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mehrt sich durch Widerstand, und sie wehrt sich durch Zu­geständnisse, durch Gewaltsanwendung und durch Versprechen der Legalität. Sie ist zu allem entschlossen, wenn ihr nur die Macht bleibt, die gleichzeitig Straffreiheit ist. Erst tam die Preisgabe der Mörder und eines Teils der Mandanten, dann tamen als Pendelschlag in entgegengesetter Richtung die Julidefrete gegen die Presse; dann kam das Bersprechen der Legalität im Senat und die Aufteilung der Waffen der Miliz an private Faschisten; es tamen die friedenstriefenden Reden und das Wort von der Lagerstreu"; es tam die Ablehnung des Rücktritts Giuntas von der Bizepräsidentschaft der Rammer und die Annahme des Rücktritts, am Tage nachher; es fam, als letzter Versuch, in zwölfter Stunde, der Entwurf zur Wiedereinführung des Einzelwahl freises?

All diese Anklammerungsversuche, die ihre Kraft aus zahlreichen Interessen und aus dem Trieb der Selbsterhaltung ziehen, können den Zeitpunkt des Absturzes hinausschie ben, den Absturz verhindern, fönnen sie nicht! Eine Zeitlang tann es geschehen, daß eine Regierung, gegen die die schwersten moralischen Anschuldigungen erhoben werden, zur Antwort gibt: ich habe die Miliz, ich habe die Mehrheit in beiden Parlamenten; ich pfeife auf die Anflagen. Auf die Dauer geht das nicht. Heute sind nicht nur Mussolinis intimfte Freunde die Rossi, Filippelli, Mari­die Rossi, Filippelli, Mari­nelli und Dumini-im Gefängnis unter Anklage des Meuchelmordes, sondern dieselbe Anklage wird auch gegen den Generaldirektor seiner Polizei, de Bono, erhoben. Sein früherer Pressechef, eben Rossi, be­zeichnet den Ministerpräsidenten als Mandanten des Mord­verfuchs gegen Misuri und gegen Forni. Der Bizepräsident der Kammer, Giunta, hat wegen Antrags zum strafrecht­lichen Vorgehen wegen schwerer Körperverlegung zurücktreten

müssen.

behaupten will, muß sich bewußt sein, das gegen die öffent­er unter folcher Bucht von Anklagen die Regierung liche Meinung zu tun, gestützt auf die Waffen seiner Partei. Aber Söldnerwaffen haben ihre eigene Logit: sie wollen nicht nur als Drohung dienen, sie wollen arbeiten. Hier liegt die Möglichkeit einer blutigen Lösung für das neue Jahr. Gelänge es, diese Lösung durch eine antifaschistische Infurrektion heraufzubeschwören, so würde dies das faschi­stische Regime trop seines moralischen Todes verlängern. Deshalb ist heute das A und O der Taktik der Opposition, die Massen ruhig zu halten; dafür zu sorgen, daß alle Provola­tionen an ihrer Selbst zucht und ihrem Berantwor­tungsgefühl zuschanden werden.

Unter dieser Forderung zieht das neue Jahr herauf. Es mag sein, daß Mussolini   sich zum Pattieren entschließt und von einem Ministerium Salandra die Zusicherung der Am­nestie gegen einen gutwilligen" Rücktritt eintauscht. Aber ein Ministerium Salandra bedeutet noch nicht die Erlösung Italiens   vom Faschismus, denn Salandra und die Seinen find mitschuldig. Die Ueberwindung des Faschismus schreitet nicht nur über Mussolini   fort, sondern auch über Salandra. Und sie mündet nicht in die politische Amnestie aus, fondern in den Prozeß Matteotti  !

Amnestie- Komödie.

Kommunistische Deputationen sollen den Reichstag belagern Die erste Sigung des lezten Reichstags fonnte nicht zu Ende geführt werden, weil die Kommunisten unter Führung von Kah, Scholem   und Frau Gohlte mit ihrem Amnestie­engeschrei und ihren Kindertrompeten eine fachliche Erledigung der Wahlformalitäten nicht zuließen. Sie wurde erst still, als am zweiten Tage ein deutschnationaler Präsident anstelle des 78jährigen sozialdemokratischen Alterspräsidenten   die Ge­schäftsführung handhaben konnte.

Jetzt soll das Theater in verstärktem Maße wiederholt werden. Außer der Kinderei im Reichstag   felbft foll eine große Aktion mit Arbeiterdeputationen" inszeniert

Züge auf dem Nebengleis.

Bon Erich Gottgetreu  

Jeden Morgen fahre ich auf der Stadtbahn zu meiner Arbeit Charlottenburg  , Zoologischer Garten  , Friedrichstraße- Aussteigen! Immer benutze ich den gleichen Zug, die Gesichter vieler Fahrt genossen tenne ich schon, vielleicht bin ich auch schon einigen be­fannt nun, das ist ja alles ganz natürlich. Nicht mehr und nicht minder fesselt mich Herr Schulze nebenmir als mein unbekannter Gegenüber des Mittags in der Straßenbahn mich interessiert oder Des Abends in der Untergrund der leise verwünschte Fahrgast, der mir so leidenschaftlich gern meine schönen neuen Schuhe zerdrüdt. Herr Schulze von der Stadtbahn lieft stets in einem guten Buch. Das spricht für ihn, aber das ist noch kein Grund, daß ich ihn an spreche. Bermutlich will er auch gar nichts von mir wissen, was fönnte ich ihm auch Wichtiges fogen. Das sehr hübsche, blonde Fräulein Schulze gegenüber wahrscheinlich heißt sie anders- interessiert mich immerhin etwas mehr. Ob ich fie allen Hemmungen zum Trog einmal anzusprechen wage?

Aber das alles ist doch alltäglich, ja, die ewige Wiederholung ftets gleicher Impressionen hat sogar etwas Niederdrückendes an fich. Um zu fliehen, fange auch ich fast immer an zu lesen, und mährend Fräulein Schulze ihrem Freund das Weihnachtstiffen stict, bin ich zu Besuch bei den großen Göttern Chinas   oder auf der Jagd unter Kannibalen und Großwild im afrikanischen Urwald. Nur hin und wieder lege ich mein Buch behutsam zur Seite: nämlich, wenn auf dem Fernbahngleis parallel zu uns ein anderer Personenzug fährt. Hier in Berlin  , wo er immerzu halten muß, da braust" er nicht, wie die Romanschreiber so gern sagen, da fährt er genou so gemütlich wie unser Zug auch. Mem Lokomotivführer könnte sich zum Beispiel mit seinem Kollegen von der höheren Fakultät ganz gut unterhalten, wenn er wollte; aber er darf gar nicht wollen, denn er muß gut aufpassen, damit mir nichts passiert. Ganz gemütlich fige ich in meiner Fensterece, sympathisiere oder antipathifiere mii den Gesichtern der parallelen Fensterchen und lasse mir von ihnen, den stummen, erzählen. Bis zu zehn Gefichtern läßt mich mein Lokomotivführer manchmal studieren, dann fährt die Konkurrenz" meistens doch schneller. Warum wir uns wohl niemals auf einen Wettkampf einlaffen?

Zehn Gefichter im Zuge auf dem Nebengleis! Zehn Romane! Rönnte man sie schreiben. Hätte man wenigstens die Zeit, die Themen" etwas näher zu studieren. Aber ich will nicht undankbar fein. Genug schenft mir die Phantasie, meine beste Freundin, im Nebeneinander der Bahnfahrt immer noch. Ich erfahre, das fleine Mädel mit der großen blauen Haarschleife will seine Großmutter in Breslau   besuchen, der dicke Herr ihm gegenüber benugt sicher bloß die Bahn, weil sein Auto taput ist, die Dame in Schwarz. man sieht es deutlich, fährt an ein Grab, der junge Mensch macht

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werden, die auf Anweisung der Zentrale im ganzen Reiche gewählt und nach Berlin   geschickt werden sollen. Unser Parteiblatt in Hannover   ist in der Lage, folgendes Rund­schreiben der kommunistischen   Zentrale zu veröffentlichen: Zentrale der KPD  . Berlin   C. 54, 23. Dezember 1924. Rosenthaler Str. 38.

Un die Betriebszellen und Betriebsräte der Großbetriebe, an die Fraktionsleiter der Ortsausschüsse des ADGB  . Betr. kampagne für die Freilassung der politischen Gefangenen.

W. G.!

Der neugewählte Reichstag tritt am 5. Januar 1925 zu seiner ersten Tagung zusammen. Die kommunistische Frattion wird wiederum als erste ihrer Handlungen im Reichstag   die Forde rung nach einer Reichsamnestie der politischen Gefangenen erheben. Das Borgehen der Reichstagsfraktion wird jedoch nur dann einen Fortschritt im Kampf um die Freilassung der Justizopfer be­bei der Eröffnung des letzten Reichstages begonnene Kampagne ver­deuten, wenn in den Betrieben und Gewerkschaften die stärkt fortgejezt wird. In Bayern   wurden Hitler   und Genossen nach turzer Haft entlassen. Ebert hat Jagom amnestiert, aber Taufende von proletarischen Gefangenen fizen nach wie vor hinter Schloß und Riegel. Um den Unwillen der breiten Maffen des werftätigen Boltes gegen die Bevorzugung der faschistischen Hochverräter etwas abzu­schwächen, entließ die bayerische   Reaktion auch einige Kämpfer der Münchener   Räterepublit, unter ihnen Mühsam. Die Entlassung des fonterrevolutionären Jagom durch Ebert zeigt deutlich, daß mit dieser Maßnahme Eberts das Interesse der rechtsradikalen Kreise an einer stärkste Druck durch die Arbeitermaffen in den Be allgemeinen Amnestie vermindert werden soll. Jetzt muß der trieben und Gewerkschaften auf Reichstag   und Regierung erzeugt werden, um die Befreiung aller proletarischen Kämpfer aus den Kerfermauern zu erzwingen.

räte) vom 23. September 1924 verweisen, das die Betriebe auffordert, Indem wir auf das Rundschreiben der Zentrale( Abt. Betriebs­Delegationen zur Reichstagseröffnung, ferner Beschlüsse und Tele­räte) vom 23. September 1924 verweisen, das die Betriebe auffordert, gramme an den Reichstag   und die Regierung zu senden, um ihnen euch heute auf, die Bewegung der Arbeiter für die Juſtizopfer zu zeigen, fordern wir

1. in allen Betrieben erneut in engster Berbindung mit den wirt­schaftlichen und sozialen Tagesfragen der Arbeiter zur Am­nestierung der politischen Gefangenen Stellung zu nehmen. 2. die bereits gewählten Delegationen zur Reichstagseröffnung am 5. Januar in Marsch zu sehen bzw. weitere Delegationen zu wählen.( Die Delegationen melden sich am 5. Januar, vormittags, im Frattionszimmer der Reichstagsfraktion, Reichstagsgebäude  .) 3. erneut in Betriebsversammlungen und Gewerk­schaftsversammlungen Beschlüsse im Interesse der Justizopfer zu faffen und dieselben per il brief oder telegraphisch a) an das Präsidium des Reichstags,

b) an die fommunistische Frattion des Reichstags, c) an die örtliche Parteipresse zu senden und

Die Bellenlettung ft für die Durchführung dieses Auf trages verantwortlich.

Mit fommunistischem Gruß

Zentrale der KRD. Das Rundschreiben der Oberspielleitung aus der Rosen­thaler Straße verrät in bewundernswerter Offenherzigkeit, daß es der KPD. nur auf ein großes Spettafelstüd antommt, zu dessen Inszenierung sie sich auch der Mithilfe fozialdemokratischer und parteiloser" Arbeiter in Betrieben und Gewerkschaften bedienen wollen.

Diefe Offenherzigkeit ist dankbar anzuerkennen. Denn jest wissen unsere Genossen wenigstens, zu welchen Dingen fie mißbraucht werden sollen, wenn nächstens über Lohn­und Arbeitszeitfragen" in Betriebsversammlungen gesprochen wird. Sie werden auf den kommunistischen   Rummel nicht her­einfallen, sondern den Moskowitern erklären, daß der Sache der politischen Gefangenen viel mehr gedient wird dadurch, daß anstaltung von Butschen und ähnlichen Unternehmungen ins die Kommunisten endlich aufhören, die Arbeiter durch Ver Unglück zu führen.

Die Sozialdemokratie hat bisher so umfassend sich für die Opfer der kommunistischen   Putschtaktik bemüht, daß alle Kindertrompeten der Scholemiten diese Tatsache nicht hinweg. blasen können. Sie wird das auch in Zukunft tun und bedarf dazu der Unterstützung durch die Kommunisten nur insoweit, als diese endlich die Veranstaltung alberner Krafeelereien unterlassen.

Katz inkognito" in Wien   verhaftet.

Wallraf soll seine Freilassung erwirken. Wie wir hören ist der kommunistische Abgeordnete Iwan Katz  

in Wien   verhaftet worden. Er hat ſelbſt an den bis. herigen Reichstagspräsidenten Wallraf ein Telegramm gerichtet,

in dem er mitteilt, er sei, als er sich Wien   inkognito" aufhielt, wegen Paßfälschung verhaftet worden. Er bitte Herrn Wall­raf, sich für seine Freilaffung einzusetzen. Die Sache ist vom Reich 3- tagspräsidenten an das Auswärtige Amt weitergeleitet worden.

Wenn Herr Kaß selbst erklärt, er sei infognito" nach   Wien gefahren, so bedeutet dies offenbar, daß seine Papiere auf einen anderen Namen lauteten. Wenn er also wegen Baz fälschung festgenommen wurde, so kann der Wiener Polizei tein Vorwurf daraus gemacht werden. Aehnliches Malheur ist in   Wien verschiedenen infognito" lebenden Reichsdeutschen schon passiert, darunter dem Herrn Roßbach. Da aber das   deutsche Volk ein Interesse und ein Anrecht daran hat, daß seine gewählten Vertreter bei Zusammentritt des Reichstags zur Stelle sind, hat das Aus­wärtige Amt die Pflicht, sich für die Freilassung und Rück­d) an den Allgemeinen Deutschen   Gewerkschaftsbund,   Berlin. beförderung des Herrn Kaz energisch einzusetzen. Das dürfte um ordnung Stellungnahme zur Cohn- und Arbeitszeiffrage aufzuhörden tein besonderes Interesse an der Zurückhaltung des Herrn Bei Einberufung der Belegschaftsversammlungen ist als Tages fo leichter zu erreichen sein, als man bei den österreichischen Be stellen. Indem beraten wird über die Frage Wie fann man die Kaz vermuten kann. Lage der Arbeiter des Betriebes bessern, welche Forderungen sind aufzustellen, welche Kampfesmöglichkeiten sind gegeben?", muß auf die Lage der Gefangenen hingewiesen werden. Den breiten Maffen der Arbeiter muß begreiflich gemacht werden, daß der Vorstoß der Reaktion gegen die Revolutionäre ein Vorstoß gegen die Gesamt­arbeiterschaft bedeutet.

"

Amerikanischer Konferenzvorschlag. Senator Borah für die internationale Wirtschafts­fonferenz.

Bei den Ausführungen und den zu fassenden Beschlüssen ist der New   York, 2. Januar  .( WTB.)( Durch Funffpruch.)" New   York wenden, nach dem die politischen Gefangenen   Deutschlands erklärt, er habe die Absicht, Präsident   Coolidge durch eine demnächst Borschlag der Internationalen Roten Hilfe zu ver­Herald und Tribune" meldet aus   Washington: Senator Borah gegen die menschemistischen politischen Gefangenen im Senat einzubringende Entschließung aufzufordern, alle wirtschaft­Rußlands ausgetauscht werden sollen. Es ist dadurch möglich bedeutenden Nafionen unter Einschluß   Deutschlands zu einer lich, die   deutschen Reformisten zu hindern, durch Zufahanträge auf internationalen Wirtschafts- und Abrüstungs. Entlassung der gegenrevolutionären Gefangenen Sowjetrußlands die tonferenz nach   Washington einzuladen. Borah fügte hinzu: Kampagne zu fabotieren. Troh des Erfolges des Dawes- Planes ist es unmöglich, in der ge famten Welt zu einer Stabilität zu gelangen, ehe nicht jede im wirt­schaftlichen Wiederaufbau begriffene Nation an einer Bereinbarung und deren lebenswichtigen Folgen teilnimmt. Eines der Grund­probleme der Konferenz würde sein, die von   Deutschland zu zahlende Reparationssumme festzusehen, da   Deutschland sonst auch weiterhin in internationale Schwierigkeiten verstrict bleiben wird.

Betrieben aufgebracht werden. Es ist von Wichtigkeit, daß bei der Die Kosten der Delegationen müssen durch Sammlungen in den Bahl von Kandidaten möglichst auch Arbeiter anderer Parteien oder Parteilose an der Delegation beteiligt werden. Es muß erreicht werden, daß am 5. Januar Hunderte von Delegationen der größten Betriebe   Deutschlands in den Hallen des Reichstages den Ruf nach einer Reichsamnestie erschallen lassen.

gonz bestimmt gelehrte Studien, der da, mit dem Musterkoffer im Gepäcknet, befindet sich auf einer Geschäftsreise eines ist ihnen gemeinsam: weit fahren alle, viel, viel weiter als ich. Unwahrschein­lich ist es, daß ich einen von ihnen jemals wiedersehe, dem Kind werde ich nicht wieder begegnen, dem dicken Herrn nicht, der Dame, dem jungen Menschen, dem Geschäftsreifenden nicht. Und die vielen, unendlich vielen anderen, beren gute und böfe, feine und grobe Gesichter ich von meinem feinen Eckplatz aus schon eripähte, bleiben fast alle mir fremd.

Herr Schulze neben mir und Fräulein Schulze mir gegenüber, die sind mir noch lange ziemlich sicher. Aber das Nahe, das Ge­wöhnliche, das reizt nicht. Ich tue Herrn Schulze und Fräulein Schulzerein realistisch betrachtet unrecht, ich weiß es, aber ich fann es nicht ändern. Die fremde Welt auf dem Nebengleis, dieser Mikrokosmos voller Rätsel das ist, wenn sie sich zeigt, meine Welt. Alle paar Tage, drei Minuten,

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- Bahnhof  

Friedrichstraße muß ich aussteigen. Dann bin ich für alle Schulzes der Welt zu haben, oft möchte ich sie sogar haben. Meiner" fährt weiter, Fräulein Schulze tut's leider aud), andere

warten

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Und morgen fommt wieder auf dem Nebengleis ein Zug.

Ausfahrt.

Bon Walther G. Oschilewiti.

Der Herbst, aus dem ewigen Gang der Erde wieder zurüd ins Bergängliche gehoben, fam einst mit Feuer und Rauch. Die Früchte fammelten sich ein; Wein und Korn dufteten in den Scheuern zur Nacht. Die Wälder waren eine einzige Fackel, die bis in die Städte flog und noch weiter. die Wiesen, die Stimmen, die Vögel wurden leiser- alles wanderte Aber in den Herzen stand der Abschied; eine Wand von Tränen; bann fort.

Immer, wenn es ein Gott oder die Almacht des Unbefiegbaren oder das Gesetz der Erde es will, daß die Sonne sich neige, stehen die Menschen bang, ohne Atem und schauen zurüd.

Borher war eine Wüste, felten darüber ein Mond, zu lagern die Wünsche und Gebete der Sehnsüchtigen, oder es mar ein feld mit Steinen da, eine Grube oder ein verlassenes Haus. und Rubstatt in the Arme, die Kinder spielten mit Gras und Kiefel Die Mütter schöpften aus den menigen bellen Tagen Nahrung ein Fahnentuch, trugen den Schwur von Hand zu Hand. oder auch nicht...., die Männer, deren Bruft noch breit war wie

Größer aber war die Zahl der Müden, Bangen, Furchtsamen. noch größer die Zahl der Mutarmen, Glutarmen, Kraftarmen. Welt war die Zeit. Die Bäume starben ab; die Berge mit.

Jeht? Der Schnee wird in die Städte fahren. Auf was warten wir? Stein Himmel ist da, sich zu verschenken. Frei die Brust! Auch

die Sinne frei! Fahrt!

Die Segel los! Die Anker frei! Bind! Wind! Wohin? Nur Fahrt! Nur Fahrt! Vorwärts! Wind! Wind! Jungens: Ahoi!

Vergnügte Staatstheater- Premiere. Jeßners Schauspiel. haus führte am Silvesterabend Brandon Thomas  ' vor­läufig unsterbliche Posse, Charleys Tante" auf, die mit al­gemeiner Uebereinstimmung für fein starkes Stück gilt. Dagegen halten. Seht ihr, werden sie sagen, das ist der vielgepriesene neue merden manche die Tatsache der Aufführung für ein startes Stück wind eures republikanischen Intendanten, der mit fräftiger Lunge den Staub von den höfischen Requisiten blasen wollte. Für solchen Luftzug, der Albernheiten auf eine staatliche Bühne weht, danten mir. Dazu wäre zu bemerken, daß eine fröhliche Traditionslosig feit erquicklich erfrischend fein kann. Sich ausgerechnet Charleys Tante" auszuwählen, bleibt indessen ein gewagtes Unternehmen für einen Theaterleiter von Qualität. Ich faffe Jeßners Tat als Ehrung für fein Parademitglied Werner   Krauß auf. Er wollte zeigen, edelt werden kann, und wie wandlungsfähig dieser einzigartige wie ein Schmarren allein durch die Kunst des Schauspielers ver­Künstler ist. Gestern   Wallenstein" im Kriegerwams, heute Dabber lay in Tentes Weiberröden. Krauß ist in allen Sätteln gerecht. Das Experiment ist geglückt. Auch" Charleys Tante" hat ihren historischen Ruf. Der gutmütige Dabberlan, der seinen Freunden zuliebe die als Anstandsdame nötige Tante mimt, ist nach alter Tradition die Rolle unseres Thielscher. Schon die vorige Generation hat Tränen gelacht, wenn Zielscher sich die Röcke hob und seine Männerhosen und Quadratstiefel sichtbar wurden. Werner   Krauß Fackt die Rolle anders an. Thielscher holt aus der Rolle die Kommit bis aufs legte Quentchen heraus und scheut dabei keine leber treibung. Krauß legt von sich aus Humor hinein. Thiel her lacht mit der ganzen fugeligen Figur, Krauß lacht mit der Seele. Er verzichtet auf Klamottenfomit, auf 3werchfellerschütterung um jeden Preis, er verzichtet auch auf den Komikertrick, nur die Menschen auf der Bühne, aber nicht das Publikum zu düpieren, das sich dann beglückend flug vorkommt. Der Tante, wie sie Krauß gibt, sieht man nicht auf zehn Weilen den verfappten Mann an. Tanzschuhe sich wie eine verstiegene alte Jungfer. Dabei immer von föftlicher und feidene Strümpfe und reizvolle Dessous hat er an und bewegt Unbeholfenheit und erschütternder Dümmlichkeit. Die Sehnsucht, aus den verhaßten Beiberröden herauszufammen, lebt von Anfang an in ihm und fann jeden Augenblick zum Knalleffekt führen. Man lacht sich nicht nur halb tot, man hat auch Mitleid. Das durch Geist veredelnde Niveau hält Jeßner bei den übrigen Darstellern aufrecht. Brause wetter ein wenig zu fnabenhaft, aber ein frischer, herziger Junge, Florath ein Muster von Bhlegma und heftenen Nußfnadermanieren. Elsa Wagners echte Lante Blafiertheit,   Ledebour ein tänzelnder, alter Hagestolz mit vcr. wirtte bei all ihrer zur Schau getragenen Liebenswürdigkeit etwas verbiffen. Die quitfchvergnügte Aufführung schlug ben rechten Auftakt zur angeregten Silvesterstimmung. Rauschender Beifall zwangen Krauß und Jeßner unzählige Male vor die Rampe. Dgr.

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Die Ausstellung aller illuftrierter Kinderbücher aus der Sammlung Karl Sobreder in der Staatlichen unit bibliothet, Prinz- Albrecht Straße 7a, wird bis zunt 15. Januar verlängert.

abend, 24. Januar abends 8 Uhr, in der Aula der Handelshochschule für Prof. Gutav Caffel, der fchivedische Nationolofonom, wird am Sonn­die Nordische   Gesellschaft einen Bortrag über. Das Stabilisierungs­problem oder der Weg zu festen Währungen" halten.