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Str. 1642. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts Amnestiedebatte im Reichstag.

Haftentlassung der Kommunisten Rosenbaum und Höllein.

Auch bei Beginn der gestrigen Reichstagsfigung waren für einige Stunden sein Amt ausübe oder ob er auf sein die Regierungstisme leer.

Präsident Löbe eröffnet die Sigung um 3 Uhr 25 Minuten. Der Reichstag   beschließt zunächst wiederum, wie im vorigen Reichstag, Ausschüsse für Aufwertung, Striegsbeschädigtenfragen und die besetzten Gebiete einzusetzen.

Auf der Tagesordnung steht zunächst der Bericht des Geschäfts­ordnungsausschusses über die Anträge der Kommunisten auf Entlassung der verhafteten tonimunistischen Abgeordneten. Der Ausschuß hat bisher die Fälle Rosenbaum und Höllein be­handelt und empfiehlt, wie Abg. Dr. Bell( 3.) mitteilt, die

Haftenlaffung der Abgg. Rosenbaum und Höllein. Das Strafverfahren gegen Höllein soll aber nicht eingestellt werden, sondern seinen Fortgang nehmen.

Abg. v. Freytagh- Loringhoven( Dnatl.) erklärt zum Fall Höllein, daß die Deutschnationalen an ihrem grundsäglichen Stand­punkt festhalten, daß die Immunität der Abgeordneten feineswegs cin besonderes Vorrecht sei, und daß sie nicht geneigt seien, eine privilegierte Klaffe von Staatsbürgern zu schaffen. Die Parlamen­tarier müßten allerdings geschützt werden gegen tendenziöse Ber= folgungen. Es dürfe nicht zugelassen werden, daß eine Regierung einen ihr unbequemen Abgeordneten verfolgt. Andererseits müsse das Interesse des Staates an einer geordneten Rechtspflege ge­wahrt werden. Abgeordnete, die fich etwa ein gemeines Ber brechen haben zufchulden fommen lassen, dürfen nicht geschützt werden. Im Falle Höllein scheint es sich tatsächlich um eine ten denziöse Berfolgung zu handeln. Seine Frattion würde daher für die Haftentlassung stimmen.

Abg. Stoeder( Komm.) schildert unter der Heiterkeit des Hauses die Schuld- und Harmlosigkeit Hölleins.

Abg. Diffmann( Soz.):

Die sozialdemokratische Fraktion wird in beiden Fällen, sowohl bei dem Abgeordneten Rosenbaum wie bei dem Abgeordneten Höllein, für Freilassung und Einstellung des Ber fahrens stimmen. 3m Fall Rosenbaum wurde im Ausschuß flargestellt, daß als einziger Vorwand für die Berhaftung die Be hauptung übrig blieb, daß Rosenbaum vor 2 Jahren in der Preffe eine Beleidigung verfibt habe. Darüber herrichte allgemeine Ber blüffung, daher wurde im Ausschuß ohne Debatte dem fommunisti­schen Antrag zugestimmt. Damit war zum Ausdruck gebracht worden, daß es sich hier um eine tendenziöse Berfol­gung handle. Im zweiten Falle werben wir gleichfalls für Frei­Laffung und Einstellung des Berfahrens stimmen, wie es unsere Bertreter im Ausschuß bereits getan haben. Der Abg. v. Frentagh Loringhoven hat hier im Namen feiner Frattion erklärt, daß er wohl für Freilassung, aber nicht für Einstellung des Berfahrens fei. Da er felber zugibt, daß hier gleichfalls ein tenden. ziöses Verfahren vorliege, so ist seine Haftung fehr infon fequent. Er hat dann ein paar schöne Grundsäge seiner Frattion proflamiert, und zwar wolle sie nicht eine privilegierte Klasse von Staatsbürgern schaffen, gegen die feine Strafverfolgung einsetzen dürfe. Seitdem der Reichstag   besteht, galt die Immunität nicht als ein Sonderrecht des einzelnen Abgeordneten, sondern als ein Recht des Reichstages, damit jämtliche Abgeordnete bei seinen Beratungen zur Stelle fein fönnen. Von diesem Standpunkt dürfen wir unter feinen Umständen abweichen. Wenn allerdings bei einem Abgeordneten gemeine Berbrechen vorliegen, so darf er sich darauf nicht berufen. Die Intonfequenz der deutschnationalen Frattion überrascht um so mehr, als sie in einem früheren Falle ganz anders gehandelt hat. Bei seinem Zusammentritt im Jahre 1920 wurde der Reichstag von einem Antrag Helfferich überrascht, wonach das Berfahren gegen den deutschnationalen Ab­geordneten van den Herdhoff eingestellt werden solle. In diesem Falle hatte es fich um Steuerhinterziehung gehandelt, und es sind dabei merkwürdige Dinge vorgekommen. Es ist Geld entfernt worden und Akten sind verschwunden.( Unruhe b. d. Dnati.) Die deutschnationale Frattion sollte also nicht auf so hohem Roß fihen und mit Grundsätzen prunten, wenn die Immunität der bgeordneten geschützt werden soll. Wir werden demgegenüber an den Richtlinien festhalten, die bisher gegclten haben und in beiden Fällen

für Freilaffung und Einstellung des Verfahrens

zu stimmen.

Abg. Bell( 3.) wendet sich ebenfalls gegen die von dem deutsch  nationalen Redner aufgestellten Grundfäße. Der Ausschuß geht davon aus, daß in jedem Falle zu prüfen ist, ob das Interesse an der Strafverfolgung oder an der Aufrechterhaltung der Immunität überwiegt. In ein schwebendes Verfahren soll nicht eingegriffen werden, der Ausschuß und der Reichstag find fein Untersuchungsrichter und fein Gericht. Dem Oberreichsanwalt ist im Falle Höllein der schwere Vorwurf der Rechtsbeugung zu machen fein Anlaß. Auch der Angriff auf den Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik   muß zurückgewiesen werden, er ist feines wegs ein einseitiges Parteiinftrument.

Abg. v. Frenlagh- Coringhoven( Dnatl.) hält im übrigen feine Ausführungen aufrecht. Im Falle Kerckhoff habe dieser selbst aus­drücklich um Aufhebung der Immunität gebeten und die erwähnten Arten felen im preußen Juftizminifterium verschwunden. Abg. Dittmann( Soz.) erklärt dann nochmals, daß seinerzeit der Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen den damaligen deutschnationalen Abg. van den Kerdhoff vom Abg. Dr. Helfferich, d. h. von der Deutschnationalen   Boltspartei gestellt worden sei. Er ruft erregt: Bersuchen Sie doch nicht, der Deffentlichtet ein für ein Il vorzumachen.( Stürmische Zurufe.) Eine Fraktion, die einen derartigen Antrag gestellt und unterstützt hat, hat moralisch nicht das Recht, fich jetzt gegen den Antrag a Einstellung des gerichtlichen Berfahrens gegen den Abg. Höllein zu wenden.( Großer Lärm b. d. Dnatl.)

Damit schließt die Aussprache.

Der Antrag auf Haftentlaffung der Abgg. Rosenbaum und Höllein und auf Einstellung des Berfahrens gegen Rojenbaum wird angenommen; der Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen Hollein wird gegen die Sozialdemokraten und Kommunisten ab­gelehnt

Bei der dritten Beratung des Entwurfs eines Gefeßes zur

Aenderung des Postgesetzes

ertlärt der Abg. Henning( Natfoz.): Wenn das Gerücht, daß der Reichspost minister öffe nor einigen Stunden sein Anit niedergelegt hat, wahr ist, so beantragen wir, daß fein Stett. aertreter vor dem Reichstag erscheint. Wenn der Herr Reichs­poftminister nicht zurüdgetreten ist, so beantragen wir, daß er selbst vor das Hohe Haus tritt.

Präsident Cöbe stellt feft, daß Dr. Höfle, wie sämtliche Mit. glieder des Kabinetts, sein Amt niedergelegt habe, aber vom Reichs. präsidenten mit der Fortführung der Geschäfte betraut morden sei. Diefen Auftrag übe er aber gegenwärtig nicht aus, sondern er werde vertreten durch den Staatssetretär Sauter.( ört, hört! und große Unruhe.)

Abg. Henning( Ratioz.) stellt erneut den Antrag, den Post­minister herbeizurufen. Es müffe festgestellt werden, ob er nur

Amt verzichtet habe. Er müsse dem Hause Rechenschaft geben über die Nachrichten, die über ihn fursieren.

Der Antrag auf Herbeiholung des Postministers Dr. Höfle wirt gegen die Stimmen der Deutschnationalen  , der Nationalsozia liften und der Kommunisten abgelehnt.( Stürmische Unruhe im ganzen Hause- lebhafte Rufe rechts: Barmat- Schieber!) Die Borlage wird darauf angenommen. Bei Einleitung und leberschrift" beantragt Abg. Henning( Matsoz.) die Absetzung des Gegenstandes von der Legesordnung. Wir fönnen nicht für die Post etwas bewilligen, jo lange die Gefahr besteht, daß Dr. Höfie das Dieser Geld wieder den Ostjuden und den Barmats geben könnte. Mann, der in den Barmat- Standal verwickelt ist, muß vom Reichspräsidenten   sofort feines Amtes enthoben werden, wenn er es nicht selbst niederlegt.( Lebhafte Zustimmung rechis.) Wir haben weiteres Material, das wir der Staatsanwaltschaft übermitteln werden; und wir werden die Einleitung einer Untersuchung gegen Dr. Höfle beim Staatsgerichtshof beau­tragen.( Lebhaftes hört! Hört! Augemeine Unruhe. 3mischen­rufe von allen Seilen)

Abg. Fehrenbach( 3.): Was der Abg. Henning zur Begründung feines Antrages vorgeführt hat, hat mit der Einleitung und leber schrift des Bostgesetzes gar nichts zu tun. Es ist ihm nur darum zu tun, eine traurige Angelegenheit hier zur Sprache zu bringen.( Große: Lärm rechts.) Der Gerechtigkeit soll und muß genügt werden.

Abg. Dr. Scholz( D. Bp.): Auch ich bin der Ansicht, daß es nicht zwed mäßig ist, eine Angelegenheit, deren Untersuchung notwendig ist, hier bereits als getlärt zu behandeln. Wir be trachten bie Angelegenheit lediglich vom Gesichtspuntt ber Geschäftsordnung aus. Wir haben gegen die Herbei rufung des Ministers Dr. Höfle gestimmt. Wenn aber eine Barter die Absetzung eines Gegenstandes von der Tagesordnung verlangt, meil es unmöglich ist, fachliche Debatten zu führen, wenn night eine verhandlungsfähige Regierung besteht, so müssen wit der Absehung zustimmen. Wir fönnen in eine fah liche Diskussion über irgendeine Gesegesvorlage überhaupt nicht einireten, so lange wir eine verhandlungsfähige Regierung nichi befizen.

Der Antrag Henning auf Absetzung der Postnovelle von der Tagesordnung wird gegen die Stimmen der Mitte angenommen. Das Amnestiegeseh.

Zur ersten Beratung fommen hierauf die von den Kommu mijten, den Sozialdemokraten und den Deutschnationalen vorgelegten Gefeßentwürfe wegen Straffreiheit für politische Straftaten( m- ne stiegesehe). Die Beratung wird verbunden. porigen Reichstag gefaßte Entschließung hin, die die Reichs Abg. Dr. Frid( Natjoz.) meist auf eine am 29. August vom regierung zur Einbringung einer Amnesttevorlage aufforderte, und fragt den Bräsidenten, ob er wisse, ob die Reichsregierung bis heute bazu Zeit gefunden habe.

Sonnabend, 10. Januar 1925  

Hitler- Putsch vorgestern endlich verantwortlich vernommen worden ist. Man hat nicht gewagt, ihn zu verhaften. Nunmehr beruft er sich auf einen Zeugen, der in Angora wohnt. Wenn man allerdings so vorsichtig in der Wahl von Zeugen ist, dann fann man sich schon auf einen neuen Hitler- Butsch vorbereiten. Wie alle diese Ungleichheiten auf das deutsche Bolt wirfen müssen, darüber scheint man sich hier teine Vorstellung zu machen.

Ein besonderes Kapitel ist die Justiz in   Bayern, die man nicht anders denn als Schand just iz bezeichnen kann. Wir ver geffen nicht das furchtbare Urteil gegen echenbach, das von einer Härte war, wie es eben nur in Hinterbayern möglich ist. Freilich kann die bayerische Justiz auch Samtpjótchen zeigen, jo B. in dem Urteil gegen die Leute, die bei Auer und in die Münchener Post" eingedrungen sind und dort wie Ban dalen gehauft haben. Diese Berbrecherbande ist zu Festungshaft perurteilt worden und das Gericht hat noch ihre nationale e- finnung anerkannt. Auf der anderen Seite jehen wir die Be­handlung von Zoller, von Mühjam, die ja endlich die Freiheit erhalten haben. Aber noch immer figen jene Gefangenen aus dem Jahre 1919, die zu den härtesten Zuchthausstrafen verurteilt worden sind. Hier tann man ausrufen: Menschenopfer unerhört! Wie fann man allerdings Achtung vor der Justiz er­weden, wenn ausgerechnet Herr v. Rahr zum Präsidenten des Obersten Berwaltungsgerichts   in Bayern ernannt worden ist.

Wer erleben fortgesetzt die schärfste Behandlung aller der­jenigen, die links eingestellt sind.

Das

Für   die Republik gibt es bei der Justiz keinen Schuh. gestellt, daß die Richter in ihrer Mehrzahl gegen   die Republik ge­Der demokratische Abg. Brodauf hat fürzlich in einem Artikel fest= finnt feien. In die Hände ihrer Gegner gibt also   die Republik die Erfüllung ihrer wichtigsten Aufgaben. Man kann sich deshalb auch nicht wundern, daß ein Angeklagter   in Potsdam, der eine schwarz­der Fahne der Republit angeflagt war, freigesprochen wurde. In rotgoldene Fahne abgerissen hatte und deshalb wegen   Beschimpfung Dessau hatte die Sozialdemokratie ein Flugblatt mit Juustrationen veröffentlicht, auf dem drei Herren auf einem Elel ritten. follte zeigen, wie brei reaktionäre Minister auf dem Rücken der Kom­munisten zur Regierungsmacht gelangt sind. Dieses Bild wurde polizeilich beschlagnahmt mit der Begründung, es sei unftatthaft, anhaltische Minister auf einen Efel zu jezen.( Heiterfeit.)   Unsere Kölner Parteizeitung hatte die Politit Stresemanns als charakterlos bezeichnet. Der Staatsanwalt leitete sofort deswegen ein Berfahren ein. Herr Dinter fann dagegen   in Thüringen ungehört gegen die Reichsregierung bezen und verlangen, daß sie als Hochperräter an den Galgen fomme. Hier der Ordnungsblod und das erklärt alles.

rührt sich ein Staatsanwalt. Frellich herrscht   in Thüringen

Zur schärfften Kritik gibt die Rechtsprechung des Staatsgerichts­hofes Anlaß

Die von ihm gefällten Zuchthausurielle müssen aufrüttelnd auf die

ganze Bevölkerung wirken, sie dürfen nicht länger andauern. Bei all diesen Urteilen handelt es sich um Bergehen aus dem Jahre 1923, also aus der Zeit der Inflation, mo Erbitterung und Berzweiflung in der Bevölkerung Blaz gegriffen hatte, wo die Not aufs höchste gestiegen war, wo die Arbeiter durch Lohnbewe­auch der Fall   in Lörrach, wo die dort vorgekommenen Zusammen­ftöße den Staatsgerichtshof zur Fällung von 60 Jahren Zuchthaus peranlaßten. Selbst wenn von fommunistischer Sette versucht worden sein solite, diese wirtschaftliche Bewegung zu hochverräte­rischen Zwecken auszunügen, so rechtfertigt das doch nicht die furcht­baren Strafen. Die sozialdemokratische Bresse hat sofort dagegen Stellung genommen, um so mehr, als es sich hierbei zunächst um eine reine Lohnbewegung handelte.

Amtsführung dacüber nichts bekannt geworden sei.( Heiterfeit.) Bräfideni Löbe erwidert, daß ihm in der furzen Zeit feiner Abg. Geschte( Komm.) begründet ben von den Kommunisten eingebrachten Amnestiegelegentwurf. Der sozialdemokratische Ent- gungen sich bessere Lebensbedingungen schaffen wollten. Das war murf gehe nicht reit genug, denn er berücksichtige nicht die vielen hert unb ungerecht verurteilten Arbeiter, die mit der Waffe fidh an der Abwehr des Kapp- Putsches beteiligt haben. Auch in vielen anderen Bunften sei der sozialdemokratische Entwurf so reafitonär, bak man den sozialdemokratischen Rechtsanwalt Heine für den Bater halten fönnte. Die deutsche Arbeiterklasse werde sich weder durch weißen Terror noch durch die Kitajenjuftia in ihrem revolu tionären Kampf hindern laffen.( Beifall bei den Komm.)

Wenn der Abg. Geschte an dem von uns eingebrachten Anmestic­gefeßentwurf Kritit üben will, so find wir die letzten, die sich dagegen wehren würden. Ich begrüße es, daß zum ersten Male seit langer Beit ein Stommunist hier fachliche Ausführungen gemacht hat. Das zeigt, daß auch bei den Kommunist en fich wachsende Bermunft regt, das zeigt, daß sie im Parlament nicht bloß durch Amnestie­gefchrei, sondern durch fachliche Arbeit wirken wollen. Wir nehmen ihre Mitarbeit an unserem Amnestiegesehentwurf gern entgegen. Soweit es sich um die Bergehen vom Kapp- Butsch handelt, von denen der Abg. Geschte glaubt, daß sie unter unseren Entwurf fallen, so übersicht er, daß gar keine Stapp Berbrecher mehr zu amnestieren find. Wir sind gern bereit, die Amnestierung auch auf alle Ber­gehen aus dem Jahre 1924 auszudehnen, unter Borauslegungen, pon denen wir uns bei der Aufstellung unserer Richtlinien haben leiten laffen. Bor allem aber muß endlich Schluß gemacht werden mit jenen Prozessen und den Urteilen, die aus der Inflationszeit stammen. Schließlich wünschen wir auch die Amnestierung der­jenigen, die wegen Landesvoerrats verurteilt oder ange­klagt sind.

Abg. Dr.   Kurt Rosenfeld( So.) begründet den Amnestie entwurf der Sozialdemokra ten. Er wendet sich zunächst gegen die von den Stommunisten vor gebrachten verleumderischen Behauptungen, als ob irgend jemand in der sozialdemokratischen Bartei gegen die Amnestierung der politi schen Gefangenen fei, wie es besonders vom ADGB. und von Graß mann behauptet worden sei. Daß die Sozialdemokratie auch für die Amnestie in den Einzelstaaten sei, gehe aus ihrem Entwurf hervor. Man kann über den Zeitpunkt einer Ammestie verschiedener Meinung jein, nicht aber über die Amnestierung der politischen Ge­fangenen selbst. Nach dem vorliegenden Material und nach den Be­richten, die hier vorgetragen worden sind, wäre es eigentlich über flüssig, noch eine eingehende Begründung des sozialdemokratischen Amnestieantrags zu geben. Es muß die selbstverständliche Pflicht   der deutschen Volksvertretung sein, für die Freilassung der politischen Gefangenen zu forgen. Wenn auch nur ein kleiner Teil con diesem Material zutrifft, so reicht es doch schon aus, um den Reichstag zu dieser Pflichterfüllung zu veranlassen. Die Rechtspflege, die jest   in Deutschland herrscht, ist Die Anwendung der Landesverratsparagraphen hat in letter nicht länger zu ertragen. Man kann nicht anders als von Zeit eine Ausdehnung gefunden, gegen die schärffter Protest einer Klassenju stia reben. Meine Freunde haben bereits eingelegt werden muß. einige Anträge zur Reform der Rechtspflege eingebracht, Der Redner verweist u. a. auf die Fälle Zeigner, Gumbel, des Bor­die hier noch nicht zur Beratung stehen. Jetzt gilt es, die Belaftung, die die bisherige Rechtspflege   dem deutschen Volte gebracht hat, wärts", des Braunschweiger Boltsfreunds" und des Hannoverschen Boltswillens", mo über Borgänge in   der Reichswehr wahrheits­aus den Wege zu räumen und zugleich die Bahn zu ebnen für eine freiheitlichere Gerichtsbarkeit. Darum muß denen, die unter der gemäß berichtet worden ist. Es ist eine unglaubliche Verlegung des jezigen Justiz gelitten haben, endlich die Freiheit gegeben werden. Rechtsgefühls, menn gegen jemand vorgegangen wird, der die Wahr­Es herricht 3 meierlei Rechtsprechung, je nachdem, ob sie heit ausspricht, und, wie Gumbel es tat, das fagt, was schon in der Wir beabsichtigen, unabhängig von der fich gegen Arbeiter, die aus wirtschaftlichen oder politischen Motiven Bresse berichtet war. gehandelt haben, riditet oder gegen Monarchisten. So sind in heutigen Borlage eine 3nterpellation über die   Behand Greifswald zwei Junter mit geringen Geldstrafen wegen Be- lung des Landesperrats einzubringen. Zunächst müssen wir aber ein Ende machen mit den schwebenden Prozessen, die unter leidigung des Reichspräsidenten belegt worden, dagegen wurde ein foztaidemokratischer Rebatteur wegen einiger Be- unglaublicher Auslegung der Strafgejege bereits zu schweren Zucht­mei fungen gegen Herrn Stadtler mit einem Monat Gefängnis be haus und Festungsstrafen geführt haben. ftrafi. Das muß als eine unerhörte Zurückseßung derjenigen be trachtet werden, die auf der linken Seite dieses Hauses fizen.

Bergleicht man die Behandlung des Hochverrats, der von den Kommunisten begangen wurde, mit derjenigen von der rechten Seite, dann stößt man auf geradezu unerhörte Rechtsverhältniffe. Gab es einen für   die Republik gefährlicheren Butsch als den Kapp Butsch? Herr v. Jagom, der nach teilweiser Berbüßung feiner Festungsstrafe mit Bewährungsfrist entlassen wurde, hatte nichts Eiligeres zu tun als zu erklären, daß er auch fünftig in den alten Bahnen wandeln wolle  . Ludendorff, der am Kapp: Butsch ebenso beteiligt war, ist deshalb nicht einmal angeklagt wor den. Nach dem Hitler- Butsch wurde er zwar angeklagt, aber frei­gesprochen, trotzdem er als Führer der Nationalarmee das Amt eines Usurpators bekleidet hatte. Man kann sich allerdings über die Rechtsprechung   des Münchener Gerichts nicht wundern, wenn die Rechtsprechung   des Münchener Gerichts nicht wundern, wenn Herr Ludendorff einem Mitglied dieses Gerichtshofs nach dem Freispruch sein Bild mit einer Widmung überreichen konnte.

Höllein soll in Medienburg Borbereitungen für die Ernährung der Bevölkerung nach dem Sieg der Kommunisten getroffen haben. Bergleichen Sie, was Ludendorff getan hat, mit dem, was Höllein getan haben foll. Bergleichen Sie damit auch das Verfahren gegen v. Graefe, der wegen seiner Beteiligung am

Noch ein Wort zu dem Verfahren, das der Landgerichts­direktor Bogi gegen den Rommunisten Maßlow einzu­schlagen beliebt. Wie Herr Vogt vorgeht, wissen wir aus dem Be­richte des Geschäftsordnungsausschusses. Als Mitglied   der Deutsch nationalen Partei ist er gerade eines der unge­eignetsten Organe   der Republik. Trotz der wiederholt in diesem Hause an seiner Tätigkeit geübten Kritif, begeht er immer wieder aufs neue gefeßwidrige Handlungen.

Es ist festgestellt, daß Maßlow zu jener Zeit, wo er die angeb­liche Straftat begangen haben foll,   in Rußland war. Trotzdem das feststeht, sitzt er seit zehn Monaten in Haft, er ist bis heute noch nicht einmal verantwortlich vernommen worden.

Bisher hat fein Zeuge gefunden werden können, der gegen Maßlow irgendetwas hätte aussagen können, das ihn einer Man hält ihn hochverräterischen Handlung verdächtigen fönnte. ohne Bernehmung fest, vielleicht in der Hoffnung, daß sich doch noch ein solcher Beuge finden fönnte.

Bir berufen uns gegenüber dem Ausland auf das Recht des Friedensvertrages. Denfen Sie daran, wie die Position des deutschen Boltes geschwächt wird, wenn wir im Inland nicht Recht üben. Folgen Sie dem   Beispiel Frankreichs, das eine großherzige Amnestie gegeben hat, wenn Sie moralische Eroberungen im Ausland machen