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DI« GenerallHreltSm der Staatsbank hat. schon im Frühjahr d. I. im Zusammenhange mit der Kredi.resd.-iktianspalitik der Reichs- bonk dafür Sarge getragen, daß bei der Annahm« neuer Kunden mit besonderer Barjfcht Verfahren und die Hohe der einzelnen Kunden gewährten Kredite m angemessenen Grenzen gehalten wird. 2. Der Dorwurf. lV-ß die Kred»te an die Stein-Bank in einer Zeit gegeben worden lesen, wo andere Kreditsuchend« nichts er» halten konnten, ist n i ch t de g r ü a. d e t. In der alle n in Frag« kommenden Zeit bis April d. Z. versügle die Preußische Staats- dank über verhältnismässig groß« Mittel, so daß den an sie her- antretenden Krcditansprchchen re.'xclnwßig stattgegeben werden konnte, falls die Kreditluchonden geeignete Unteren stellen konnten und falls nicht etwa an einzelnen Tagen die gelbliche Lage dl« Gewährung des Kredites in der bean.ragten Höhe nicht gestattete. Zu der in einem Teil der Presse gebrachten Mitteilung, die Preußische Staatsbank habe Hch bei der Staatsanwaltschaft für dle Freilassung des verhafteten Äuti-ksr«ingesetzt, ist folgendes festgestellt worden: Als Kutisker verhaftet war. händigte Anfang Dktobcr d. I. die Staatsbank, die als Hauptgläubigerin an der Auf- recht« rhaltung des Betriebes d« Stein-Bank ein geschäftliches Jnter- esse hatle, dem Vertoidlg«r KuSskers ein« Bescheinigung des Inhalts aus, daß nach ihrer Kmitnis die übrigen zeichnungsberech- tlgten Herren der Steiu-Bank über dl« Geschäfte der Bank und über die Situation der von der SiteimBank abhängigen gewerblichen B«- triebe nicht in dem Maße u»terrichtet seien, daß bei längerem Fehlen des Herrn Iwan Kutisyer eine Fortführung der Geschäfte überhaupt möglich wäre. lieber die in der OcffenSichkeit sonst beanstandeten einzelnen Fälle von angeblich zu weithaiUlzen Kreditgewährungen oerbietet dos Bankgeheimnis die Mittelung von Einzelheiten. Rur soviel kann gesagt werden, daß die zgenonnten Zahlen weit über» trieben sind und daß die Behauptung, den Michael-Kvn- z e r n seien ungedeckt« ftvedite in«Höf* von 24 Millionen Mark oder überhaupt ungedeckte Kredite gewährt worden, nicht zutrifft. Zu den sonst noch genannten beiden kleineren Fällen, in denen die Schuldner nach Zeitungsnachrichten sich ins Ausland entfernt haben, wird bemerkt, daß Deckung in dem anderen Falle infolge der bereits erwähnten Verstöße in der Lombardabteilung nicht als voll angesehen werden kann. Ein abschließendes Urteil ist erst nach völliger Klärung der ge- samten Sachlage, die naturgemäß noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, möglich. Soweit der amtliche Bericht. Ln einem wichtigen Punkte bestätigt er. daß F n k o r r e k t h e»i t e n bei der Staatsbank vorgekommen sind, indem man dr.e Kontrollvorsthristen nicht sorgfältig genug innegehalten oder überwacht hat. Die ganze Fassung des Berichtes läßt darauf schließen, daß die Staats- bank aus diesen unvorsichtigen Geschäften Verluste zu er- warten hat. Wen trifft nun dafür die Verantwortung? Diese Frage ist von um so größerem Interesse als die reaktionäre Presse Ulster Verleugnung einfachster Tatsachen die Schuld für die Borkommnisse den sozialdemokratischen Mit- gliedern des Preußenministeriums in die Schiihc schieben möchte. . Wollte man die Aufsichtsbehörde dafür verant- wortlich machen, so müßte man sich schon bei dem volkspartel- lichen Dr. v. R i ch t e r melden. Wir lassen es dahingestellt, ob man einem FinanMinister zumuten kann, daß er in alle Konten der von ihm beaussichtigten Bank fortlaufend Einficht nimmt. Festgestellt muß jedoch werden, daß n u r e r und kein Sozialdemokrat in Betracht kommt, wenn man, wie es die Reaktionäre verlangen, den Minister für jede Einzelheit verantwortlich machen will. Die w i r k l i ch S ch u l d e n aber sind nZcht außerhalb. solchem innerhalb der Bia n t zu suchen. Wir möchten wünschen, daß auch die nähere, Nachprüfung der Verhältnisse bei der Seehandlung die Feststellung berechtigt erscheinen läßt, kein Beamter habe sich eine ehvenrührige Handlungsweise zu- schulden kommen lassen. Daß aber der Verlust von Millionen kein Beweis für sine besondere Befähigung der Staatsbankleiter ist, wird mohl nicht gut bestritten werden

können. Nun setzt sich das Direktorium der Preußischen Staats- bank ausschließlich zusammen aus Beamten des kaiser- lichen Deutschland! Sein jetziger Präsident, der nur teilweise jür die Transaktionen von Kutisker verantwortlich gemacht werden kann, ist der Staatssekretär Dr. Schröder, dessennationale Tüchtigkeit" noch von keinem angezweifelt worden ist. Noch weniger gilt das für seinen Vor- gänger Exzellenz v. Dombois. Aber auch in dem übrigen Be- amtenstabe findet sich kein einziger, der erst von der Republik für diesen Posten bestimmt worden wäre. Die Verluste der Staatsbank sind so ein Beweis für die Unmöglich- keit, ein so großes Institut mit bureaukratifchen Beamten zu besetzen, die vor schweren finanzpolitischen Ausgaben vollkom- men versagen müssen. Welcher Geist übrigens im Direkto- rium der Staatsbank herrscht, das ging auch aus dem Derhalten ihres Direktors Bergmann hervor, der auftragsmäßig die Geschäftsgebarung der deutschnational geleiteten Ost- preußischen Landeskreditbank zu untersuchen hatte. Dieser StaatSbankdirektor hielt es für geboten, seine angeblich nega- tiven Untersuchungsergebnisse dem beschuldigten Landes- Hauptmann brühwarm mitzuteilen, bevor der amtliche Bericht überhaupt an das preußische Staatsministerium gelangte. Die Folge war. daß der der mangelnden Aufsicht beschuldigte Landeshauptmann in der konservativen Presse Ostpreußens lange Erklärungen auf Grund der Mitteilungen dieses Staats- bankdirektors veröffentlichen konnte mit dem Ziel, die preu- ßische Regierung vor der Oeffentlichkeit herabzusetzen. Es sind also die Früchte des alten Systems, der schwarzweißrotenFachbeamtenwirtschaft", die hier zutage treten. Die Republik Hot höchstens den Fehler begangen, daß sie gegenüber der notwendigen Reinigung solcher Aemter sich zu sehr von Rücksichtnahme auf das alte Beamtentum hat leiten lassen. Die Republik war eben zu anständig der Fall Kutisker aber, soweit die Seehandlung in Betracht kommt. ist ausschließlich ein Verdienst reaktionärer Beamtenwirtschaft, wie sie uns der Bürgerblock wieder bescheren soll!

Schwarz-Rot-Golü unü Schwarz-Weiß-Rot Tie Vernunft marschiert. Der frühere Gouverneur von Kiautschou , Admiral v. Truppe!, hat sich bereit erklärt, für die D e m o k r a- tischeParteizu sprechen. Es war vorauszusehen, daß die deutschnationale Pres e aus diesem Anlaß über den Admiral herfallen würde. Das Bekenntnis der Generäle v. Schönaich und v. D e i m l i n g zur Republik und zu den Farben der Re- publik hat der monarchistischen Bewegung einen schweren Stoß versetzt. Vergebens unternahm die fchwarzweißrote Presse den Versuch, den Stoß dadurchzu parieren, indem sie ihre verleum- derischen und schmutzigen Methoden auf die Generäle anwandte. Um so härter trifft es die vereinigten Reaktionäre, wenn sich kurz vor den Wahlen nun auch ein verdienter Offizier wie Admiral v. Truppe! zum heutigen Staat bekennt. Vorläufig begnügt sich die deutschnationale Presse damit,«inen Brief zu veröffentlichen, denzahlreiche ehemalige Marineoffiziere" an den Admiral gerichtet haben. Das Schreiben lautet: Die m Mannheim und Umgegend zahlreich ansässigen ehe. maligen Marmeosfizier« nahmen mit tiefstem Bedauern von Ihrer Absicht, bei der Deutsch - Demokratischen Partei zu sprechen, Kenntnis. Wir wollen nicht mit Ihnen darüber rechten, ob sie Monarchist oder Republikaner und Demokrat sind. Aber eines ist für uns alle unoer- ständlich, daß ein Seeoffizier, dem dieBedeutungde-r Flagge im Auslande bekannt fein muß. der außerdem jahrelang Gouverneur emesSchutzgebiet» war, nunmehr unter derFlagge Schwarz- Rot-Gold sprechen kann. Der Flaggenwechjel wird von vielen Millionen Deutschen als eine Schande empfunden, die wir uns zu- gefügt haben, und Sie, Herr Admiral, flehen nunmehr in der Reihe derjenigen, ohne deren Zustimmung der Flaggenwechjel nicht möglich gewesen wäre. Ihre ehemaligen Kameraden wenden sich von Ihnen ab." Da das Schreiben keine Unterschrift trägt, bleibt es un- bekannt, wer sich hinter dem Pseudonym derzahlreichen ehe-

maligen Marineoffiziere" versteckt. Ganz klar geht aber aus dem Schriftstück der geradezu deutschnationale Mangel an Logik hervor, der dem Briefschreiber die Feder in die Hand drückt. Die schwarzrotgoldene Fahne ist im Gegensatz zu den schwarzweißroten Farben der Monarchie das Symbol der Republik . Diese Farben sind nicht schlechter als die schwarzweißroten. Sie haben als die Farben des alten deut- en Reiches eine jahrhundertelange, sehr ehrenhafte Tradition. er also diese Farben als solche beschimpft, verrät damit ent- weder einen katastrophalen Mangel an Kenntnis der deutschen Geschichte oder beschimpft die deutsche Vergangenheit. Da der Beauftragte der zahlreichen ehemaligen Marineoffiziere" ausdrücklich ver- neint, der republikanischen oder demokratischen Gesinnung des Admirals zu nahe treten zu wollen, attestiert er damit sich selbst, daß er entweder ein Ignorant oder ein Verächter der deutschen Vergangenheit ist. Ehrenwert, sehr ehrenwert und sehr deutschnational. Es wäre der deutschnationalen Press« im monarchistischen Interesse anzuempfehlen, ihren Kampf gegen Offiziere, die die Bedeutung der Weimarer Verfassung besser zu schätzen wissen als sie, einzustellen. Es ist ja anzuerkennen, daß sie sich im all- gemeinen mit der endlosen Wiederholung von Lügen, Der- leumdungen und Schimpfereien begnügt, aber wenn sie einmal versucht, sachlich zu werden, gibt sie sich derart empfindliche Blößen, daß auch ein Hund davonlaufen muß. Es ist unschwer abzusehen, wohin diese Verteidiger der Monarchie den mon- archistischen Karren fahren werden.

Sasth unü Potsdam . Sin Schreibe« des Ministers Severing. Der preußische Minister des Innern, Gen. S e v e r i n g. hat an den Oberbürgermeister von Potsdam , Dr. Rauscher, folgendes Schreiben gerichtet: Anläßlich des Auftret>:ns des französischen Professors Bäsch in Potsdam am S. Oktober d. I. sowie des ferneren in der übrigens irrigen Annahme der geptonten Wiederholung«ner ähnlichen Veranstaltung haben Sie, Herr Oberbürgermeister, es für gut b«- funden, sich namens des Magistrats der Stadt Potsdam wiederholt telegraphisch und schriftlich, ungeachtet meiner alleinigen Zuständig- teil mit Vorstellungen und Warnungen, auch unmittelbar an ver- schaden« Behörden des R e i ch e s zu wenden Ist schon im allgemeinen der unmittelbare Verkehr nachgeord- neter Behörden mit Behörden des Reiches nicht zulässig, so vermag ich in den vorliegenden Fällen Ihr Vorgehen um so weniger un- gerügt zu lassen, als der Zweck Ihrer Eingabe ofstnsichttich der war, auf meiner Entschließung beruhende Maßnahmen der Polizeiverwol- tung zu beanstanden und über bereits getroffene oder erwartete Ent- scheidungen der preußischen Zentralbehörde bei Reichsbehörd-cn Vor- sdellungen zu erheben. Abgesehen davon, daß dieses Vorgehen im vorliegenden Falle geeignet war, bei den angegangenen Reichsstellen unrichtigeAussassungen über die politische und polizeiliche Lage hervorzurufen und damit unnötige Beunruhigung zu schaffen, läßt ein solche, Verhalten durchaus die gebotene Zurückhaltung und notwendige Einordnung in den Behördenaxparat in bedauerlichem Maße ver- mis sen. Für dieses Verhalten spreche ich Ihnen. Herr Oberbürgermeister. meine Mißbilligung au» und erwarte, daß Sie in künstigen Fällen es an der notwendigen Einordnung in den Behördenapparat nicht fehlen lassen werden. gez. Severing." Oberbürgermeister Dr. Rauscher gehört offenbar zu jenen Einwohnern Potsdams , die von dem Geist Friedrichs II, keinen Hauch verspürt haben. Friedrich II. forderte von sich und anderen Duldsamkeit und Disziplin. Oberbürger- meister Rauscher ist unduldsam gegen Andersdenkende und duldsam nur gegen sich, sonst hätte er sich nicht eine so sinn- und zwecklose Disziplinlosigkeit zuschulden kommen lassen können. Aber es gibt Leute, oie so etwas fürnational" halten.

Die Feuertaufe. Eine Erinnerung«ms dem Rovember 1914. Don Hubert Laskari. An einem trüben, frostigen Novembermorgen brach das Batail- lon aus dem Seinen Grenzstädtchen in der Richtung noch der pol- Nischen Grenze aus. In den erstem Bormittagsstunden wurde bei dem verlassenen Zollhäuschen die Grenze überschritten. Es war eine erst vor kurzem zusammengestellte Ersatzformation aus lauter un- gedientem, schnell ausgebildetem Leuten, die noch kein Gefecht mit- gemocht hatten. Die Trupp« war singend au« der Stadt gezogen. und die Mannschafton haben auch setzt, als sie wortkarg einem un- gewissen Schicksal entgeymmarschierten. noch kaum eine Vorstellung von einer unmittelbar drohenden Gefahr. Solange man noch in der Gruppen kolmme blieb, war auch wohl an«inen Zusammenstoß mit den Russen nicht zu denken. Der Führer der ersten Kompagnie, cm adliger Reserveoberleutnant mit dem Einglas im roten, verlebten, herausfordernden Gesicht«, ritt an feinen Leuten hin und her. rügte bei einigen die schlappe Gewehchaltumg und schnauzte einen älteren Ersatzreservisten an, weil er Schnürschuhe trug. Als der Mann sich mit dem Hinweis auf wundgelaufene Füße entschuldigte, brüllte ihn der Oberleutnant an:Verdammte Schweinerei, Sie wollen wohl im Morast stecken bleibe«? Ich werde Ihnen da« noch anstreichen, Sie Lauselümmel!" Di« tief ausgefahrene Landstrahe führte drrch ein endlos ödes Flachland. An der einen Seite zog sich ein frisch aufgeworfener Sturzacker entlang. Am Horizont drehten sich die Aügel einer Windmühl«, ein B® von idyllischer Friedlichkeit. Aber mit einem Male blieben die Windmühlenflügel stehen. Und»ach einer Weil« wurde ein Mann von einigen Soldaten mit aufgepflanztem Baso- nett an der Marschkolonne vorbeigeführt. Das Gerücht durchlief die Truppe, der Müller hob« mit feiner MW« den Russen da« Heran- nahen des Feindes angezeigt und solle dafür«rschosien werden. Ein unbehagliche» Gefühl stieg in einzelnen Leuten auf. Der Ob«. kevtnant war inzwischen abgesessen und ging hinter dem Zuge her Da kam plötzlich von den Zugführern da« KommandoAus- schwärmen!" Di« Mannschaften stoben wie ein aufgescheuchter Mückenschwann auseinander, und«ine breit» Schützenlinie bewegt« sich langsam über den Sturzacker. Im nächsten Augenblick fuhr ein Heulen und Pfeifen durch die Luft, und 50 Meter von der Schützen- flnie entfernt spritzte d« breite Feuergarbe einer Granate über die aufgerissenen Ackerschollen. Da warf sich alles, ohne noch ein Kam- mando abzuwarten, platt auf den Erdboden und sucht« mit den kleinen Spaten«ine dürstig« Deckung vor sich auszuwerfen. Der Oberleutnant verkroch sich hinter einem Feldstein und winkt« die beiden ihm am nächsten liegenden Leute zu sich heran, um sich«in- buddeln zu lassen. Ein Getroffener schrie«ff. wimmerte und stöhnte.

Sei ruhig, mein Junge," redete ihm der Oberleutnant zu,die Sanitäter werden dich gleich forttragen." Eine Viertelstunde lang, die den Daliegenden wie eine Ewigkeit erschien, prasselte ein Hagel von Granaten und Schrapnells dicht vor der Schützenlinie nieder. Der Feind feuerte aus einer unsichtbaren Verborgenheit. Wenn er sich erst eingeschossen hatte, konnte er schnell mit der ganzen Schützenlinie aufräumen. Kalte Schauder durchrannen die Mannschaften, die einem unangreifbaren Gegner wie wehrlos« Schlachtopfer preisgegeben waren. AI « endlich ein« «eine Pause eintrat und leise das KommandoSprung auf! Marsch marsch!" gegeben wurde, sprangen alle wie erlöst auf und rannten auf ein« ein paar hundert Meter entfernte Scheune zu, die zunächst wohl der Kompagnie Deckung bieten mochte. Man sammelte sich und blickt« umher, um Vermißt« festzustellen. Der Oberleutnant machte boshafte Bemerkungen über einig« Leute. die ihm als schlechte Fußgänger bekannt waren, die jetzt so schön. hätten laufen können. Die Kompagnie hatte zwei Tote und ein« Anzahl Verwundeter zu beklagen. Das ganze Bataillon, da» so leichtfertig dem Feinde entgegengefichrt worden war, hatte inner» halb der«inen Biertclstimde fünfzig Mann verloren, ohne selbst«inen Schuß abgegeben zu haben. Allmühlich hatte die deutsche Artillerie den Gegner gefunden und brachte die russisch« Batterie schließlich zum Schweigen. So konnten die Leute hinter der Scheune endlich den Weitermarsch an- treten. Der Oberleutnant suchte die bedrückten und verbissenen Ge- müter durch ein paar tönende Phrasen über dieehrenvoll bestan­den« Feuertaufe" aufzumuntern. Als er einen Mann die beim Hm- werfen auf den Sturzacker zerbrochene Brille wegstecken sah, fragt« er ihn, ob er keine Reserve drille habe. Der Mann verneinte da». Da herrschte ihn der Oberleutnant an:Aich Sie dachten wohl, Sie würden jetzt zurückgeschickt, um sich ein« neue Brille verpassen zu lassen? Diese Drückebergergelüste schlagen Sie sich nur aus dem Kopfe! Sehen Sie mich an! Ich Hab« ständig drei Monokel und zwei Brille« bei mir. Da kann ich niemals in Verlegenheit kommen."

Was ü,'e Vorortbahn sich anhören muß. Von AnnaRubner-Schaah. Eine Frau in tiefer Trauer steigt ein. einen langen, bretffteifen Trauerschleier über» Gesicht und einen ebenso langen, bretffteifen Trauerschleier über die rückwärtig« Körperhälfte. Während si« Platz nimmt, was ihr mit dem widerspenstigen Putz nicht ganz leicht fällt, kollidiert sie mit ihrer Nachbarin. Die fängt eben zu schimpfen an: Nee, so wat"-» aber im selben Augenblick biegt ihre empört« Stimme um in die süßesten Töne:Nee, so wat Ihnen Hütt' ick ja jar nicht wiedererkarntl" Da stau nm Se, na? Mein Seliger war ja immer so jnitschig. da konnte ma sich jar nischt anschaffen"Ihr Mann i» jeftorb'n?" Ja oorichje Woche un sehn Se mal. wie damals mein Bruder jefallen is, da wollte ick ma natürlich n« Trauer zulegen; glauben

Et. er Hütt' mir jelassen? Det i» Mumpitz, hat er lesagt, det tust« nur zu Dein eijenet Dajnüjen, der Tote hat jar nischt davon. Und er hat mir ni.h Mfsen. Ra, aber wie nu vorichte Woche mein Mann jestorben is, ick rin zu Webem und Hab' mir n« fein« Trauer zujelezi, strich zwee Jarnituren." * Ein« dicke Gutsbesitzerin, so etwa fünfzig Jahr« alt, sitzt unglaub- lich ausgebreitet neben einem ebenfalls sehr ausgebreiteten Herrn im Iagdcmzug. Sie allein spricht:Der Krieg, der hätte so zwanzig Jahre früher kommen müssen. Wenn ick so denke, was Hütt« ick da jeschafftl Also ick könnte mir ja manchmal ohrfeigen, wi« dumm is ma jewesen. wat man so allens verbraucht hat, di« Eier, det Schmalz. di« Butter, det Fleesch und überhaupt ick meine ja irich für uns, da war man ja dumm, aber für die Leute un so- wenn ick so zwanzig Jahre früher jewußt hätte, wat man so ersparen kann, und wat man so die Leute bieten kann, wat ick da vor mir jebracht hätte nee, der Krieg, der war ja schon janz sut. man hat was jelernt bloß zwanzig Jahr« früher hätt' er kommen müssen." » Ein politisches Gespräch zwischen zwei erfahrenen Männern wogt schon eine halbe Stunde hin und her und erreicht endlich wirffam gesteigert, wi« sich das gehört mit dem Abschluß seinen Gipfelpunkt: 'Ree, da bin ick sanz taiau derselben Meinung wie Si«: von Osten kommt Vet Heil, von Osten sanz allscne! Also da, janze Pack von Deuffchwationalm und Deuffche Volkspartei und die janze Bande, die sind det Ieschwür am Volkskörper: di« müßt« man ausrotten, ausbrennen müßt« man det Iefchwur, sonst kriegn wa ni« jesunde Zustände da bei uns." ,0a, und denn der Militarismus, det i« die Pestbeule" Ja, det sag' ick»och. der Militarismus sttzt. det is een« Schande die Schupo und Sipo und allen», wat soll denn det sind? Vorichten Sonntag, da war bei uns fünfzigjährige« Schützenfest, wie di« da injezogen sind, die Schützen urcb di« Veteranen, und der Kriegerverein un alle, und mit die Fo,hn?n und all« die alten Märsche, da lachte einem det alte Soldatenherz im Leibe nee, also der Militarismus von heute, det i»«ine Pfftbeul«, sag' ick Ihnen." Tiefer Seufzer:Ja, alz wa noch unfern Willem hockten1*

Die Beerdigung Hermann geljennaa, gestaltet« sich sehr ein- drucksocll. Zehntausend« aus ollen Kreisen der Bevölkerung haben dem verstorbenen Dich«? die letzte Ehr« erwiesen. Hinter dem Leichenwagen gingen Arbeiter und Beamte. Gelehrt«. Aerzte und Schauspieler. All« Arbeiterorganisationen hatten Vertreter mit Fahnen und Blumeiffvenden geschickt. Hunderte von Kränzen wurd:n von der trauernden Menge getragen. Die Fahne der sozialdemokra- tischen Arbeiterpartei Hollands und nur die Blumenspenden der Witwe des Verstorbenen schmückten den Wagen. Auf dem Friedhos wurden drei Reden gehalten, und zwar von dem Staatssekretär des Ministeriums für Unterricht und Kunst, von dem Amsterdamer Ober- bürgermeister und von dem Parteivorsitzenden der holländischen Sozialdemokratie. Sie alle wiesen aus den schrreren Verlust hin, den der Tod Heijermans für die niederländische Kunst bedeute. AIarc-U Saljet gibt nrn SO und 30. November und am g. und 7, De­zemberLustige Abende- im KünsUerhauS, Bellen ueslr. 3.