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Nr. 547 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 278

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Ferniprecher: ebattion: Dönhof 292–295 Verlag: Donbon 2506--2507

Donnerstag, den 20. November 1924

Die Wahlgelder der Industrie.

Mindestens 2 Mark pro Kopf der beschäftigten Arbeiter.

Anrechnung dieser Beträge nichts im Wege; ich bitte jedoch, dabei an geben zu wollen, welche Beträge bereits gezahlt und wohin sie abge­führt sind. Mit Rüdsicht auf die Nähe des Wahltermins ist große Beschleunigung geboten. Mit vorzüglicher Hochachtung Ernst v. Borfig.

Die Unternehmer haben fein Geld, um die Arbeiterföhne| awerte bereits Beträge an andere Stellen abgeführt haben, steht der zu verbessern. Aber um die Lage der Arbeiter zu der schlechtern durch die Wahl eines Reichstags, der ihnen zu Gefallen ist, dazu haben sie Geld. Herr v. Boriig ver­sendet an die Industriellen folgendes vertrauliche Rund­schreiben: Die Reichstagswahlen am 7. Dezember b. 3. werden für die Wenn die Herren Unternehmer 2 bis 4 M. pro Kopf fünftige Wirtschaftsentwidlung von ganz besonderer der beschäftigten Arbeiter übrig haben, so fönnten und sollten Bedeutung sein. Noch mehr als bei früheren Wahlen wird darauf sie diesen Betrag den Arbeitern selbst zukommen lassen, Bedacht genommen werden müssen, daß vor allem folche Abgeordnete damit sie einmal für sich und ihre Familie ein ordentliches gewählt werden, die wirtschaftlichen Beitblid besitzen, Stüd Fleisch kaufen können. Statt dessen werden Beträge, die ben Möten der Wirtschaft Berständnis entgegenbringen aus der Arbeit der Männer und Frauen an der Maschine und und ihren Bedürfniffen in ihrer parlamentarischen im Kontor herausgewirtschaftet werden, zur politischen Ber­Tätigteit Rechnung tragen. Es gilt auch diesmal wieder, Gelb. tretung von Arbeitgeber interessen mißbraucht. mittel aufzubringen, um die Intereffen der Wirtschaft bei der Wah zur Geltung zu bringen. Ich erlaube mir daher, auch jetzt wieder an die Mitglieder heranzutreten mit dem Borfchlage, ebenso wie bei

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The Bußtag.

Bußtagsgedanken der Unbußfertigen.

Die Preffe der Bürgerblodfreunde nimmt den Landes Buß und Bettag zum Anlaß, ihren Lesern einen mo ralisch- kritischen Spiegel vorzuhalten. Kein Zweifel, diese Zeit der Not und des Glends, in der Millionen und aber Millionen von Arbeitern, Kriegsopfern, Sozialrentnern und anderen Opfern der Inflationszeit in den entsehlichsten Verhältnissen leben, ist wie feine andere dazu angetan, die Satten, Reichen und diejenigen, die ihr gutes Austommen finden, wachzurütteln und ihnen die Frage vorzulegen, ob sie alles getan haben, um zu helfen, wo zu helfen ist. Man könnte an die furchtbaren Opfer denten, die viereinhalb Jahre Krieg der Menschheit auf­erlegt haben, an die verbrecherische Torheit jener, die sich nicht dazu verstehen konnten, einen billigen Frieden zu schließen, als der Krieg bereits verloren war, an den brutalen Egoismus und die Kurzsichtigfelt jener, die jede Politik der Bernunft und der Erfüllung bekämpften, solange das Inflationsgeschäft blühte, Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn der einzelne bude und die wichtigste Lebensfrage des Boltes zum Bucher­an die Unmoral gewisser Leute, die den Reichstag zur Schacher­Unternehmer aus seinem Vermögen oder feinen Einkünften geschäft herabwürdigten, an die Tollheit und moralische Halt= derjenigen Partei Zuwendungen macht als deren Gesinnungslosigkeit der Königsmacher und ihrer Garde, die mit dem genoffe er sich fühlt. Aber was hier geschieht, ist nichts anderes Bürgerkrieg spielten, und an das unchriftliche Gebaren derer, als die Ansammlung eines Rorruptionsfonds. Die die aus der religiösen Ueberzeugung ein politisches Geschäft Parteien werden in dem Maße mit Industriegeldern bedacht, machen. in dem sie sich den Wünschen der Unternehmer willfähig zeigen. au entrichten, wobei ich bemerken darf, daß einzelne Firmen in An Unvergessen bleibt der Ausspruch des Synditus Rode kennung der besonderen Bedeutung der diesmaligen Wahlen be Hannover   auf einer Tagung des Zentralverbandes der deut reits Beträge bon 3 und 4 M. pro kopf des beschäftigten schen Industriellen, die Nationalliberalen müßten Order parie­Arbeitnehmers gezahlt haben. Der gleiche 2 usi chuß, ber es beren, denn dafür würden sie ja bezahlt! reits bei früheren Wahlen übernommen hat, die eingehenden Gelder Der Aufruf des Herrn v. Borsig verrät in feinem Wort­auf bie verschiebenen Parteien im entsprechenden Berba tnis zu verlauf nichts von den jozialpolitischen Zielen des tellen, wird auch dizies Mal in Tätigkeit treten. Ich bitte Sie, fie Unternehmertums, er hat das ja auch nicht nötig, da er auch Jprefeits an diefer für die Wirtschaft besonders bedeutungsvollen so verstanden wird. Hüben und drüben! Auch die Arbeiter Maßnahme zu beteiligen und einen entsprechenden Betrag auf das und Angestellten werden ihn verstehen. Sie sind hoffentlich Sonderfonto W des Verbandes Berliner   Metallindustrieller E. 2. allt öpfe" nicht bloß im entwürdigenden Unternehmersinn, bei der Deutschen Bant, Depofitentasse C., Berlin  . 9, Botsdamer wonach pro Ropf" Zahlungen geleistet werden, sondern sie Straße 127/128, unter gleichzeitiger Angabe an die Geschäftsstelle haben dentfähige Röpfe auf ihren Schultern sitzen, und des Verbandes zu überweisen. Spezielle Wünsche, daß die Gelber bann werden sie dem an unrechter Stelle zahlungsfreudigen einer bestimmten Bartel zugeführt werden sollen, werden Unternehmertum und den von ihm bezahlten Parteien am entgegentommend berücksichtigt. Soweit Firmen für Wahl 7. Dezember die richtige Antwort zu geben wissen!

der vorigen Wahl,

einen Beitrag von 2 m. pro Kopf jebes am 1. Oftober 1924 beschäftigten Arbeiters und Angestellten

Giolitti als Nachfolger Mussolinis? Bom König um Liquidierung des Fafchlsmus ersucht?

Rom  , 18. November.( 2.) Nach Gerüchten, die in den Wandelgängen der Kammer umlaufen, foll an Giolitti von

höchster Stelle die Aufforderung gerichtet worden sein, die innerpollilfche Krife zu lösen. Er hat die Führung der Oppo­fition übernommen und offiziell feine Kandidatur für die nach folge Mussolinis aufgestellt. Es besteht kein Zweifel, daß fich der alte routinierte Staatsmann eine politische Kampagne von unge wöhnlicher Tragweite nicht ohne den Glauben an den Erfolg be­gonnen hat. Mussolini   hat an alle Settionen der faschistischen Partei den Befehl gerichtet, daß Unruhen, wie fie bereits in manchen Provinzen vorgekommen find, zu unterbleiben haben. Iurati for­dert die Sozialdemokraten auf, ihre Ruhe zu bewahren und die größte Borjidht walten zu laffen.

Rom  , 18. November.  ( WTB.) In der heutigen Biebereröif­nung des Senats hielt Senatspräfident Tittouf eine Rede, in der er auf die Notwendigkeit hinwies, daß die Gewalttaten in Staten aufhörten. Mit dem alten Horaz pries er denjenigen Menn felig und verdient um das Baterland, dem es gelingen werde, dem brudermordenden Kampf ein Ende zu machen, die blutigen Ueberfälle zu beendigen und die wilden Gewalttaten zu zügeln. Der Eenat begleitete seine Ausführungen mit sehr leb. haftem Beifall.

Rom  , 18. November.  ( WTB.) Die Oppofitions preffe affer Schattierungen verbreitet das wenig glaubhafte Gerücht, daß Mussolini   fich des Ministers des Innern, Federzoni, ent lebigen wolle, um auf Wunsch des rechten faschistischen Flügels selbst wieder Minister des Innern zu werden.

Rom  , 19. November( Eigener Drahtbericht.) 3wei weitere fafch stische Abgeordnete sind aus der Faschistischen   Partei aus­getreten.

Vor dem Ende der Militärkontrolle? Paris  , 19. November.  ( WIB.) Rew York Herald" meldet, daß die Untersuchung der Interalliierten militärtommission in Deutschland   nahezu beendet fei. Entgegen gerviffen fen­fationellen ausländischen Meldungen hat der korrespondent des New York Herald  " von autorisierter Quelle erfahren, daß die Kon­trolle mit Ausnahme des durch einen Fanatiker hervorgerufenen Zwischenfalles von Ingolstadt   ganz und gar befriedigend verlaufen set und die demnächstige Abreise der Kommiffion rechtfert ge, die Ihre Bollmachten vorher noch auf den Böikerbund über­tragen müsse.

Vor einer Reform des Besatzungssystems. Personalabbau und Beschränkung der Militärgewalt. Paris  , 19. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Nach dem Deuvre" foll in der kommenden Woche am Quai d'Orsay eine Kon­ferenz stattfinden, die die Reform des gegenwärtigen Ottupationssystems in den bef hten Gebieten zum Gegen­ftand haben soll. Es werden daran außer dem Minist rpräsidenten Herriot   und dem Kriegsminister der Präsident der Rheinland­fommiffion, ein Bertreter des Generalstabes der Befahungsarmee fowie der Berichterstatter der Finanzkommission der Kammer feilnehmen. Wiz wir dazu von gutunterrichteter Seite erfahren, handelt es sich dabei nicht nur um einen Abbau der Offupation, fondern zugleich auch um eine Reuabgrenzung der kompetenzen zwischen den sivilen und militärischen Be­fatungsbehörden. Das Ziel der Organisation foll die Wieder­herstellung des Zustandes sein, wie er vor dem 11. Januar 1923 bestanden hat. Die Einmischung der Besahungsorgane in die innere Berwaltung der befehten Gebiete soll auf das durch die Bedürfnisse und die Sicherheit der alliierten Truppen bedingte mindest ma reduziert werden. d

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Antibritisches Attentat in Kairo  . Der Armeekommandant schwer verleht, die Täter flüchtig. Kairo  , 19. November.  ( WTB.) Gegen den Sirdar der ägyptischen   Armee, General   Sir Cee Stad, wurden hente, als er das Kriegsministerium verließ, zwei Bomben geschleudert, von denen die eine explodierte. Sir Cee Stad wurde schwer ver­wundet. Die Attentäter find entfommen Sie hatten erst eine Bombe geworfen, die nicht gplodierte, und dann mehrere Re­volverfchafie abgegeben, die Sie Lee Stad, feinen Adju­tanten, Chauffeur und einen Polizisten verwundeten.| Sir Cee Stad ift in das Hospital eingeliefert worden. Die Alten­täter werden auf zwei bis drei Personen geschäht. Sie hatten sich in sinem Torweg verborgen. Als sie fahen, daß die von ihnen gejchieu­derte Bombe nicht explodierte, folgten sie dem Auto Sir Lee Stads in einem Auto und feuerten einige Revolverfchiffe ab. Dann bestiegen fie eine in einer Seitenstraße haltende Drofchte und fuhren schnell davon. Premierminister Zeglul Pafcha, die Minister und eine De. putation der Kammer sprachen bei der Botschaft vor und drückten ihre Abscheu und ihr Bedauern über die Bluftat aus.

Der Adjutant Hauptmann Campbelt wurde in die Bruft und fein Chauffeur in Arm und Bein getroffen. Der Boli­31st, der die Affenfäter verfolgte, wurde durch drei Kugela fchwer verwundet. Die Polizei glaubt die Nummer des Autos zu kennen, in dem die Attentäter entkommen find.

gedanten dieser Presse. Ihre Haltung erinnert an die Gestalt Aber von alledem findet man nichts in den Bußtags­gedanken dieser Presse. Ihre Haltung erinnert an die Gestalt des Pharisäers in der Bibel, der mit den Worten an die Brust schlägt: Gott  , ich danke dir, daß ich nicht so bin wie die an­beren Menschen. Da sagt& B. die Deutsche Tages­zeitung": Während ein tiefes Sehnen nach Frieden durch unser allzu friedbereites Bolt hindurchgeht, starren unsere Feinde gegen uns in Waffen und führen den Krieg in anderer, aber nicht weniger erbitterter Weise fort." Aehnlich der Lotal Anzeiger", der den, Feinden" zuruft:

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Die Siegernationen" follten vor allem erst in sich gehen und fich darüber flar werden, was sie dem deutschen   Bolt an Schmach und Scharide on himmelschreiendem Unrecht und on tulturwidriger Grausamteit angetan haben und noch antun bis zu dieser Etunde unter der Heuchelmaste bes Friedens. Sie sollten erst einmal das so oft genannte und nie­mals in die Erscheinung tretende" Bölfergewissen" aufwecken, daß es seine Stimme für ein zu Tode gemartertes Bolt erhebt und die viel mißhandelten Begriffe von Freiheit"," Kultur", Gerechtig­der zu Ehren bringt." feit", Gelbstbestimmung der Böller"," Befriedung der Welt" wie­

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Derartige Deflamationen machen sich besonders schön in

einer Bresse, der vor dem Kriege feine Heeresvorlage groß genug war und die sich während des Krieges Und wie steht es denn heute? Wer hat die Politik der Ber­nicht annegionistisch und militaristisch genug gebärden konnte. tändigung und der Erfüllung jahrelang mit allen Mitteln bekämpft, wer wendet sich auch heute noch gegen Völkerbund  und Bersackungsmanöver den Ruhrkonflift zu einem neuen und Berständigungspolitik, wer wollte durch Sabotageafte Krieg treiben, wer tritt für den Revanchefrieg ein?

erhalten. Dieselbe Bresse, die sich über den Militarismus der Bir brauchen nicht meit zu gehen, um die Antwort zu andern Mächte erregt, weiß am Buẞtag nichts Besseres zu tun, Der Lofal- Anzeiger" läßt die Erinnerung von 1813 aufmar­als einen neudeutschen militarismus zu predigen. schieren und auch die Deutsche Zeitung" läßt durchbliden, daß ihre Fahrt auf die alte schwarzweißrote Militärpolitik ein­gestellt ist. Auf diese Weise verraten sie, daß fie, indem sie über die Heuchlermaste der anderen trateelen, selbst die Heuchlermaste tragen.

Oder sollte es ein Zeichen der Selbstbefinnung sein, wenn der Lotal- Anzeiger" nach Charakteren ruft, gegrün­het auf religiöfer Sittlichkeit und Vaterlandsliebe", nach Menschen ,,, die eine Sache um ihrer selbst willen tun"? Es heißt da:

Cin Charafier ist doch etwas in fich Geschlossenes, Festes, Rares, frei von Menschenfurcht und Feigheit, mit festen Grund fäßen, mit flaren Bieten, mit dem Mut der Ueberzeugung, bereit, für diese Ueberzeugung einzustehen auch zu opfern und zu feiden. Wo sind heute solche Charaktere? Stoßen rir nicht überall auf Erbärmlichteit, Charotterfofig­teit und Charakterschwàche?"

Beffer tönnte man nicht die Deutschnationalen charakteri­fieren, die am 29. August aus Furcht und Feigheit ihre ieberzeugung preisgaben und die diese erbärmliche Charatter­lofigkeit auch noch mit dem Preis von vier Ministersesseln prämiiert sehen wollten. Um nicht opfern und leiden zu müffen, opferten sie ihre Grundsäge. Und als sie auch das nicht vor der Reichstagsauflösung schüßte, die sie bis zur Ropflosigkeit fürchteten, waren sie erbärmlich genug, um auf die Charakterschwäche und die Charakterlosigkeit ihrer Wähler zu spekulieren. Mit Pelzen, Kleidern und Brifetts versuchten sie Wählerstimmen zu fangen.