Sonnabend
28. Februar 1925
Unterhaltung und Wissen
Wie Götter entstehen.
Bon B. Traven.
Auf dem amerikanischen Kontinent gab es ursprünglich weder Pferde, noch Efel, noch Kamele. Alle Pferde und Efel und deren Kreuzung, das Maultier, sind Einwanderer oder deren Abstammung mie alle Weißen, die in Amerika leben.
Als der Spanier Hermando Cortés Merito eroberte, waren es die Feuerwaffen, die der lächerlich kleinen spanischen Armee über die Merikaner, die drei Millionen geübte Krieger ins Feld schicken fonnten, einen erheblichen Borteil sicherten. Aber an die Feuer waffen gewöhnten fich die Megitaner bald, und sie griffen die Kanonen und die Arquebusier bald mit der gleichen Todesverachtung an wie die übrigen Fußsoldaten.
Woran sich aber die Merikaner nie gewöhnen fonnten, das maren die Reiter. Bo die Reiter mit ihren langen Lanzen erSchienen, war der Sieg entschieden. Die Kavallerie, anfangs nur sechzehn Pferde start, später etwa hundert, war der Schrecken der Indianer. Die Reiter wurden als Centauren betrachtet, als überirdische Wesen, halb Tier, halb Mensch. Dieser Eindruck wurde 1och vertieft durch die phantastische Ausrüstung des Reiters im Mittelalter, wo das Pferd ebenso schwer gepanzert war wie der Mann, der darauf saß. Bon dem Körper des Pferdes sahen die Eingeborenen nur die Füße, die alles erbarmungslos niedertrampelten, was sich ihnen in den Weg stellte, und die Augen, die unter der Banzerung gespenstisch groß erschienen. Die Reiter wurden als ein einziges Wesen betrachtet.
Alls nach den ersten Rämpfen ein Reiter gefallen war, trug Certés eifrigst Sorge, den Körper des Pferdes so völlig zu vernichten, daß feine Spur von ihm entdeckt werden fonnte, um die Indianer in ihrem Aberglauben zu erhalten.
Viel später erst, als einige Reiter tot und sogar lebend in die Hände der Indianer gefallen waren, fanden sie das Geheimnis heraus. Bon diesem Augenblic an griffen die tapferen Berteidiger ihres Landes die Reiter ebenso mutig an wie die ubrigen Soldaten. In einem Nahkampf in den Straßen von Merito- Stadt verfor Cortés etwa vierzig Pferde und deren Reiter. Doch der höheren Seriegskunst der Spanier, der Fähigkeit der spanischen Offiziere, thre fleine Schar geschickt zu verteilen, waren die Megitaner auf bie Dauer natürlich nicht gewachsen.
Drei Jahre nach der Eroberung Meritos unternahm Cortés eine Expedition nach Honduras , die nicht durch Kämpfe, wohl aber burch die Natur des Landes für Cortés erfolglos, beinahe mit einer Katastrophe endete.
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Im Berlaufe dieser Expedition fam Cortés zu dem großen Petensee- im Norden Guatemalas - dessen Ufer und Inseln von Indianern bewohnt wurden, die den Weißen mit großer Gastfreundlichkeit begegneten und die ermüdete, halb verhungerte und ver burstete zusammenbrechende Armee wieder auf die Beine halfen.
Diese freundlichen Indianer, mit Hosenknöpfen, Stecknadeln und Glasperlchen willig gemacht, hörten mit Hilfe eines weiblichen Dolmetschers sich die Predigten der beiden Mönche, die Cortés beglei teten, geduldig an. Und da fie in ihrer Höflichkeit und Hilfsbereit. schaft sich nicht genug tun tonnten, die Fremden in guter Laune zu erhalten, milligten sie ein, sich alle taufen zu lassen, was gruppenmeise in einem Tage erfolgte.
Welchen Wert eine derartige Heidenbelehrung hatte, sollte bald flar werden.
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trachteten die Indianer als Zeichen großen innerlichen Behagens und Wohlgefallens.
Daraufhin bereiteten sie ein umfangreiches, sorgfältig mit Baprila hergerichtetes und großartig mit Blumen geschmüdies Mahl aus gebretenen Truthühnern und feßten es dem Pferde vor. Denn gebratene Truthühner waren bei den alten Merifonern das Mahl für Krante.
Was für ein herrliches, durch feinerlei Arbeit und Sorgen getrübtes Götterleben hätte das Pferdchen hier bei den freundinnen Indianern führen können, wenn es nur das Wort Gras oder Liais
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Gesinnungstüchtig.
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off sei bei uns
Levy wience riafrat?" Wie machen Sie eigentlich rote Grüße, Frau KonsistoUeberhaupt nicht, wir find doch deutschnafional!*
aus.
hätte aussprechen fönnen oder wenn man es hätte auf den Prärien Let umtumn.elu laffen. Aber bet dieser Soft, die einen Menschen neidisch machen tönnte, wurde das gute Rößlein schmäher und hauchte fein schönes Dasein Der Kummer bei den Indianern über ben Unglücksfall, der fie tetrofer hatte war groß. Weil sie aber nun auch noch die Rache bes göttlichen Geschöpfes fürchteten für irgendeine Unterlassungs fünde, die sie in ihrer Unschuld unbeabsichtigt begangen haben mochten, beeilten fie fih, bas Ebenbild des Pferdes in Stein aus
Der Aufenthalt der Spanier dauerte nur wenige Tage, da in diefer Gegend unter den Eingeborenen, die sich rechtschaffen von Fischerei und primitivem Aderbau ernährten, weder Gold und Gilber, noch sonstige Bertgegenstände, auf die es die Spanier abzubauen und in ihrem Tempel aufzustellen. gesehen hatten, zu finden waren.
Cortés, um seine Dankbarkeit zu beweisen, ließ den Indianern cin Pferd zurüd, das für ihn nuglos geworden war, weil es sich den Fuß verlegt hatte.
Was aber der schlaue Cortés den Jbianern nicht zurückließ, das war eine Anweisung, wie das Pferd gefüttert werden muß. Gras und Mais war in Fülle vorhanden, aber die Indianer machten feinen Bersuch, dem edlen, hochgeachteten Wesen eine fo ermjelige bäurische Nahrung anzubieten oder gar das Pferd frei laufen zu lassen und ihm die Schmach anzutun, sich seine Nahrung felbft suchen zu lassen. Das Halten von Haustieren war bei den Merikanern unbekannt.
Als die Spanier abgezogen waren, boten die Indianer dem Pferde ganze Berge der ihönsten Blumen an, die nur aufzufinden waren. Das brave Pferd beschnüffelte die prachtvollen Blumenopfer, wicherte, schüttelte seine Mähne, und diese Aeußerungen be
Die schwebende Jungfrau.
Eine Groteske von Ernst Hoferichter .
Dem Studenten der Philosophie Felig Bölfl fiel eines Morgens während des Einseifens seiner Unterlippe der Rafierpinsel auf das Fensterbrett von Elisabeth Schwan, die alle schaumigen Dinge bis ins bewußtloſe liebte und den Umstand erfaßte, durch den feifigen Pinsel hindurch feelische Regungen in Felig' Herz strahlen zu laffen.
So lernten fie fich bald näher kennen. Felig zeigte ihr als Reitquium ein von Wilhelm Wundt persönlich benuttes Trambahnbillett, bas noch zu einmaligen Umsteigen auf der Leipziger Pferdebahn berechtigte. Als Berehrer der experimentellen Psychologie bewahrte er es dauernd zwischen dem Sprungdeckel seiner Firmungsuhr auf. Elisabeth warf ihm jeden Abend eine Schaumrolle in den Brieffasten, die er wie eine Rofe zwischen den Seiten seines Kollegheftes preßte
Wo er nur immer ging und stand, sah er ihren Wufcheikopf wie einen Luftballon vor sich herschweben.
Ihre Augen hatten den Glanz überregneter Würfelfohlen. Die Haare hingen ihr als Fransen eines Sofatisfens lackschwarz über die
Stirn.
Wie ein Rarussellpony mit Schellenflingel sah sie aus! Und so eft während des Kollegs draußen ein Radfahrer vorbeiläutete, mußte er an sie denken. So wurde Elisabeth Klim- Bim" genannt Gestern war sie achtzehn alt. Ihr Geburtstag fiel mit der Eroberung Port Arthurs zusammen.
Sie gingen in den Nymphenburger Bart und fütterten die Schwäne mit Waffelbruch und Zigarettenstummeln.
Abends aßen sie auf ihrem Gasherd aufgewärmte Anguilotti mit Kunsthonig... Dann polierten fie fich gegenseitig die Finger nagel zu Hochglanz auf.
Auf dem Nachtkästchen lag ber 113. Band der Erzentrit- Serie: Die Frau ohne Mittwoch... Sie fang ihm daraus das erfte Rapitel als Arie vor.
Felix wurde begeistert: Klim- Bim, du bist die geborene Primabenna...! Die Theaterdirettoren werden sich einmal um dich pleite telegraphieren...!"
Und schon am folgenden Tag fprach fie mit einem Gefangs pabagogen. Er orgelte ihr zu: Ja, ja, ich mach das schon mit
Im Jahre 1618, nicht volle hundert Jahre später, tamen zwei anziskanermönche in jene Gegend, um das Evangelium zu Der änden In der Zwischenzeit war dieser Landstrich nicht wieder von Weißen besucht worden.
Man fann sich wohl das Erstaunen der beiden Mönche vor ftellen, als sie im Tempel das von Cortés errichtete Kreuz vorfanden und vor dem Kreuz das steinerne Pferd aufgestellt sahen, das von den Gläubigen als der Gott des Donners und des Blizes angebetet wurde. Es mag bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen werden, daß bei den alten Megitanern, lange Jahrhunderte bevor der erste Weiße das Land betrat, das Kreuz wie bei den alten Aegyptern der frühen Dynastien ein religiöses Symbol war, das der Anbetung gewürdigt wurde. Wie manche Götter mögen in ähnlicher Weise entstanden fein wie dieser Donnergott?
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Bellage des Vorwärts
Eine Stadt aus Alabaster. Die türkische Stadt Mosul lebt in unserer Sprache in dem Wort Musseline, denn dieses feine ortenialische Gewebe, das hauptsächlich in Mosul hergestellt wurde, ist zuerst von dort ins Abendland eingeführt worden. Heute arbeiten die Weber von Mosul nicht mehr so feine Ware, aber die Stadt hat durch das Wiedererwachen der Türkei und durch die Neuordnung der Grenzen im mittleren Osten eine gewisse Bedeutung erlangt und zeigt ein reges Leben. Hier ist ein Sammelplatz aller Sprachen und Glaubensbekenntnisse. Die größte Zahl der Bevölkerung hängt dem Islam an und besteht aus Arabern, zum Teil auch aus Kurden. Dagegen gibt es feine Türfen. Die Minderzahl besteht aus Juden und verschiedenen christlichen Seften. Das Eigenartigste an Mosul ist aber seine Bauart, sowohl was den Stil als den Baustoff anbetrifft. Die Architektur weist auf die uralten Formen der Assyrier zurück, die vor Jahrtausenden hier ihre Paläste gebaut haben, und der besondere Schmuck der Bauten besteht in der überreichen Verwendung von Alabaster.
Von dieser Stadt aus Alabaster" erzählt H. C. Lute in der „ Times"." Mosul hat eine Reinlichkeit, wie sie nur wenige Städte des Oftens befizen", schreibt er. Die älteren Biertel sind in ihrem Charakter nicht orientalisch, sondern assyrisch, und selbst die neuesten Anlagen. selbst die Hauptverkehrsader, die Ninive- Straße, mit ihren Raffeehäusern und Basaren bewahrt die Eigentümlichkeiten dieser Bauart. Jedes Minarett der vielen Moscheen hat eine besondere Drehung nach der einen oder anderen Seite, und die große Maschec hat sogar zwei verschiedene Drehungen. Die Häuser von Mosul haben weder einen türkischen, noch einen arabischen Stil, sondern sie halten in ihrer Anlage an jenen Urformen feft, wie sie bereits die Bauten der alten Assyrier zeigten. Die Häuser find fast ohne Ausnahme um einen Horraum herumgebaut, der von Bogengängen umgeben ist, die wieder von Alabasterpfeilern getragen werden. Diese schönen Höfe erinnern ein wenig an die Anlagen der italienschen Renaissance. Der Boden ist mit Alabaster gepflastert, und die inneren Wände der Höfe find mit reichgeschmücktem Alabaster getäfelt. In den reicheren Häusern nimmt die Mitte des Hofes ein Springbrunnen ein. Die Simmer find groß und luftig und haben diefelbe Form, die man vor 3000 Jahren gehabt. Auch die Anlage der Borhalle stimmt mit den Baumerten des alten Assyrien überein. Die Ausgrabungen von Ninive , von Nimrud und Khorsabad haben eine Hausform enthüllt, die man in Mosul bis auf die Gegenwart bewahrte. Und überall findet man den fostbaren Alabaster, besonders an den reichgeschmückten Portalen, und an den Ufern des Tigris gibt es Bauten mit anmutigen Alabasterloggien.
We Goethe Honorar forderte. Im Goethe- Ralender für das Jahr 1925 plaudert der Schriftsteller Frig Hinrich in fesselnder Weise über Goethes Beziehungen zu verschiedenen Berlegern. Die Berleger hatten es nicht leicht mit dem Großen von Weimar , denn er war in geschäftlichen Dingen ein etwas schwieriger" Herr, der feinen Borteil wohl zu wahren wußte( was man ihm natürlich nicht verübeln fann) und in Unterhandlungen um geldliche Angelegenheiten einen Schuß Bedanterie hineintrug. Einmal geschah folgendes: Der Buchhändler Friedrich Bieweg in Berlin ( später Braunschweig ) bat den Dichter um einen Kalenderbeitrag, und Goethe bot ihm das epische Gedicht Hermann und Dorothea " zum Berlag an. Der Oberkonsistorialrat Karl Auguft Böttiger spielte die Rolle des ehrlichen Maflers zwischen den beiden Kontrahenten. Ihm übergab denn auch Goethe die eigenartige Formulierung der Honorarforde rung, die er fich ausgedacht hatte. In einem vom 16. Januar 1797 datierten Brief an Vieweg heißt es: Ich bin geneigt, Herrn Bieweg in Berlin ein episches Gedicht Hermann und Dorothea , das ohngefähr 2000 Serameter start sein wird, zum Berlag zu überlassen. Und zwar dergestalt, daß solches den Inhalt feines Almanachs auf 1798 aus. mache und daß ich nach Verlauf von zwei Jahren allenfalls dasfelbe in meinen Schriften wieder aufführen könne. Was das honorar betrifft, so stelle ich Herrn Obertonsistorialrat Böttiger ein versiegeltes Billett zu, worin meine Forderung enthalten ist, und erwarte, was Herr Biemeg mir für meine Arbeit anbieten zu können glaubt. Ift sein Anerbieten geringer als meine Forderung, so nehme ich meinen verfiegelten Bettel uneröffnet zurück und die Negotiation zerschlägt sich, ist es höher, so verlange ich nicht mehr als in dem alsdann von Herrn Obertonfiftoriafrat zu eröffnenden Zettel verzeichnet ist. Das Billett", das Böttiger verfchloffen empfing, hatte folgenden Wortlaut:„ Für das epische Gedicht Hermann und Doro thea verlange ich Eintausend Taler in Golde." Weimar , den 16. Januar 1797. Goethe. Merkwürdigerweise traf Biewegs Gebot genau mit Goethes Forderung zusammen, so daß die Negotiation" fich nicht zu zerschlagen brauchte. Vielleicht hat aber Böttiger der von Goethes Forderung wahrscheinlich unterrichtet war, bei Bieweg ein bißchen nachgeholfen und als deus ex machina" alles zu gedeihlichem Ende geführt.
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Ihrem Kehltopf, in dem ein ganzes Bergwerk von fabelhaften Lönen| ihr die Knöpfchen, bis auf eins, ans rosige Licht der Treppenlampen deponiert liegt!"
Und Klim- Bin ging jeden Tag zuerst einmal, dann zweimal zu ihm zur Stunde. Er lobte: Um Sie ist mir nicht bange.! Aus jedem Aftloch sieht Ihnen ein Engagement entgegen Sie gehen mir weg wie eine warme Semmel." Dazu streichelte er ihren Rehltopf wie einen halbechten Angorafater.
Bon jetzt ab durchübte sie alle Tage und Nächte mit Tonleitern. Immer höher wollte sie. Felig aber sagte nur vor sich hin: Rein, höher geht's nimmer...! So oft fie an einem Turm hinauf sah, in einem Lift fuhr oder ein Treppenhaus erstieg, geschah es, daß fie zuvor diese Höhen mit ihren Tonleitern sich erflomm.
Ueber ihrem Bett, wo sonst die Morgenstunde" hing, ließ sie fich ein Telephon annageln. Sie übte jetzt mit ihrem Lehrer wäh rend der Nächte durch den Draht hindurch. Das Umſtedfräulein an der Telephonzentrale hörte sie jedesmal um Mitternacht zweiftimmig: Bald graf' ich am Neckar ..." fingen.
Nach einem halben Jahre hatte sich ihr Bankdepot durch die vielen Gesangshonorare bis auf den letzten Pfennig erschöpft. Daran anschließend erklärte ihr großer Lehrer auch ihre Stimme für verjandet.
Ihre Tone find, so merte ich jetzt, ohne Zweifel im Unterleib verwachsen und nicht hochzufriegen...!"
Klim- Bim drehte ihre Augäpfel nach innen und fah in fich. Bielleicht, daß fich doch noch etwas heben ließe?" Aber nicht einmal die Ueberreste eines Mittagsmahles waren mehr vorhanden. Ihr ganzes Besitztum bildete ein halbes Dugend Kragenknöpfchen und eine lädierte Rabattmarte. Gasherd und Telephon waren schon längst abgeschraubt und fortgetragen... Bon aller lebung und allem Aufwand blieb in ihr nur mehr die Erinnerung an die Telephonnummer. Denn fie bestand in ihrem ersten Teile aus Felig Kragenweite und im übrigen Reste aus der Regierungszeit Karls des Großen, der einst im Töchterschulzimmer leinwandauf gezogen über dem Spudnapf hing..
In dieser Verfassung verschluckte ste, duf dem Fußabstreifer fitzend, ihr halbes Dugend Kragenknöpfe und wollte daraufhin ihre Seele durch das Schlüsselloch aushauchen als Felig mit Kants Reiner Bernunft" die Treppe herauf fam.
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Klim- Bim deutete auf ihre Nabelgegend wie auf einen Ort im Atlas mit weniger als fünfhundert Einwohnern- Felix zog sogleich den legten Faden aus seinem Winterüberzieher, drehte daraus eine und zog Echlinge, warf sie als Laffo in ihre Magengegend hinab- und zog
empor.
Klim- Bim war gerettet. Ein neues Leben floß in ihr, wie die Nebenflüsse links und rechts der Donau , zu einer wohligen Ueberschwemmung zusammen.
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Mit dem in ihrem Innern liegengebliebenen Kragenknöpfchen fnüpfte sie sich ein für allemal den Magen zu und lebte nunmehr von Felig fristete sein Leben durch Blatos„ Gastmahl der Liebe" ihren Haarausfall, aus dem er Uhrtetten flocht und Binsel band. Und von Tag zu Tag verflüchtete fich ihr Dafein immer mehr zu Gifesregionen. An den mit Zeitungspapier verflebten Winterfenstern blühten Ideale auf... Lilienstengel und Brennesselstauden! Sie lebte vom Luftzug im Ofenrohr, schlief auf Bettstellen, die an die Wand gemalt waren und Felix deckte sie mit den Neuesten Nachrichten zu
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Begleitmusit das Ausgußrohr aufrieb. Und zum Tropfen der WasserNebenbei gab fie jezt selbst Gesangsunterricht, wozu fie als leitung übten fie...
Klim- Bim wurde durch diese ideale Lebensweise mit jebem Tage freier und leichter. Immer mehr verging ihr Leibliches vor der sich aufblähenden Idee ihres besseren Ichs, von der Felir behauptete, daß fie allein zum Leben genüge und einem alles Jrdische leicht mache, wie sonst nichts in der Welt.
Wie eine Hyazinthenzwiebel hatte er ihr diese Erkenntnis ein gepflanzt...!
Nach neun Monaten war fie so weit, daß fie all ihr Fleischliches vergeffen hatte und leicht wie ein halbgefüllter Jahrmarktluftballon über den Fußboden hinschwebte. Er band sie an einen Bindfaden und brachte sie jeden Abend in ein Barieté, wo sie als„ Die schwebende Jungfrau" ein tausendföpfiges Publikum in schweißtriefendes Erstaunen versezte. Kein Mensch fand dieses Rätsels Lösung...!
Bis eines Nachts ihre Leiche eine solche Bugtraft nach oben erreichte, daß der Bindfaden riß- und fie durch eine Lücke am Schnürboden entschwebte. Ins Imaginäre.. J
Felig sah sich um sein ganzes Weltenglück betrogen. Bas find Ideale?" dachte er, griff in seine asthmatische Brust und riß alle noch vorhandenen bis auf den letzten Fetzen aus und warf sie wie eine Mursthaut in den Papierforb.
Mit der übriggebliebenen lädierten Rabattmarte, Klim- Bims einziger Hinterlassenschaft, verklebte er sich die wunden Stellen feines Herzens- und vertaufte bis zu seinem Tode in der Schillerstraße alte Hosen...