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Kußmann auf Reisen.

Eine toftspielige Jagd nach Glüd.

Bei der Staatsanwaltschaft, die die Sache Barmat be­handelt, ist der Hauptmatador ein junger Staatsanwaltsaffessor namens Rußmann, der sich durch sein forsches Vorgehen gegen die Barmats große moralische Verdienste um die deutschnationale Bresse erworben hat und dauernd bemüht ist, ein weiteres zu tun. Wie der Sozialdemokratische Pressedienst" erfährt, reist Assessor Kußmann seit Wochen buchstäblich durch ganz Europa in Be gleitung eines jungen Kriminalbeamten und eines Chauffeurs. Denn ohne Auto geht die Schose nicht. Vor einer Woche tauchte das Dienstauto Kußmanns mit den besagten Infassen in Amsterdam auf. Der Chauffeur plauderte aus, daß die Herren schon in Wien , in der Tschechoslowakei , in Rumänien und in Italien gewesen sind. Von dort seien sie über Düsseldorf nach Holland gefahren. Sie be­suchten Amsterdam , den Haag und Rotterdam . Dort suchten sie zu­nächst denjenigen Angestellten der Barmatschen Amerima", der dem Tannenzapf das entwendete Material ausgehändigt hatte. Aber der Ehrenmann war inzwischen ausgerissen, weil ihm offenbar der holländische Boden zu heiß geworden war. Er hat sich nach London begeben. Assessor Kußmann hat also ein paar holländische Städte auf Kosten der preußischen Steuerzahler fennengelernt, in übrigen war die Hollandreise eine große Niete. Aber schließlich ist London , wenn auch nicht per Auto, so doch mit dem Dampfer zu erreichen. Wie wäre es, wenn die Reichsmarine ein Kriegsschiff für diese Jagd zwecke zur Verfügung stellte?

Der Herr Assessor wollte jedoch anscheinend nicht mit gänzlich

Die ganze Aufmachung des Blatuts läßt diese Tendenz mr allzu| beutlich erkennen. Aber die Urheber dieses Streiches müssen Der dammt schlechte Psychologen sein, um nicht zu erkennen, daß sie damit ihrem Kandidaten den denkbar schlechtesten Dienst leiften: das Schreiben ist nur ehrenvoll für die sozialdemokra tischen Arbeiter Duisburgs , feine plumpe Verwendung vor der Wahl als Stimmungsmache gegen die Sozialdemokratie ist eine Ehrlosigkeit.

Bisher rühmte man Herrn Jarres, auch bei voller Erkenntnis feines politischen Infantilismus, eine gewisse Anständigkeit der Ge­finnung nach. Wenn der Duisburger Oberbürgermeister diesen Ruf verdient, dann müßte er die Niedrigkeit dieses Manövers seiner eigenen Anhänger am ehesten empfinden und von ihnen schleunigst und öffentlich abrüden. Wird er es wagen?

Marx spricht in Köln .

Köln , 24. März.( Eigener Drahtbericht.) Der Präsidentschafts­fandidat des Zentrums, Reichskanzler a. D. Dr. Marg, hielt am Dienstag vor einer geladenen Versammlung in Köln eine Rede, in der er für sozialen Frieden, einen demokratischen, wahren Bolts. staat, die Republik , die schwarzrotgoldene Flagge und für Frieden und Verständigung eintrat. Die Behauptung des schwarzweißroten Kandidaten I arres, er, Mary, habe die Absicht gehabt, das Rhein­land preiszugeben, wies er entschieden zurüd. Die Rede murde mit anhaltendem und lebhaftem Beifall aufgenommen.

scheinen bie Meinungsverschiebenheiten der einzelnen Regierungs. organe recht meit zu gehen. Im Schoße der Regierung bestehen bekanntlich die verschiedensten Zollabfichten. Man fürchtet jedoch zuviel böses Blut zu machen, wenn man in der Zollfrage zunächst einmal durch die von den Interessenten dringend geforderte ,, Kleine Zollvorlage" eine einheitliche Plattform für die Verhand­lungsführung schafft. Aus Angst, die Deutschnationalen zu per­ärgern, wenn man mit der fleinen Zollvorlage nicht sofort Ge treideschutzölle verbindet, oder den Rechtsblod vor ben Berbrauchermassen bloßzustellen, wenn man jetzt den Brot much er offen proflamiert, hält die Regierung ihre Borlage zurüd. Die unhaltbaren Zustände, die dadurch in den verschiedenen Re gierungsrefforts eingetreten sind, werden durch die Einlegung dieses Ausschusses höchstens verkleinert, jedenfalls nicht beseitigt. Daß man nun wieder ein ,, Kabinett innerhalb des Kabinetts" schaffen mußte, das dokumentiert nur aufs neue die handelspolitische 11 n fähigteit einer Regierung, die sich auf die Deutschnatio der Deutschnationalen Partei, besonders der Reichslandbund, jede nalen stützt. Lehnen doch bekanntlich große Gruppen innerhalb attive Handelspolitik ab.

Die Geiseln für Skoblewski.

Dem Gerichtshof übergeben. Mostan, 23. März.( WEB.) Auf Anordnung des Zentralegefufiofomitees der Sowjetunion ist die Angelegenheit der drei deutschen Studenten, Kindermann, Wolfcht und Dit. maringen zur weiteren Erledigung dem Obersten Ge

leeren Händen Holland verlassen und so suchte er seine Swede auf Vorbereitung der Wirtschaftsverhandlungen. rightshof übergeben worden.

anderem Wege zu erreichen. Die holländische Polizei lehnte es zwar ab, fich offiziell an seinen Operationen zu beteiligen, gab ihm jedoch aus Gründen der internationalen Cour toisie" einen jungen Inspektor als Dolmetscher bei. Wahrschein lich auch als Beobachter. Nun tauchte eines Tages die polizei­liche Gesellschaft im Städtchen Hilversum auf. Das Auto fuhr am Hause eines Angestellten der Amerima" vor und der Herr Affeffor war so freigebig, diesen ihm gänzlich unbekannten Herrn sofort zum Effen einzuladen. Auf die paar Gulden mehr oder weniger fommt es bei einer Untersuchung, deren Kosten bereits in die Hundert taufende gehen, nicht an. Immerhin, der Angestellte lehnte die Ein ladung ab. Daraufhin versuchte der deutsche Assessor auf holländi. schem Boden, zum Teil unter Drohungen mit Zwangsmitteln der holländischen Justiz, den Angestellten zu verhören und siehe da: es stellte sich bald heraus, daß die rein geschäftlichen Fragen über Barmat und die Amerima" ihm nicht so sehr am Herzen lagen, wie etwaige politische Klatschgeschichten. Ob der Polizeipräsident Richter in den Bureaus der" Amerima" gesehen worden sei oder Herr Gradnauer? Wer Liebes gabenpafete von Barmat erhalten habe und dergleichen. Schließlich versuchte Herr Kußmann jenem holländischen Staats­bürger auf holländischem Boden noch zu untersagen, von seinem Besuch irgend jemandem etwas zu erzählen.

Am nächsten Tage fuhr das Auto vor dem Stammhaus der Amerima" vor. Es wurde hier von dem zuständigen Leiter empfangen. Jetzt holte Dr. Kußmann zu einem großen Schlage" aus. Er zog die Berliner Börsenzeitung" aus der Tasche und fing an, auf Grund dieses Materials" Fragen zu stellen, die deuifche politische Persönlichkeiten betrafen. Vor allem hätte er zu gern jene Liste der Liebesgabenpafete sich beschafft, die anscheinend seinem Bertrauensmann Tannenzapf zu stehlen nicht ge­lungen war. Aber zu seiner bitteren Enttäuschung mußte er auch dieses Haus mit leeren Händen verlassen, nicht ohne daß er per­fuht hätte, dia leitenden Angestellten zu veranlaffen, zur Haupt­nerhandlung nach Berlin als Zeugen zu kommen. Reife und Aufent­halt würde ihnen selbstredend der preußische Staat vergüten. Die Angelegenheit mag lächerlich erscheinen, hat aber eine sehr erfte Seite. Es ist nom ersten Tage an d. h. beinahe schon vor Prei Monaten die Vermutung aufgetaucht, daß die ganze Attion regen Barmat hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, als ein groß tengelegtes politisches Manöver gegen die Sozialdemo tratie gedacht mar. Dugende, ja Hunderte von Einzelheiten haben drese Bermutung allmählich zu einer Gewißheit verdichtet. Als die unerhörte Verhaftung Werthauers erfolgte, die sofort als ein Ablenkungsmanöver von dem zunehmenden Fiasto der Staats­anwaltschaft erkennbar wurde, da schrieb ein Berliner Blatt von dem deutschvolfischen Herrn Kußmann. Dieser Behauptung ist niemals widersprochen worden. Nach der ganzen Art des Auf­tretcus Kußmanns, vor allem nach der Tendenz seiner Fragen scheint es flar, daß hier politische Momente ausschlaggebend find. Kußmanns Reisen sind eine kostspielige Sache. Der 29. März fann die Abrechnung bringen.

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Kleine Koalition in Hessen . Genoffe Ulrich wieder Staatspräfident. Darmstadt , 24. März.( Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag trat der hessische Landtag zur Wahl des Staatspräsidenten zufammen. Auf dem Platze des bisherigen Staatspräsidenten Ge­noffen Karl Ulrich lag ein Blumenftrauß, der an die vierzig­jährige Zugehörigkeit Ulrichs zum heffischen Parlament erinnerte. Aus der Wahl ging Ulrich wieder hervor. Er vereinigte die Stimmen des Zentrums, der Demokraten und Sozial demokraten auf fich. Staatspräsident Ulrich nahm die Wahl an und berief seine bisherigen Mitarbeiter wieder zu Ministern. Un­befest bleibt vorläufig das Justizminisferium, dessen Verwaltung bis zur Ernennung eines Ministers durch den Innenminister erfolgt. Die Rechtsparteien sagten der Regierung schärfften Kampf an und erklärten, daß sie mit allen Mitteln auf eine Auflösung des Land­fages hinarbeiten werden.

Ein schmutziges Wahlmanöver. Es wird sich aber gegen seine Urheber richten. Wie wir von zuverlässiger Seite hören, planen die Jarres­Knappen für die letzten Tage vor der Wahl ein Manöver, das für die Niedrigkeit ihrer Gesinnung fennzeichnend ist. Sie wollen ein Blafat verbreiten unter der Ueberschrift: Sozialdemokratische Gewerkschaften für Jatres." Es handelt sich um den Abbrud eines Protestschreibens, das sämtliche Wirtschaftsorganisationen Duis burgs einschließlich des Ortsfartells des ADGB . und des 2. D. an den kommandierenden General der Besatzungstruppen am 30. Januar 1923 richteten, um gegen die Ausweisung des Oberbürgermeisters Jarres Einspruch zu erheben und sich mit ihm solidarisch zu erklären. Das Schreiben legt nur ein neues Zeugnis ab für die wahre nationale Gesinnung der sozialdemokratischen Arbeiterschaft im besetzten Ruhrgebiet , die angesichts des rechtswidrigen Bor gehens der eingedrungenen Franzosen und Belgier über die Partei und Klaffenunterschiede hinweg für die Opfer der militärischen Willfür mutig und selbstlos eintraten.

Beamtenbundes,

Daraus versucht nun der Loebell- Ausschuß parteipolitisches Kapital für Jerres und gegen die Sozialdemokratie zu schlagen!

Man sett einen Ausschuß ein.

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Das Justizverbrechen, das die russische Sowjetregierung von langer Hand inszeniert hat, um sich Austauschobjekte für den in Deutschland gefaßten Sieger von Kronstadt " zu sichern, nimmt seinen auf. Die Regierungsanordnung bekanntlich ist in Rußland die Justiz nicht unabhängig, sondern politisches Instrument der Sowjet­behörden hängt offenbar mit der kürzlich eingetretenen schmeren Belastung Stoblemstis in Leipzig zusammen, dessen ganzes Ber­teidigungssystem auf das Schwerste durch jene Zeugen erschüttert wurde, die seine Anwesenheit in Berlin unter Eid befundet haben, lange vor dem Zeitpunkt, an dem er überhaupt in Deutschland eingetroffen fein wollte.

Die Notwendigkeit, mit mehreren Staaten gleichzeitig Handels­vertragsverhandlungen führen zu müssen, hat es der Regierung zwedmäßig erscheinen lassen, eine besondere interministe rielle Stelle für die Bearbeitung der Handelsverträge zu schaffen. Durch Beschluß der Reichsregierung ist baher, wie amtlich gemeldet wird, aus den Staatssekretären des Auswärtigen Amtes, des Reichsfinanzministeriums, des Reichswirtschaftsministeriums und des Reichsministerums für Ernährung und Landwirtschaft ein Ständiger handelspolitischer Ausschuß beim Auswärtigen Amt " gebildet worden. Dieser Ausschuß ist mit den Kompetenzen ausgestattet, die erforderlich sind, um ein schnelles und reibungsloses Zusammenarbeiten der beteiligten Mini­fterien und der Handelsvertragsdelegationen zu gewährleisten. Er hat besondere Bollmachten für die Borbereitung der Wirt fchaftsverhandlungen, für die Instruierung der deutschen Handels­vertragsdelegationen und für die Entscheidung von Mei­nungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Fach­ministerien erhalten und ist insbesondere beauftragt, bie Einheit lichkeit der Verhandlungsführung bei den verschiedenen gleichzeitig verhandelnden Delegationen sicher zu stellen. Die Staatssekretäre können durch die zuständigen Abteilungsdirektoren vertreten werben..nationalen Realpolitit" werden auch die drei deutschen Studenten, Die Mitglieder des Ausschusses gelten als besonders Beauftragte ihrer Minister. Der Ausschuß erledigt seine Arbeiten nach einer von der Reichsregierung genehmigten Geschäftsordnung. Der Aus schuß hat seine Tätigkeit bereits aufgenommen.

Auf eine energische Intervention der deutschen Regierung ist leider faum zu rechnen. Die deutsche Botschaft in Mostan ist vollkommen in nationalbolfchemistischen Wahnideen befangen. Und auch das hiesige Auswärtige Amt unter Leitung Stresemanns läßt fich alles von sowjetrussischer Seite bieten. hat nicht erst fürzlich Stresemann bei der preußischen Regierung Einspruch gegen eine etwaige Absicht erhoben, den Regierungsdirektor Dr. Weiß zum ftellvertretenden Berliner Polizeipräsidenten zu ernennen. Das wäre gegenüber Sowjetrußland untragbar" Dieser Stresemannschen obwohl offenkundig absolut unschuldig, geopfert werden. Und schließ­lich wird Moskau sein Ziel doch erreichen, den Obertschefiften Stoblemsti- Gorem ebenso auszutauschen, wie einst zwischen Mostau und Horthy - Ungarn politische Gefangene gegen Kriegsgefangene aus­

Wie aus der vorstenden amtlichen Meldung zu entnehmen ist, getauscht wurden.

England und der deutsche Vorschlag.

Unterhausreden Hendersons und Chamberlains.

London , 24. März. Unterhaus.( WTB.) Artur Hender on( Soz.) eröffnete die Debatte über auswärtige Angelegenheiten, indem er bemerkte, als einer der Urheber des Genfer Pro to folls sei er bereit, es zu verteidigen. Er sei ernstlich enttäuscht und beunruhigt über den Lauf der Dinge. Die Wenigen, die an der Abfaffung des Protofolls zur Erhaltung des Weltfriedens beteiligt gewesen seien, hätten ein Recht, zu erwarten, daß es unpartei­ische und leidenschaftslose Erwägung im Barlament finde. Aber die Lage, die geschaffen worden sei, mache die Erörterung des Protokolls, als eine der Fragen der hohen Politik und als eines bedeutsamen Faktors für die Geschicke Europas und der Welt, nahezu unmöglich. Das Protokoll sei sehr mitgenommen, wenn nicht fogar zerstört worden. Bevor das Parlament eine Gelegenheit gehabt habe, die Frage zu erwägen, habe

Chamberlain in Genf den Todesstreich gegen das Protokoll geführt.

Die britische Regierung habe einen sehr ernsten Schritt getan, als fie sich gegen die Politik des Protokolls erklärte und eine Rückkehr zu der in Berruf gefommenen und gefährlichen Politit separatistischer und begrenzter Bündnisse und Bereinbarungen ermutigte. Sender­fon erinnerte baran, daß Bertreter von 47 Nationen beschlossen haben, das Protokoll ihren Regierungen und Böffern anzuempfehlen. Ohne Schiedsspruch fönne es feine Sicherheit geben, und fein Schieds­spruch sei möglich ohne Abrüstung, denn die

Rüstungen vergrößern die Kriegsgefahr in riesigem Ausmaße. Henderson kritisierte dann Chamberlains Genfer Erklärung im ein zelnen. Wie wolle Chamberlains Politik die Abrüstung fördern, und wünsche die Regierung überhaupt abzurüsten? Die große Mehr heit des britischen Boltes sei bereit, bie schiebsgerichtliche Entscheidung internationaler Streitigkeiten zu unterſtügen, gleichviel ob auf Grund des Protokolls oder außerhalb davon. Das Brotofoll fei lediglich eine Ergänzung der Völkerbundsfagung und sei nicht etwa ein neues unabhängiges Instrument. Die Völkerbunds­sagung brauche eine Ergänzung in der Art des Proto folls, wenn sie ihren 3wed erfüllen soll. Henderson wendet sich gegen die Auffassung, daß die britische Flotte nach dem Protokoll von Genf zu einem Werkzeug einer nicht britischen Körperschaft gemacht merden könne. Darüber, was die britische Flotte nach dem Protokoll zu tun angewiesen worden wäre, würde die britische Regierung zu entscheiden haben. Die britische Delegation würde feinerlei ande­ren Bestimmungen beigetreten sein. Er. Henderson, hoffe, Deutsch­ land werde bei der nächsten Bersammlung des Völferbundes be­stimmt als Mitglied aufgenommen werden.

Wenn dem so sei, dann werde Deutschlands Beitritt und nicht ein Deutschland einschließender separater Baft die beste Grundlage für die Sicherheit Europas fein. Es würde eine Kata­Strophe ſein, wenn man Deutschlands Beitritt zum Bölkerbunde von dem Abschluß eines beschränkten Pattes abhängig machen würde. Mit einem Eintritt Deutschlands in den Bölferbund würde es immer flarer sein, daß die Grundsätze des Protokolls das ge­gebene Recht der ganzen Welt sein würden. Er sage voraus, daß bei der nächsten Sizung des Bölkerbundsrates die britischen Ver­treter die Entdeckung machen würden, daß das Protokoll nicht tot fei. Es gehe nicht an, das gefährliche Verfahren einer Verwerfung zu rechtfertigen, denn alle Einwände gegen das Pro­tofoll tönnen befeitigt werden durch Verbesserung der Bölfer bundjagung, zu der das Protokoll nur eine Ergänzung ge wesen sei. Die Arbeiterpartei vermerfe alle Bündnisse und jehe die beste Friedensbürgschaft in Abrüstung und Schieds. gericht. Dem Abg. Henderson erwiderte

Außenminister Chamberlain:

Hendersons Ausführungen hätten gezeigt, daß der Gebante Sonderabmachungen und regionalen Verträge durch ein umfassen Der damaligen britischen Arbeiterregierung der gemesen sei, die des und universales Gebäude der internationalen Sicherung au ersetzen. Aber dieser Gedanke habe nicht zugleich die Bolitif ber fremden Regierungen beherrscht. Diese Regierungen hätten nicht beabsichtigt, lokale Bündnisse und regionale Berträge auf. zugeben, sondern hätten im Gegenteil das Protokoll als ein Mittel betrachtet, um der Welt noch eine weitere Sicherheit

au geben. Das Protokoll sollte also nach dieser Meinung vorher gänzt werden. und nachher durch entsprechende Bündnisse und Abmachungen er:

Lloyd George ( lib.) fragte Chamberlain: Ist es richtig, daß fich Deutschland bereit ertlärt hat, feine jeßigen Weſtgrenzen frei willig anzuerkennen und daß Deutschland feine nochmalige Brü fung oder Abänderung dieser Grenzen verlange? Ist es richtig, daß Deutschland dieselbe Erklärung in bezug auf den Dften ab gibt, oder ist diese Frage Schiedsgerichtsverhandlungen unter­worfen?"

Chamberlain: Nein. Lloyd George hat mich richtig ner

standen.

Deutschland ist bereit, alle Wünsche nach Menderung dieser Gren­zen aufzugeben und einen gegenseitigen Garantievertrag bezüg lich ihres jetzigen Juffandes abzuschließen. Es schlägt nicht vor, daß seine östlichen Grenzen das Thema folcher Schiedsgerichts verträge sein follett. Es ist bereit zu der Erklärung, daß es den Gedanken aufgibt, die öftlichen Grenzen durch friegerische Maßnahmen zu ändern, aber Deutschland ist nicht bereit, zu erklären, daß es jede Hoffnung aufgeben wird, jemals die öft­lichen Grenzen durch freundschaftliche Verhandlungen, auf diplo­matischem Wege oder durch die Vermittlung des Völkerbundes an gewiffen Punkten zu ändern."

Chamberlain erflärte weiter zu der deutschen Anregung: Ich dente, daß Haus wird mit der Regierung darin übereinstimmen, daß es ein Zeichen des Fortschritts bedeutet, wenn eine solche Anregung, sei es auch nur in unbestimmter Form, von deutscher Seite an uns gerichtet wird.( Beifall) Diese Anregungen zielen, menn ich fie recht verstehe, auf den Gedanken ab, daß Deutschland bereit ist, fréiwillig das zu garantieren, mas es bisher nur unter dem 3wang des Bersailler Bertrages angenommen hat, nämlich den Status quo im Westen, daß es ferner bereit ist, den Krieg nicht nur im Besten auszuschalten, sondern überhaupt auf ihn als ein Mittel zur Aenderung seiner vertragsmäßigen Lage zu verzichten. Deutschland mag nicht willens und nicht fähig sein, denselben Ber zicht auf alle seine Hoffnungen und Ansprüche auszudehnen und darauf zu verzichten, daß eines Tages auf dem Wege freund­lichen Einverständnisses und gegenseitiger Bereinbarung eine Abänderung seiner Oft grenzen erfolgen möge.

Chamberlain sagte dann, von dem Genfer Protokoll märe sehr wenig übriggeblieben, wenn man die Aenderungen vorgenommen hätte, durch die man nach Hendersons Ansicht dem Standpunkt der jezigen britischen Regierung hätte gerecht werden fönnen. Und menn zu diesen notwendigen Aenderungen noch die Vorbehalte fämen, die Henderson für die britische Regierung gemacht haben würde, und die Borbehalte der anderen Regierungen, so würde das Protokoll zu einem ganz fleinen Dokument zusammengeschrumpft sein und nicht mefentlich zur Eicherheit der Belt beigetragen haben. hinsichtlich der Behauptung Hendersons, daß das Protokoll nur die logische Krönung des Bölkerbunds pattes darstelle. erflärte Cham berlain, daß er der Anwendung der Logik auf die Poli tit mit tiefem Mißtrauen gegenüberstehe