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Donnerstag

8. Januar 1925

Unterhaltung und Wissen

Muschel und Bitterling.

Von Ernst Schermer.

Bo die Brücke über den kleinen Fluß hinüberführt, ist die Strömung infolge der Einengung des Bettes lebhafter als anderswo. Unterhalb dieser Stelle sieht man fast immer Strudelbildung, und das bewegte Wasser hat dicht beieinander ein paar tiefe Löcher aus­gewaschen, die die Angler sehr gut fennen, stehen doch dort immer wieder die schönsten Barsche, die sich gewöhnlich so fein nacheinander herausholen lajfen.

Ein fleines Stüd weiter flußabwärts, wo an der Biegung ein paar große Erlen stehen, ist das Wasser ziemlich flach, und auf den Sandbänken sind ganze Kolonien von Muscheln. Tief eingegraben

Deutlich erkennt man einen Grundfaz der Natur. Je größer die Gefahren für den Nachwuchs ,, desto größer die Zahl der Nachkommen. Bo aber wie beim Stichting, dem Moderlieschen, der Groppe oder dem Bitterling Brutpflege getrieben wird und die Jungen in der ersten gefährlichsten Zeit ihres Lebens Schuß finden, da ist die Zahl der Eier überaus gering und übersteigt selten das erste Hundert. Im Aquarium find die Bitterlinge recht dankbare Bewohner. Will man die Tiere zur Zucht bringen, so bringe man mehrere Paare Flußsand enthält, da die Muscheln den Grund zuweilen start um­in ein wenigstens mittelgroßes Beden, das als Bodengrund nur reinen pflügen. Als Pflanzen find Hornkraut, Wafferpeft und andere nicht ode: schwach wurzelnde Gewächse zu empfehlen. Ein paar mittel­

Beilage

des Vorwärts

Drei Mütter und ein Kind.

Grofesfe von Jwan Heilbut.

Du Esel, beeile dich! Langstiel!" rief die dicke Frau Ilgen ihrem Manne zu, der eine ganze Stunde schon darauf wartete, daß fie mit Probieren, Frisieren, Schnüren und Backen ein Ende machte. Herr Ilgen und Frau Ilgen wollten nämlich verreisen.

Herr Ilgen ergriff die Koffer und schleppte sie die Treppe hin Spitze des Stiefels in den Nacken, um soviel Stufen höher ging uuter. Frau Ilgen, der es nicht schnell genug ging, stieß thn mit der fie als er. Als sie aber unten waren, fiel ihr ein, daß fie die Katze mitzunehmen vergessen hatte. Sie stolperte schreiend die Treppe hinauf, während er auf den Koffern verschnaufte. Als fie zurüdfani, die Kaze im Arm, jammerte fie:" Wir werden den Zug nicht mehr

fizen die Fluß und Malermuscheln im körnigen Sande. Tageiang Walhallerichs Einzug in den Reichstag . erreichen. Lauf voraus und halte ihn feft."

verändern fie faum ihre Stellung. Anders die Teichmuscheln, deren Pleine Flußform hier auch zu Hause ist. Die langen Furchen zeigen an, daß die langsamen, sonst noch so ruhigen Ziere einem mert­würdigen Wanderungstriebe folgen. Sie fpüren den Frühling. Nur die Weibchen, die äußerlich an den starken gewölbten Schalen zu crfennen sind, zeigen diese seltsame Unruhe. Die Männchen sizen wie die übrigen Muscheln tief eingegraben da.

Wie die kleinen Fische im hellen, von der Sonne durchleuchteten Waffer hin- und herflitzen! Nahrung gibt es, Nahrung in Hülle und Fülle. Die Muschelnweibchen stoßen ihre Larven flumpenweiſe aus. Ueber sechs Monate trugen sie die kleinen Dinger in ihren äußeren Riemen. Rucartig werden die Jungen ausgestoßen, und das Wasser trägt die durch die langen Larvenfäden lose aneinander haftenden Tierchen schnell fort. Aber wie Wüteriche stürzen sich die Fische darauf. Hunderttausende, nein Millionen werden verzehrt; aber ein fleiner Teil tommt doch an den Ort seiner Bestimmung, an einen Flessenstrahl oder an einen Riemendeckel. Im Augenblick der Berührung schnappen die Schalen, die die kleinen Larven bereits be= fizen, zu, und die Schalenhafen halten fest, was sie erreichen fonnten. Nur eine einzige Wunde entsteht dadurch, ein geringer Reiz. Die Wirkung jedoch ist wunderbar. Innerhalb vierundzwanzig Stunden ist das fleine fremde Wesen von einer Hautwucherung fest ein­geschlossen. Aber es lebt und nährt sich als Parasit von den Säften feines Wirtes. Mach etwa vier Wochen ist die Verwandlung voll­zogen. Eine fleine Muschel fällt ab und nimmt im Bodenschlamm das Leben der Alten auf.

Unter den vielen Fischen, die so gierig nach Muschellarven trahlen, sind auch Bitterlinge, die dem Barsche so besonders munden. Mancher der 5 bis 10 Zentimeter langen Kerlchen hat über ein Dugend Muschellarven nebenbei erhalten und zieht nun als Amme der Teichmuschel von dannen.

Reine zwei Monate sind vergangen, da herrscht wieder ein fonderbares Treiben auf den Gandbänken. Unter den Muscheln ist längst die Ruhe wieder eingekehrt. Einträchtig fizen die verschiedenen Arten und Geschlechyter beieinander in stumpffinniger Beschaulichkeit.

Da nahen Fische. Bitterlinge sind es. In den feurigsten Regen­bogenfarben strahlen die Männchen. Die Seiten prangen in leb­haftem Blau. Der Bauch ist orange oder kirschrot. Der Längs­Streifen glänzt smaragdgrün. Rücken- und Afterflosse find hochrot, die Strahlen zum Teil schwarz gebändert. Das Auge blitt in hell­Leuchtendem Drange. Die Weibchen dagegen tragen ihr Alltagskleid, befizen aber wahrend der Laichzeit, in den Monaten April bis Juni, unmittelbar vor der Aflerflosse eine lange blaßgelb oder schwach rütli gefärbte Legeröhre

Wie aufgeregt die Fische suchend hin und hertreiben. Da ruht ein Bärchen. Jetzt steht das Weibchen fast senkrecht über der Spalte einer Malermuschel. Es senkt die Legeröhre in die Einfuhröffnung und läßt Eier zwischen die Kiemen gleiten. Da schießt das Männchen heran. Bitternd ergießt es die Milch, die mit dem Wasserstrudel von der Muschel eingefogen wird. Die Befruchtung der Eier erfolgt so im Innern der Muschel, in den inneren Riemen, wohin die Eier gewöhnlich gelangen. Nach und nach fönnen in einer Muschei so bis zu vierzig Eier abgelegt werden. Die Tiere bevorzugen die Malermuschel, doch findet man die Eier auch in fleineren Stücken der Teichmuschel.

Nach etwa drei Wochen sind die ersten Jungfische in dem Gange am Grunde zwischen den Riemblättern anzutreffen, und vierzehn Tage später verlassen die ersten die Muschel und wandern hinaus in den Fluß. Nun nahen die Gefahren. Viele fallen anderen Fischen, Käfern und ihren Larven zum Opfer. Aber ein Stamin wächst doch heran und erhält die Art.

Gerade beim Bitterling sieht man die Sparsamkeit in der Natur. Welch ungeheure Mengen von Eiern werden von anderen Arten hervorgebracht. Die Forelle bringt 500 bis 1000, der Lachs 10 000, Rotaugen 100 000, der Karpfen bis zu 500 000 Eier hervor. Ein großer Kabeljau soll sogar bis zu zehn Millionen Gier ausstoßen.

Der Sturm auf das Frauenbad.

Bon Armin T. Wegner .

Dreimal verwundete der spitze Schrei einer Trompete von der Höhe des Minaretts die flare Luft.

Der Vorhang der Moschee, von Wachen umstellt, schlug aus. einander; eine gelbe Menschenflut spritte über den Platz. Nadte Degen entblößten sich unter den Mänteln, Arme fuhren empor. Sie raften über die Allee und drangen in den Basar.

Es war die Stunde nach dem großen Freitagsgebet. Die türki­schen Stadtviertel schliefen verlassen unter einer Haube von Schnee; aber die Frauen der Christen hatten sich in den Bädern versammelt, nach den Mühen des Hauses die füße Betäubung der Ruhe zu kosten. Der Markt lag still Die armenischen Kaufleute, in ihre Pelze ge­hüllt, lehnten nichtsahnend zwischen aufgetürmten Waren in den cepolsterten Sizzen ihrer Läden und bliesen Rauch in die Luft. Die Flügel ihrer fleischigen Rafen zitterten leise. Sie erhoben fich, bletch vor Schrecken, als sie die Menge erblickten.

Die Gendarmen schrien:

I

MON

Hurra! Hurra! Hurra!

Der Ludendorff ist da!

Zwar lieber durch Granatenregen Möcht' er den Reichstag niederlegen; Doch denkt er wohl: ich jent' auch so Hinlänglich tief schon das Niveau!

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O. K.

große Malermuscheln werden eingesetzt. Nach dem Ablaichen werden die alten Fische in ein anderes Becken übergeführt. Sie würden sich die Jungen sonst gut munden laffen. Die Jungfische werden zuerst mit Aufgußtierchen, später mit Hüpferlingen und Wasserflöhen ge füttert. Es empfiehlt sich auch, wenn man die Fischchen in dem Auf­zuchtbeden läßt und sie nicht, was vorzuziehen ist, in ein altes ver­algtes Aquarium bringt, die Muscheln später zu entfernen, denn von Ende. Juni ab stoßen die Fluß- und Malermuscheln ihre Larven aus. Im engen Becken fönnten bie zarten Jungfische zu start besetzt werden und eingehen, denn die Muschellarven dieser Arten setzen sich an den Kiemen der Fische fest und sind dadurch gefährlicher als die Larven der Teichmuschel

Wider die Spielsucht. Schon im Mittelalter sah man sich ge nötigt, wider die Spielsucht einzuschreiten. So bestand in Nürn berg im 14. Jahrhundert eine besondere Verordnung, die das Spiel­wefen regelte. Niemand durfte an einem Tage von einem Sonnen­aufgang bis zum anderen mehr verlieren oder gewinnen als 60 Heller bei irgendeinem Epiel. Was darüber gewonnen oder verloren wurde, mußte an die Stadt abgeführt werden. Der Erfurter ,, Zucht­brief" verbot das Spielen um Geld überhaupt. ,, Wer um Pfennige spielt, soll eine Mark Strafe zahlen und dazu soviel, wie er verliert oder gewinnt. Und ebensoviel soll der Wirt gebüßt werden, wenn er nicht schwören kann, daß das Spiel wider feinen Willen geschehen fei. So einer aber gar viele Mart gewinnt oder verliert, foll er soviel Monate auf dem Turme fizen, als er Mart verloren oder gewonnen hat; und niemand soll zu ihm gehen als sein Knecht, der ihm zu essen und zu trinken bringt." Man sieht, der Erfurter Rat verstand keinen Spaf'

Lade, daß die Goldstücke heraussprangen. In der Ferne fiel plötzlich ein Schuß Die Augen des Greises brannten voll Angst.

Bon der Schwelle der Kirchentür hob sich die Gestalt des armeni. Schen Bischofs. Sein schwarzer Röhrenhut, unter dem miichweißes Haar hervorquoll, ragte spitz über das Bolt. Er öffnete den Mund, aber die Menge ließ ihn nicht zu Worte fommen: Schweig! Ihr habt das Scherifgefeß verlegt. Reformen wollt thr? Wir sind gekommen, eure Reformen durchzuführen. Gebt die Gewehre heraus!"

Der Bischof hob die Arme: ,, Geliebte Kinder. ich beschwöre euch, es find feine da!" Blöglich riß eine Martinifugel die linfe Hälfte feines Gesichtes bis hinter das Ohr fort. Er fiel um. Der Kiefer hing bloß heraus, und man erblickte hinter den nackten Zähnen die welle Zunge. Die Gaffe erbebte. Die Armenier, völlig überrascht durch den Angriff des Volles, das, aufgehegt durch Hungersnöte und durch einen geheimen Befehl des Balastes*), sich über fie stürzte, ver­fuchten ihre Verkaufsstände zu schließen; aber Fäuste tíammerten fich an die hölzernen Läden und riffen sie wieder herab. Man warf die Teppiche, die Ballen buntgefärbter Stoffe auf die Straße. Sie versuchten zu fliehen. Die schwarzen Mäntel der Mollahs öffneten hoben schüßend die Arme, aber Meffer zerschnitten ihre Gelenke, und ihre Gurgel spie Blut auf die feidenen Röcke. Türkische Obst händler und Korinthenverfäufer erbrachen die Türen der Häujer,

Wir sind gekommen, die von euch versteckten Feuerwaffen zu fich, gebogene Schwerter flogen empor, Flinten enthüllten sich. Sie fuchen. Sagt, wo sie sind?"

,, Aber es sind teine da."

,, Sie müssen da sein!"

Daniel Melkon, lächelnd, mit zuckenden Mundwinkeln hinter dem pelterten die Treppen hinauf und warfen die Schlaffissen zu den geblähten Schnurrbart, verneigte sich:

Fenstern hinaus. Sie gossen Kreosin darüber und steckten es in Brand. Verschlererte Frauen und Knaben stürzten auf die Gasse:

Ich versichere euch, es find teine da." Die Kette der weißen Turbane steilte sich vor ihm auf. Ein Gebt uns Waffen!" Man führte sie in die Militärdepots, und sie Priester hob den Arm, tiß einen Teppich herunter:

Wieviel?"

" Zwei Pfunde. Ich schenke ihn dir für die Ehre eures Besuchs." Winterluft, ihre spizen Nägel zerkragten die Gefichter der Sterben­Betrüger!"

"

Gib die Waffen heraus!" Der Armenier flüchtete in den Hintergrund, eine Hand griff nach seiner Schürze, und er fiel mit der Schulter gegen die Kante des Stuhles. Sie drängten sich vor die Tische des Wechslers. Ein zerdrückter Papierschein flog vor feine Füße:

Wechsle uns Geld!"

Aber während der Greis sich zur Seite wandte, den Schub feiner Truhe herauszuziehen, riß ein Arm seinen Fes herunelr, daß fein fahler Ropf sich entblößte, und eine Faust schlug unter die offene

behängten sich mit alten verrosteten Reiter, eisernen Handschellen. Die hellen Zungen trillerten laut hinter den Schleiern in die tiare den. Die Soldaten der Hamidi- Regimenter, in zerfumpte Uniformen gehüllt, erließen unter der Führung ihrer Offiziere die Kafernen. Sie hatten seit sechs Monaten feine Löhnung empfangen. Die Köpfe mit gierigen Augen redten sich auf den abgemagerten Hälsen, während sie durch die erstarrten Stadtviertel marschierten; ihre leeren Brotbeutel flapperten voll Patronen. Kurdische Bauern, die auf den Markt gekommen waren, hieben mit geschwungener Art in das Dickicht der Menschen. Ein einziger Schrei rollte die Straße hinab:

*) Ein Befehl Abdul Hamids 1896.

Herr Ilgen, der die Koffer in den Händen zu tragen hatte, sollte den Zug festhalten.

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Die Straßenbahn wollte vor ihrer Nase davon. Aber Frau Ilgen warf die Koffer, ihren Mann, ihren Hut und zuletzt sich selber hinein. Dann schimpfte sie mit dem Schaffner. Sie wollte für die Roffer fein Fahrgeld bezahlen. Soll ich für die Kaze nicht aud) berappen?" schrie sie. Nein", sagte der Schaffner, das haben Sie nicht vonnöten, von wegen weil die Kaze auf Ihrem Schoß figen tut." Tu mir die Koffer auf meinen Schoß," herrschte sie ihren Mann an. Aber das tat Herr Ilgen nicht, lieber wollte er bankrottieren, als seine Frau auf solche Weise über die Kraft be­lasten.

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Als die Straßenbahn hielt, zeigte die Bahnhofsuhr drei Mi­nuten vor drei. Um drei Uhr präzise sollte sie fahren. Sie jagten die Treppe hinauf, Frau Ilgen schob Herrn Jlgen im Kreuz, mo er erlahmte. Aber am Schalter standen mehr als ein Dutzend von Reisenden. Wollen die alle mit?", rief Frau Ilgen entsetzt. Herr Ilgen zuckte die Achseln.

Verzweifelt sah sie sich um. Sie würden den Zug verfehlen, bestimmt. Ein Wunder mußte geschehen.

Nahe am Zeitungsstand hockte eine junge Frau, das schlafende Kind im Arm. Auf diese Frau stürzte sich Frau Ilgen. Die Kaze fiel hin. Leihen Sie mir das Kind," flüsterte sie, für zehn Se­funden." Sie riß es zu sich herauf, jagte zum Schalter und stemmte. die Schar von rechts beiseite; sie hielt das Kind vor die Scheibe und rief: Das Kind ist frank! 3weimal Althagen an der See, dritte." Was ist denn da vorne los?" rief ein Reisender, der Fünfzehnte oder Sechzehnte im Glied. Eine Mutter mit ihrem franken Kind!" tam Antwort von porn." Ach so", brummte der Reisende hinten.

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Aber plößlich schrie Herr Jlgen:" Die Mutter läuft meg!" Und als Frau Ilgen sich umwandte, war die Frau schon vor dem Bahn­hof verschwunden. Frau Ilgen hatte aber feine Zeit. Sie machte einen Bogen, damit die Wartenden sie aus den Augen verlieren sollten dann schlich sie sich zum Ende der langen Kette hin. Dort stand, als die legte im Glied, eine etwa fünfzigjährige Frau, dem Ansehen nach eine Lehrerin. Ihr drückte Frau Ilgen das Kind in die Arme und sagte hastig: Sie werden sofort abgefertigt, schnell an den Schalter, Sie versäumen den Bug!" Die Lehrerin sagte: Ich danke Ihnen und lief an den Schalter.

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Dort stand sie noch, als der Zug pfiff und aus der Halle fauchte. Es war ein großes Durcheinander. Das Kind schrie, die Reisenden schimpften. Einige lachten. Und alle suchten die Mutter.

Wohnungsnot im Jenseits.

Es muß irgendein frommer Christ einmal die Frage gestellt haben, ob denn die armen Seelen der abgeschiedenen Erdenbürger im Himmel alle. Plazz finden.

Man muß sich das Rätsel schon so erflären. Hat doch vor etlichen hundert Jahren ein Benediftinermänh namens Defidorio die Frage eingehend erörtert. Er hat ausgerechnet, daß die Bevölkerungszahl im Himmei 111 111 111 000 iionen Seelen beträgt.

Von diesen wurde jedoch infolge der bekannten Rebellion Lu­gifers ein Drittel, das find 37 037 037 000 Millionen, aus dem Para­diese hinausgeworfen. Es bleiben also nur noch 74 074 074 000 Millionen zurüd.

Die durch die Vertreibung der revolutionären Seelen freige­wordenen Sie bleiben für die alljährlich nachkommenden Seelen leer. Die besten davon werden natürlich der Heiligen reserviert. Selbstverständlich prüft der liebe Gott die nachkommenden Seelen genau auf ihr Borleben, denn er muß mit den leeren Sigen haus. halten. Lieber eine Seele mehr dem Teufel überlassen, als eine arge Wohnungsnot im Himmel herbeiführen.

So hat der schlaue Mönch die heifle Frage gelöst. E. M. N.

Im Namen des Padischahs! Tod oder Islam !" Sie hatten die Bajonette aufgepflanzt. Sie riffen die Tücher ihrer Turbane vom Kopf und banden sie den Flüchtenden um den Hals, bis ihre Blicke sich verglasten. Ihre Füße stießen abgeschlagene Köpfe vor sich her, ausgeftochene Augen tropften zu Boden. Sie hackten die Glieder der Wehrlofen ab und stopften fie den Sterben­den in den Mund. Zwei Armenier standen an die Türpfosten ge­bunden, und man begann ihnen mit einem Meffer die Haut ab­zuziehen. Sie brüllten vor Schmerzen, und die entblößten Blutgefäße dompften in der falten Luft. Plößlich riß eine Ader und sprizte den Schlachtenden in das Gesicht; die Gemarterben schrien und fielen in Ohnmacht Man gab ihnen Essig zu riechen, und fie erwachten von

neuem.

Die wilden Hunde, durch den Blutgeruch zur Tollwut erregt, raften in gelben Rudeln vorüber. Von ihren lechgenden Zungen tropfte der Soft der Erschlagenen, und ihr heulendes Bellen, das Geschrei der Gemarterten, der Rauch versengter Haare und das Gebrüll der Hochzeitslieder verdichteten sich zu einer Wolfe von Lärm und Haß, die, ein rotes Gewitter, über den Dächern der Stadt schwebte.

Der Turm der Zitadelle von Erzerum streďte seine grüne Fahne heraus wie eine giftige Zunge. Hinter den Scheiben des Regierungsgebäudes, in denen die Kälte des Winters stand, saß, die Wafferpfeife rauchend, mit untergeschlagenen Beinen, der Bali. Die Oberrichter, die Polizeioffiziere, die Räte, in die schmierigen Bolster der Gefsel gelehnt, umgaben ihn. Von der Wand schrie, in Seide geftict, eine goldene Inschrift: Gelobt fet Gott, der König des Gerichtstages". Sie hatten ein Brettspiel vor sich auf den Karien . " Sind die Hamidi- Regimenter unterwegs? Man foll Kanonen auffahren und gegen Aigestan richten."

Schakir Pafcha lüftete den Schlauch seiner Wasserpfeife. Der Offizier legte die Hand an die Stirn.

Von der Treppe erscholl das Schleifen eines Säbels, Schritte übereilten sich, und als die Tür aufging, trat die Gestalt eines jungen Offiziers in das Zimmer, in blauer Uniform, mit gepflegten Ga­maschen, der Sohn des Bali. Französische Mönche hatten ihn unter­richtet, er hatte die Militärschule in Stambul belucht. Die Nägel seiner bleichen Hände waren mit Rosenpuder gefärbt, sein bartíofes Gesicht glühte vor Erregung. Hinter ihm fuhr hartes Donnern aus dem Hof der Kaserne.

Der Segen Allahs begleite euch!" rief Lutfi. Was bedeutet es, was dort geschieht?" ( Forts. folgt.)