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Die Karlsbader Beschlüsse   fetten sie in Verfolgungszustand, und wir wissen, wieviele der Besten unseres Landes in die Gefängnisse und Festungen wandern mußten, weil sie mit Dem schwarzrotgoldenen Band geschmückt für die Einheit und Freiheit und gegen die monarchische Mißwirtschaft eingetreten waren. Und bie, die dann in den dreißiger Jahren und 1848 als Revolutionäre fämpften, nahmen die Farben der Bur schenschaft, die gleichzeitig die des alten Reiches waren, mit den besten Traditionen der studentischen Bewegung wieder auf, und gerade das Bürgertum sollte sich dieser seiner Bor­fahren nicht schämen und nicht an dem Sinn ihrer Taten herumdeuteln, sondern den Mut befizen, aus ihnen die unter Den veränderten Verhältnissen gegebenen Schlußfolgerungen für sein eigenes Reden und Handeln zu ziehen. Derselben Ansicht war wohl auch Herr Stresemann, als er jenen Kranz auf dem Märzfriedhof niederlegte. Und menn er heute versichert, daß er sich bei der schwarzrotgoldenen Schleife etwas anderes gedacht habe als die heutigen Republikaner   fich unter den schwarzrotgoldenen Farben den ten, so wird er doch nicht leugnen wollen, daß für die, die er damals ehrte, das Dreifarbensymbol der Freiheit, Einheit umb Republit gewesen ist. Selbst wenn er seine Blumen­und gabe mit schwarzweißrot geschmückt hätte, würde er sich doch vor den Barrikadenfämpfern des März 1848 geneigt haben. Aber es ist eben nicht leicht, als Führer einer Partei, die mit benen gemeinsame Sache machen will, deren geistige Bäter auf der anderen Seite der Barrikaden standen, den schwarz­rotgoldenen Idealen seiner Jugend treu zu bleiben!

Der Prozeß der Kreuzzeitung  ".

Der Amtliche Breußische Preffedienst schreibt: Wie die Kreuzzeitung  " berichtet, hat das Schöffengericht Berlin  . Mitte in dem Beleidigungsprozek, den der preußische Minister des Innern Severing gegen den für die innere Politif des Blattes ver. antwortlichen Redakteur angeftrengt hatte, den Beklagten freige. prochen und ihm den Schuß des§ 193 zuerfannt. Die Kreuz­ zeitung  " glaubt aus diesem Urteil folgern zu dürfen, daß ihr der Wahrheitsbeweis dafür geglüdt fei, daß das ministerielle Berbot des Ostpreußentages in Ziffit- die Mitteilung und Be gründung dieses Verbotes durch den Amtlichen Preußischen Bresse dienst gab der Kreuzzeitung  " zu einem beleidigenden Kommentar Antaß, der ber Gegenstand der Stage war unberechtigt gemelen fci. Es soll hier aus begreiflichen Gründen nicht über das Urteil gesprochen werden, das zudem nicht endgültig ist, da der Staats. anmalt, der drei Monate Gefängnis bean ragt hatte, bereits Berufung eingelegt hat. Es soll hier auch nicht näher auf das Plädoyer des Rechtsvertreters des Beklagten eingegangen werden, das mehr einer politischen Wahlrede als einem Plädoyer entsprach.

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Es sei lediglich festgestellt: Der Ostpreußentag in Tilfit war viel leicht von den erster Urhebern des Gedankens aís eine überparteiliche Beranstaltung gebacht worden; deshalb waren sogar auch einige demo fratische Persönlichkeiten in das Komitee eingetreten. Es zeigte sich aber fehr balb, daß der als gefährlicher rechtsradikaler Agitator be fannie ehemalige Hauptmann 2mmon mehr und mehr Einfluß auf die Borbereitung der Veranstaltung gewann. Auch nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Komitee blieb weiter der Einfluß der parteipolitis festgelegten rechtsstehenden Kreise maßgebend, hinter denen immer noch der Wille und die Agitation des Herrn Ammon und feines Kreises stand. Das zeigte sich besonders deutlich, als zunächst Aufforderungen ergingen, fit ein zweites Staffel" werden zu lassen und an dem betreffenden Sonntag ein fmarzweißrotes Fahnenmeer über Tiffit mehen zu laffen. Und es zeigte sich besonders etiatant, als die Veranstalter des Festes fich burch feinerlei Borstellungen daron abbringen ließen, als offis zielle Eintrittstarte zu den gesamten Feftoeranstaltungen sine Blafette mit dem Kopf Ludendorffs auszugeben, der ja durch seine Betätigung als Abgeordneter der Deutschpöllischen Partei fich selbst in Gegensaß zu der überwiegenden Mehrheit des deutschen Boltes gestellt und sich selbst als reinen Parteipofititer abgeftempelt bat. All diese Gründe, wie vor allem aber noch der, daß die durch Shre Ausschreitungen schon früher unrühmlich bekannte Jugendfom pagnie des Hauptmanns Ammon durch Ueberfälle und Zät

Vergeltung!

Ban J. Steiner Jullien.

In schweren Nächten träume ich auch heute noch von jener end. lafen, qualvollen Zeit der Internierung. Schlimmer als die Willfür Der penfionierten Bolizeiwachtmeister, die man zu Direftoren ber Interniericnlager ernannt hatie, waren die Vergeltungsmaßnahmen, die die beiderseitigen Diplomaten, um sich die Zeit zu vertreiben, auf dem Rücken der Kriegs- und Zivilgefangenen austrugen. Man fennt die hübsche Anekdote, die Frizz Reuter erzählt: Zwei Bauern fahren, jeber mit einem Juden als Fahrgast, in der entgegengefeßten Richtung auf schmalem Feldweg, der just Plaz für einen Wagen läßt. Reiner will ausweichen, jeder schimpft. Schließlich steigt der eine Bauer vom Magen, holt den Juden des anderen beim Kragen vom Wagen und prügelt ihn durch. Worauf der zweite Bauer den anderen Juden herunterholt und als Bergeltungsmaßnahme mit dem umge. tehrten Peitschenstiel auf den Juden einschlägt: Hauft du meinen Juden, hau ich deinen Juden.

War

Genau so nerfuhren die Herren Diplomaten mit uns. Es steht ja heute noch nicht fest, wer eigentlich mit dem Bruch des Bölfer­rechts begann und Zivilpersonen internierte. Jedenfalls behauptete jeber Staat, er interniere die Zivilperfonen nur als Bergeltungs maßnahme. Womit den anderen freilich wenig gedient war. irgendwo in einem Lager in Deutschland   zur Strafe den Zivilinter nierten für einen Monat jeder Briefwechsel verboten, dann geschah mit uns par mesure de représaille" basselbe. Unsere Frauen, unsere Eltern, besonders aber unsere Frauen, soweit sie franzöfmnen maren, und gewohnt, jede Woche om bestimmten Tage eine Boftfarte, clle 14 Tage einen Brief zu bekommen, begannen sich zu ängstigen. Ein Tag nach dem anderen verstrich und immer noch fam fein Brief. Eine Woche mar so verstrichen und fein Lebenszeiden tam. Und jo perging bie zweite, die dritte, die pierte Woche. Morgens, mittags und abends standen unsere Frauen am Fenster und warteten tlopfen. den Herzens auf den Briefträger. Und nachts sahen sie schreckliche

Bilder.

Alle Frauen haben diese Bergeltungsmaßnahmen nicht heil über. standen. Sie wurden nervös, ihr Haar bleichte vorzeitig, ich habe welche gefannt, die den Berstand verloren. Manche wieder verloren den moralischen Halt. Biele flüchteten ins Interniertenlager und begaben sich freiwillig der zweifelhaften Freiheit. Alle fonnten es nicht, weil sie nicht ehelich getraut maren und somit fein Recht hatten, eingefperrt zu werden. Sie hatten also auch nicht das Recht, ein bis zweimal bes Jahres uns zu besuchen, täglich zwei Stunden in Gegen

wart eines Soldaten.

Anfangs war man liberaler mit der Besuchszeit. Dann famen els Bergeltungsmaßnahmen die Einschränkungen. Es famen die Straflager, auch als Vergeltungsmaßnahme. In meinem Straflager

lihteiten gegen politisch Andersbentende fchon Tage vor dem Ostpreußentag die öffentliche Ordnung start gestört hatten, und weitere Ausschreitungen und Zusammenstöße für die Feiern unter freiem Himmel mit Sicherheit zu erwarten waren, hatten das Berbot der unter freiem Himmel stattfindenden geplanten Veranstaltungen zur zwingenden Notwendigkeit gemacht. Ein Verbot der Feiern in den gefchloffenen Sälen war überhaupt nicht erfolgt.

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"

Im Zeichen des Hakenkreuzes. Jm Unregelmäßigkeiten bei der Deutschen Studentenschaft  . Höchft eigenartige und befrembliche Zustände in der Hauptge. schäftsstelle dar noifisch- nationalen Deutschen   Stubenten. schaft find durch die Ermittlungen eines studentischen Unter­fuchungsausschusses zutage gefördert worden. Auf dem Innsbruder Studententag im Juli dieses Jahres war man bereits auf Unregel Untersuchungsausschuß ertennt nach seinem jetzt vorliegenden Bericht die dort erhobenen Bormürje als leider allzu berechtigt" on. Eine ins einzelne gehende Nochprüfung war dadurch unmöglich gemacht, daß der von einem verantwortlichen Mitarbeiter in Innsbrud auf­gegebene Roffer bei seiner Anfunft in Berlin   nicht die ermarteten Atten, Urfunden und Rassenbelege enthielt, sondern mit einer meißen pulorigen Substanz gefüllt war". Den Wert dieser Substanz wird mon ermessen fönnen, wenn man in Betracht zieht, daß schon in Innsbrud in den jetzt verschwundenen Büchern Doppelbuchun gen u. a. festgestellt waren.

Für das Plädoyer des Anwaltes mar übrigens noch bezeichmäßigkeiten in der Buch- und Kassenführung gestoßen. Der mend, daß, nach dem Bericht der Kreuzzeitung" er von Minister Gevering als dem Mitinhaber der Firma Severing u. Co. Gaft und Schantwirtschaft Eisenhütte in Bielefeld  " sprach. Der Rechts­anwalt mußte wiffen, welche Rolle diese angebliche Gast wirtsteilhaberschaft in der Pressedisfuffion bereits gespielt hat. Er mußte missen, daß lediglich vor langen Jahren die Gründung des Gewerkschaftshauses in Bielefeld   auf den Namen Severings als des damaligen Bielefelder   Gewerkschaftsfetretärs erfolgte ein in der Sozialdemokratischen Partei und in der Gewerkschaftsbewegung feit den Zeiten des Sozialistengefeges übliches Verfahren, um bei einer etwaiger Auflösung der Gewerkschaft menigstens die Beschlag­nahme des auf diese Weise zum Privateigentum erklärten Gemert­fchaftshauses zu verhindern. Severing hat niemals einen Pfennig Einnahme aus dieser Namenshergabe gehabt

Schönaich- Versammlung in München  .

Die Angst vor der Aufklärung.

München  , 3. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Die von der Bolizei verbotene öffentliche Pazifistenversammlung mit General Don Schönaich als Redner fand am Dienstag abend als ge­fchloffene Versammlung für Mitglieder des Friedenstartells und des Reichsbanners ftatt. Jm überfüllten Saale des Gewerkschafts. hauses begründete der General, der stürmisch begrüßt wurde, fein Befenntnis zum Bazifismus und Bökerbund. Er erflärte zum Schluß, daß auch seine für Donnerstag geplante Bersammlung in Nürnberg   verboten worden ist. Dieses systematische Bor. gehen ber bayerischen Regierung ist nicht etwa ein Aft der Willtür, fendern ein Aft der Furcht vor meiner Aufklärung. Nach der Angabe des Münchener Polizeipräsidenten an eine Brotest abordnung, bestehend aus Friedensfreunden, Demokraten und Sozial­demokratat, erfolgte das Verbot deshalb, weil der Polizeidirektion von verschiedenen Seiten auf Tatsachen gestützte Mitteilungen zu gegangen feien, monach die Schönaich- Bersammlung unter allen Umständen hätte gestört werben sollen. Bare Bayern   ein Rechtsstaat, fo hätte die Polizei selbstverständlich die Pflicht gehabt, durch ausreichende Maßnahmen die Bersammlung zu schüßen und gegen die ihr bekannten Versammlungssprenger entsprechend vorzugehen. Das Friedensfartell hat eine Beschwerde an die Regierung von Oberbayern   gerichtet, um ihr Gelegenheit zu geben, den unmöglichen Standpunkt der Polizei zu forrigieren.

Die Ratten verlassen das Schiff. Pöhner wird deutschnational.

Mündjen, 3. Dezember.  ( Eigener Drahibericht.) Wie verlautet, hat der Bandtagsabgeordnete Bohner der Fraktion des Bölkischen Blokes feinen Austritt erflärt, eine Tatsache, die um fo meniger überrascht, als Böhner fich feit langer Zeit von jeder Mitarbeit innerhalb der Fraktion zurückgezogen hat. Als formale Begründung feines Schrittes bezeichnet Pöhner fein absolutes und uneinge­fchränties Bekenntnis zur Monarchie. Wie man meiter hört, wird Pöhner und mit ihm noch zwei weitere Mit­glieder der völlischen Fraktion Anschluß bei der deutsch  nationalen Landtagsfraktion finden. Dagegen lehnte die Fraktion der Deutschnationalen den versuchten Uebertritt ihres ehemaligen Parteifreundes und Juftieministers Dr. Roth und der weiteren zwei Abgeordneten Buttmann und Graf Ireuber ab. Wie man sieht, madt der Verfall bes Bölfischen Blodes rasche Fortschritte. Er zählt heute offiziell nurmehr 18 Mitglieder gegen 23 gewählte am 6. April d. J. Die Sezeffion dürfte aber damit noch| nicht abgeschlossen sein. Die Fraktion der Deutschnationalen   ist nurmehr 15 Mann start, in ihr befinden sich aber brei Angehörige der Deutschen   Boltspartei und ein Nationalliberaler.

Die meiteren Ermittlungen werden auch nach Ansicht des Unter.. fuchungsausschusses am besten non der Staatsanwaltschaft zu führen sein. Ohne ihnen vorzugreifen, tann man schon heute die Berechtigung und Notwendigkeit des Kampfes anerkennen, den feit Sohren   die freiheitlichen Studenten gegen die Deutsche Studenten­ schaft   in ihrer heutigen Organisationsform und gegen ihren aus­schließlich cus Angehörigen des rechtsraditalen Hochschulrings deut. fayer Art" zusammengesetzten Borstand führen.

Schwarzweißroter Betriebsunfall.

Deutschnationale auch gegen Hausbefizer? fchwarzweißroten Wahlrebner und Zeitungsschreiber die Wähler an, Esprechend der Führerparole Hergis und Weftorps flehen bie boch ja um Gottes Willen das ruhmreiche Beispiel des meerbeherr ichenden Britanniens nachzuahmen, nämlich die fieggewohnten Deutschtonservativen vor dem drohenden Schlamassel zu retten. Das bei wird natürlich trampshaft verschwiegen, daß nur das besondere britische Wahlsystem eine tonservative Mehrheit ermöglicht hat, wäh rend beim Proporz, wie wir ihn haben, bie Arbeiterregierung stärfer miedergefehrt wäre. Ebenso wird verschwiegen, daß die Partei der Baldwin, Chamberlain und Curzon nicht das geringste mit den Tirpitz- Laverrenz- Leuten zu tun haben will, die vorgestern riefen: Gott strafe England!" und jetzt schreien: Mocht England nach! Bas die britischen   Konservativen sind, läßt folgende Londoner   Meis dung der rechtsstehenden Telegraphenunion erfenien:

London  , 3. Dezember.  ( TU.) Die Regierung hat beschlossen, zu Beginn des nächsten Jahres im Parlament ein Gesetz zur Ber Jahre bis zum Juni 1927 einzubringen. längerung der Mietzinstontrolle um weitere zwei

Wie wird da unseren maderen Halb- und Halbföpfen, da sie doch immer schreien, ihr Wahlsieg würde das Ende der Wohnungs zwangswirtschaft bedeuten?! Dieser Beschluß der englischen   konser. patinen Regierung cuf Beibehaltung der Mietzinskontrolle scheint ja - so wird man in den deutschnaticnalen Ranzleien fühlen eine ganz besondere Perfidie Albions   zu fein, das mit echt britischer Heuchelei der deutschynationalen Wahlparole Wählt wie die Eng länder Ronfervative" hinzusetzt: denn sie sind gegen Freiheit für den Wohnwucher!"

Gestohlene Wahlpropaganda.

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Ein Beser schreibt uns: 3ur geftrigen Borwärts"-Notiz Ge ftohlene Wahlpropaganda" ist ergänzend nachzutragen, daß der Beichner der ermähnten Bilderfeite der Roten Fahne" nicht nur bea Beichner beting und sein Goldenes Wähler- Abc" Dom Mai d. 3. bestohlen hat, sondern auch den Zeidyner Fris Wolff, der gleichfalls für die Mai- Wahl den humoristischen Bilderbogen Wählt Deutschnctional!" im Auftrage der SPD.   zeichnete. Es handelt sich im ganzen um vier Zeichnungen, die der kommunistische Plagiator sozialdemokratischen Flugblättern entnommen hat. Er topierte übrigens nicht nur den caratteristischen Strich der beiden ge. nannten Rarifaturisten, er übernahm ouch die ben Zeichnungen zu grunde liegenden Ideen, da ihm eigene Einfälle fehlten.

befand sich ein sechzehnjähriger Halbidiot, dessen Vater im Elsaß  Gendarm gewesen. Den Schn hatte man als Geisel fortgeführt. Die Ganzidinien reben jegt wieder nom fommenden Strieg. Mis Bergeltung natürlich. Die abgehalfterben Offiziere, die Striegs- undiffen bereichern will, wird enttäuscht, mem aber an einem leicht. Inflationsgewinnler, die durch Alter und Beziehungen der Freuden des Schützengrabens beraubt manen, die Unobkömmlichen aller Grade reben von Bergeltung.

Auch wir sollten von Bergeltung reben! Man braucht fie nicht zu erschießen. Es würde vollkommen genügen, jeden Kriegsheter auf fünf Jahre zu internieren, mit all den Quälereien, die mir über uns als Vergeltungsmaßnahme ergehen lassen mußten. Ich glaube, das wäre die beste Friedensgarantie. Und eine immerhin milde Bergeltung.

Die Generalin und die Arbeiterfrau.

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Unter Deutschen   und Judianeru in Chile  " ist der Titel, den Fräulein Helene Fernau ihrem Borirag in der Urania gibt. Wer, eingedent manches inhaltreichen Urania- Vortrages, fein flüssigen Geplauder liegt, der kommt auf seine Kosten. Es handelt benn der Aufenthalt der Rednerin in Chile   belief fich auf drei fich um Reiseerlebniffe, um Eindrüde vom Schnellzugsfenster aus, Monate. In den Stätten lernte sie vornehmlich die deutschen   Kole. nien tennen, die Klub haben, in dem sie binieren" und einen Gesangverein, der mie das auch anderweitig üblich ist ihren fleißig fegelt. Die Deutschchilenen und die Reichsdeutschen ver. stehen sich nicht gut untereinander. Der Geldbeutel der Auslands. beutschen ist jetzt stark in Anspruch genommen, ba fie ihre eigenen Schulen und Kirchen ohne Zuschuß der deutschen Regierung allein unterhalten müssen und die Ausgewanderten meistens noch Fa milienangehörige in Deutschland   unterstützen. Durch Lichtbilder follten Schönheiten und Merkwürdigkeiten des Landes ilustriert merden, was freilich nicht immer gelang. Unsere Augen find schon stellte Reise- und Landschaftsfüm die erwürgende Konturrenz ge. zu verwöhnt, den Lichtbildern ist der von Wissenschaftlern herges worden. Sehr interessant waren freilich die gezeigten indianischen Webereien, sowie die Silberschmucfadyen. Doch. den Höhepunkt darf man nicht vergessen, in Chile   gibt es ein von Deutschen   ein. egerziertes Militär, das deutsche   Friedensuniformen und Bidet hauben trägt und den Zapfenstoeich spielt. Das Herz schlägt einem höher." Alio mem Friedensuniformen und Sapfenstreich tiefstes Lebensbedürfnis sind, der reise nach Chile   oder mandere dorthin aus. e. b.

Auf den Straßen wurde gefchoffen. Die Rommunisten verübten wieder einen Butschversuch, doch die Reichswehr   war zur Stelle und das Borgehen der Kommunisten follte mit einer allgemeinen Flucht Echuß der Kommunften traf eine junge Arbeiterfrau, die sterbend berselben enden. Von beiden Parteien wurde piel geschossen. Ein vor ihrem Hause zusammenbrach. Ein Schuß von der Reichswehr  , melcher über die Stopfe der Friedensstörer hinmegging, fandte fein Gefchoß in das Fenster der Beletage eines vornehmen Hauses, vor melchem eine verwitwete Generalin stand, um die Borgänge auf der Etraße zu beobachten. Die Generalin jant, wie die Arbeiterfrau, vom Geschoß getroffen, sterbend zu Boben. Es war der gleiche Bor­gang: in der Beletage die reiche, alte Generalin und auf der Straße heater am Bülowblat wird Heinrich Sluinus Lieber von Generalin, auf dem Abstieg des Lebens, war vielleicht dem natür. die junge Arbeiterfrau, Mutter von zwei fleinen Kindern. Die alte ichen Irbe des Alters schon nahe gewesen, während die junge Arbeiterfrau die Zukunft noch vor sich sah, in ihrem jungen Eheglid mit ihren beiden fleinen Kindern. Jedem denkenden Menschen mußte der Tod der letteren mehr zu Herzen gehen als der Tod der Generalin. Die große Welt aber dachte anders barüber.

Dem Tode der Witwe des berühmten Generals wurden in den Zeitungen lange Nachrufe gewidmet und deren Leben als ein mufter­gültiges allen vor Augen geführt. Ueber den Tod der jungen Arbeiterin brachten die Berichterstatter einiger Zeitmgen nur fol Arbeiterfrau." gende turze Notiz: Unter den Getöteten befand sich auch eine junge

Warum noch mehr Worte verlieren, wenn auch zwei fleine Kinder und der junge Ehemann ihr getötetes Lebensglid betrauerten es war ja nur eine Arbeiterfrau. E. R.

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Volfsbühne E. V. und Deutsche Bolfsbühne. Die feit einiger das Generalsekretariat der Bollsbühne E. B: zur Vermeidung von 3eit im Rosetheater eröffnete Deutsche Bolfsbühne hat, mie Mißverständnissen mitteilt, mit der alten Berliner   Bolfsbühne E. V., beren Mitglieder Borstellungen in der Boltsbühne am Bi­lomplag, in der Oper am Königsplay, im Schiller theater usw. erhalten, nichts gemein.

Jan VII. Konzert der Bolfsbühne, Sonntag, 7. mittags 1,12 Uhr, im Beethoven  , Dvorat, Hugo Wolf   und Arien von Verdi zum Vortrag bringen. 8 Uhr, im Alindworth Sharwenta Saal Das Programm Einen luftigen Aino- Ho 3- Abend" gibt Ife Beyer am 12., abends enthält Teile aus Dafnis, Bleichte be" und kindheits

paradies".

Prof. Fiin Kreisler veranstaltet mit dem bilbarmonischen Drchester am 9., abends 1,8 Uhr, in der Bhilharmonie ein Bohltätigteitstonzert zum Beiten der bedürftigen Studierenden der Staatl. Hochschule für Musik. Streisler wird die Konzerte von Brahms  und Bruch zu Gehör bringen. Die Leitung hat Generalmusikdirektor Ves Blech übernommen.

Alfred Sterres, der Berliner   Landschafts- und Porträtmaler, ist int Alter von 60 Jahren gestorben. Er war ein Sohn von Start Scherres. Seine landschaftlichen Motiven entlehnte er meist seiner Vaterstadt Danzig  . Die Stadt Berlin  , die Stadt Charlottenburg   und das Danziger Museum befizen Werte von ihm

Türlich in late rischer Schrift? Das türlische Unterrichtsministerium Befchäftigt sich mit der Einführung von grundlegenden Reformen im Unter richtswesen. Zu diesen Fragen gehört auch die Einführung der lateinischen Schriftzeichen, für die der neue Unterrichtsminister eintritt.

Die Umbe ennung der Städte in Angland. Die eingeriffene Mode der Umbenennung altbekannter Städte greift in Rußland   um fich. Nachdem soeben erst Jefaterinburg in Swerdlows! umgetauft worden ist, hat jest des Namens der Stadt in Bernoleninst" ersucht. Die Bedeutung dieses der Stadtsorojet von Ritolajem bie Comjetregierung um die Umwandluma Ramens wäre in deutscher Sprache etwa mit Zenintreu" wiederzugeben.