Dienstag
24. Februar 1925
Unterhaltung und Wissen
nian sich vorstellt. Bei der großen Anlage des Bayernwertes, Wasserkräfte des Walchensees und der mittleren Jfar aus
Beilage des Vorwärts
Schwarze, braune, weiße und blaue Kohle bas biet man vermutlich gerade an der Grenze der Wirtschaftlichkeit, Basserträfte, und selbst wenn man nach Flettners Blänen die
Von Dipl.- Ing. Dr. Arthur Hamm. Unter den Schätzen, mit denen die Natur unseren mancherorts recht dürftigen Boden gesegnet hat, nimmt die Kohle an Bedeutung weitaus die erste Stellung ein. Wir sind gewohnt als ihre Heimat das Ruhrgebiet und Oberschlesien zu betrachten und vergelien gar zu leicht, daß auch unser märkischer Boden diesen wertvollen Rohftoff in recht beträchtlicher Menge birgt. Das ist noch eine Erbschaft aus der Zeit vor dem Kriege. Damals wurde nur die Steinkohle, die eigentliche Kohle, geachtet, alles andere schien ein minderwertiges Produkt zu sein, nur zu Nebenzwecken brauchbar. Lediglich für den Hausbrand galt die durch Brikettierung veredelte Braunkohle als vollwertig. So wurde denn immer nur mit Steinkohle gerechnet, als ob es nichts anderes gäbe. Freilich hatte die Steinkohle auch besonders werivoile Eigenschaften. Ihr Heizwert ist weitaus am: gribien, mit einem Kilogramm guter Steinkohle fann man je nach dem 60-80 Liter Wasser von 0 Grad bis zum Kochen erhizen, mit einen Suogranim Braunkohle nur ein Drittel bis ein Biertel dieser Menge. Wenn man also die Kohle unter dem Kessel verbrennt, fo erzeugt man mit der Steinkohle dreimal so viel Dampf wie mit der Braunfoble, abgesehen davon, daß diese auch noch schlechter verbrennt Die Braunkohle dürfte also etwa nur ein Biertel der Steinfohle foften, wenn fie ebenso billig verwendbar sein sollte, das war aber nie der Fall, weil die Fracht für beide gleich ist und wenn die Kohle nicht unmittelbar auf der Grube verbraucht wird, so spielt im Preise die Fracht eine gar zu große Rolle. Ein weiterer Vorteil der Steinfohle war es, daß sie bei der Berkotung die Dorzüglichen Nebenprodufte ergab, aus denen nicht nur die befainten Anilinfarben, sondern auch eine Unmenge chemischer Er acugnisse, fast alle, wichtigen Arzneimittel zum Beispiel gewonnen werden. Die Braunkohle schien in der Hinsicht gar nichts zu ieiften. Diese Wertschägung hat sich inzwischen gründlich geändert. Die Berluste an fohlenerzeugenden Gebieten zwangen zu einem intensiren Abbau der Braunkohle und da lernte man ihre guten Eigenschaften, vor allem ihre Billigkeit, sehr schätzen. Freilich gilt cs auch heute noch, daß fie feinen Transport verträgt, das heißt, daß sie durch die Frachtkosten so verteuert wird, daß ihre Verwenung nicht mehr lohnend ist. Aber man hat da einen ausgezeichne ten Ausweg gefunden, indem man fie in eine edlere Form ver wandelt, deren Transport wohl lohnend ist. Diese edlere Form ist die Elektrizität. Große Kraftmerte auf den Gruben verbrennen tie Brauntohle in roher Form und erzeugen den elektrischen Strom, der mit hoher Spannung auf fast beliebig weite Entfernungen transportiert werden fann. Denn dabei sind die ganzen Transport foften die Berlufte in den Leitungsdrähten, und die sind sehr gering. Deutschland wird heute zum größten Teile durch Braunkohlenstrom mit Elektrizität versehen, die Elektrowerke in Berlin und das Rheinisch- Westfälische Elektrizitätswert in Effen, die größten deut jchen Elektrizitätswerfe, erzeugen nur Braunfohlenstrom. hat man gelernt, aus der Braunkohle allerlei wertvolle Nebenprodukte zu gewinnen, und an einem Braunfohlenöl, dem Paraffinöl, ist dem perstorbenen Chemiter, Prof. Harries, zum ersten Male die Umrandlung aus einem Bineralöl in ein Pflanzenöl gelungen, wodurch vielen chemischen Industrien, z. B. der Seifenindustrie, ein außerst wertvoller Rohstoff erschloffen worden ist. Damit ist auch Imier märkischer Boden in Werte bedeutend erhöht, denn hier findet sich Brauntohle in Hülle und Fülle.
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Ein wenig anders sieht es mit der weißen Kahle, dem Wasser, cus. Als man zuerst gelernt hatte, die Wasserkräfte durch hoch gespannte Elektrizität auf weite Entfernungen zu übertragen, da schoß der Enthusiasmus ins Kraut, und man glaubte die ganze Welt bald durch Wasserkräfte mit Strom versorgen und so die Kohlenvorräte der Erde fast ganz schonen zu tönnen. In diesen Wein ist sehr viel Wasser gegossen worden. Wir wissen längst, daß nur wenige Wasserfräfte ausbauwürdig sind, d. h., daß die Kosten ihres Ausbaues nicht so groß find, um den Nugen der kostenlosen Stromerzeugung aufzuwiegen. Diese Grenze ist enger gezogen, als
Das wilde Tier.
Bon Heinrich Steiniger.
3u jener Zeit, als die Drachen und Lindwürmer noch nicht so felten maren, wie sie es heute sind, lebte in einem dichten, ungeheuren Bald ein wildes Tier, pon einer Art, die jetzt längst ausgestorben ist. Es war überaus häßlich, hatte einen plumpen Körper, an den sich ein ellenlanger, von einem Stachellamme getrönter Schmeif anjajte, einen diden, unförmlichen Kopf mit einem riefengroßen Raden, und vier furze, mit spitzen Krallen bewehrte Brazen. Wenn man es von vorn fah, hätte man es für ein übergroßes, etwas aus der Art geschlagenes Schwein halten können, von der Seite glich es einem Zwitterdinge von Krokodil und Schildkröte, und von hinten hatte es nicht geringe Aehnlichkeit mit einem halbvermoderten Baumjlanime, auf defien zerborstener Rinde sich üppig wuchernde Schwammfamilien angefiedelt hatten.
Die Natur aber hatte diesem wüsten Formgemisch eine ver hältnismäßig äußerst gefühlvolle Seele eingepflanzt. 3war fraß das Tier alles, was ihm unter die Tagen geriet, aber es tat dies Deniger aus Mordlust als unter dem zwange eines gewissen sachfichen Selbsterhaltungstriebes, da es zum Unterhalt feines gewaltigen Körpers eben auch einer gewaltigen täglichen Nahrungsmenge be durfr:. Kein Wunder, daß es den Wald im Berlaufe einiger Jahre rein ausgefressen und von allem Lebendigen geleert hatte. Da es un vom Hunger gequält wurde, mußte es, fehr gegen feine Abficht und Neigung, das füßende Didicht verlaffen und fich zu Streifzügen auf das angebaute und bewohnte Band hinaus entschließen. o das Tier hinfam, erregte es begreiflicherweise das furchtbarste Ent. fehen. Ihm zu entfliehen war nicht möglich, da es trob seines der flüchtigste Mensch, und so geschah es, daß sich die Umgebung des Baldes nach und nach entwölferte, und Schrecken und Furcht dort einzogen, wo früher Sicherheit und Behagen geherrscht hatten. In diefer Nat verfiel der König des Landes auf einen Ausweg, von dem er in alten Märchen gelesen zu haben sich erinnerte. Er schloß mit dem Tier einen Vertrag, demzufolge ihm jeden Tag ein Mensch, der durch das Los bestimmt wurde, ausgeliefert werden follte, womit das Tier von Herzen zufrieden war, da das ewige Jagen und Hetzen durchaus nicht feiner Gemütsart entsprach. So fand es denn an einer vereinbarten Stelle im Walde jeden Morgen feine Nahrung, die és ungefäumt zu sich nahm, um sich für den Rest des Tages be schaulicher Ruhe und wunschloser Behaglichkeit hinzugeben. Schon waren gar viele Unglückliche jeglichen Alters und Ge. fchlechts der Gefräßigkeit des Tieres zum Opfer gefallen, als das Los einmal einen ehrwürdigen Mann, den Pater Loquatius, traf. Und obschon sich sogleich die feurigsten seiner Berehrer, deren er feiner unvergleichlichen Bortrefflichtet und Tugend wegen eine Unzahl besaß, dazu erboten, an feiner Statt fich fressen zu lassen, lehnte er drch folch's Anfinren fast mit Unwillen ab und begab sich zur fest gefeßten Stunden stolzen und mutigen Schrittes in den Wald, wo er benn auch bald an herumliegenden menschlichen Knochen den Ort erkannte, en dem nun auch er den Tod erleiden sollte. Er lehnte
bei einer ricfigen Wasserkraftanlage, die in Amerita zurzeit am Ausbau ist, ist die Grenze wahrscheinlich schon überschritten. Diese inlcge soll die ungeheure Strommenge von 4 Milliarden Kilowattstunden erzeugen, aber der Ausbau des Flusses hat 340 Millionen Mart gekostet und die Berzinsung und Abschreibung dieser unge
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für eine zeitgemäße Umgestaltung der Quadriga auf dem Brandenburger Tor.
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heuren Summe macht den Strom teurer, als wenn man ein der Herstellung viel billigeres Dampftraftwert erbaut und den Strom durch Verbrennen von Rohle erzeugt hätte. Auch ist man fich längst darüber klar, daß nur die Berbindung eines Wasserkraft wertes mit einem leistungsfähigen Dampffraftwerk günstige Be triebsverhältnisse ergibt, denn Wasserkraftwerke haben manchmal viel, manchmal wenig Wasser, ihre Leistungsfähigkeit schwankt also sehr start, der Stromverbrauch muß aber unter allen Umständen gebedt werden. Das setzt die Kosten des erzeugten Stromes auch etwas hinauf.
sich an den mächtigen Stamm einer Eiche, treuzte die Arme über der. Bruft und erwartete ohne Zagen sein bitteres Ende. Alsbald erfchien auch das Tier, indem es feuchend seinen greulichen Leib aus dem finsteren Dickicht heranwälzte. Als es die regungslose Gestalt des Paters erblickte, hielt es erstaunt inne, denn es war daran gewöhnt, mit lautem Heulen und Jammern begrüßt zu werden. Der unerschrocene Pater aber hatte es nicht sobald bemerkt, als er ihm mit fchallender Stimme entgegenrief:" Nur heran, du Höllenbestie, friß mich und tue mir, was dich dein Baber, der Teufel, geheißen!" Da das Tier sich so hart angelassen hörie, verwunderte es sich noch viel mehr, fentie auch den Kopf zum Zeichen, daß es bereit sei, weiteres zu vernehmen. Dazu ließ sich der wackere Bater nicht zwei mal einladen, sondern gab dem Tier, ohne sich erst lange zu befinnen, von der Kraft feines Geistes zu schmecken. D du widerwärtiges scheußliches Ungetim," fagte er.„ Du hast wohl mehr Angst, mich zu freffen, als ich, von dir gefressen zu werden. Und möchtest du auch nicht übel Grund zu solchem Erschrecken haben, denn meine Pein wird taum eine Minute dauern, die deine aber durch alle Ewigkeit der Ewigkeiten. Und verheiße ich dir, daß du für jeden Menschen, den dein bluttriefender, gieriger Radyen verschlungen, wirst ein Jahrtausend gefotten, gebraten und mit glühenden Zangen gezwidt werden. Und sollst du dabei von einem Hunger gequält werden, daß der Hunger, den du auf Erden erfahren, wie eitel Lust und Freude ist dagegen zu fühlen. Zu gleicher Zeit aber wirst du mich im Baradiese erblicken, wie ich im fühlen Schatten lustwandle und von den saftigen Früchten genieße, die an allen Bäumen hängen. Und will ich dir einen Tropfen alle hundert Jahre spenden, nicht um dich zu laben und zu erquicken, du Teufelsfratze, fondern um deine Bein zu erhöhen und dir zu spüren zu geben, wie es den Seligen zumute ist. Und soll die Marter niemals ein Ende haben und immer von neuem beginnen und dir über alle Maßen unerträge lich werden. Und werden dich dabei deine Brüder, als da Teufel und verdammte Geister sind, verlachen und verspotten, bis du vor Wut und Verzweiflung aufschwillst wie ein Berg, der voll Unrat und greulicher Berwefung ist. Nun aber laß mich nicht länger warten, damit ich durch deinen stinkenden Bauch hindurchfahre und zu den Sizzen der Seligen gelange, nach denen mich schon lange gelüftet. Du aber sei deiner Stunde gewärtig, die dich in den tiefften Schlammpfuhl der Hölle schleudern wird."
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Nachdem der Bater Loquatius so gesprochen hatte, trat er dicht vor den Rachen des Tieres. Dieses aber, dem fein leichtes Entsetzen angefommen war bei dem gewaltigen Lärm der Rede, drehte sich schwerfällig um und versuchte, sich zu verkriechen, indem es bei fich be dachte, daß es nach dem Genusse so vieler fräftiger Worte der leib lichen Speise für diesen Tag wohl entraten könnte. Doch der Pater sprang ihm mit schnellen Sätzen nach, und wie sich das Tier auch wenden und krümmen mochte, um ihm auszuweichen, blieb er ihm doch beständig zur Seite. Und obwohl er bei dem ungewohnten Hin und Herspringen ein wenig außer Atem geriet, verstattete er sich währenddem keinen Augenblick des Stillschweigens. O du Ausgeburt aller Scheußlichkeiten" schrie er, willst du mich jetzt gleich hinunterschlucken! Meinst du, daß ich gekommen bin, um dir eine Bredigt zu halten? Oder glaubst du, es möchte dir nüßen, wenn du mich am Leben läßt? Nicht eine halbe Qual, gar nicht zu reden von einer ganzen, fell dir deshalb erlaffen sein. Aber ich weiß ja, du Höllenaas, daß es nur deine teuffische Bosheit ist, die meinen Eintritt in das Reich, wo eitel Wonne und Frohloden ist, verzögern will.
Noch schlimmer steht es in der Beziehung mit der blauen Kohle, der Windkraft. Ihre Energie schwankt noch viel mehr als die der Windräder auf 200 Meter hohen Türmen aufstellt und die von ihm cusgedachte, sehr geistreiche Regulierung anwendet, wird es kaum gelingen, eine gleichmäßige Stromerzeugung zu erzielen Auch hier muß das Dampfkraftwerk, das jederzeit so viel elektrische Energie erzeugt als gebraucht wird, als Reserve da sein, und die riesigen Türme sind auch alles andere als billig. Diese Kosten für Abschreibung und Berzinsung der cufgewendeten Kapitalien, der fogenannte Kapitaldienst, belasten die Stromerzeugung aus Windfraft noch viel mehr als die aus Wasserkraft und lassen ihre Zufunft als nicht sehr viel versprechend erscheinen. Unser größter Schah ist und bleibt eben die schwarze und braune Kohle, und die Aufgabe von Technik und Wissenschaft muß es sein, sie immer besser auszunügen und nichts von ihren wertvollen Bestandteilen verloren gehen zu lassen.
400 Jahre Kofain. Die Kofainseuche ist nach dem Weltkriege in allen Kulturzentren, nicht nur bei uns, sondern nicht minder start in Amerika und Frankreich als ein Baster hervorgetreten, das die erschlafften Nerven aufpeitschen sollte. Damit lebt eine Form der Selbstvergiftung wieder auf, die vor vielen Hunderten von Jahren in der Heimat der Rofapflanze üblich war und längst abgetan schien. Die beiden Gelehrten T. Joel und F. Fränkel, die ein Wert über den Kotainismus veröffentlicht haben, nennen diese Erscheinung in der Geschichte der Genußgifte wohl einzigartig". Es ist fast 400 Jahre her, daß Abendländer die wundersamen Wirkungen dieses Rauschgiftes zuerst kennen lernten. Der spanische Eroberer Pizarro wurde 1532 in Südamerika mit dem Strauch Enthropylon coca bekannt, dessen Blätter von den Eingeborenen allgemein gebaut und verehrt wurden. Der Strauch wurde als ein Geschent der Götter gepriesen, und man fagte von ihm, daß er die Hungrigen sättige, den Müden neue Kräfte verleihe und die Unglücklichen ihren Kummer vergessen lasse. Mit Rota im Munde brachte man den Göttern die Opfer dar, verrichtete die Gebete, gab sie den Toten mit ins Grab und verbrannte der Gottheit zu Ehren die wundertätigen Blätter.
Die Pflanze blieb dann lange unbeachtet, bis 1855 Gädte aus ihr das Kotain isolierte und es 1860 in dem Göttingenschen Laboratorium von Wöhler rein gewonnen wurde. Alerander von Humboldt hatte, in der Schilderung seiner füdamerikanischen Reifen zuerst wieder auf die Pflanze hingewiesen, und sie wurde 1864 von Loffen genauer umtersucht. Die Gefährlichkeit des Kotains war aber schon vor mehreren Jahrhunderten festgestellt worden, und in der Heilkunde hat man es durch die weit weniger giftigen Präparate Novotain und in neuester Zeit Tutokain und Pfitain ersetzt. Der Rofaverbrauch ist noch heute in Südamerika sehr groß; in Peru und Bolivien sollen jährlich allein etwa 16 Millionen Kilogramm der Blätter genossen werden. Die Folgen des Kofa- Kauens zeigen fich in förperlichem Berfall, in glanzlosen Augen, in stumpfem Gesichtsausdrud, in verworrenem Wesen, und nicht selten stellt sich zuletzt Verblödung ein. Die durch das Rotain ausgelösten Visionen hat Tschudi beschrieben; fie zeigen sich in unbeschreiblich schönen und monnigen Gestalten, bath aber in grauenhaften Bildern". Die Berbreitung der Seuche in Europa wurde gefördert durch die Verbindung mit dem Morphinis. mus und durch die besondere Art des Genusses in der„ Prise", dem Schnupfen. Neuerdings hat man Kotain auch bei Rennpferden ver mendet, um ihre Leistungsfähigkeit dadurch vorübergehend fünftlich zu Steigern. Während die medizinische Berwendung des Rofains dauernd zurückgeht, ist der Verbrauch zu Genußzweden sehr gestiegen.
Eine Fastnachtsfeier ohne Männer. Im aften württembergischen Babergau, der Gegend um Brackenheim , gab es im Mittelalter ein eigenartiges Fastnachtsvergnügen. Die Frauen feierten nämlich ihre Fastnacht allein, und außer dem Schultheis durfte tein Mann daran teilnehmen. Auch diese einzige männliche Standesperson durfte nicht mitfeiern, sondern mußte bei den großen Festmählern als Schenk und Aufwärter tätig sein. Gleichwohl soll es, wie die Chronik meldet, bei den Beiberzechen" immer sehr fidel zugegangen sein, allerdings auch sehr derb.
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Auf! Deffne dein schäbiges Maul, daß es mir zum himmlischen Nachen werde!"
Das Tier aber tat feineswegs, wie ihm geheißen wurde. Als es fah, daß es dem Pater doch nicht entkommen fönnte, duckte es sich auf den Boden und schloß seinen Rachen so fest, daß auch nicht eine Stecknadel, geschweige denn ein ziemlich beleibter Bater hätte ein. dringen fönnen. Dadurch aber wurde deffen Zorn nur besto stärker entfacht, und er ließ fein Mittel unversucht, das Tier zur But zu reizen, damit es endlich seine Pflicht täte und ihn auffräße. Während er es so mit Schimpfworten und Fußiritten angriff, melch letztere das Tier freilich durch seine dice Hornhaut hindurch nicht verspürte, geschah es, daß Gott ihn an Stelle seines viehischen kaum verständlichen Gegrunzes die Gabe der vernünftigen Rede verlieh. Es schob also feine Kimmladen um ein weniges voneinander und sprach, so fanft es vermochte:„ Warum scheltet Ihr mich, ehrwürdiger Herr? Allerdings habe ich einige Eurer Art zu mir genommen, aber wißt Ihr nicht, daß dies nicht aus meinem Willen erfolgte, sondern um einem Bedürfnisse der Natur zu genügen? Warum sollte ich also für etwas so graufam gestraft werden, das zu ändern doch nicht in meiner Macht steht? Wenn Ihr mich aber mit anderem Unterhalt versorgt, will ich in Zukunft gern vom Genuß menschlicher Nahrung laffen, zu dem mich doch nur die schiere Not getrieben, und dessen ich zur Erhaltung meines Leibes bedarf, der mir, was Euch nicht verdrießen möge, genau so vom Schöpfer bestimmt und zugeteilt wurde, wie Euch der Eurige.
Der Vater war nicht im geringsten verwundert, als er das Tier so verständig sprechen hörte. Da sieh mir einer an!" rief er und stieß ein lautes Gelächter aus." O du Bater aller Lügenpropheten, denkst du, ich fennte deine Stimme nicht und ließe mich von dir übertölpen, wie du Eva übertölpelt haft. Aber an mir sollen dcine Ränke und Schliche zuschanden werden. Glaubst wohl, ich vermöchte auf deine argliftigen Fragen nicht zu antworten?! So will ich dir zum ersten sagen, daß es dir übel ansteht, dich mit mir zu vergleichen, der ich nach dem Ebenbild Gottes geschaffen bin, während du schon im Aeußern alle Zeichen deiner höllischen Herkunft an dir trägst. Siehst du etwa Krallen an mir oder Schuppen oder ein so unge fchlachtes Maul wie das deine? Wiffe, daß, was vom Himmel stammt, ist Tieblich anzuschauen, was aber dem feurigen Abgrund entstiegen, ist geformt nach der Gestalt deines Meisters, so der Teufel ist, und ist dir die Berwandtschaft mit ihm aufgeprägt und fannst fie nimmer verleugnen. Und sage ich dir zum zweiten, was die Nahrung angeht: daß Gott dem Menschen die Tiere zur Speise bestimmt hat für das unvernünftige Vieh aber die Pflanzen, Gräfer und Kräuter, die überall um dich herum wachsen. Und nennt man die Tiere, die sich nicht daran genügen lassen, gemeine Bestien, und ist dem Menschen verstattet, sie zu befriegen, zu töten und auszutilgen. Ist also ein frecher, unflätiger Uebermut von deinesgleichen, nach Nahrung zu begehren, die nur dem Menschen ansteht, und sollst du dafür zu Recht durch alle Ewigkeit geschmort, gezmidt, zerschnitten, zerquetscht, zerfägt und gepeiniget werden, und sind dies fürwahr nur die leichtesten Marbern, die dich erwarten!" Und da der Bater Loquatius auf dem Gebiete des höllischen Justizwesens besonders gut beschlagen war, gedachte er dem Tiere feine feltenen Kenntnisse nicht porzuenthalten und setzte ihm mit genauer Beschreibung der Qualen, die es fünftig erleiden sollte, dermaßen zu, daß es im Innersten zertnirscht wurde und endlich in reichliche Tränen ausbrach. ( Fortsetzung folgt.)