß bei etwa 120 großen Sinfoniekonzerten der abgesternp-elten klischierten Größen, bei k>0 bis 60 Solistenubenden der internationalen Virtuosenschast dem aufstreben- den, noch nicht zum Ruhm gekommenen jungen Künstler Weg und Lust und Publikumsinteresse fortgestohlen wird, das ahnen wohl in einem sozialen Zeitalter die wenigsten Vertreter der aristokratischen Musikkunst. Elephantiasis: statt daß die Künstler und auch das Publikum vom Geist der Musik getrieben werden, ergeben sie sich -der Sensation, der Spekulation und dem vernichtenden Kunstbetrieb. Unter solchen Kunstbetrieben wirkt es doppelt schön, einen Mann wie Otto Klemperer als einen seltenen und um so eindrucks- volleren Gast in Berlin zu begrüßen. Im Rahmen der Konzerte der Deutschen Nothilse dirigiert« er Bruckners 3. Sinfonie. Die äußer« Haltung des Mannes ist vorbildlich in der lstuhe, mit ber er sich einem pathetischen Ausdruck hingibt, in der Wucht, mit der er das schnelle Tempo beflügelt. Er dirigiert das ganze Wsrk strichlos und ohne Zuhilseraihme einer Partitur(wie Furtwängler ). Bei Werken von so heiliger Konzepiionskraft wie dieser E-Moll- Sinfoni« sollte kein Kapellmeister den Stab«"greifen, der das Werk n-cht tatsächlich vollkommen in Herz und Kops hat. Vielleicht ist die 8. Bruckners che Sinfonie neben dem Adagio der S. das größte und erstaunlichste Musikwerk des 10. Jahrhunderts. Nur wer imstande ist, das in den Tönen schlummernde Göttliche prometheusartig den Menschen darzubringen, nur wer das geheimmeooll Quellende der schöpferischen Begabung ahnen kann, und nur wer einen Kampf um Sieg und Anerkennung musikalisch deuten kann, nur der ist reif zum Dirigieren dieses Wunderwerks. Klemperer hat die Kraft und de,. Trotz und die Kampflust. Dos Finale wind zum glänzendsten Ereignis erhoben, und auch der Spott des Scherzo bringt sicher durch. Er liebt es. Lichter und Schatten sehr grell zu verteiiei, was der formalen Kestalung zugut« kommt, der Brucknerschen Naivität aber weh tut. Auch sein lyrisches, hingebungsvolles Singen Im Orchest-r ist nicht immer n einem einheitlichen großen Bogen Tat geworden, sondern aus der Primitivität dieser durch sich selbst wirkenden Melodie in eine Jntellektualität hinüber- gegangen. So dirglerts Klemperer eine Brucknerlche Sinfonie als ein moderner Musiker, in großartiger Wirkung, doch mehr im G�fte eines Mahler-Apostels. Siegfried O ch s ist gewiß ein großer Mann, der. mit der Zeit mitgeht. Seine Haltung gegenüber der?-Moll-Mcsse von
Marc Sangnier , die am ehesten dem sinken deutschen Zentrum oder den italieniischen Popolari entspricht, ist leider völlig einflußlos. Andererseits sind die Radikalsozialisten und Sozialisten im allgemeinen gar nicht solche fanatischen „mauMurs de cuv�s"(Pfassenfresser), wie sie von ihren Gegnern hingestellt werden. Aber in der Hitze des Kampfes schießt man oft beiderseits über das Ziel hinaus. Und die Schärfe der Abwehr dürfte sehr bald die Schärfe des Angriffes erreichen, wenn nicht gor überbieten. Der Nuntius bei herriot. Paris , 23. Oktober. (Eigener Drahkbericht.) Der päpstllche "Nuntius Ceretti ist von h e r r i o t in längerer Audienz empsan- geu worden. Da der diplomatische Vertreter des vakkans vor wenigen Tagen ans Rom zurückg�ommen ist, wird dieser Unter- rednvg große vedenlnng beigemessen. Sic wird in Verbindung ge- bracht mit einer von mehreren Blättern verbreiteten Meldung, wo- nach der Papst für den Fall einer Zuspitzung des Konflikts mit Frankreich entschlossen sein soll, dlplomalssche Vertreter nach China und Sonflantinopcl zu entsenden, was praktisch das Ende des Protektorats bedeuten würde, das Frankreich seil llahren über die kalholiken im nahen und fernen Orient ausübt. Zürich . 23. Oktober.(TU.) Zur Rede Herriots über die Ab- fchaffung der Botschaft beim Vatikan wird der„Neuen Zürcher Zeitung " aus Poris gedrohtet: Die Bosschaft beim Vatikan gilt als ein Werk M i l l e r a n d s, der sich durch sein« neue Rolle in der Opposition die Gunst der Radikalen völlig verscherzte; mit der Ab- fchaffung der Botschaft suchen sie ihn persönlich zu treffen. Der Feldzug des französischen Episcopats trug ebenfalls nicht dazu bei, die radikal« Regierung für Konzessionen günstig zu stimmen. In Rom scheint man sich in den letzten Wochen teinenJllusionen hinzugeben. Anders läßt es sich nicht erklären, daß der Papst sofort einen Repräsentanten in Peking und Konstantinopel ernennen würde, wo Frankreich bisher das katholisch« Protektorat ausübte.
Sürgerblock? Teutschnationale Einheitsfront mit Natioimlsozialisten und Kommunisten! Die Reichsregierung wandte sich in ihrem Wahl- aufruf unter wohlwollender Schonung der Deutschnationalen gegen die Extreme auf der Rechten und Linken. Das war eine vollkommene Verkennung der Totsachen, wie gleich darauf der in rechtsradikalem Fahrwasser segelnde Wahlaufruf der Deutschnationalen bewies. Das Parteiorgan der Volkspartei bemüht sich zwar im Einverständnis mit der bisherigen Führerschaft der Deusschnationalen, den Schaden wieder zu flicken, das wird aber wenig nutzen. Die deutschnationale Presse läßt keinen Zweifel darüber, daß der Wahlkampf ganz im Sinne der R e i n s a g e r geführt werden wird. Noch schlimmer stehen die Dinge für die Jasager in der Provinz. Hier scheint der hemmungsloseste Rechtsradikalis- mus die Oberhand zu gewinnen. So wurde in Rostock der Wahlkampf mit einer Rede des Professors Rein- möller eröffnet, in der unter dem Beifall der Deutschnatio- nalen ausgeführt wurde, die Deutscknationalen und Nationalsozialisten müßten sich in diesem Wahlkampf an einen Tisch setzen. Der Redner erklärte sich „durchaus gegen einen sogenannten Bürger- block". Es ist nicht bekannt, daß sich auch nur eine Stimme der Opposition dagegen erhoben hätte. Dagegen würden in der Diskussion die Ausführungen eines Kommunisten beifällig aufgenommen, der zur geschlossenen n a t i o- nalen Abwehr aufforderte! Das Bild, das diese Versammlung gab, ist symbosisch. Wo es in den letzten Jahren galt, den friedlichen Wiederaus- bau zu schädigen, da fanden sich die Deutschnatio» nalen, Nationalsoziali st en und Kommunisten zusammen. Es ist nur natürlich, wenn sie in diesem Wahl- kämpf, in dem mit der Gesellschaft der Saboteure des Friedens aufgeräumt werden soll, eine Einheitsfront bilden.
Anton Bruckner aber ist durchal» nur von den Stilgesetzen dieses Werkes bestimmt, dos zwischei kirchlichen und Konzertmessen eine Mittelstellunc, hat. Er läßt den heroischen Themen ihre trei- bende Kraft, den beschaulichen ihre innere Ruhe und läßt sich über- Haupt nur in der Darstellung von den in der Musik lagernden Triebkräften bestimmen. So kommt«ine Aufführuna von vorbild- licher Sachlichkeit zustande, die den nachhaltigsten Eindruck verbürgt. Der Chor der staatlichen Hochschule ist wiederum in ein Glanzstadium getreten, das on die besten Zeiten des Philharmoni. schen Chores erinnert. Schönheit, Kraft und Nuancierung des Klanges bleibt unvergeßlich. Leider waren die Stützen des Solo- quartetts kläglich: nur Lilly Drenfuß und Alfred Wilde wußten aus den gesungenen Noten seelische Regungen zu gestellten. Der Messe vorauf ging Straußens Juge-ldwerk„W anderersSturm» li'ed, ein durch Brahms wohl beeinflußtes, in der schwungvollen und malerischen Instrumentierung ober schon sehr eigenartiges, wenn auch etwas dickflüssiges Werk. Furtwängter bogarm mit der bekannten O-Dur-Sinfonie von Haydn . einem der köstlichsten Stücke aus der Pariser Zeit, die m ihrer liebenswürdig dahineilenden Laune und in der tiefen Empfindung ihres Largo zu den bekanntesten Meisterleistungen des Dirigenten gehört. Auch die 4. Sinfonie von Brahms bedarf ick feiner Darstellung kouin mehr eines begeisternden Wortes. Ve- geisterung wird man allerdings nicht der Novität des Abends zollen können, dein neuen Violinkonzert in ftl-Moll von Hans P f i tz n« r. Alma Moodid geigte es mit einem für die Refciutheit der Thematik zu kleinen Ton, doch mit unerhörter Tresssicherheit und Vogcngewandtheit. Der Hauptteil des recht energisch gegen die Violine geschriebenen Stücke? umfaßt Variationen über ein nicht sehr empsiiidungsstarkes Thema. Zwei sinfonische Zwischenspiele, die wohl äußerlich die Form dis Konzertes bestimmen sollen, sind freie und schön ersundenc Stücke, ebenso wirft das humoristische 4. Thema scherzo-i.rtig lebendig. Dazwischen laufen Strecken in leblosen Figuremoreen einher, oder auch in jenem schon bekannten Pfitznerschen Pseudohumrr, der immer einen Zustrom von Bär- bcißigkcit hat. Das Wert schien in der sauberen Aufsührung, be- sonders wegen der spielend bewältigten Satzrücksichtslosigkeften zu ge-allen. Neben den Roses spielen in der gleichen Wache das Busch-, Klingler-, Lenzewski- und Schachtebeck-Ouarketl: lllepliLnkiasis musilea. Die K l i ng je r- Herren spielten ein Streichquartett van Ssaydn nicht mit der gewohnten Delikatesse und inneren Heiterkeit. Die Instrumente, besonders die Geigen, klangen spröde und litten wohl unter neu aufgezogenen Saiten. Das Lenzewski-Quartett führte sich gut ein. Diese Herren spielen noch sehr robust, mit vollem Ton und vollem Sltem; doch steht das dem 2. Quartett von Lopatnikoff nicht schlecht zu Gesicht. Ein Opus 31 von S e t l e s interessiert durch moderne©chilterangen im Andante und einem etwas klischierten, aber ausdrucksvollen Trauermarsch, der ein wenig in Eillempo«r- ledig-t wurde. Es wird icitereisizren, die vier sehr musikalischen Spieler an klassischem Werk zu sehen. Von vielen mlisten sei heute nur Ernst von Dohanyi ge- nennt, der die KreiZlericma von Schumann mit großer Leiden-
Die Parteileitung der Volkspartei glavhks besonder« Aug zu handeln, wenn sie durch Ausnahme der Hergt und Genossen in die Regierung zu gleicherzeit die deutschnationalen Nein- sager unschädlich und den Kopitalistenblock aktionsfähig zu machen versuchte. Sie hat mit ihrer Politik bankrott erlitten. Mit derselben Treulosigkeit, mit der die Deutsch - nationalen im August die Wahlparole vom 4. Mai preis- gaben, lassen sie jetzt die Volkspartei aufsitzen, die sich ihnen mit ihrer Ehre verschrieben hatte. Ueber die K o m m u n i st e n kein Wort. Mit einer Partei, die in den Versammlungen den Deusschnationalen nachläuft und im Landtag die Hergt-Ko a Ii i i o n herbeizuführen versucht, kann man über Arbeiterpolitit nicht diskutieren. Man wird ihnen bei der Abrechnung deui- lich machen müssen, daß das Volk keine Lust hat, seine Sache von Hanswursten führen zu lassen.
Rechtsblock-Gbstruktion im Landtag. Wieder einmal beschlusiuufähig. Der Preußische Landtag nahm heute zum vierten Male die Abstimmung über den Gesetzentwurf zur A e n d« r U n g der preußischen Personalabbauverordnung vor. Dreim<il hatte sich bis jetzt bei der Abstimmung über die Vorloge die Be- schlußunfähigkeit des Haufes herausgestellt. Bei den heutigen Abstimmung wurden nur 100 Stimmzettel abgegeben. Das Haus war also abermals beschlußunsähig, infolge der Haltung der Deutsch - nationalen und der Deutschen Volkspartei . Der Vizepräsideut berief nun sofort ein« neue Sitzung. in der zunächst die dritte Beratung des Haushalts- plans in Angriff genommen wurde. In der Aussprache erhielt als erster Redner Genosse Heil mann das Wort, der in längeren Ausführungen unter größter Aufmerksamkeit des Hauses mit der Politik der Deutschnationale» abrechnet« und die großen Ziel« der Sozialdemokratie im kommenden Wahlk«unps ausstellte.
Oapern unü üie Dawes-Gesetze. „Zum erstenmal wieder seit lauge» Jahrea begrüudete Hoffnung..." München , 23. Oktober. (Eigener DrrchtberichU Nach einer Pause von etwa drei Monaten nahm am Donnerstagvormittag der Bayerisch « Landtag seine Arbeiten wieder auf. In einer kurzen Eröffnung-ansprach« führt« der der Bayerischen Volkspartei angehörende Präsident aus, daß durch die Annahme des Lowes- Gutaihlens zum ersten Mate wieder seit vielen llahren begründete Hoffnung bestehe, daß das deutsche Volk bestehen kann. Dabei ver- wies er insbesondere auf die Siegesfahrt des Zeppeün nach Ame rika , durch die nicht nur eine räumliche, sondern auch«ine seelisch» Verständigung der Völker angebahnt worden sei. An die Rede des Präsidenten schloß sich«ine kurze Gsschäftsordnungsdebaite. hervor- gerufen durch die Kommunisten, die oerlangten, daß der Landtag sich sofort mit der Aufhebung des Ausnahmezustandes und mit der Amnestierung der politische« Gefangenen beschäftige. Diese Anträge aus Aenderung der Geschäftsordnung wurden gegen die Linke ob- gelehnt. Hierauf legte der Finonzminister Krousneck dem Lani» tag den D o p p c l« t a t für die Jahr« 1924 und 1023 vor. Tic Demokraten gegen einen kommunalen Bürgerblock. München , 23. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die Münch«- n e r Demokratische Partei hat am Mittwochabend end- gültig Stellung genommen zur nationalen Wahlgemeinschaft für die Münchener'Stadtrotswahlen. J)We Wahlgemeinschasi. in welcher sämtlich« bürgerlichen Parteien mit Ausnahme der Völ- tischen und Demokraten zu einer gemeinsamen Wahlliste vereint sind, sollte durch Hineinnohme dieser beiden Parteien zu einem tatsächlichen Bürgerblock ausgestaltet werden. Das ist nunmehr gescheitert an der Haltung der Demokraten, die weitere Ver. Handlungen grundsätzlich ablehnen, nachdem die Rechtsparteien auf alle Forderungen, die die Demokraten zur Gemeinde polftlk gcstelli haben, ein« vollständig ungenügend« Antwort gegeben haben. schast, prachtvollem Klang, edler Empfindung und nur ab und zu ein wenig gehetzt, zum Vortrag bringt. Ein Oualitälemusiker von hohem Rc-irg. den man in Berlin immer wieder gern grüßt.
Peter Squenz schreibt eine komöüie. Dieser Tatbestand veranlaßt Herrn Direktor Robert, in seinem sublimen Theater am Kurfür st endamm eine ganze Blüten- lese von Darstellimgen mit klingendem Namen aufzubieten und einem komischen Experiment dramatisches Leben einzuhauchen. Franz Schulz, bekannter unter dem Pseudonym„Peter Squenz", hatte den drolligen Einsall, eine prickelnde Novelle Maupassants zu einer schalen Komödie umzuwandeln. In einem etwas geschwollenen Vor- wort bitte« er allerdings für diese Tat gewissermaßen um Enlschuldi- gung, aber trotz aller Sympathie für den jungen Präger Autor können wir ihm nicht verzeihen. Es handelt sich in dem Stück um ein reizendes Flittchen aus Nauen , dos sich von dem Weinhändler Pipagran in eine Ressegtlelllchoft mit dem Ziel Paris mit ein- schmuggeln läßt. Die Reise erfährt ein« unliebsam« Unterbrechung, als«in Oberst der feindlichen Besatzung ans teiner Zwischenstallpn die niedliche Klein« erblickt und die Gesellsäiast nicht eher Weiterreisen laß', al, bis sie ihm zu Willen gewesen ist. Den entstehenden Kon- flikt zwischen Spießermoral und Zweckmäßigkeit tritt Franz Schutz in seiner Komödie breit. Zum Auswachsen breit. Wozu eigentlich? Will er Moral predigen? Schauspieler von dem Talent eines Mar Adalbert, eines Paul Morgan , eines Gustav Rickelt , eines Diegel- mann waren nicht in der Lag«, die beängstigende Oede mit ihrer Komik zu bannen. Schon nach dem«rsten Akt hörte man verelnzette Pfiff«. In den üblichen Premierenapplau« am Schluß mischte sich schon rech' vernehmlich P selten ittid Zischen. Fast hätte ich vergessen, den Titel der langweiligen Komödie anztigcben:„Herr Pipagran fährt nach Pari,." Das tut.Herr Pipagran. Und was tut das Publikum? Es fährt aus der Haiti . Ernst D e g n e r. Franz Kafka , dem in diesem Sommer uerfiorbenen österreichischen Dichter, war der Abend gewidmet, den Ludwig Hardt im Meistsrsaal gab. Es war gewiß verdienstlich, auf diese Weise on den viel zu wenig bekannten Dichter zu erinnern, aber es mar durchaus überflüssig, daß Herr Hardt den matten und nichtetegenden Prolog vorlas, den er auf Kafka versaßt, und ebenso überflüssig war es. einen Kommentar zu Kafka zu geben. Der Dichter spricht für sich allein, er braucht, weiß Gott , Herrn Hardt nicht als Kommen» tator! Kafka hat Derwandles mit Morgenstern. Wenn er auck» nicht dessen üppige Grotesk« zeigt, so bringt er doch in vielen seiner Prosa- sack?«» Symbö! und grmisnme Satire, ein« Satire, die um so grausamer ist, weil sie ganz still kommt und«inen gewisseriraß-n van hinten iibertelft. Hardt versteht es im allgemeinett gut, Kasta und sein« bichterifrf)e Eigenart zu interpretieren. Der Rezitator würde aber noch mehr wirke», wenn«r weniger Pathos aufwende» wollt«. K. F. ...3» d« Herbst« vsslelluug der Berliner Sezession , dlr Anfang Siooewber eröksnet ttvrd. werden Tchwefter Künstler hervorragend vertreten sein. Außer« dem werden die neuesten Werke deS Präsidenten LoviS Corinth gezeigt werden.