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Sie kriechen ins Mauseloch.

Deutschnationale Selbstkritik.

Die Deutschnationalen wissen, daß ihnen der 7. Dezember die Quittung für den 29. August bringen wird. Sie bemerken jetzt schon an dem schlechten Besuch ihrer Versammlungen, daß ein großer Teil der sonst national" eingestellten bürgerlichen Wähler den Efel vor ihnen nicht mehr überwinden fann. Darum ist in ihrem Lager allgemein von Wahimüdigkeit" die Rede, und Herr v. Freytagh- Loringhoven be­stätigt in der Nationalpost", daß dieses Wort die Kraft einer Autosuggestion gewonnen hat. Der deutschnational- völkische Professor bricht darüber in diese Klage aus:

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Herr Ebert und die Seinen wissen, daß es ihnen zum mindesten politisch an Kopf und Kragen geht. Sie kämpfen. Und das ist ihr gutes Recht. Wir aber, die wir uns national nennen, jammern, daß wir nicht mit e nem Schlage das zurückgewinnen, was wir im November 1918 preisgaben. Wir friechen faul und feige und schwachmütig in unser Mauseloch und fuchen unsere Erbärmlichkeit mit einem Wort zu verdecken, das außerdem an sich ein harer Unsinn ist. Wenn wir wasch- und rasier­mübe würden, weil man doch wieder schmutzig wird und der Bart doch wieder wächst, so ließe sich darüber noch reden. Denn dafür muß man täglich so und soviel Minuten opfern. Trogdem waschen nd rasieren wir uns vorläufig noch. Aber weil man nun zum weiten Male im Jahr dem Baterlande genau ebenso viel Zeit opfern foll, wie man täglich aufs Waschen und Rafieren verwendet, glauben wir von Wahlmüdigkeit reden zu dürfen. Und sind im Grunde noch ein bißchen stolz darauf.

An einer anderen Stelle meint der Professor: Herr Ebert denkt gar nicht daran, selbst den Aft abzufägen, auf tem er, auf dem alle seine Freunde sizen. Er ist eben mag man fenſt über ihn urteilen wie man will- fein- deutscher Bürger, sondern ein Kerl, ist ein Mann, der weiß, was Macht bedeutet und weiß, daß man auf Macht nicht freiwillig ver= 3 chtet. Darum pfe ft er auf alle parlamentarischen Bräuche, darum hintertreibt er die Regierungsbildung im Juni und löst im Oktober, cls ein anderer Ausweg nicht bleibt, den Reichstag auf. Er tut das ganz bewußt einzig und allein deshalb, weil nur auf solche Weise der Verlust der Macht zu hindern ist. Und weil er glaubt, daß Herr Müller und Frau Schulz teine Kerle sind, sondern eben deutsche Bürger.

Die Feinde des Volkes.

geben als das hohenzollernsche Hausministerium oor Jahren selbst beanspruchte. Heute steht Hergt an der Spitze der deutschnationalen Hohenzollernfreunde, derselbe Hergt, der damals in einem Rechtsgutachten das Krongut als Staatseigen­tum erklärte. Bir Sozialdemokraten fordern ein Reichsent eignungsgesez, das auch Preußen die Möglichkeit gibt, das Vermögen der Hohenzollern zu beschlagnahmen. Deshalb häng auch die Auseinandersetzungsfrage mit dem Ausgang der Reichs tagswahlen am 7. Dezember zusammen. Sorgen wir, daß durch einen Sieg der Sozialdemokratischen Partei den Hohenzollern ein für allemal die Cust an ihren Ersatzansprüchen genommen wird.

Sollen fich die Hohenzollern auf Roften des Volkes noch mehr be-| die bürgerlichen Parteien den Hohenzollern meh reichern?" leber dieses Thema sprach Landtagsabgeordneter Genoffe Otto Meier in einer Wählerversammlung in Lichter felde. Im Strom der Zeitereignisse, so führte er aus, versinkt leider das interessante und wichtige Thema der Entschädigung der Hohenzollern . In der Zeit furchtbarsten Jammers und größter Boltsnet erhoben unsere chema'ign Landesväter den Anspruch auf die Wiedergabe ihres Privatvermögens", wobei sich nur zu schnell herausstellte, daß man als Privatbesih so ziemlich alles bezeichnete, was vom Staat als Staatsbesih angesehen wurde. Merkwürdiger­weise faßen in der Auseinandersetzungsfommission des Preußischen Landtages , die vorerst nur einen Bergleichsvorschlag ausarbeiten sollte, auch schon Beauftragte der Familie Hohenzollern . Die Hohen­Es wäre zu wünschen gewesen, daß gerade die rechtsgerichtete zollern brachten der schlechten finanziellen Lage des Staates ver- hohenzollernfreundliche Bevölkerung von Lichterfelde , die auf ein ftändnisvolle Würdigung" entgegen. Trotzdem beanspruchten sie aber reiches, amtliches Material gestützten Ausführungen des Genossen alle rentablen Güter und Forsten und verzichteten auf alles Un- Meier gehört hätte. So werden unsere Genossen für weiteste Ber­produktive, verlangten aber für diesen Berzicht eine Barent breitung sorgen müssen. schädigung von 100 millionen Goldmart. Alle Ein­wände der sozialdemokratischen Fraktion dagegen wurden seinerzeit Sie lügen wie die Teufel und schwindein aus Prinzip!" von dem Abg. v. Richter aufs schärffte bekämpft. Der Vergleichs mit diefem Thema veranstalteten gestern die Neuöllner Partei­vorschlag tam aber trotzdem nicht zustande, und jetzt kommt derselbe genossen in der Kindl- Brauerei ihre zweite Masserversammlung. v. Richter, allerdings nunmehr als preußischer Finanzminister, mit Der Redner des Abends war Genosse Adolf Hoffmann , der denselben Einwänden gegen den Vergleichsvorschlag, die wir damals über Watiügen" referierte. Mit Sarkasmus stellte er fest, daß vorbrachten. Onzwischen scheiterten neue Verhandlungen mit den jetzt im Wahlkampf Hochtonjunktur in bezug auf Lügen herrscht. Hohenzollern , da diese so unverschämte Forderungen stellten, daß Wahllügen sind nichts Neues. Schon vor 40 Jahren versuchten die sie selbst dem Finanzminister zu hoch erschienen. Die Hohenzollern bürgerlichen Parteien sich darin zu übertreffen. Sedoch hatten sie haben jezt den Klageweg beschritten, so daß die ganze hoch allzu oft fein Glück damit. Ihre Wahllügen Frachten uns immer politische Angelegenheit zu einer ein juristischen geworden ist. Ge- wieder neue Freunde. Auch Wilhelm, der Gehollän nosse Meier bedauerte, daß über die Klageobjekte in der Deffentlich- derte, hat in den Wahlkampf durch seine Sachwalter einge­feit so wenig befannt ist. Unter wachsender Empörung der Ver- griffen. So ist ein Aufruf an den deutschen Adel erschienen, der sammlung nannte der Redner neben vielen anderen allein 38 Land­u. a. fordert: Alles sammeln unter Schwarz- Weiß- Rot. Im übris herrschaften, wie Cabinen und Dels, mit einer Unzahl von gen stroßt diefer Aufruf von Lügen. Wirft man doch darin den Gütern und Forsten von einer Gesamtfläche von 400 000 Morgen, einzelnen republikanischen Regierungen Unwahrhaftigkeit und Un­80 Schlösser und Parks, darunter die Berliner und Potsdamer fähigkeit vor. Daß hiermit nur die sozialdemokratischen Minister ge­Schlösser, die die Hohenzollern für sich reflamieren. Der Anspruch meint sind, ist nur zu leicht zu erkennen. Dann behandelte der bezieht sich ferner auf 103 Nuggrundstüde in Berlin , Bots. Redner das frühere Leben Wilhelms. Die herausgegebenen dam und anderen Städten, worunter sich auch die Staatstheater in Memoiren derjenigen, die früher am Hofe vertraut verkehrten, Berlin , in Kaffel, Hannoper und Wiesbaden befinden. Die Hohen zeigen mit aller Deutlichkeit. wie unfähig der gewesene zollern erheben Anspruch so ziemlich auf die ganze Pro- Raiser war, einem 60- Millionen- Bolt vorzustehen. Und nun vinz Brandenburg , die sie in grauer Vorzeit fäuflich er- fordert man die Deutschen auf, am 7. Dezember ihre Pflicht im worben " haben wollen. Gegenüber diesen unverschämten Forde Sinne der schwarzweißroten Fahne zu tun. Was hierunter zu ver­rungen erhob Genosse Meier die Frage, ob der Repräsentant der stehen ist, braucht man nicht näher zu erklären. Aufgabe der deut­Richtig ist an diesen Ausführungen, daß der Reichs- Hehenzollern, der Mann in Doorn , nicht vor Scham in die Erde schen Wählerschaft muß es sein, am 7. Dezember einen biden präsident vor den Deutschnationalen nicht ins Maufeloch gewöhnlichen Raub und Unterschlagung von Staats. Wahltage eine reaffionäre Mehrheit, die doch nur präsident vor den Deutschnationalen nicht ins Mauseloch ge verjinfen müßte. Die Vermehrung ihres Besizes ist oft durch ge. Strich durch diese Rechnung zu tun. Berhindern wir am frochen ist; falsch ist, daß er durch den parlamentarischen eigentum erfolgt. Staatsgrundstücke, wie das ganze Akademie bemüht ist, alle Lasten auf die arbeitenden Schichten abzuwälzen. Brauch verpflichtet gewesen wäre, den Deutschnationalen die viertel in Berlin , wurden nach längerem Gebrauch einfach in den Recht treffend wußte Genoffe Hoffmann den Versammelten die Regierung zu übergeben. Denn erstens war nicht die deutsch - Privatbesitz der Hohenzollern überschrieben, um dann später von frühere Zeit vor Augen zu führen. Wenn Wilhelm der Ehemalige nationale, sondern die sozialdemokratische Partei als Wilhelm an den Staat mieder zurückverkauft zu werden. Das heute ungeheure Millionen Goldmark Forderungen zu stellen wagt, stärkste aus den Maiwahlen hervorgegangen, zweitens hatte find gemeinste Schieberkunststücke die geradezu nach dem Richter so wird hiermit das Raubrittertum übertrumpft. Wählen wir m nicht die deutschnationale, sondern die fommunistische Partei Schreien. Für die testamentarische Zueignung der berühmten Schad. 7. Dezember so, daß dem Hollärder" ein für allemal die Luft ver­den stärksten Zuwachs, und drittens ist die ganze deutsch - Bildergalerie in Dresden , auf die der Hohenzollernsche Oberschieber geht, derartige Ansprüche zu stellen. Der geeinten Front der Real­nationale Theorie, die für die stärkste Partei oder die Partei auch Klageanspruch erhebt, hat er dem Schenkenden den tion haben wir eine geeinte Front des Proletariats entgegenzu­der stärksten Zunahme das Recht auf die Regierung fordert, ftechung des höchsten Beamten des Staates vor. Welche Stellung Arbeitertiaffe. Auf in den Kampf für die Sozialdemokra Grafentitel verliehen. Hier liegt also gewöhnlichste Bes stellen. Wer hierbei abseits steht, übt Berrat an der cin verfassungswidriger Unsinn. Zur Regierungsbildung ist hat die Republik zu diesen Forderungen einzunehmen? fragte Gestische Partei! Stürmischer Beifall lohnte dem Redner für feine Arts­nach parlamentarischem Brauch nur der berufen, der nicht nosse Meier. Die Rechtsparteien berufen sich auf die in der Verführungen. Die Diskussion brachte zunächst die üblichen Malzen­von vornherein im Parlament in die Minderheit geraten faffung gewährleisteten Rechtsansprüche des einzelnen an sein Eigen reden der Mostowiter. Glüd hatten sie damit nicht. Oftmals mürde. Daß aber die Deutschnationalen nicht imftande waren, tum. Bei der Hohenzollernschen Auffassung von Privateigentum" donnerten wahre Lachfalven durch den bis auf den legten für eine von ihnen oder mit ihnen gebildete Regierung eine zu sprechen, ist eine etwas starte Berdrehung der Tatsachen. Jeder Plaz gefüllten Gaal. Derbe, aber verdiente Antworten. Landtagss Mehrheit aufzubringen, das haben die endlosen Verhandlun- Pfennig, der den Hohenzollern zugesprochen wird, erklärte der abgeordneter Genosse Dr. Freund rief in beredten Worten aufin gen zwischen den Parteien doch wirklich flar genug erwiesen. Redner, ist eine materielle Stärkung der Monarchie und eine ideelle zur Bildung eines sozialistischen Blocks. Bürgerliche und Kommu Schwächung der Republik . Eben deshalb ist die ganze Auseinander- nisten beschlossen den Diskussionsreigen. In seinem start mit Humor Somit wird die Kritik, die Herr v. Freytagh- Loringhoven fegung mit den Hohenzollern eine hochpolitische Frage, die viel zu gewürzten Schlußwort fertigte Genoffe Hoffmann seine Gegner ab. gegen den Reichspräsidenten richtet, hinfällig, und es bleibt wenig beachtet wird. Leider steht zu befürchten, daß den Hohen- Mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie hatte aud mir seine Kritik an der deutschnationalen Wählerschaft be- zollern von unseren Justizbehörden recht gegeben wird. Heute wollen diese Wahlfundgebung ihr Ende erreicht. stehen, die nach dem Urteil des freiherrlichen Professors nicht aus Kerlen", sondern aus ,, deutschen Bürgern" besteht. Die deutschen Bürger erfahren bei dieser Gelegenheit, wie sie von Deutschnationalen Freiherren eingeschätzt werden. Sie sind ben wirklich feine ,, Kerle". Wären sie das, so hätten sie den Deutschnationalen schon längst einen Fußtritt gegeben, daß es fracht, und der Freytagh- Loringhoven hätte dann den allergrößten Respekt vor ihnen.

Die Blume Japans .

Symbol der japanischen Kunst, Wappenblume und gleichzeitig Beichen und Simm des japanischen Lebens überhaupt mit seinen auf stilvolle Einfachheit und Stille gerichteten Bestrebungen ist das Chrysanthemum, jene Blume, die nicht durch ihren Duft bestridt, sondern durch die unendliche Fülle ihrer Farben und Formen jeden Blumenfreund entzückt. Lange schon hat man in anderen Ländern, and namentlich in Engiand, die Zucht der Chrysanthemen fich ange­fegen sein lassen und die schönsten Erfolge damit erzielt. Daß auch die Kunst und die Intelligenz deutscher Gärtner es versteht, Chrnjan themen von hervorragender Schönheit zu ziehen, beweist aufs beste rie große Chrysanthemen- Schau, die heute vormittag im Landwehrfasino am 3oologischen Garten eröffnet worden und bis zum 9. November dort zu sehen ist. Die wunder­baren Blumen in den mannigfaltigsten Variationen ihrer großen und hoch so zarten Blütendolden nehmen sich eigenartig genug aus in diesen Räumen und Selen, in denen noch überall Kaiserbiider hängen, die Büsten von Fürstlichkeiten stehen und Schlachtengemälde recht wenig passen zu dem Flor der sanften und stillen Blume. Die Deutsche Gartenbaugesellschaft, die Gruppe Berlin des Reichsverbandes des Deutschen Bartenbaues haben diese Ausstellung veranstaltet. Eine große Anzahl von Firmen aus Berlin und den Vororten ist in der Aus­stellung vertreten, und vor allem hat man auch auf eine besonders schöne Dekoration und man möchte sagen, Inszenierung, der ver­schiedensten Blumen gesorgt. Denn nicht nur Chrysanthemen sieht man in dieser Ausstellung, sondern auch hervorragend schöne Erem­plare von Orchideen, von Alpenveilchen und Alpenveilchen en miniature, Don Begonien und Ratteen. Balmen, Lorbeeren und andere Dekorationspflanzen umrahmen diese große Blumenschau.

Die Ausstellung wurde heute vormittag um 10 Uhr durch eine fleine Feier eröffnet. Reichsbankrat Schulze sprach einen Brolog, sodann hielt der Präsident der Deutschen Gartenbaugesellschaft, Bartendirektor Ludwig Lesser , eine furze Ansprache im Na men der beiden Vereinigungen, die die Ausstellung veranstaltet haben, sprach den Dank an die verschiedenen Gäste, die Vertreter der Behörden, an die Aussteller und Mitarbeiter aus, worauf zum Schluß Landwirtschaftsminister Dr. Wendorff die Ausstellung cröffnete.

Aus der Arbeit an unseren Kindern.

Das Jugendamt der Stadt Berlin veranstaltete eine Aus stellung, die ein Bild vom Kindergarten- und Kinder hortwesen geben will. Es soll gezeigt werden, wie man Kindergärten und Kinderhorte einrichtet und was in ihnen getrieben wird. Im Haufe Poststr. 16( dicht am Moltenmarkt) ist in drei Räumen des ersten Stockwerkes die sehr beachtenswerte Aus­stellung aufgebaut, die in enger Zusammendrängung eine Fülle des Lehrreichen bietet. Beteiligt haben sich die im Kindergarten und Kinderhortwesen arbeitenden Bereine, auch die Arbeits. gemeinschaft der Kinderfreunde. Auch Firmen, die Kindergarten- und Kinderhortbedarf liefern, sind zugelassen worden. Bei der Eröffnung die heute vormittag stattfand, waren Vertreter

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der Jugendämter und der Vereine anwesend. Stadträtin Gen. WeŋI, die Dezernentin für das Hauptjugendamt Berlin , eröffnete die Aus­stellung mit einer Ansprache. Sie äußerte die Hoffnung, daß es auch auf diesem Gebiet der Fürsorge für das Kind wieder vorwärts und aufwärts gehen wird. Die Ausstellung wird haup fächlich in Fachkreisen die verdiente Beachtung finden, sie fann aber auch den Eltern manchen wertvollen Aufschluß über die in Kindergärten und Kinderhorten geleistete planvolle Arbeit geben. Die von Kindern angefertigten Sächelchen, die oft mit geringsten Mitteln hergestellt worden sind, seien der be­sonderen Aufmerksamkeit des Besuchers empfohlen. Geöffnet ist die Ausstellung am heutigen Freitag bis 6 Uhr, am Sonnabend von morgens 8 bis abends 6 Uhr, am Sonntag von morgens 9 bis mittags 1 Uhr.

Das Geständnis des Roten- Kreuz- Kommissars. Er gibt zahllofe Berfehlungen zu.

Zu den standalösen Borgängen in der Wache des Roten Kreuzes am Schlesischen Bahnhof haben sich gestern im Polizei­präsidium auf Grund der Veröffentlichungen in der Preffe zahl­reiche Zeugen gemeldet, die über die Handlungsweise des Dom Dienst suspendierten Kommissars Jeschte weitere Aussagen mach ten. Unter der Wucht dieser Beschuldigungen blieb Jeschke nichts meiter übrig, als ein Geständnis abzulegen. Er gab zu, daß er sich meist an jungen Mädchen vergangen habe, und daß er selbst nicht mehr wisse, in wievielen Fällen er fich schuldig gemacht habe. Dagegen leugnet der ebenfalls beschuldigte Gehilfe Nühse, irgendwelche unfittlichen Verfehlungen begangen zu haben. Aber auch gegen ihn haben mehrere Zeugen recht bestimmte und ihn sehr belastende Aussagen gemacht. Die Unfallstation, in der diese Vorgänge fich abspielten, ist in dem ab­gelegensten Teil des rechten Flügels des Schlesischen Bahnhofes untergebracht. Nach den ersten Meldungen sollten Reichsbahn­beamte durch ein Oberlichtfenster die in Frage stehenden Hand­fungen der Beschuldigten beobachtet und zur Anzeige gebracht haben. Nach einer neueren Mitteilung jedoch ist die Kriminalpolizei durch einen Brief, der aus Hamburg bei ihr eintraf, auf die Dinge aufmerksam geworden. Jeschke, der erst seit einer Woche verheiratet ist, wurde zunächst auf freiem Fuß belaffen, da der in Frage kommende Paragraph des Strafgesetzbuches bei seinen Handlungen nur von der Berhaftung von Beamten und Aerzten spricht.

Der Muttermord in der Klopstockstraße.

Die Bluttat zweier Jugendlicher, der Frau Pauline Bapfe durch die Hand der beiden Stiefföhne zum Opfer gefallen war, gelangte vor der Berufungsstraffammer des Jugendgerichts erneut zur Berhand­lung. Wie erinnerlich, wurde Frau Papte am 31. März 1923 i ihrer Wohnung Klopstockstraße 52 tot aufgefunden. Der Tod war durch Ersticken eingetreten. Die Leiche war gefeffelt, zeigte Straß­wunden im Gesicht und einen Knebel tief im Halse, der den Er­stickungstod hervorgerufen hatte. Als Täter wurden erst nach einem Jahre die beiden Stiefföhne, der Schlofferlehrling Max und der Tapeziererlehrling Kurt Papte ergriffen, die sich so lange verborgen gehalten hatten. Beide hatten den Eltern schon viel Kum mer bereitet. Die beiden Burschen qaben als Beweggrund ihrer Tat an, daß sie von der Stiefmutter fehr lieblos behandelt worden feien und daher aus dem Elternhause hätten fliehen wollen. Als sie dabei waren, sich Sachen zur Flucht zusammenzupaden, hätte fte die Stief­mutter überrascht und sie hätten befürchtet, daß somit die Flucht vers eitelt würde. In ihrer Wut hätten sie die Absicht gehati, die Stief mutter bewußtlos zu machen, aber nicht zu töten. Das Jugend­gericht hatte nicht Mord, sondern Raub mit Todes rfona angenom men und den älteren Mag Papte zu sechs und den jüngeren Kurt

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Bapfe zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen dieses Urteil ist Berufung eingelegt worden. Der Tatbestand liegt ziemlich flar, so daß sich die Berufungsstraffammer lediglich mit der recht­lichen Bewertung der Strafe zu befassen hat. Bon den Rechtsan­wälten Dr. Puppe und Dr. Mag Kantorowicz wird der Rechtsstandpunkt vertreten, daß ein Diebstahl vorliege in Berbin­dung mit Körperverlegung mit Todeserfolg. Als Sach­verständige sind die Gerichtsärzte Sanitätsrat Dr. Leppmann und Med.- Rat Prof. Fränkel geladen. Wir werden das Urteil mitteilen.

Der Milchpreis fällt.

Die Inanspruchnahme der von der Berliner Milchversorgunge Gesellschaft m. b. 5. eingerichteten Ausgleichskaffe in Verbindung mit dem allmählichen Nachgeben des Butterpreises ermöglicht zur­zeit auch in Berlin die Herabsehung der Milchpreise. Sie betragen von Sonnabend, den 8. November, ab für 1 Liter Bollmilch ab Laden des Kleinhändlers 33 Pfennig, für 1 Liter Vollmilch ab Berliner Kuhstall 36 Bfennig. Der Preis für Mager­milch bleibt unverändert auf 10 Pfennig je Liter bestehen.

Bolt und Zeit", unfere illustrierte Wochenschrift, liegt der heutigen Postauflage bei.

Großer Zechenbrand bei Sodingen. Sodingen, 7. November. Gegen 8 Uhr früh entstand auf der Koterei der Zeche Mont Cenis ein Brand, der zurzeit noch bekämpft wird. Leider ist bis jetzt ein Schwerverlegter zu

beklagen.

Zu dem Brand auf der Zeche Mont Cenis erfahren wir weiter, daß der Brand durch Explosion eines Bengolbehälters ist in Qualm gehüllt. Die Zechenfeuerwehr sowie die Feuerwehren entstanden sein soll. Der Brand wütet gewaltig, ganz Sodingen Brandes. Man befürchtet jedoch, daß durch das Feuer noch wei­von Herne , Caftrop und Gerthe bemühen sich um die Löschung des tere Benzolbehälter gefährdet find.

Der Schnellzug Paris - Ce Havre verunglädt. Der Schnell­zug Paris - Le Havre ist gestern nacht 10 Uhr mit einem Güter­3ug 10 Kilometer nördlich von Rouen in einem Tunnel zu. fammengestoßen. Bis jetzt weiß man noch nicht, wie groß die Zahl der Opfer ist. Bier Wagen find vollständig zertrümmert worden. Bis jetzt wurden fünf Tote geborgen.

Eisenbahnunfall bei Hamburg . Wie die Reichsbahndirettion Altona mitteilt, fuhr heute früh 7.38 Uhr der 7.14 Uhr von Hamburg Hauptbahnhof abgehende Personenzug nach Hannover bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Herburg auf einen Rangierzug. Die Ursache war anscheinend die durch Rebel erschwerte Ber ständigungsmöglichteit der Beamten. Der Material­schaden ist gering, Reisende erlitten nur leichte Verlegungen. Der Personenzug setzte die Fahrt nach zwei Stunden fort.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

73. Abt. chmargendorf. Sonnabend, 8 November, abends 8 Uhr bel Barth, Breitestr. 6, Sigung der Vorstandsmitglieder, Funktionäre und Straßenführer 107. Abt. Alt- Glienice. Die Mitgliederversammlung am Sonnabend, 8. November, 28 Uhr, findet nicht bei Thieme, sondern bei Meyer, Straße am Fallen­berg statt. 131. Abt. Niederschönhausen Sonnabend, 8. November, 18 Uhr abends, Lokal Klindt. Fredensplas, unktionärskung Berantwortlich für Politik: Ernst Reuter ; Wirtschaft: Artur Saternus: Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton : Dr. John Schikowski: Lokales und Sonstiges: Frik Karstädt; Anzeigen: Th. Glode; sämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts- Buchbrucere und Berlagsanstalt Paul Ginger u. Co. Berlin GW. 68, Lindenstraße Sierau 1 Beilage.