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Nr.54 42. Jahrgang Ausgabe A nr. 28

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Telegramm- Adreffe: Gozialdemokrat Berlin

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Ferniprecher: Redaktion. Donhoff 292-295

Verlag: Dönboff 2506-2507

Sonntag, den 1. Februar 1925

Otto Brauns Verhandlungen.

Vorläufig kein Ergebnis.- Wirtschaftspartei gegen Rechtsterror. Der preußische Ministerpräsident Braun verhandelte| macht, das, nur dazu beitragen fann, das Staatswesen noch mehr zu gestern wie das Nachrichtenbureau des Vereins deutscher untergraben." Zeitungsverleger mitteilt etwa eine Stunde lang mit den Bertretern der Wirtschaftlichen Vereinigung Dr. Ladendorff und Müller- Franten.

Braun ersuchte die Wirtschaftliche Vereinigung, fich an dem Kabinett zu beteiligen. Ihre Vertreter lehnten das aber ab mit der Erklärung, daß sie sich an teinem Kabinett beteiligen würden, in dem die Sozialdemokratie bestimmen­den Einfluß habe.

Braun hatte weiter eine Besprechung mit dem bisherigen preußischen Finanzminister Dr. v. Richter von der Deut. chen Boltspartei Auch hier wurde fein Ergeb. nis erzielt.

Meint sie mir oder meint sie dir? Meint fie die Krisen­macherei der Deutschen Volkspartei oder die deutschnational tommunistisch- boltsparteiliche Obstruktionstaktik? Auf diese schwört sie nämlich:

Aber anderseits haben wir die politische und sittliche Pflicht, den preußischen Staat möglichst schnell aus den margi ft is ch en Klauen zu befreien. Auf diese Art find die Rollen zurzeit gewiffermaßen vertauscht während die inte ein faft staats ft reich ähnliches Benehmen zeigt, werden die eigt, Berben of Rechtsparteien zu den Berteidigern einer allerdings unbrauchbaren Berfassung. Gerade aber deshalb müssen die Rechtsparteien alle Kräfte zusammennehmen, um das neue Ka­Bestehens hinausbringen, burch alle parlamentarischen Mittel, binett Braun, sollte es sich überhaupt über die ersten Stunden seines durch jedwede Oppofition und Obstruttion regie. Mit- rungsunfähig zu machen."

Eine Große Anfrage der Wirtschaftlichen Vereinigung Die Landtagsabgeordneten Drewig, Dr. Laden borff und Müller Franken haben mit den übrigen gliedern der Wirtschaftlichen   Bereinigung im Preußischen Landtag folgende Große Anfrage eingebracht:

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Das Kolberger Tageblatt" und verschiedene andere deutsch nationale Tageszeitungen brachten vor und nach den Bahlen einen Aufruf des Reichslandbundes und der

Deutschnationalen   Baltspartei, der indireft oder direkt Gewerbetreibende in Berruf ertiärt, die nicht ber Deutschnationalen   Bolfspartei angehören. Durch diese Verrufserklärung wird es dem Mittelstand unmöglich gemacht, für feine politische Ueberzeugung tätig zu sein.

Wir fragen daher:

Was gedenkt das Staatsministerium zu fun, um auch dem Mittel­stand feine staatsbürgerlichen Rechte zu sichern?

Berlin  , den 29. Januar 1925."

Der Versuch der Deutschnationalen   Bolkspartei und des Reichslandbundes, politisch andersdenkende Gewerbetreibende zu terrorisieren, hat berechtigte Empörung bei den bedrohten Gewerbetreibenden hervorgerufen. Das preußische Staatsministerium dürfte wohl sicher gegen diefe Ver. rufserklärung vorgehen. Solange freilich die Fraktion der Wirtschaftspartei im Preußischen Landtag dieselben Deutsch nationalen, gegen die sie beim Staatsministerium Schuß fucht, gegen das Staatsministerium unterstüßt, dürfte das Vorgehen des Staatsministeriums wenig Erfolg versprechen.

Retter der Verfassung.

Die Deutschnationalen, die bisher so laut von Staatsfrise geredet und mit ihrer Herbeiführung gedroht haben, wollen plötzlich nichts mehr davon wissen. Mit salbungsvollen Morten, die Tartüff   Ehre gemacht haben würden, redet die Kreuz- Zeitung  " von der Pflicht gegen Staat und Ber­

fassung:

" Bedenklicher freilich ist noch das mangelnde Berant mortungsgefühl Staat und Bolt werden dem Par teiegoismus geopfert, ein sinnloses Experiment wird ge­

Das Rheinlandregime. Französisch- sozialistische Kritit. Neue Instruktionen

Herriots.

Paris  , 31. Januar.  ( Eigener Drahtbericht.) In der Kammer üble der sozialistische Abg. Uhry scharfe kritik an der Rhein­landtommission, deren Verwaltung übrigens auch viel 3 u. totspielig und die von reaktionären Elementen durch­sezt sei. Er verwies vor allem auf die tompromiffierende Rolle, die der Borsitzende Tirard bei seinem Versuch, die separa­fiflische Bewegung im Rheinland   zu unterstützen, gespielt habe. Herriot   antwortete darauf, daß er vor furzem völlig neue 3nstruktionen an die franzöfifchen Delegierten gegeben habe. Die vom Abg. Uhry vorgebrachten Einzelfälle würden einer firengen nachprüfung unterzogen.

Frankreichs   Geheimarchive.

Eine allerliebste Logit! Führung der Regierung durch ein verfassungsmäßiges und verfassungstreues Kabinett ist Staatsstreich, jedwede Obstruktion der Gegner der Verfassung, der Verfassung. um das Kabinett regierungsunfähig zu machen, ist- Schutz

bei der Drohung mit der verfassungschützenden Obstruktion Die stillschweigende Voraussetzung der Kreuz- Zeitung  " ist die unentwegte Bundesgenoffenfchaft der

Kommunisten.

Arme Verfassung, wenn fie auf den Schuh der edlen Bundesgenossen von den Deutschnationalen und den Rom­munisten angewiesen wäre.

Billigung der Zentrumspolitik.

Die zuständigen 3entrumsorganisationen des Wahi freisverbandes Teltow  - Beestom- Charlottenburg faßten folgende Entschließung:

Die Delegierten Bersammlung des Wahlkreis- Verbandes Teltow   Beesfom- Chorlottenburg gab ihrer Genugtuung darüber Ausdrud, daß die Zentrumsfraktion des Preußischen 2andtages sich weder durch odungen noch durch Dro hungen seitens Rechtsparteien von dem bisher eingehalte nen Weg der Mitte abbringen ließ. Die Tagung erkennt die einmütige geschlossene Haltung des Zentrums bei der Wahl des Ministerpräsidenten Braun an und spricht die Erwartung aus, daß die Zentrumsfraktion auch in Zukunft die Boltsgemeinschaft anstrebt und die bewährte Bolitit der Mitte einhält. Würde man Breu Ben den Rechtsparteien ausliefern, fo würde das für- Breußen von unabsehbarer Tragweite sein und auch für die Zentrumspartei   Folgen nach sich ziehen, die nicht zu verantworten wären.

Die Entwicklung der Dinge im Reiche bedauert die Bersammlung lebhaft. Sie bittet die Reichstagsfraktion, die Arbeit der jetzigen Regierung mit Mißtrauen zu verfolgen und sofort mit ihrem ganzen Einfluß einzugreifen, wenn die Regierung Entscheidungen trifft, die die bewährten Grundfäße und Traditionen des Zentrums nicht zulaffen."

schreiendes Unrecht wieder gut gemacht worden. Die Regierung verfenne feineswegs die Verdienste Wengands, den sie auf einen anderen sehr wichtigen Bosten berufen habe. Die Regie­rung habe General Sarrail den Befehl gegeben, in Syrien   alle Religionen zu respektieren, besonders die tatholische, die Frankreich   die größten Dienste geleistet habe.

Der verbotene Kruppkessel. Argentinische Kommentare.

New York  , 31. Januar.  ( WTB.- Funkspruch.) Nach einer Meldung der Associated Preß aus Buenos Aires   hatte die Ent­fcheidung des alliierten Botschafterrats, wonach die Lieferung von effeln für argentinische Torpedoboote aus der Kruppschen Fabrit die Versailler Bestimmungen verletze, zahlreiche fartastische Kommentare in der argentinischen Bresse zur Folge. La Razon" erklärt, die Entscheidung sei anscheinend ein Handels manöver, für das der Bertrag zum Deckmantel dienen müsse. Paris  , 31. Januar.  ( WTB.- Kammer.) Bei den Ausgaben Englische wie deutsche Firmen hätten seinerzeit Angebote eingereicht. für die Archive antwortete Ministerpräsident Herriot   auf eine Die Angebotſchreiben feien am 1. Oktober geöffnet worden und das Anfrage des sozialistischen   Abg. Sontanier nach der Deffnung Marineamt habe beschlossen, die Krupp- Offerte anzunehmen, weil sie die billigste und vorteilhaftefte war. Weder der Der Kriegsarchive, daß die Regierung diese sehr delikate Frage st u di e te. Auf die weitere Forderung, die Veröffentlichung argentinischen Regierung noch der Firma Krupp   wäre seinerzeit der Berichte der geheimen Komitees fortzusetzen, erklärte Herriat, irgend etwas davon mitgeteilt worden, daß die Bersailler Be­schränkungen auf diese Kessellieferungen Anwendung finden. Falls baß dazu noch die Zustimmung einer ausländischen Macht fehle; so der Botschafterrat effel als Kriegsmaterial betrachte, bald sie vorliege, werde die Veröffentlichung fortgesetzt. fönne er ebensogut alle möglichen Dinge als Kriegsmaterial Bei den Ausgaben für Syrien   besprach der radikale Ab- ansehen, z. B. die Knöpfe und die Jade des Keffelheizers auf geordnete Henry Simon die Ersegung des Generals Beŋeinem mit Kanonen versehenen Schiff. Wenn der Firma Krupp   die gand durch General Sarrail Herriot erklärte, die Regie: Bieferung nicht gestattet würde, fo würde dies nicht nur eine Ber. zögerung in der Neuausrüftung argentinischen Torpedoboote be. wung brauche niemandem über die Ernennungen ihrer Bertreter deuten, sondern auch einen hoyeren Preis zum Schaden Rechenschaft abzulegen. Durch die Ernennung Sarrails fei ein Argentiniens  .

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Der Widerspenstigen Zähmung.

Bon Rudolf Breitscheid  .

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Wenn die französischen   Nationalisten im ersten Rausch Herriot dazu beglüdwünscht haben, daß feine Rede ge­tlungen habe, als fei sie von Poincaré   gehalten, so dürfen wir deutschen   Sozialisten dem Reichskanzler Luther   das Dr. Birth, und bestände bei uns die Sitte, bedeutsame Kompliment machen, daß er am Freitag gesprochen hat mie Reden öffentlich anzuschlagen, so würden wir einer solchen Bekanntgabe vielleicht ebenso zustimmen wie die Rechte der führungen des französischen   Ministerpräsidenten ihren Beifall französischen   Deputiertenkammer der Affichage" der Aus­gegeben hat. Wir stehen zwar in Oppofition zur gegen­wärtigen Reichsregierung, aber das hindert uns nicht, ihr unsere Anerkennung auszusprechen, wenn sie etwas Gutes und Vernünftiges tut. Und Luthers Ansprache an die Ansprache an die Bertreter der ausländischen Presse war gut und ver nünftig, weil sie auf dem scharfen Ton, der von Paris   zu verbaute. den Weg zu Verhandlungen und einer Verständigung nicht uns herübergeflungen war, ohne Gereiztheit antwortete und

Herriot gleich Poincaré  , Luther gleich Wirth! So wären mir also, wenn es auf die Reden anfäme, ungefähr wieder da, wo wir uns etwa im Jahre 1922 befanden! Einem zum Er­füllen" und zum Entgegenkommen bereiten Kabinett stände in Paris   eine Regierung gegenüber, die mit dem Hinweis auf Bertragstertes, sondern die Herstellung des europäischen   Frie­einer Einigung erschwerte. Aber so liegen die Dinge in Birk­mit feinem Amtsvorgänger recht peinlich gewesen sein. Er lichkeit natürlich nicht. Für Herrn Herriot wird der Bergleich glaubt sich von Poincaré   und seiner Politif. durch eine Kluft getrennt, und frog der menig, erfreulichen Worte, die er am leßten Mittwoch gefunden hat, flebt er tatsächlich nicht wie der Mann des Nationalen Blods an den Paragraphen des Bertragstetes, sondern die Hersteliung des europäischen   Frie­dens ist ihm in erster Linie ein ethisches Problem. dung, die er gegen Deutschland   genommen hat, zum Teil Wir dürfen einstweilen annehmen, daß die unerfreuliche Wen menigstens auf falschen Voraussetzungen beruht, und daß sie eine Episode bleiben wird. Was aber das Wesentlichste ist: dem Willen auf Deutschlands   Bernichtung beseelte Kammer­Poincaré hatte eine nationalistische, mehr oder weniger von mehrheit hinter sich, während Herriot   sich auf eine Ma­jerität ftüßt, die zusammenbricht, sobald die 104 den Ausgleich und den Frieden erstrebenden Sozialisten beiseite treten. Und diese Sozialisten haben ihn. bekanntlich schon zu seiner nachträglichen, den Eindruck seiner ersten Darlegungen, ab­schmächenden Erklärung bestimmt. Solche authentischen Interpretationen" find immer mißlich, und ein verantwortlicher Staatsmann müßte von vornherein seine Worfe so wählen, daß Mißdeutungen ausgeschlossen blieben. Aber die Korrektur vom folgenden Tage beweist doch jedenfalls auch, daß dem Redner selbst Bedenken über die Zweckmäßigkeit einiger feiner Worte gekommen waren.

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Wenn wir nun nach dem wesentlichen Grund für das Abgleiten Herriots in das Poincaristische suchen, so ergibt sich ohne weiteres, daß er in der Neugestaltung der Re­gierungsverhältnisse in Deutschland   liegt. Der französische   Ministerpräsident hatte sich der Hoffnung hin­gegeben, ein wenn nur schrittweises Borgehen auf der Linie der Verständigung werde den politischen Einfluß der deutschen  nationalistischen Kreise verringern, und nun sieht er sich einem Rechtskabinett gegenüber, in dem die Vertreter jener Deutsch­nationalen figen, die aus ihrer Revanchelust, solange sie in Opposition standen, fein Hehl gemacht haben. Er hat nicht abgewartet, ob sie in der Regierung ihren Oppositionsideen treu bleiben würden, sondern eine Haltung eingenommen, als ob die deutsche Gefahr unmittelbar drohend vor der Türe stehe. Luthers   Ausführungen entsprechen diesen Borstellungen, die man sich in Paris   und nicht nur in Paris   von den Absichten seines Ministeriums gemacht hat, nun in feiner

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Weise, und wenn man sich wieder nur an die Rede hält, könnten die Franzosen und auch die deutschen   Verständigungs­politiker beruhigt sein. Aber man wird es den einen wie den anderen nicht übelnehmen dürfen, wenn sie sich an den Wor ten nicht genügen lassen, sondern die Handlungen abwarten. Das Schiff des Herrn Luther ist doch nun einmal mit Leuten bemannt, die vordem ganz anders gesprochen haben. Dürfen wir wirklich an eine so schnelle und gründliche Befehrung glauben? Der Kapitän führt anscheinend ein sehr strenges Regiment und ist offenbar gesonnen, sich in die Beſtim­mung des einzuhaltenden Kurses nicht hineinreden zu lassen. Aber ist ihm wirklich der Widerspenstigen Zähmung in so furzer Zeit gelungen?

Wir möchten es hoffen, und fast fönnen wir uns zu dieser Hoffnung berechtigt glauben, wenn wir feststellen, daß die ganze Berliner   Rechtspreffe sich jeden Kommentars der Rede ihres Kanzlers ent­hält, abgesehen von der Kreuz- Zeitung  ", die ihr sogar das Präditat prompt und gefchickt" erteilt. Wie würden die­felben Blätter toben, wenn ein Minister einer Regierung der Linfen oder der Mitte, ein Marg, ein Wirth oder gar ein