Nr. 575 41. Jahrgang
Wirtschaft
Zur Abrechnung!
Morgen ist Wahltag.
3. Beilage des Vorwärts
Sonnabend, 6. Dezember 1924
Der Wahltag bringt die Abrechnung darüber, in meffen Hand die Anzeiger" steht?" ungeheure Wirtschaftsmacht des Staates als Gesetzgeber, als währungsverwalter, als Faktor der Gemeinwirtschaft gelegt werden foll.
Politische Reaktion ist der wirtschaftliche Verderb der breiten massen. Ein Sieg der Rechtsparteien bedeutet Hochschutzzoll, Brotverteuerung, Benachteiligung der arbeitenden Induftrien, die Millionen der wertvollsten Arbeitskraft beschäftigen. Die Reaktion, die sich so national gebärdet, verhandelt in Köln mit der französischen, belgischen und englischen Schwerindustrie über die Hochhaltung der Eisenpreise. Sie ist international, wenn ihr Profit es will.
Politische Reaktion ist hochfapitalismus, ist rüdsichtslose Abwälzung der Steueru auf die Schultern der wirtschaftlich Schwächsten. Politische Reaffion macht das Bolt, den natürlichen Träger der Produktion, zum Objett im Machtspiel der wirtschaftlich Stärksten. Die Kommunisten, die mit ihrer Putschtaktik und ihrer parlamentarischen Obstruktion die Stoßtraft der Arbeiterbewegung aushöhlen, machten sich damit zu Helfern der kapitalistischen Diffatur.
In der Abwehr mancher Uebergriffe, die fich aus solcher Machtfonstellation ergeben, geht ein Teil des Bürgertums mit der Sozialdemokratie einig. Was aber selbst die republikanischen bürgerlichen Parteien von der Sozialdemokratie trennt, das ist: es fehlt ihnen der positive Wille zur Gemeinwirtschaft, deren lehtes Ziel es ist, die gesamte Wirtschaftstätigkeit in den Dienft des Volksganzen zu stellen, das Bolt zum Beherrscher seiner Produktionskraft zu machen.
Hier scheiden sich die Wege. Hier aber gibt es für den, der in der wirtschaftlichen und politischen Befreiung der Gütererzeugung und-verteilung von den Feffeln der Profitwillkür den einzigen Weg zur Besserstellung der Arbeiterschaft ficht, nur die eine Wahl. Sie lautet:
Für die Sozialdemokratie!
Der deutsch - englische Handelsvertrag.
Der am Anfang der Woche abgeschlossene deutsch - englische Handelsvertrag bringt unbedingt in den internationalen Handels
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< Der Schafskopf photograph
Einsender: Wilhelm Leozow.
Unentwegt"
Einsender: Adolf Barthel.
Das war die Frage unseres Preisausschreibens, das eine ungemein zahlreiche Beteiligung fand.
Es galt, den Rekord der menschlichen Dummheit zeichnerisch zu erfassen. Die Preisrichter waren einstimmig der Meinung, daß das keinem Einsender ganz
beziehungen eine Bereinigung der Atmosphäre, die der Krieg gelungen ist. Sie beschlossen daher
geschaffen hat. Durch Bestimmungen des Versailler Bertrages und durch eine besondere Kriegs- und Nachkriegsgesetzgebung waren die deutsche Wirtschaft und die Angehörigen der deutschen Republik
nur drei zweite Preise von je 100 Mark
einer Sonderbehandlung in der Welt und auch in Eng sowie die ausgesetzten Trostpreise zur Verteilung zu bringen.
land ausgesetzt. Wir verweisen nur auf die Sonderabgaben der deutschen Einfuhr, auf die Sonderbeftinumungen bei der Einreise deutscher Staatsangehöriger in das britische Staatsgebiet und beim Aufenthalt in England, bet Handelsniederlassungen, Verwertung von Patenten usw. Schlagend tri.t die Sonderbehandlung zutage wenn man sich überlegt, daß es dem deutschen Schiffahrtspersonal bisher verboten war, Dienst auf englischen Schiffen zu neren. Selbstverständlich haben diese Sonderbestimmungen ben andt fehr kompliziert und die Möglichkeit des Absages von deutscher Bare in England bedeutend eingeschränkt. Bum guten Zeil ist die Berminderung unserer Warenausfuhr darauf zurückzuführen, und fo hat die Kompitation des Handels nicht wenig zur Berfchärfung der Indistrictrise in Deutschland beigetragen
Mom man die verflossenen Verhandlungen in dieser Beziehung werten will, muß man sagen, daß es die ersten Berhand lungen waren, die nicht nur auf Grund des Bertrages von Versailles geführt worden sind. Es standen sich hier jetzt zum erften Male gleichgestellte Nationen gegenüber, die im freundschaft lichen Ton auf der Grundlage der Gleichberechtigung verhandelten. Das Ergebnis ist, daß die beiden Na.icnen sich gegenseitig für arbel, Schiffahrt, Baren- Ein- und Ausfuhr, Niederlassungen von ridelsgesellschaften usw. das Recht der meist begünstigten ation zubilligten. Diese Abmachung beruht auf der gegenjeiligen Auffassung, daß der Vertrag nicht nur dem Buch fta ben nach, sondern auch dem Geiste nach ausgeführt werden soll. Man kann ruhig sagen, der Geist von London , wo der Bertrag unterfertigt wurde, hat den Geist von Versailles überwunden. Diese Auffassung wird erhärtet durch die Geschichte des Vertrages. Die englische Regierung hatte der deutschen Regierung vor Monaten einen Entwurf vorgelegt, der noch start auf Bestim mungen des Versailler Vertrages und auf die Zerrütung der deutfchen Währung abgestimmt war. Sie ging aber dann bereitwillig cuf einen deutschen Gegenentwurf ein, der diese Fehler ausmerzte. Und so wurde der deutsche Gegenentwurf die Grundlage des heutigen deutsch - englischen Handelsvertrages, der die Wünsche der einzelnen deutschen Refforts im wei efter Maße berücksichtigt. Für die Ausführung der Meistbegünstigung dem Geiste nach sprechen auch die Klauseln des ersten und zweiten Artikels in dem Protokoll. das dem Handelsvertrag beigefügt worden ist, worach der 3011 tarif irgendeines der verirogschließenden Länder nicht als Mittel für eine unterschiedliche Behandlung des Handels eines anderen Bandes gebraucht werden soll und wonach bei der Festlegung fünfsiger Bollfäge gebührend Rücksicht auf die Gegenseite und auf die Entwicklung der beiden Länder zu nehmen ist. Auch der Schieds. gerichtsparagraph, der bei Streitigkeiten die Anrufung des Internationalen Schiedsgerichtshofes im Haag vorsieht, zeugt für die ver
Es bleibt noch eine Hoffnung. Vielleicht meldet sich der Mensch, der alles glaubt, was im Berliner Lokal- Anzeiger" steht, selber und schickt uns seine Photographie! Mit zweiten Preisen wurden die oben genannten Einsender bedacht. Außerdem erhielten Trostpreise: Lehnert, Peter Ruß, Otto Greiner, Lothar Reiz, Hermann Förster.
1900
plizierter liegt das Verhältnis Deutschlands zu Australien . Es ist zu erwarten, daß der Handelsvertrag mit Australien noch Kampfobjekt wird, jedoch sind die Schwierigkeiten derart, daß auch hier eine Lösung im Geiste der Verständigung möglich sein dürfte.
föhnliche Gesinnung. Zwar haben sich beide Teile nicht auf einen, gen werden wahrscheinlich Kanada und Südafrika beschreiben. Kom. autonomen Bollarif feftgelegt. Jedoch ist Borsorge getroffen, Schmierigkeiten durch Berhandlungen zu gegebener Zeit zu beseitigen. Auch soweit der Baßzwang bestehen bleibt, ist Deutschland feiner unterschiedlichen Behandlung unterworfen, da es diefelben Rechte genießt, wie die anderen Staaten. Ferner ist das Bersprechen gegeben morden, Schwierigkeiten bei der Einreise einzelner Personen nach Möglichkeit zu vermeiden.
maltigen Schritt nach vorwärts bebeutet, der zunächst unMan darf nicht übersehen, daß diese Regelung einen ganz ge= ferer Wirtschaft zugute fommt. Es liegt aber auf der Hand, daß. wenn das englische Parlament in Rürze die Sonderbestimmungen gegen Errichtung der deutschen Banffilialen, Beschäftigung deutschen Personals ufm. aufheben wird, diese Tat große politische Wirkungen auslösen muß.
In den Bertrag find nicht eingeschlossen die englischen Dominien, Indien und andere Teile des britischen Reiches. Das war nicht möglich, da England verfassungsmäßig nicht das Recht hat, für die Regierungen diefer Gebiete in wirtschaftlicher Beziehung bindende Verpflichtungen einzugehen. Die britische Regierung hat jedoch die Absicht, den deutsch - englischen Bertrag den Dominien usw. vorzulegen und feine Annahme zu empfehlen. Sollte diese Annahme abgelehnt werden, dann steht es Deutschland frei, mit den Dominien ohne Englands Bermittlung zu verhandeln. Soweit sich bis jetzt übersehen läßt, werden die englischen Kronfolonien den Vertrag an nehmen. Eine Sonderstellung nimmt Indien ein. Hier bestehen für die deutsche Einreise noch Schwierigkeiten bis in das Jahr 1926 hinein, während für Schiffahrt und Wareneinfuhr die Meistbegünstigung gewährt worden ist. Hier kann aber gejagt werden, daß die indische Regierung die Einreisebestimmungen umihym umihw unhw umlh umth uni humlh uml umlhumih umi äußerst loyal handhabt und daß es bereits vielen Vertretern deutfcher Firmen möglich war, in Indien felbft gute Geschäfte zufta De zubringen, so daß sich die Wareneinfuhr nach Indien von Jahr zu Jahr steigert. Den Weg selbständiger Berhandlun
tenberger Bollfabrit 2.-G., bie im Kriege Hochfunjunttur hatte, A.-G. Lichtenberger Wollfabrit, Berlin- Lichtenberg. Die Lich 1918 die Tuch fabrit in Forst 2ausit erwerben fonnte und bis heute vollbeschäftigt blieb, fegt nach ihrem Goldumstellungsbericht thr Stammtapital non 80 Millionen Papiermart auf 1 560 000 Coldmart herab. Vor dem Krieg betrug bas Stammfapital 500 000 Mart. Der Golbeinzahlungswert der Rapita erhöhungen seit 1913 wird auf zirka 4 Millionen Goldmart geschäßt. Die Attionäre der 80 Millionen würden also einen erheblichen Berlust an Goldtapital zu verzeichnen haben; und zwar trok der beträchtlichen 8nflations. geminne, welche die Unternehmung aus den 4½ Millionen Obfigationen hatte, die in der Goldbilanz mit einer Reftschuldsuimme von nur 35 625 Godmart erscheinen. Die Attionäre werden sich darüber nicht beklagen dürfen, daß ihre hohen Sachwerte eine verhältnis. mäßig bescheidene Rentabilität finden sollen. Denn sie sind ja ber 5 Tuchwerte in Sommerfeld und die A.-G. für RohUnternehmer; und ihre Politik in der Inflationszeit, die ihnen zwar stoffe als Bollbesig einbrachte neben 55 Proz. an der Nordd. Tritotmeberei. hat ja gleichzeitig die Bafis in der Kauffraft des Boltes zerstört, aus welcher die Rentabilität für den Sachwert gewinn wachsen soll. Diese Basis wird auch durch die neun- und zehnstündige Arbeitszeit, die heute bei 60 Proz. der Textilindustrie wieder eingeführt ist, nicht wieder hergestellt werden; noch viel den Textilindustriellen das einzige Schlagwort für die Erzielung geweniger durch die Tiefhaltung der Löhne, die auch unter ringerer Kosten und höherer Umfäße ist. Dasselbe gilt für die Absicht der Lichtenberger Bollfabrit A.-G., ihren Aftionären zu 110 Proz. Borzugsaktien mit 8 Proz. Borzugsdividende anzubieten, um das Unternehmungstapital zu verdoppeln. Die Lich tenberger Wollfabrik wird offenbar von ihren Banten gebrückt oder bekommt von ihren Abnehmern nicht genügend Zahlungen herein. weiter ausnuten zu fönnen. Diefe Konjunktur foll außer der DiviDeshalb braucht fie Betriebsmittel, um die augenblickliche Ronjunttur. benbe für das Stammkapital zum Mindesten noch die 8 Broz. für die Vorzugsaktien bringen.
veranschaulicht in dem neuen goldnen Gewande eindrucksvoll den inneren Gehalt, sie ist und bleibt
Zigarette 3
Die Unvergleichliche.