Nr. 22 4 42.?ahegakg
1« Seilage ües vorwärts
Mittwoch, 14. Januar 1425
Junkfreunöe unö Staatsanwalt.
„Dir Mechaniker 1. m Berlin wurde zu einer Woche Gefängnis »der 50 M. Geldstrafe verurteilt, weil er«in selbstgebautes Röhren- « mpsangsgerät betrieb, trotzdem er die monatlichen Gebühren von 2 2H. zahlte." Diese kategorische Mitteilung machte der Sprecher des Berliner Rundfunksenders vor einiger Zeit noch der Beendigung des Abendkonzerts. Im Anschluß daran teilte er nochmals die wesentlichsten Bestimmungen mit, die für die Rundfunkteilnehmer maß- gebend sind. Totsächlich schweben, wie wir von unterrichteter Seite in Erfahrung gebracht haben, augenblicklich mehrere hundert Strafverfahren wegen Uebertretung der genannten Bestimmungen, außer- dcm liegen der Polizei ein« noch größere Anzahl von Fällen zur Nachprüfung vor. Fast immer handelt es sich um Denunziationen, denen nunmehr auch von den Behörden Beachtung geschenkt wird, während sie in der ersten Zeit der Rundfunkära in den Papierkorb wanderten. Wir wollen unsererseits dazu beitragen, Unheil zu ver- hüten und weisen daher nochmals auf die wichtigsten Bestimmungen, die für die Teilnahme am Rundfunk gelten, hin, wobei wir st« einer Kritik unterziehen und Vorschläge zu solchen den Verhältnisien«nt- sprechenden Aenderungen mache». Wir hoffen, daß diese Vorschläge auch die objektive Würdigung der Reichstelegraphenverwattung finden werden. Die Probeerlaubnis. Der gesunde Menschenverstand sagt: Wenn ich mir eine Funk- anlage zulege, dann muß ich auch die Gewißheit haben, daß sie funktioniert. Der einfache Mann baut sich also«in Empfangsgerät und freut sich, wenn der Ton aus dem All in seinem Ohr klingt, ärgert sich wenn alles still bleibt. Er zögen noch, wenn die Anlage fuitfüoniert, mir der Anmeldung. Gut« Freunde sind bei ihm zu Gaste. Ihnen führt er seine neueste Errungenschaft vor, und einer, der es besondres gut meint, sorgt bewußt oder unbewußt dafür, daß eines Tages ein Beauftragter der Polizei erscheint, der die Anlage beschlagnahmt imd ihren unglücklichen Besitzer der Staatsanwaltschaft anzeigt. Solchen Zufälligkeiten kann der Funkliebhaber nur ent- gehen, wenn er entweder eine Genehmigung zum Delricb seiner Funkanlage einholt, bevor er dos Gerät überhaupt in seine Wohnung bringt. Dann muß er natürlich Monat für Monat 2 M. bezahlen, auch wenn die Berhältnisse ihm nur einen schlechten oder vielleicht gar keinen Empfang ermöglichen. Er wirft für ein Jahr 24 M. zum Fenster hinaus und erst danach kann er von dieser Lost befreit werden. Die Anmeldung gilt immer für ein Jahr. Oder aber er bittet einen Bekannten, der im Besitze einer Genehmigungsurkund« ist, in seine Wohnung zu kommen, um mit dem genehmigten Funk- gerät die EmpsangsverhälMiss« auszuprobieren. Die Genehmigungs- Urkunde gilt nur für die Person, aber nicht für den Ort. Man kann also seinen Funkapparat beispielsweise auf Reisen mitnehmen, darf aber nicht vergessen, die Genehinigungsurkunde bei sich zu haben. Wenn so mit dem Gerät des Bekannten die Möglichkeit des Emp- fange» nachgewiesen ist, kann er ohne jedes Risiko seine eigene Ge- uebmigungsurkunde bei der Post beantragen. Jede ander« Mög- lichkeit kann zu unliebsamen Folgen führen. Di« Post könnte hier dl» Bestimmung insofern mildern, als sie eine einmonatliche Probe- erlaubnis gegen Zahlung der üblichen Monatsgebühr erteilt«. Nach dem Ablauf dieser Probeerlaubnis muß der neue Rundfunkteilnehmer erklären, ob er auch für die Zukunft an den Darbietungen der Rund- funkfender teilnehmen will oder nicht. Ein« solche Bestimmung er- scheint um so angebrachter, als es in der Großstadt viel« Möglich- keilen gibt, die«inen sauberen Empfang verhindern. Man denke mir an die Störungen durch die Straßenbahn, an d»« Unmöglichkeit «in« Hochantenne zu errichten u. a. m. Selbstbau von k�öhrengerät. Ein übles Kapitel wurde schon in der Einleitung erwähnt: Die Beschlagnahme von Röhrengerät, dos von Funkliebhabern gebaut wurde, die die Audionerlaubnis nicht besitzen. Bor einein Jahr« noch konnte man der Meinung fcin, daß es angebracht wäre, nur Detektor- gerät zum Selbstbau zuzulassen. Di« Gefahr der Rückkoppelungs- slörungen durch unsachgemäß gebautes und ebenso behandeltes Röhrengerät war und ist zweifellos nicht von der Hand zu weisen. Aber auch hier könnte«ine auf die Entwicklung des Funkwesens be- dachte Behörde durch weises Entgegenkommen viel Segen stiften. Die Behörde soll grundsätzlich die Kontrolle über das inz. Betriebe befindliche Röhrengerät behalten. Aber sie könnte die Audion-
verfuchserlaubnis, zu deren Erlangung augenblicklich Forderungen gestellt werden, denen, wie die ersten Audionprüfungen gezeigt haben, nur die wenigsten Radioamateure entsprechen, unterteilen. Wir schlagen vor, außer der großen Audionoersuchserlaubnis, zu deren Erlangung die höchsten Anforderungen gestellt werden mögen, auch «in« kleine Audionoersuchserlaubnis zu erteilen, bei deren Ausgabe zur Bedingung gemacht wird, daß das gebaute Funkgerät noch der Ferligilellung an irgendeiner Stelle gegen Zahlang einer Gebühr
größer sind wie am 14. April v. I., so daß einige Erleicht' durchaus angebracht erscheinen, um so mehr, als«ruf einen vor Störungen durch unsachgemäß gebaut« Röhrenempfänger nicht verzichtet werden soll. * Die Reichstelegraphen Verwaltung hat eine der volkstümlichste» öffentlichen Einrichtungen, eben den Rundfimk, geschaffen. Sie selbst hat das größte Interesse daran, die auf dieser Grundloge ent- standen« Entwicklung zu fördern, sie hat aber kein Interesse daran. Funkfreunde mit dem Staatsanwalt in Verbindung zu bringen, weil dies« sich vom gesunden Menschenverstand und nicht vom juristischs» Denken leiten ließen. Wer dann noch Schaffung einer dm be- rechtigten Anforderungen entsprechenden Funkgesetzgebung sich straf bar macht, darf sich auch nicht beklagen, wenn gegen ihn die vvrg� sehenen strafrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung kommmi.
geprüft wird. Mit dieser Prüfung mögen, falls die Reichstelegrophen- Verwaltung sich dazu außeritande fühlen sollte, die Funtverein« herangezogen werden. Sie würden dadurch Mittel gewinnen, den höher strebenden Amateuren die besten Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten. Gleichzeitig aber lernt der Funkliebhaber mit Röhrengeröt umzugehen. Eine größere Anzahl von ihnen wird so durch praktische Arbeit über viele Borgänge unterrichtet werden, die ihnen ohne ihr selbstgebautez Röhrengerät nicht in dieser Klarheit zum Bewußtsein gekommen wären. Auch die Zadustrie käme bei einer derartigen Regelung nicht zu kurz. Der Verbrauch an Einzelteilen würde weiter steigen. Außerdem hat sie es in der Hand, durch erstklassige Qualitätsarbeit den Markt zu behaupten, denn nur dann lohnt es sich, fertige Apparate zu kaufen, wenn der Funkliebhaber weiß, daß dies« hin- llchtllch der Güte unübertrefflich sind. Das würde auch dem Ruf der i deutschen Funkindustrie im Auslande und damit ihrem Absatz nur ' don Nutze» sein. Die Funkgesetzgebung ist ja noch nicht abgeschlossen, I und gerade Staatssekrelär Dr. Bredow war es, der in seiner Berliner 'Ansprache cm die Rundfunkhörer am 14. April v. I. darmis hinwies, daß er insofern mit dem Grasen Arco übereinstimme, daß mit der Zeit auch jeder Laie es lernen werde, einen Rück- koppelungsempfänger so zu verwenden, daß er keine Störungen»er- ursach«. Er erklärte wörtlich:„Ich stimme mit ihm(Grafen Arco ) darin überei», daß. sobald die Kenntnis der Vorgänge in einem Empfänger Allgemeingut geworden ist, die Gefahr(der Störungen) verringert ist Möchte" aber gerade im Ansang der Rundsunkenlwick- lung auf einen Schutz nichi ganz verzichten." Wir glauben, daß die Kenntnisse über die Vorgänge im Empfangsgerät heute wesentlich
Suff, hurra unö Hakenkreuz. Heiß quillt am Abend aus dem Alexanderplatz dos Leben. Es rattern die Autos, raffeln die Wage», jagen die Rienichen, ordnen die Schupos, und Lichter blitzen an und ob. an und ab. Die Großen und die Kleinen, die Reichen und die'Armen, die Fleißigen und dir Vergnügungssüchtigen, am Abend geben alle sich ihr großes Stell dichcin. Das hastet und quirlt, das tobt und das kreischt, sinnlos sieht es aus. irrsinnig fast, und doch hat alles subjektiv stets seinen Zweck. Roch ist das Haftgetriebe in Wirkung und Ziel planlos, aber der Einzelne wirkt und„lebt"— einst wird er es— wir wislen es — fürs Ganze, für die Allgemeinheit, die Gesellschaft tun. Ein Trupp von zweiunddrcißig jungen Menschen überquert in Gi Uppenordnung, aufgeteift in Viererieihen, den Platz. Hitlerkluft am Körper, Ehrhardtlied im Maul, Hakenkrcuzfalme vornweg! Sinn? Geist? Ihr sucht ihn hier vergebens: Haß. Götzenanbetung. Gedankenlosigkeit, das sind dir edlen, die„vaterländischen" Motive Die jungen Leute marschieren wahrscheinlich zu einer Uebung. zu einem Gruppenabend oder zu einer Feier. Wie es verlangt wird, machen sie in Patriotismus, Volkstum und Suff. Denn so ist es: Tausend arbeiten, weil sie sonst frieren und hungern, weil sie sich und womöglich auch eine Fanülic kleiden und ernähren müssen« und zehn denken ans Bergangene, träumen von der„Erhebung", wie sie sie oerstehen, marschieren in Vierergruppen, lassen sich Reder halten, schreien„Hurra!" und vcralkoholisicren ihren Verstand. Tausend werken im Heere der Arbeit und zehn spielen Soldaten Tausend wollen den Frieden, zehn wuuschen sich den Mord. Immer dichter werden die Menschenhaufen, immer lebendiger quillt es in den Straßen, schneller fluten die Wogen, lauter lärmt s auf dem Pflaster, fiebriger blinken die Licbler. Und zweiunddreißig „Besnier" überqucien in militärischer Ordnung den Aleranderplatz Daß leiner sie beachtet, daß keiner„Hurra" schreit— dos ist ihr größter Schmerz. Daß keiner es tut— uns festigt's im Wissen« uns stärkt es im Glauben. Im Glanben an unfern Sieg. Unter Bezugnahme auf die Mitteilung vom Sonnabend, der 10. d. M.:„Mobilmachung der Völkischen " werden un» zwei Episoden mitgeteilt, die bezeichnend sind dafür, daß die 23 5 1 f v sehen und Nationalisten sich wieder einmal einbilden, die Zeit sei für sie g e k o m m e». Der erste Vorfall hat sich am vergangenen Freitagabend im Bierlokal von ?lschingcr am Halleschen Tor zugetragen und wird im? folgendermaßen geschildert: „Ich war zur genannten Zeit mit einigen Kollegen dort. Der Betried ging seinen gewohnte» Gang, die Musik spielte die gewohnten Weisen. Plötzlich gegen 11 Uhr kam ein Trupp junger Leute, nach den Abzeichen Mitglieder des yrontbann, im Gänsemarsch durch das Lokal und steuerte aus die Kapelle zu. In ihrer unmittelbaren Nähe nahm man Platz und nun ging es los. Die Kapelle erfaßte die Situation meisterhaft. Zuerst das Deutschlandlied. Der dicke Herr Geschäftsführer schmunzelte. Dann:„Ich bin ein Preuße"— alles, dos heißt, alle Haken- kreuzler— gröhlten mit. Die Mehrzahl des Publikums schwieg dazu, man sah viele wütende Gesichter. �.Öas ist Lützows wilde verwegene Jagd." Auch noch Hakenkreuz am Stahlhelm". Uns stieg die Bierwurft hoch. Wir beschwerten uns ebenso wie verschiedene andere Gäste beim Geschäftsführer. Dieser aber erklärte uns, das seien olles Lieder, die vom Ministerium des Innern ausdrücklich(!) genehmigt seien und im übrigen habe er keinen Einfluß auf die Kapelle, sie spiele nur ihr
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t Bertram gab keine Antwort.„Wir glauben/ sagte Fürst Aleroitder Suwarofi langsam und leicht verlegen,„daß Eng- land und andere Länder einen Fehler begingen, als sie die Angrisse von Männern wie Wrangel und Denikin unter- stützten. So schlecht die Bolschewisten, weiß Gott , auch sind, die Führer der Weißen Armee waren vielleicht ebenso schlecht. Mein Sobn spricht die Ansicht der jüngeren Generation aus." „Es ist auch die meine." sagte Nadia. Der Sohn konnte nur ein paar Minuten bleiben. Er war nur gekommen, um das Vergnügen zu haben, den Gast zu begrüßen �und seinen Eltern die Hand zu küssen. Bald nach seinem Fjsttgang erhob sich auch Bertram. „Sie werden den Rückweg nicht sinden!" rief die Fürstin. „Ich führe ihn bis zum Arbat." sagte Radia. Trotz Bertrams lebhaftem Widerspruch nahm sie Jacke und Pelzmütze und wartete, während sich Bertram von ihren Eltern verabschiedete. Der alle Mann erhob sich wieder von seinen Kisten. „Wenn Sie uns dann und wann besuchen wollten, mein Herr, wäre es eine barmherzige Tat. Wer erfahren nichts von der Außenwelt." „Mit Vergnügen werde ich kommen," war Bertrams Antwort." � � Er neigte sich wieder über die Hand der Fürstin und zog sie an seine Lippen. Bei diesem Zeichen von Rücksicht und Sympathie wurden ihr die Augen feucht. „Sie haben das alte Regime in seinen elenden Zusluchts- löchern aufgesucht. Den anderen geht es ebenso oder noch schlimmer." �, ./ich habe Ihren Mut gesehen und bewundert." ant- wartete Bertram. „Viele aus unseren Kreisen sind verhungert," fuhr die Armzessin fort.„Uns haben unsere Kinder gerettet. Meine Tochter ist Studentin der Medizin und erhält als solche ihre Ration, die sie uns fast gänzlich heimbringt. Sonst lebten wir nicht mehr.— Kommen Sie wieder, lieber Herr!" ..Aber nicht bei Tageslicht", sagte der alte Fürst ängstlich. „Mein Name ist noch immer ein Grund für Argwohn und Abneigung." Bettram trat mit Nadia in den Schnee hinaus. Ein»
mal stolperte sie im Hof über einen Schneehaufen und Bertram sagte:„Bitte, nehmen Sie meinen Arm. Es ist sicherer so." Sie legte dankend ihre Hand aus seinen Arm. „Ich bewundere Ihren Mut," sagte er warm. „Was wäre das Leben ohne Mut? Ich bin noch jung. Nur das Alter fürchtet neue Erlebnisse." Dann erzählte sie ihm von ihren medizinischen Studien an der Universität. Alle �Kollegs wurden abends gelesen, denn bei Tage müßten die Studenten ihre Lebensmittelration abarbeiten.., „Aber Sie selber bringen die Ihre nach Hause," sagte er. „Wie werden Sie satt?" „Ach, ich brauche so wenig. Ich bin stark und gesund." Sie hatte ihre Studien jetzt beendet und war zur Aus- Übung der Praxis berechtigt. Ihr Ehrgeiz war. in die Hungergebiete zu gehen und sich dem Aerztestab anzuschließen, d«r in Kasan gegen den Typhus kämpft. Sie hatten schon nach ihr verlangt, aber es mar so schwer, dahin zu reisen. „Was werden aber ihre Eltern ohne Sie anfangen?" Sie teilte ihm mit, daß ihr Bruder Alexis zum Stab be- fördert wäre. So wäre es ihm nicht nur ermöglicht, den Eltern bessere Nahrung zu verschafsen, sondern er könnte sie auch schützen, da er dem Staate diente. „Ich gehe selber nach Kasan . Wollen Sie nicht im selben Zuge mitfahren, wenn ich Ihnen dazu verhelfen kann? Ameri- kaner haben�die Oberleitung und würden Ihre Arbeit gerne annehmen." Die Möglichkeit erregte sie freudig,.und sie bat ihn, ein Wort für sie einzulegen. Gleich aber bat sie um Entschuldi- gung, ihm Mühe zu verursachen. „Aus Eifer, Rußland dienen zu können, vergesse ich ganz meine guten Manieren." lächelte sie. „Es ist keine Mühe, aber ich habe doch Bedenken, Ihnen einen Platz im Zuge nach Kasan zu verschassen." „Und das wäre?" „Ich höre, daß der Typhus in Kasan wütet, und daß es höchst gefährlich ist. dort hinzugehen." „Naturlich ist es das," sagte das junge Mädchen.„Aber Sie selbst gehen doch auch hin, nicht wahr? Und ich, eine Russin, sollte mich fürchten, wenn ich meinem armen Volke dienen kann?" Darauf fand er keine Antwort und konnte nur an ihre Selbstlosigkeit und ihre Liebebtür ihr Volk denken. Er sagte auch etwas von ihrer Aufopferung, worauf sie'hw Wort« «nviderte an die er sich später erinnert«.
„Selbstaufopferung ist doch der einzige Weg zum Glück. glauben Sie das nicht auch?" „Ich weiß nicht, ich bin ein Eaoist." Aber das wollte sie nicht glauben.„Sie sind so weit hergekommen, um dem armen Rußland zu helfen. Sogar mit Gefahr Ihres Lebens, das ist kein Egoismus." �„Aber es hat etwas damit zu tun. Ich bin gekommen. um mehr Kenntnis vom Leben zu erwerben. Um den Lebens- Überdruß zu töten. Um das zu heilen, was ich mein ge- brochenes Herz nenne. All dos ist höllischer Egoismus." „Sie haben ein gebrochenes Herz?" fragte sie sehr«- staunt. An der Ecke des Arbat, wo sie standen, siel der Schnee in dichten Flocken auf sie herab, aber beide fühlten es nicht. „Ja, so nenne ich es in einer romantischen sentimentalen Art. Vor kurzem hat inich meine Frau verlassen. Es tat entsetzlich weh. Verletzter Stolz, vielleicht. Man kann ja nie wissen." „Es tut mir furchtbar leid," sagte sie ernst.„Sie haben sie sehr geliebt?" „Unaussprechlich. Ich war sehr jung." Er lachte unbehaglich. Die alte Wunde schmerzte noch. „Die Liebe ist schwer," sagte sie nachdenklich.„So scheint es wenigstens nach Büchern, die ich gelesen habe und Men- scheu, denen ich begegnet bin. zu urtesten. Ich selbst habe keine Erfahrung." „Wie ist das möglich?" „Hunger, Armut und Schrecken scheinen den Liebestrieb nicht zu ermutigen, außer in brutaler Weis«. Jedenfalls hat es mich in Ruhe gelassen. Vielleicht ist die Liebe doch etwas sehr Gutes, an dem man im Leben nicht vorübergehen sollte." Sie sprach diese merkwürdigen Worte ohne jede Verlegen- heit oder Befangenheit, wie ein Kind von den Geheimnissen des Lebens spricht. Und doch war sie kein Kind, sondern eine reife Persönlichkeit, die durch die blutige Revolution gegangen war und große Brutalitäten mit angesehen hatte. Ihre Ein- sali in bezug auf die Liebe war nicht Unwissenheit, sondern Unerfahrenheit. „Ich würde Sie gern lieben," sagte sie plötzlich,„wenn es Ihrem gebrochenen Herzen eine Hilfe wäre. Es wäre sehr gut auch für mich." Sie machte dies erstaunliche Anerbieten mit derselben Einfachheit und Aufrichtigkeit, als wenn sie sich in ihrer Eigen- schast als Aerztm erboten hätte, eine Wunde zu verbinden. __ G-rtfttzun, folgt)