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Nr. 598 41. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Gewerkschaftsbewegung

Offener Brief an die englischen Genossen! Die Auslandsdelegation der Erzialdemokratischen Arbeiterpretei Rußlands   hat an das Erekutivlomiice der englischen   Labour Party  und an den Generalrat der Trades- Unions einen Brief gerichtet, in bem es heißt:

Um ein wirklich tompetentes Urteil zu fällen, muß man bie Berhältnisse alljeitig und gründlich fennenlernen. Dies ift unter den gegenwärtig herrschenden Bedingungen in Rußland   für ausländische Delegationen nur auf 3 weierlei Weise möglich Entweder, wenn es den Delegationen gelingt, in mirkliche Beziehun fen mit den Vertretern der nicht boljchewistischen fozia fischen Parteien zu treten, die fich in Oppofition zum herrschenden Regime befinden und in der Lege sind, den Delegationen alle jene Materialien über die wirkliche Lage der Dinge zu unterbreiten, die von den Agenten der Regierung und von der offiziellen Bresse verschwiegen werden Oder aber, wenn Mitglieder der Dele­gationen in der Lage sind, längere 3eit in Sowjetrußland zu leben, und zwar nicht als bevorzugte Gäste, sondern als Privat perfonen die, ohne von der Regierung fontrolliert zu werden, mit den Massen der Arbeiter und anderen Werftätigen im alltäg lichen Leben in Berkehr treben können.

Der englischen Delegation hat dies alles gefehlt. Bielleicht hat sie deshalb statt der beiden genannten Methoden einen ganz anderen Weg gewählt, deffen Unzweckmäßigkeit und Unzuverlässig feit für jeden offensichtlich ist, der auch nur einigermaßen mit Sen Verhältnissen in Sowjetrußland vertraut ist.

Die englische Delegation hat sich

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der Sowjetgewalt zur Verfügung gestellt und sich dadurch natürlich gegen ihren eigenen Willen in ein Werkzeug der bolschemistischen Politit verwandelt. Ohne sich von ihrer wirklichen Stellung Rechenschaft zu geben, hat die Deleration die Rolle eines obersten Schiedsrichters in ollen politischen Fragen auf sich genommen.... Außer mit den Komr unisten hat die englische Delegation lediglich mit ehemaligen Menschewisten" gesprochen, d h. mit jenen Leuten, die mit der Gozialdemokratie gebrochen und vor der herrschenden Bartei tapi­tuliert haben, sowie schließlich mit ihr unbefannten parteilojen Arbeitern, die aus Furcht vor Entlassungen und polizeilichen Ver folgungen sich nie und nimmer entschließen werden, fremden Leuten, Ausländern gegenüber ihre wirklichen S.immungen zu offenbaren und ein wahres Bild ihres traurigen Lebens zu entwerfen.

Ohne dies alles zu erkennen, hat die englische Delegation sich beeilt, flatt Materialien über Rußland   zu sammeln,

fofort nach ihrer Ankunft öffentliche Urteile

über die kommunistische Herrschaft abzugeben, die unser größtes Befremden erweckt haben. Ohne das System der politischen Wahlen eingehend fennenzulernen, und ohne das Fehlen einer wirtlichen unabhängigen Presse zu berücksichtigen, hat die englische Delegation die Behauptung aufgestellt, daß die arbeitenden Massen der Sowjet­regierung ergeben seien; betört durch den äußeren Eindruck der offiziellen Paraden, hat die Delegation nicht bemerkt, daß die ge­famte Bevölkerung unter dem unglaublichen Drud der wirtschaft­lichen Not, der furchtbaren Arbeitslosigkeit, der beispiellofen Spio nage und des politischen Terrors lebt; ohne eine Vorstellung zu haben von dem furchtbaren Elend, in dem das Bolt sich befindet, hot die Delegation optimistische Erklärungen über die materiellen Lebensverhältnisse der Bevölkerung abgegeben; ohne Kenntnis des inneren Mechanismus der von den Kommunisten beherrscht n Arbeiterorganisationen hat sie die außerordentlichen Erfolge der russischen Gewerkschaf.en gepriesen. Die Delegation hat' chließlich auch die Tatsache unberücksichtigt gelassen, daß nach der Unter bintung des freien öffentlichen Lebens die einzelnen Staatsbürger nicht nur

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der Möglichkeit beraubt find, offen gegen die Regierung auf­zutreten,

fondern infolge der eifernen Difiatur auch so bemoralisiert und widerstandsunfähig gemacht worden sind, daß sie mitunter auf ein Beihen der Regierung, entgegen ihren eigenen Wünschen an Demon­ftrationen und Baraden teilnehmen, die ihren wirklichen Sympathien und Ansichten vollkommen zuwiderlaufen.

Bollkommen unerklärlich erscheinen uns schließlich die Er lärungen der Delegation über Georgien  . In diesem Lande, bas jetzt noch unter den wilden Racheaften blutet und unter der

Bevölkerung, einen fulturellen Aufschwung und eine Zunahme des allgemeinen Wohlstandes. Sie haben kein Wort darüber verloren, daß Georgien   ein erobertes Land ist; sie haben mit feiner Silbe den ungeheuerlichen Terror erwähnt, dem hervorragende Führer des georgischen Proletariats, darunter auch solche, die während des Auf­ftandes in Gefängnissen saßen, zum Opfer gefallen sind. Sie haben

mit feinem Wort an die vielen Hunderte Erschossener erinnert. Die Haltung der Delegierten in Georgien   hat mit Taft und Anstand nichts gemein. Objeftin bedeutet sie eine Inter­vention der schlimmsten Art zugunsten der Sieger!

Freitag, 19. Dezember 192­

alles Wurst" zu fein: ob sie täglich 8 oder 12 Stunden arbeiten nüffen und welches Gehalt sie erhalten. Früher hatten sie tart f lich geregelte Arbeits- und Gehaltsbedingungen Das gefiel den Angestellten, zumal fie jebe Ueberstunde mit Zu'chioc extra bezahlt bekommen mußten. Wer ihnen diese Borteile verschafft hatte, daß es die freigewerkschaftliche Organisation war, das hat sie aber offenbar wenig gefümmert. Die Wurstfabri­fanten haben aber auch ein Interesse daran, daß ihre" Angestellten night organisiert sind, und wenn schon, daß sie dann in ebensoviel Berbänden verstreut sind, als es deren überhaupt gibt. Um das zu erzielen, wird bei jeder Neueinstellung ein anderer Arbeitsnachweis benutzt. Der Paritätische Ar­beitsnochweis ift den Wurstfabrikanten eben Burst". Und so haben die Herren erreicht, daß tein Tarifverhältnis mehr besteht und sie ungehindert diftieren können. Bem's nicht paßt, der farn gehen." Monatsgehälter von durchschnittlich 50 bis 60 Mart bei durchschnittlich zehn stündiger Arbeitszeit ist der Sieg der Wurstfabrikanten über früher 80 Mark bei acht­

Ihr Wunsch, im Kampfe gegen die englischen Konservativen die ruffische Revolution zu verteidigen, durfte fie in feinem Falle dahin führen, daß fie all das guthießen oder verschwiegen, was nicht bas Berdienst der Revolution ist, sondern nur ihre bolichemistische Berzerrung und Verstümmelung Die englische Labour Barty und die Trades- llnions, die auf die Errungenschaften des eng­lischen Proletariats auf dem Gebiete der politischen Freiheiten stolz sind und als Träger der Idee der umfassendsten politischen Dema- stündiger Arbeitszeit. fratie auftreten, haben durch den Mund ihrer Delegation

das System der Despofie in Rußland   gutgeheißen und den Kampf des russischen Sozialismus um die politische Freiheit verurteilt, deren das russis.he Bolt nicht minder bedarf mie jedes andere Bolt.

In Anbetracht ber ungeheuren Bebeutung, bie bie englischen

Gemertschaften in der Arbeiterbewegung der ganzen Belt haben, fehen wir uns genötigt, unseren entschiedenen Brotest gegen die Haliung der englischen Delegation einzulegen, die den schwersten Schlag für die Berwirklichung jener Grundfäße der Demokratie und des Sozialismus in Rußland   bedeutet, die auch die Grundlage Eurer Bewegung bilden. Wir hoffen, daß Ihr nach Prüfung des Berichtes Eurer Delegation und unter Berüdfichtigung der von uns ausgesprochenen Erwägungen, unseren Protest als be­gründet anerkennen werdet.

Moskaus   Regiekünfte.

lischen Gewerkschaften von Vertretern des ADGB.   in Berlin   begrüßt. Auf ihrer Reise nach Rußland   wurde die Delegation der eng Es wurde damals vereinbart daß die englischen Delegierten auf der einige Tage vor Weihnachten zu Hause sein), sich einen Tag in Berlin  Rückreise, falls ihnen die nötige Zeit bleibt( die Engländer wollen aufhalten und eine Zusammenfunft mit dem Bundesvorstand des ADGB  . haben würden. Offenbar hat nun die Zeit nicht gereicht. Die Engländer tamen gestern in Berlin   an und sind nach ein teilung von dem Eintreffen der englischen Delegierten in Berlin  stündigem Aufenthalt weitergereift, zumal der ADGB. feinerlei Mit­

erhalten hat.

Dieser turze Aufenthalt zwifchen zwei Zügen war gerade das, was Moskau   brauchte, um Potemkinsche Dörfer zu errichten. 3u­verlässige" Kommunisten wurden zum Bahnhof beordert, mo dann mit allgemeinen Redensarten tie Berbrüderung" gefeiert wurde, der freilich der Katzenjammer bald folgen wird. Die Berliner  Brawda" berichtet darüber in großer Aufmachung auf der ersten Seite. Das ist fommunistische Politif.

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In Moskau   weiß man natürlich, daß die Engländer himmelweit entfernt find von den bolfchemistischen Absichten. jedoch, durch Erzeugung von biden Weihrauchswollen die Engländer Moskau hoff zu benebeln. Wir werden ja sehen. Vorläufig haben die Engländer alle Organisationszerstörer bei sich zu Hause hinausgeworfen, ein Recht, das natürlich auch den Drgani'ationen der anderen Länder zufteht. Davon werden die Gewerkschaften auch in Deutschland   nach wie vor Gebrauch machen. Daran merden die Mostauer Regiefünfte gar nichts ändern.

Die Hochbahndirektion lehnt alles ab.

Wie mir foeben erfahren, find die Verhandlungen wegen ber Erhöhung der Löhne für das technische Personal wie auch für das Fahrpersonal der Hoch- und Untergrundbahn abermals gescheitert. Die Direktion hält an threm Standpunkt fest. Daß die Finanzverhältnisse der Gesellschaft es nicht erlauben, den Arbeitern und Angestellten Zulagen zu geben. Wenn man die ständig über­füllten Wagenzüge der Hochbahn sieht, dann man allerdings zu einer andern Auffassung kommen.

Die Angestellten in den Wurftfabriken. Man schreibt uns:

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Mann werden die Angestellten den Weg zur freien Gewerkschaft, dem 3d., finden? Erst dann werden die zuständigen Stellen, Be­hörden und Gewerkschaft, die Zustände in den Wurstfabriken einmal unter die Lupe nehmen.

Die Löhne der Ladenfleischer.

dem Bezirksverein Berlin   im Deutschen Fleischerverband und dem Auf Grund der Berhandlunen vom 15. Dezember wurden zwischen Zentralverband der Fleischer und Berufsgenossen Deutschlands  . Orts­verwaltung Groß- Berlin, folgende Löhne für das Berliner   Baden­fleischergewerbe ab 15. Dezember bis ouf weiteres festgelegt: Für Gesellen im ersten Jahre nach der Lehre pro Woche 27 M., im zweiten und dritten 31 m., für solche ohne Verantwortung 37 M. mit Ber antwortung 42 M. Ladengesellen, die ausschließlich im Laden beim Verkauf tätig find, erhalten 46 M. Für gewährte Kost fönnen pro Woche 7 M., für Logis 3 M. in Abzug gebracht werden. Gefellen, die erst nach dem 20. Lebensjahre die Lehrzeit beenden. kommen nach Ablauf des ersten Gesellenjahres gleich in die Gruppe ohne Ver­Logis erhalten 30 Pro3 Gesellen in Kost, aber außer Logis zahlt. Aushilfen erhalten 10 Proz. mehr. Gefellen außer Koft und antwortung. Feiertage, welche in die Woche fallen, werden mi.bc. 10 Pro 3. Zuschlag zu den bestehenden Löhnen.

Nene Löhne für die Hotelbetriebshandwerker. Berlins   sind durch einen Spruch der tariflichen Schlichtungsinstanz Für die Handwerker in den Hotelbetrieben Maschinisten und Heizer 45 M., Hilfsheizer und Helfer bei den Hand­ab 8. d. M. folgende Wochenlöhne festgesetzt worden: Handwerfer, werfern 41 M., Kutscher 40 M., Kellereiarbeiter und Mi fahrer 37 M., Transportarbeiter 34 M. Das Abkommen gilt bis zum 23. Februar 1925. Das alte Lohnabkommen lief bereits Ende November ab. Die Arbeitgeber haben es verstanden, de Berhand­lungen so lange hinauszuziehen, daß es nicht mehr möglich war, die neuen Löhne schon am 1. Dezember in Kraft treten zu lassen. Die Hebelhandwerker gehen dadurch für eine Woche des erhöhten Lohnes verlustig. Selbst Gewerberat Körner, der Vorsitzende des tariflichen eine schnellere Behandlung der Lohnfragen im Gewerbe. In einer Schlichtungsausschusses, empfahl den Arbeitgebern für die Zukunft fungsergebnis zwar abgelehnt, doch hat sich für einen Streif teine Urabstimmung haben die beteiligten Arbeitergruppen das Verhand Mehrheit ergeben. Die neuen Löhne sind daher feit dem bezeich­neten Termin in Kraft.

Rentralverband der Maschinisten und seizer sowie Berufsacnoffen Deutsch lands, Gefchäftsstelle Groß- Berlin. Die Auszahlung der Weihnachtsunter ftügung für unsere at beitsInfen ollegen erfolgt am Montag, den 22. Dezember, vormittags 10 bis 11 Uhr; fitr unfere invaliden Kollegen am Dienstag, den 23. Dezember, nachmittags 5% bis 6% Uhr, in unserem Berbandsbureau, Engelufer 24/25, Aufgang C, 8immer 97. Infolge des Weih­nachtsfeftes bleibt unser Bureau am Sonnabend, den 27. Dezember, für öffent lichen Bericht gefchloffen. Die Ortsverwaltung.

Jugendveranstaltungen.

Reukölln III: Sente, Freitag, 8 Uhr, üben zur Weihnachtsfeier im Seim Canner Straße. Erscheinen unbedingt notwendig.

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Die Wurstfabrikanten find helle, und die Angestellten sind nach unfinnszen, barbarischen Grausamkeit der Sieger ſtöhnt, haben die ihrem ganzen Berhaften eigentlich das Gegenteil davon. Aber bie S. Hoffmann, Charlottenburg  , englischen Delegierten nichts anderes bemerkt als eine aufblühende Angestellten sind desto mehr eingebildet, und daher scheint ihnen wilmersdorfer Str. 12 statt.

Sonntag von 1-6 Uhr geöffnet.

Weihnachts- Berkauf

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Am Sonntag, den 21. Dezember ist unser Geschäft von 2 bis 6 Uhr geöffnet.

Kaufhaus Max Giesen

Tiemstraße 48 Ecke Oldenburgerstraße