Sonntag
11. Januar 1925
Unterhaltung und Wissen
Diese Ruinenstadt ist wirklich noch ein Wunder, diese Stadt ist immer noch sehenswert, und der Blick auf den Besuv kann auch anderen Leuten, als nur Hochzeitsreisenden, ans Herz greifen, obwohl du ausgerechnet in Walle di Bompeji eine American- Bar und Original- Jazzband findest. Es ist übrigens höchste Zeit, daß Europa gegen diese Barbarei Front macht.
Merkwürdige Stadt dieses Pompeji . Es gibt darin Paläste, Tempel, Prir athäuser mit Gärten, Mosaitfußböden und WC. Und in jedem Hause find Bäder, denn auch die Sllaven nahmen in jenen fernen unchriftlichen Zeiten täglich ein Bad. Du lieber Gott wenn wir so eines Tages plöglich unter Lava und Asche begraben würden und man fände uns nach 2000 Jahren wieder die Ge fichter möchte ich sehen, wenn sie unsere Mietsfasernen und unser Berliner Pflaster aufdeckten!
Ein Haus ist besonders nett; das. in dem der Architekt Lucius Rufus wohnte, der ganz Pompeji verschönerte und deshalb heute Stadtbaurat und Dr. ing. honoris causa der Universität Neapel würde. Dieser Rufus war ein Genießer. Er hatte nicht nur einen fchattigen Hausgarten mit filbernen Wasserspeiern und unanftändigen Malereien an den Wänden, er hatte auch ein türkisches Schwitzbad und eine Grotte mit einem Goldfichbassin und Marmorbänfen Hier saß er am Abend mit seinen Freunden, tranf Falerner und fpielte Stat. Und nur manchmal, wenn er so recht von Herzen froh, feinen Biergarten ansah, wurde er melancholisch: Wenn ich so dran denke, Kinder, daß hier in 2000 Jahren eine alte Weiß sich im Trag ftuhle rumschleppen laßt und an meinen Blumen riecht, dann wird mir immer ganz fomisch Ja, und dann spielte er aus, einen Grand mit Vieren. Ich habe mir eine Hyazinthe aus seinem Gutten mitgenommen und dabei seiner abgeschiedenen Seele gedacht.
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Natürlich haben sich diese alten Pompejaner tüchtig amüsiert. Gleich hinter dem Forum, dem Darktplaß, wo die wohlachtbaren und treditfähigen Bürger zu promenieren pfiegten, liegen die Gassen des Lupanars. Hier hielten abends die wilden Kutscher.. Und die Spanner flüsterten den erwartungsvoll Vorüberwandelnden ins Ohr:„ Nachtlokal, großer Betrieb mal amüsieren?" Ja und in einem Hause. eine schöne. lustige Dame namens Fulvia wohnte dort, ift in„ Keilschrift auf dem Ziegelstein" die unbezahlte Zeche eines fidelen, jungen Herrn vermertt, dem immer das nötige Kleingeld fehlte, wenn er fulvia zum Souper besuchte wird der froh gewesen sein, als mit dem Aichenregen auch seine Rechnung quittiert wurde.
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Ich habe mir vom Forum aus lange den Besuv beschaut. Er jah genau so aus, wie man ihn auf jeder Ansichtspostkarte findet, mit der berühmten Pinie rechis im Vordergrunde und der ebenso berühmten Rauchwolfe, die über ihn hinweht. Eine Drahtseilbahn Probbelt an ihm hinauf und gerade am Kraterrande hat man cin Observatorium gebaut, um den alten Feuergeijte besser in den glühenden Rachen sehen zu können.
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Warum auch nicht? Die alten Pompejaner haben vor 2000 Jahren auch ihre Kremserfahrten zum Besun gemacht, um dort zu pianicen. Und dann eines Nachts, als gerade alle bei der Premiere der Luftigen Bilme von Neapel" im Theater faßen, ging das Feuerwerk Los, in einer Entfernung von 12 Kilometern, und alle riefen: Ah" und" Donnermetter" bis die glühende Asche nicderfiel und alles erstickte. Stätten fie untere Kulturerrungen fchaften, die Gasmaske schon gefannt, dann wäre ihnen das wahrscheinlich nich passiert. Aber dann hätten wir heute auch nicht die Daisteinerten Pompejaner im Museum und die Fremden würden nicht das viele Geld ausgeben, um sie sich anzusehen. Das ist übrigens immer so, nur die malerischen Ruinen wirfen. Stände das Heidel berger Schloß heute noch unversehrt, tein Mensch fümmerte sich Darum und in: einem nicht faputten Pompeji müßten die modernen Bompejaner Steine tiopfen gehen, anstatt die Fremden auszunchmen.
Denn an jeder Ruine steht ein besonderer Wächter, der jedesmal besonders aufschließt, und an jeder Ruine hängt eine amtliche Ber Tautbarung, die bei Todesstrafe verbieict, den Wärtern Trinkgelder anzubieten. Ich wollte den guten Mann dieser Gefahr nicht aus. setzen und gab nichts.„ Tedesco, verfluchter geiziger Hund, wozu at: ders bist du denn da, als um Trinkgelder zu geben. dachte der pompeianische Wächter, als ich wieder ging. Es war doch
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Beilage des Vorwärts
Die letzten Worte.
Von Iman Heilbut.
Die Gelaffenheit vieler Mörder am Tage der Urteilsvollstrechung
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ist bekannt. Das Meisterstüd an 3ynismus find die Worte:„ Na Schön hadt mir also die Rübe ab!" Ein anderer sagte, als ihn der Briefter nach seinem legten Wunsch befragte: Lassen Sie mich an Leben!" Ein Dritter aber erwiderte:„ Ja, ich habe einen Wunsch).. „ Nun?" Gehen Sie weg!" Ein Verurteilter, der am
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1 Januar gerichtet wurde, meinte:„ Na, das Jahr fängt ja gut an!" Es ist nicht anzunehmen, daß dieser Ruhe Eitelkeit und Heuchelei zugrunde liegen. Der echte Berbrecher ist impulfiv, das gibt ihm den verhängnisvollen eigenen Standpunti außerhalb der zinilisierten Menschheit. Aber diese Raschheit im Handeln und Unbe. fümmertheit fönnen nicht verfehlen, die Herzen der fühlen Richter für einen Augenblid zu bewegen. Sie müssen dem völlig abweichenden, aber urgraden Wesen des Angeklagten Rechnung tragen. Wer solche Gerichtsverhandlungen verfolgt, muß sich am Ende gestehen, daß sein Abscheu vor der Grausamkeit, wenn nicht der Sympathie so doch dem Staunen vor der Naivität, der unverfälschten Art, die sich nicht irren läßt, gemichen ist. Ausgenommen davon die Angehörigen eines Opfers. Sie fennen nichts als den Haß. Die übrigen aber tönnen nicht anders als zugeben, daß fie einer tatsächlich anderen Natur. gegenüberstehen, der gegenüber Rachegefühle lächerlich erscheinen.
Im Anschluß an die oben erwähnten legten Borte fallen mir einige Aussprüche ein, die weitaus Größere, ungleich höher geschäßt, in ihrer legten Stunde sprachen Sofrates fagte: Ich bin genesen. Rabelais aber schrie:" Borhang runter, die Posse ist aus!" Goethe hat noch im letzten Augenblid der Nachwelt übermittelt, wie ein Eymbol entsteht. Er verlangte nämlich, daß man die Fenstervorhänge öffne, meil es ihm zu dunkel im Zimmer wurde:" So macht doch mehr Licht!" Ja, ein bedeutender Mann sagt nur Bedeutendes. Heine fprach: Gott wird mir verzeihen das ist sein Metier!" Und Diderot schrie, als der Priester ihn ermahnte, an das Jenseits zu denken, mit Aufbietung seiner. legten Kraft: 3um Teufel, was geht bas mich an!" André Chénier , auf der Guillotine, rief in die Menge, indem er auf seine Stirne zeigte:„ Und doch mar da etwas brin!" Alonso Cano , ein spanischer Maler, donnerte, wie er das
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„ Mammi, warum hat denn das fleine Mädchen so zerriffene Kruzifig sah: Wie kann man wagen, mir ein solches Pfuschwert vor
Ricider?"
F
Weil eine Eltern arm find, Liebling." Warum find denn feine Eltern arm?"
Weil sie nichts gelernt haben."
Warum haben sie denn nichts gelernt? 16ugal
Frag nicht so viel
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weil sie arm find."
అంత
peinlich. Man läßt sich nicht gerne verachten, wenn man für 1 Lira das Gegenteil davon haben kann.
die Augen zu bringen!" Marshall Narvaez, berühmt durch seine Graufamfeit, erwiderte dem Priester, der ihm riet, sich mit seinen Feinden zu versöhnen: Ich habe teine Feinde. Ich habe sie alle erfchießen laffen!" Kean, der Schauspieler, rief: Ein Pferd! Ein Pferd!"- Und Friedrich Wilhelm II . sprang aus dem Bette und vor den Spiegel: Also so siehst du aus, Tod
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Es ist mir entfallen, wer es war, der das kluge ruhige Wort zu seinen Freunden sprach:„ Warum weint ihr? In einer Stunde werde ich ein großes Rätsel gelöst haben, um das ihr euch noch lange ver gebens müht."
Ich habe schließlich lange im Hause emes früheren pompejanischen Bädermeisters einfam und alleine gesessen. Man sieht von seiner Baditube auf das leuchtende Meer, Capri schwimmt, eine goldene Muschel, auf den fernsten Wellen, Sorrenf grüßt mit weißen Häusern und goldenen Türmen, und ein paar braune Segel schweben wie sehnsuchtsvolle Träume zwischen Himmel und Meer. Und eine göttliche Sonne über allem und allen. Hier hätte ich auch Brötchen baden mögen und jeden Morgen der schaumgeborenen Benus gemäßigen Beiten und suchen, wenn die Stunde der Ruhe gefommen denten wollen, wenn der feurige Ball über die Fiuten emporstieg und aus dem nahen Tempel leiser Gesang der Briefter den neuen Tcg der Götter und Menschen begrüßte.
Ja, und dann wäre ich auch schließlich mit allen anderen Bom pejanern unis Leben gefommen als versteinerter Bäckerjunge im Museum wäre ich unsterblich und hätte im Badecer einen Stern. So aber fahrt mein und unser aller Leben schnell dahin, und wenn es föstlich gewesen ist, so immer nur im Feuilleton.
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Wie mir der Führer erzählte, hat ein reider Amerikaner die Abficht, ganz Pompejt zu faufen und nach Amerifa rüber zu schaffen wenn in diesem Falle dann nur noch ein großer leerer Fled mit unendlicher Sonne existiert, der früher einmai Pompeji bedeutete dann will ich wiederkehren, will im Grase liegen, von Bienen umfurr: und von Fulvia, der schönen leichtsinnigen Fulvia träumen, der ihr Kavalier die Zeche schuldig blieb, weil er iteber mit Küssen zahlte und weil er zu sehr das Heute liebte, um mit dem Morgen zu rechnen. Und solche Leute fommen befannulich zu nichts Balle Pompeji!
Fische im Nachthemd. Das Fehlen von Augenlidern hat lange zur Annahme verleitet, daß Fische nicht schlafen. Aber schon Aristoteles hat die Meinung vertreten, daß fie ebenso wie die Menschen der Ruhe pflegen, und die Beobachtungen der modernen Naturwissenschaft hat diese vor 2000 Jahren geäußerte Ansicht auch durchaus bestätigt. Seefische, und unter ihnen insbesondere Lipp fische, Meeraale, Seebarse und alle Arten der Scholle ruhen zu regel. ist, den Meerboden auf. Da fie einen außerordentlich leisen Schlaf haben, fo ist es sehr schwer die nächtlichen Lebensgewohnheiten bieser Fische im Aquarium zu beobachten, da eine leichte Lichtsfeigerung genügt, um sie aus dem Schlaf zu weden. Eine Ausnahme von der allgemeinen Regel bildet aber der Seebars oder der Tau tog" genannte Seebars, der mit offenem Mund, auf der Seite liegend, fest schläft. Wenn er sich zur Ruhe begibt, so erscheinen auf dem ganzen Körper schwarze Streifen und Sprenkel, die den Eindrud hervorrufen, als hätte der Fisch sein Kleid gewechselt. Aber noch bemerkenswertere Farbenveränderungen erfährt die gemeine Meerbraffe, die, wenn die Schlafftunde gekommen ist, in erstaunlich furzer Zeit Nachttoilette macht. Sm wachen Zustand erscheint der Fisch in silbergrauer Farbe: menn er aber sein Lager unter den Seealgen aufsucht, fo erscheinen sofort auf der Haut Streifen von dunklem Grau oder Braun, und bald ist es nicht mehr möglich, den Schläfer von seiner Umgebung zu unterscheiden. Als Virtuose in der Kunst rascher Berkleidung hat aber der sogenannte Papageififch nicht feinesgleichen in der Fischwelt. Er lebt in den tropischen Ge
,, Gesegnet fei Gott, in dessen Hand die Herrschaft liegt; denn| Ihre schwarzen Augen hoben sich aus de tiefen Gruben und tastetèn er ist allmächtig. Sieh, er fauft von euch das Leben und die Habe über feine Gestalt, bis ihre Blicke sich fanden.
Der Sturm auf das Frauenbad. ber Ungläubigen, damit euch das Barabies gehöre; denn die Schatten
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ihrer Toten sind die Gewichte auf der Wege des letzten Gerichts. Ihr Blut wird eure Wangen schminken am Tage der Auferstehung!" Die Etimme stieg und jubelte in der Luft, und das Echo der Moscheen vom anderen Ende der Stadt gab ihr Antwort. Lutfi feuchte neben dem trabenden Tiere her; der Leichnam schaufelte über Sattel. Sirpuhi vernahm das Schlagen der Hufe auf der fteinernen Straße und hob den Kopf. Da löfte er den Strid und trat auf sie zu:
Lutfi hob das Auge von den Spalten der Tür und trat in den Hof. Er hatte den Schafspelz eittes turdischen Bauern übergewordem fen, feine Süften maren mit einer Wollschärpe umwidelt, und er trieb einen Efel vor sich her. Als er die Hütte erreicht hatte, band er dos Lier an den Pfoften. Der hohle Laut seiner Stimme verfant in dem Abgrund, aus dem das weiße Geficht Sirpuhis fich empor hob. Sie bestieg den Efel, in den Frauenmantel der Gläubigen ge hüllt und ritt die Gaffe hinauf. Gläserner Frost flirrte über der Stadt. Die gefrorenen Blutlachen knirschten unter den Hufen des
Tieres,
Auf der Höhe drückte sie ein harter Wind en die Seite. Tote Nagt gähnte aus den Tälern, über denen das Strahlenbündel des Drien zitterte. Sirpuhi ritt, den umbüllten Kopf über den Nacken bes Efels gebeugt; unter ihrem Schleier hervor fielen die Worte: Lutfi, lebt er?"
Die Hond des jungen Offiziers legte sich in einer hilflofen Bemegung auf den Naden des Tieres, dem seine schweigenden Schritte folg.en. Aber ihr Mund, über den tonlos wie tropfendes Wasser die gleiche Klage fiel, hörte nicht auf zu stöhnen, und als fein Dhr von neuem ihren Worten begegnete, erkannte er, daß fie noch immer feinen Namen rief. Da überwältigte ihn ihr Schmerz, und als die Stedt in ihrem Rüden verfant, ſette er fie an die Mauer des Brunnenhauses, um noch einmal in die Straßen zurüdzureiten. Die gelben Lichtspeichen feiner Laterne glitten über die Gefichter der Toten. Ihre Köpfe beiseite biegend, begann er das Bflafter abzusuchen. Ihre schweren Glieder zerrten aneinander gleich verbogenen Eisen, Reif hing an den Bärten wie weißes Haar. Kurdische Bachen kamen auf ihn zu, er riß den Beiz herunter, fie erblickten die Zeichen seiner Uniform und legten die Hand on die Mütze.
In der dritten Stunde fand er ihn, glitzernd von Frost, die Spur eines Schlages an feinem Kopfe. Er ergriff den erstarrten Beichnam und band ihn über den Sattel des Efels. Das Tier leuchte den Hügel hinauf, es war eine Stunde vor Sonnenaufgang, und von der Höhe des Minaretts tönte die Stimme des Gebetsrufers fiber die tote Stadt. Die segnenden Hände des Priesters breiteten sich über den Abgrund der Straßen, in denen die Toten zu schwarzen Klumpen gehäuft lagen und aus denen noch immer das Röcheln ber Sterbenden ftrich:
Ich habe dir den Leichnam deines Knaben getracht. Du bist meine Freundin, und ich konnte ihn nicht dort liegen laffen. Mein Bolt hat es geton. Berzeih mir, daß dies geschah."
Die Mutter nahm den bewußtlosen Körper., dessen Wangen rolig waren wie gefärbtes Wachs, und überschwemmte sein Geficht mit Tränen. Da taute die erstarrte Wange von ihren Küssen und strömte den füßen Geruch von Kinderfleisch aus, das nach Milch und Weißbrot duftet.
Sie legten den Leichnam an die Mouer, wälzten Steine darauf. Sirpuhi schlug das Ze chen des Kreuzes. Es wurde Tag, als sie aufbrachen, müde und an ihren Brotstücken tauend, dem Wege nach, der, von Winden zerfegt, in die fahle Luft der Berge hinauslief. Plündernde Gendarmen begegneten ihnen, Sirpuhi zitterte vor Angst unter ihrem Mantel. Doch die Soldaten fentien den Kopf vor dem Schleier der Frau und traten beiseite.
Dann stand sie auf und folgte ihm. Das Dröhnen der großen Tiergloden flang über den Wall, die Spur der Karamanenstraßen entlang, die von Süden herauffamen. Das Wasser der Flüsse wurde wärmer. Lutfi tötete eine Wachtel mit einem Stein und briet sie über dem Feuer. Die Sonne schien.
Im zweiten Monat erreichten sie Mardin . Das Gebirge fiel steil vor ihnen ab, und zum erstenmal blickten sie in die Ebene. Mit grauen Stufen stieg die Steintreppe der Häuser in den Himmel hinouf. Sirpuhi fetzte sich unter den Stamm eines Terebinthenbaumes. Sie hob den Schleier und sah Lutfi an:
,, Willst du in die Stadt gehen?"
Seine braunen Lippen lächelten. Er hatte seinen Waffenrod abgelegt und trug den Kittel und die Sackhofe des Bauern. Ein blonder Bart bedeckte fein Kinn, und die Luft hatte sein Gesicht verdunkelt; seine Füße schritten leicht dahin.
Als er zurückkehrte, stond der Abend über der duftenden Ebene. Er trug Brot und Ziegenfäse im Arm, feine Taschen waren mit Drangen gefüllt. Sie wandte ihm sanft ihr Gesicht zu:
Wo werden wir die Nacht bleiben?"
Lutfi fand vor dem Hause der, Bauern eine leere Getreidegrube, Spreu lag auf dem Boden, er stieg hinab und breitete sie aus. Als fie gegessen hatten, richtete Eirpuhi fich auf. Sie trocknete die Lippen mit der Hand und sagte:
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Wohin führst du mich, Lutfi? Seit vierzig Tagen habe ich fein Dach über den Augen gehabt. Mein Gatte und mein Knabe find tot. Meine Seele ist müde."
Lutfi hielt ihre Hand, und erbetend drückte er einen Ruß auf ihren verwitterten Aermel:
Zuweilen trafen fie auf die Leichen Erschlagener, durch zerstörte Dörfer ziehend, deren Lehmwände eingedrückt waren und deren zerbrochene Spinnstühle auf der Straße lagen. Weiße Fahnen hingen von den Häusern der Bekehrten; greise Männer, den Koran fingend, trugen ihr frisch beschnittenes Blied zur Schau. Lutfi und In zwölf Tagen werden wir Mossul erreichen. Der Wind Sirpuhi traten in die Hütte eines Bouern und, ihre eiternden Füße hat die Wege getrocknet, es ist warm und die Palmen blühen. Ich an den rauchenden Rohlenbeden wärmend, lauschten sie mit gewerbe zu einem Krämer in Arbeit gehen." fchloffenen Lippen auf den Schritt der Hamidi- Regimenter, die die ,, Und dann?" Gegend durchsuchten.
Kalibraune Ebenen dehnten sich vor ihnen, mit verhungerten Kräutern bewachsen. Weißblaue Tage standen in ewiger Stumm heit, während sie durch die einsame Talsohle dohinzogen, der fie feit zwanzig Tagen folgten.
Eines Abends verließ Sirpuhi die Kraft. Sie setzte sich am Wege nieder und legte einen Stein unter den Kopf: Wozu mühst du dich, Lutfi? Ich kann hier nicht leben. Dies Lanb will meinen Tod."
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Er schleppte sie in das Zelt eines Kurden. Drei Tage lag fie trant auf einem Bager von gebörrtem. Mift und trant aus dem Euter der Ziegen. In tiefer Kümmernis niete Lutfi an ihrer Seite.
,, Dort werden wir bleiben, Sirpuhi."
Er schwieg. Da legte sie, in Schluchzen ausbrechend, die bloße Rante ihres Armes um feinen Hals wie über ein Spalier. Er neigte sich und füßte mit gespitzten Lippen ihre Brust, die er zum crstenmal berührte.
Und von der Höhe herab stürzte sich der Wind, heiß von den Gerüchen des Frühlings. Ein fattelloses Pferd, jagte er über die fahlen Steppen der Berge, den Rand der Grube, darin fie lagen, oneinandergeschmiegt, zwei füße Mandeln in ihrer Schale, durch die Mauern verbrannter Städte ,, die Wüste, die Nacht über das einfame Haus der Erde, in dem die Toten wohnen und das die Rammer der Liebenden ft.
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