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Nr. 95.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Biertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30Mt. proQuartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Oesterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3Mt. pr.Monat. Eingetr. in der Post Bettungs- Preisliste für 1895 unter Nr. 7128.

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12. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzetle oder beren Raum 40 fg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Zernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Der Petroleumkrieg.

Mittwoch, den 24. April 1895.

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Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

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diktirte ihnen den Preis, indem sie ihre eigenen Preise be- Delfeldern Ohios, Indianas, West- Virginiens demnächst der ständig herabsetzte und verschloß ihnen fast jede Absatz- Petroleumpreis wieder erheblich herabgehen würde.- Wir kennen Herrn Rockfeller   und seine Hintermänner Bereits im vergangenen Jahre( vergl. Nr. 156) haben möglichkeit außer bei ihr selbst. Während schon in den wir unsere Leser davon unterrichtet, wie sich das Bestreben früheren Perioden des Kampfes der Petroleumpreis loco aber viel zu genau, um nicht zu wissen, daß diese Be­gewiffer amerikanischer Petroleumproduzenten daraufhin richte, Bremen   von 15,2 in 1884 auf 9,5 in 1893 stetig herab- schwichtigungsversuche des Publikums fatale Aehnlichkeit die gesammte Petroleumproduktion der ganzen Welt, sowie gedrückt worden war, sant er auf den niedrigen mit einer Mohrenwäsche haben. Und eine kleine, versteckte den ganzen Petroleumhandel in einer Hand zu vereinigen, Preis von 7,5 per 100 Kilogramm am 7. April 1895. Notiz der H. B.-H." bestätigt unsere Vermuthung. Die um dann durch ein Petroleum- Weltmonopol den Petroleum Ein großer Theil der Outsiders ließ demzufolge lieber ihre H. B.-H."" theilt nämlich unter dem 19. April mit, daß tonsumenten nach allen Regeln der Kunst das Fall über Petroleumquellen in den Saud laufen, als daß sie für die der Entwurf eines Vertrages zwischen der russischen und amerikanischen   Gruppe die Dhren zu ziehen. An der Spitze dieser Bewegung steht um 100 pCt. gedrückten Preise weiter produzirten. die Standard Oil Compagnie, deren geistiger Leiter Herr Gleichzeitig vollzog sich der Kampf gegen russisches bereits fertig sei und zur Zeit dem Rockfeller, das Prototyp eines rücksichtslosen Kapitalisten, Petroleum auf dem deutschen   Gebiet. An kompetenter russischen Finanzminister zur Prüfung ist. Hand in Hand mit ihm geht die Rothschild   Stelle war erwogen worden, nach Ratifizirung des deutsch   vorliege". Das ist deutlich und vernichtet die Hoff­Gruppe, deren Einfluß auf den russischen Produktions- russischen Handelsvertrages auch die Frachten für russisches nungen aller derjenigen, die da meinen, daß die Standard stätten es vor Jahresfrist wahrscheinlich erscheinen Petroleum, das bis zur Grenze bereits Ausnahmetarife Dil Cie., das diabolische Ungeheuer", nach dem Ausspruche ließ, daß der Abschluß des Weltmonopols zwischen den genoß, auch im Julande zu ermäßigen. Dieser Plan kam der staatlichen Untersuchungsbehörde von den Outsiders be­beiden hauptsächlichsten Produzentengruppen Amerikas   und nicht zur Ausführung, nachdem sich einzelne Handels- siegt sei. Wäre das der Fall, so würden die von der St. Rußlands in naher Aussicht stände. Der gewaltige Trust kammern- wer weiß unter welchem Einflusse gegen D. G. unabhängigen Importeure gewiß bereits eifrig an kam damals nicht zu stande, und zwar aus zwei Gründen die Frachtermäßigung für russisches Petroleum aussprachen. der Arbeit sein, für sich die Klientel der St. D. C. zu er= nicht. Die Hauptbetheiligten an dem russischen Petroleum- Die niedrigen Petroleumpreise schläferten die Auf- werben. Aber gerade das Gegentheil ist der Fall, einer der Un­Kartell, die Nobel- Gesellschaft in Petersburg  , verhielten sich merksamkeit des Konsumentenpublikums ein, und kaum ziemlich ablehnend, und unter deren Einfluß stellten die jemand dachte daran, daß das einmal anders werden könnte. abhängigen, Kassow  , Jung u. Co., erläßt gegen die fartellifirten russischen Petroleumproduzenten der Standard Aber das war nur die Windstille vor dem Sturm. Auf Kölnische Volks Zeitung" ein Rundschreiben, das ganz Cil Compagnie die Bedingung, daß diese, ehe an den einmal änderte sich das ganze Bild. Von Anfang April den Eindruck erweckt, als ob eine Fusion zwischen dieser Abschluß des Weltmonopols gedacht werden könnte, zu- ging der Petroleumpreis rapide in die Höhe, im Detail- Firma und der Deutsch- Amerikanischen Betroleum- Aktien­nächst die amerikanischen Outsiders( d. h. außerhalb der handel stieg der Preis von 16( bezw. 20) Pf. auf 25 Gesellschaft bezw. der St. D. C. stattgefunden habe. Eine Compagnie stehende Produzenten) bezw. deren europäische Ab-( bezw. 30) Pf., und die Händler gaben den entrüsteten ganz ähnliche Anschauung bekundet der wahrscheinlich von nehmer, von denen in erster Linie Philipp Poth in Mannheim   Konsumenten die tröstliche Bersicherung, daß der Preis noch Ph. Pott oder dessen Freunden inspirirte Landauer in betracht kommt, vernichten solle. Ueberdies aber bedeutete weiter steigen würde. Einzelne bürgerliche Blätter, voran Anzeiger", der sich dahin äußert, daß bei der gegens großen Theil die damals in Borschlag gebrachte Theilung der Welt die Hamburger Börsen- Halle", schieben diese Preissteigerung wärtigen Preissteigerung zum zwischen den Amerikanern und Russen eine gar zu augen- auf die unabhängigen amerikanischen   Petroleumproduzenten; pe fulative Machenschaften eine Rolle spielen, daß es indeß zweifellos erscheine, daß für fällige Benachtheiligung der hochbedeutenden und expansions- so schrieb am 29. März die H. B.-H.": fähigen russischen Petroleumproduktion. Der Bantapfel Die ganze Lage des Artikels ist von grund aus geändert; sie den Augenblick das Angebot von Nohöl nicht ausreichend war besonders Defterreich- Ungarn, das die Amerikaner für hat fich namentlich zu ungunsten der Standard Dil Cie. und zu sei. An den Produktionsstockungen aber ist Mr. Rockfeller sich haben wollten, obwohl in Desterreich- Ungarn   bisher gunsten der Produzenten verändert. Denn während früher die sicher nicht unschuldig; der Augenblick scheint gekommen, amerikanisches Petroleum einen nur sehr bescheidenen Absatz Standard auf ihren großen Vorräthen saß und die armen Pro- wo das Petroleum- Monopol den gewiffenlosen Spekulanten gefunden hatte. Der ganze Einfluß Rothschild's   in Defter duzenten nach ihrer Pfeife tanzen mußten und froh waren, wenn als reife Frucht in den Schooß fallen, wo die Abschlachtung reich, dem zusammen mit den ihm affiliirten Banten ein er- man ihnen die Waare zu einem von der Standard diktirten Preise der Konsumenten in aller Gemüthsruhe erfolgen kann. gnädig abnahm, sucht heute die Standard Oil Cie. Angebote zu heblicher Theil der österreichisch- ungarischen Raffinerien ge erhalten und bekommt teine. Niemand will verkaufen: und so Diese Annahme gewinnt um so mehr Wahrscheinlich­hörte, reichte nicht aus, Desterreich, das für ein staatliches find jetzt die Nohölproduzenten die Herren der Situation. In feit, als von seiten der Ungarischen Bank für Industrie und Petroleummonopol inklinirt, dem amerikanischen   Petroleum den Worten niemand will verkaufen", scheint die eigentliche Er- Handel, bei der Rothschild   seine Hände im Spiel hat, gerade geneigt zu machen. flärung der Situation zu liegen. Die Produzenten halten sich im gegenwärtigen Augenblicke mit der Gründung eines aus dem Markt zurück, und der hohe Preis, den sie bereits für Trustes vorgegangen wird, der insbesondere dem. Rohölhandel seine Aufmerksamkeit zu­ihr Nohöl erhalten haben, erleichtert ihnen dies." wenden soll.

Die Monopolprojekte zerschlugen sich demzufolge.- Es scheinen aber doch geheime Abmachungen zwischen den Hauptinteressenten zu stande gekommen zu sein, die in erster Linie auf die Bekämpfung der amerikanischen   Outfieders und dann auf eine Ausschließung des russischen Petroleums von dem deutschen Markte hinzielten.

Zum Schluß giebt die H. B.-H." die Versicherung, daß die Hausse nur so lange anhalten würde, als es den Produzenten möglich sein würde, ihre Vorräthe auf dem Markte zu halten, und daß dann ein Rückschlag eintreten würde. Andere Nachrichten, so die des Berl. Börsen­Couriers", geben die tröstliche Hoffnung, daß infolge einer

Auf die Aussichten für das Bestehen des Petroleums monopols fommen wir später zurück, ebenso auf unsere Vorschläge, die Wirkungen desselben zu paralyfiren, heute erübrigt es nur darauf hinzuweisen, daß der offenbar in Bildung begriffene Riesentrust ein bedeutsamer Markstein Er

Die Stan dard Oil Compagnie wandte ihre allbekannten Mittel in der zynischesten Weise an. Sie terrorisirte brutal die nicht zum Trust gehörigen Petroleumproduzenten, sie außerordentlich erhöhten spekulativen Thätigkeit auf den in der Entwickelungsgeschichte des Kapitalismus ist.

Feuilleton.

Die Fangarme

ihn an. Die Fronie dieser Szene war auch zu drastisch, ist, und in welchem winzige Thierchen, in der Natur als daß ich davon unberührt hätte bleiben sollen. Ein geschichte Läuse benamset, schon mit Gier auf einen mensch­Mensch, der vom nagendsten Hunger geplagt wird und vor lichen Kadaver warten. Der Rest der Verpflegungsgäste [ Nachdruck verboten.] Mattigkeit zusammen zu brechen droht, und da nun die verbleibt im Fremdenzimmer und macht es sich auf Tischen grinsende, zynische Abfertigung: Auf den Verpflegungs- und Bänken, auf dem bloßen Fußboden oder wo anders stationen giebt es zur genüge satt zu essen!" bequem. Der Nachbar zur Linken macht die Nacht über Am Spätnachmittage wandern wir ein. Das Fremden- vor Hunger und Frost kein Auge zu, während der Nachbar zimmer ist schon mit Gästen überfüllt, und noch immer zur Rechten in einen unnatürlichen, krankhaft festen Schlaf mehr Gäfte wandern zu. Um 6 Uhr hören wir rufen: sinkt; hier unästhetisches Geschnarche, dort Gestöhn und Papiere abgeben, wer die Verpflegung haben will!" Jammern.

des Vampyrs Arbeiterkolonie.

( Schluß.)

Mit gesunden Gliedmaßen und kräftigem Körperbau ausgestattet, fühlte ich nach Abmachung der 31. Verpflegungs- Ginige Rippenstöße und Fußtritte ungerechnet, die wir im So während der Nacht gestärkt und ausgeruht", station, Bünde   in Westfalen  , mit unabweisbarer Gewalt, Gedränge davontragen, befommen wir auf grund unseres nimmt der Verpflegungsgast um 7 Uhr sein Morgenbrot daß Pastor von Bodelschwingh   und seine gelehrigen Jünger Wanderscheines, der musterhaft in Ordnung ist, die Ver- ein, bestehend aus einer Rumme trüber Brühe, Kaffee ge größere Anforderungen an den Verpflegungsgaft stellen, pflegungsmarke, und um 7 Uhr in einem Napf das nannt, nebst 2 Brötchen zu 5 Pf., und beginnt dann die als dieser zu leisten im stande ist; auf dem Wege Abendessen, das uns durch eine Klappe in der Stationsarbeit. Das heißt, unter einem Bretterschuppen, zwischen Bünde   und Dynhausen drohte ich vor Hunger Wand durchgelangt wird. Gekochtes Wasser, in oder im Freien, hier stunden-, dort pensumweise, sägt oder und Ermattung zusammen zu brechen. In Kirchlengern   welchem sich einige geschälte Kartoffeln und wenige spaltet er vier Stunden hindurch Holz, oder zerschlägt durch welches Dorf mein Weg führte, trat ich in das am Steckrübenstücke befinden, ungenügend mit Salz gewürzt, Steine, oder kehrt Straßen und Rinnsteine, oder dreht die An Kleinigkeiten, herrschaftlichsten dreinschauende Wohnhaus, um hier um ein hatte ich in meinem Eßnapf. Inzwischen haben sich im Häcksel- oder Handdreschmaschine 2c. Stück Brot zur Stillung meines nagenden Hungers zu Bimmer allerlei unangenehme Düfte entwickelt. Lektüre ist u. a. daß manche Bürger darüber ihren Aerger haben, daß bitten. Aber ach! An den frommen Wandbildern und nicht vorhanden, Unterhaltung nicht angebracht. Gegen Verpflegungsgäste bei öffentlichen städtischen Arbeiten gleich­Sprüchen gewahrte ich gar bald, daß ich in ein Pfarrhaus 10 Uhr, nachdem zuvor die Abendandacht, bestehend in sam zur Schau gestellt werden, oder daß zum Gaudium der gerathen war, auch erinnerte ich mich lebhaft einer Episode Gesang und Gebet, abgemacht ist, hört man den Kommando- lieben Straßenjugend in einigen kleinen Städten die Vers aus Wernigerode   a. H., wo der Herr Superintendent, den ich ruf:" Schlafen gehen; wer von den Verpflegungsgästen pflegungsgäste mit Besen und Schaufel geschultert im Gänse­in seinem bischöflichen Hause um einen Biffen Brot angesprochen im Bette schlafen will, hat 15 Pf. zu zahlen!" Dronie marsch an die Arbeit ausrücken, daß in der Folge das hatte, mir statt Brot( Matth  . 7, 9: Welcher ist unter des Schicksals! Da wir aus Furcht- oder Schamgefühl Scham- und Sittlichkeitsgefühl der Verpflegungsgäste arg oder bei getrübt wird, oder daß der Kleidung der Verpflegungsgäste euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet um Brot, der ihm oder Uebermattung nicht gebettelt haben gerathen find, bei den oft recht schmutzigen und schmierigen Arbeiten, einen Stein biete?) zwei abgegriffene Kalender( zum effen?) gelegentlichen Versuchen in Häuser höchstselbst in die Hand gedrückt hatte. Nichtsdestoweniger deren Bewohner der tirchlich- sozialen Richtung angehören, welche ihnen zu leifte zugewiesen werden, z. B. ausmisten von brachte ich der Frau Pastor, denn diese war inzwischen so müssen wir wohl; oder übel auf den Genuß verzichten, Biehställen, reinigen von Hinterhöfen 2c., über Gebühr mit­- an diesen und ähnlichen Kleinigkeiten darf auf dem Hausflur, wo ich hockte, erschienen, mein Anliegen während der Nacht unsere Kleider ablegen zu können. Daß gespielt wird vor und bat um ein Stück Brot. Sie verschwand schweigend die Kleider, welche wir auf dem Leibe tragen, feucht, viel- niemand Anstoß nehmen. Endlich gegen 12 Uhr wird auf Wir der Station das Mittagessen servirt. Gott   sei Dank! Die durch eine Thür, wie ich meinte, um sich nach der Vorraths- leicht total durchnäßt sind, thut nichts zur Sache. tammer zu bemühen. Nun, ich hatte mich geirrt, sie halten uns in dem großen Trupp. Ein Theil davon wird Portion ist größer als am Abend, d. h. es ist mehr Wasser war nicht in die Vorrathskammer gegangen, sondern ge- frepp- oder leiterauf bis hoch unter's Dach geführt, wo dazu gepumpt. Uebrigens fümmert sich niemand darum, gangen, um ihren Gemahl, den Herrn Pastor zu rufen. Strohfäcke dicht an einander gereiht liegen, auf welche die ob der Verpflegungsgaft sein Mittagessen auslöffeln oder Ein anderer Theil bekommt austrinken will. Und nun den Magen herzhaft mit dem Eeine bündige Abweisung klang weniger salbungsvoll, die Gäste sich lagern.

als derb, und er behauptete, auf den Verpflegungsstationen ein Lager auf Hen und Stroh angewiesen, das infolge Leibriemen zufammengeschnürt, denn vor abends 7 Uhr giebt gebe es zur genüge satt zu essen. Ich schwieg und starrte fleißigen Gebrauchs schon recht mürbe und kurz geworden es nichts zu beißen oder zu brechen wieder, und dann den