Nr. 112.
Parlamentsberichte.
Mittwody, den 15. Mai 1895.
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12. Jahrg.
Bei gleicher Anwartschaft soll der Vorzug den Personen gegeben werden, die sich vor dem Feinde ausgezeichnet haben. Abg. v. Marquardsen weist darauf hin, daß das eiserne Kreuz nicht immer demjenigen verliehen worden sei, der es ver dient hätte. Generallieutenant v. Spik: Es handelt sich hier doch nur darum, daß bei einer Auswahl unter mehreren den besonders verdienten Personen der Vorrang gegeben werden soll.
Ein Antrag der Sozialdemokraten will auch die unehelichen Kinder in die Vorlage einziehen.
Generallieutenant v. Spik: Der Ausdruck ehrenvoll" soll Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wird der Antrag auf alle Theilnehmer des Krieges Anwendung finden mit Aus- Singer abgelehnt. nahme derjenigen, welche bestraft sind wegen ehrenrühriger Abg. Singer( Soz.) will die Bestimmung streichen, daß Handlungen, sei es, daß sie marodirt und geplündert, sei es, Personen von den Unterstützungen ausgeschlossen sein sollen, 92. Sigung vom 14. Mai 1895, 1 Uhr. daß sie sich feige bewiesen u. s. w. Alle anderen sollen als welche nach ihrer Lebensführung" der Fürsorge unwürdig sind, ehrenvoll bezeichnet werden. Die würdige Lebensführung während Abg. Lenzmann beantragt zu sagen: wegen an Am Bundesrathstische: Graf Posadowsky, Bron- wird verlangt, weil schließlich nur wenige etwas bestößigen Lebenswandels." fart von Schellendorff. tommen fönnen. Daß die politische Richtung der be- Beide Anträge werden abgelehnt. Eingegangen sind zwei Nachtragsetats zum Reichshaushalts- treffenden maßgebend sein könnte, ist ausgeschlossen. Man Etat bezw. zum Etat der Schußgebiete, sowie eine Novelle hätte sagen können, Personen, die bestraft sind", aber es giebt zum Zuckersteuer- Gesetze. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Lesung der sehr viele Personen mit unwürdiger Lebensführung, die nicht bestraft sind. Novelle zum Reichs invalidenfonds- Gesetze, welche eingeleitet Abg. Bachem( 3.) hält die Interpretation des Vorredners wird von dem für authentisch. Die politische Rücksicht könne nicht mitsprechen, Staatssekretär Grafen Posadowsky: Diese Vorlage bedarf benn eine politische Bethätigung gehöre nicht zur Lebenseigentlich feiner eingehenden Begründung. Sie entspricht den wieder führung" im gewöhnlichen Sinne. Redner warnt davor, Anholten, von Mitgliedern des Hauses, namentlich von seiten des Abg. fprüche zu stellen, die nicht erfüllt werden können, die daher das Abg. v. Kardorff: Es besteht der Glaube, daß den Schöning ausgesprochenen Wünschen. Sie bezweckt, aus den Mitteln Zustandekommen des Gesetzes ganz in Frage stellen könnten. Rittern des eisernen Kreuzes von 1870 ebenso eine besondere des Reichsinvalidenfonds in Grenzen der Zinsen des für die ipie den Rittern Abg. Lenzmann( frs. Vp.) spricht sich ebenfalls für die Zuwendung gemacht werden müsse, Eicherstellung seiner gesetzlichen Verwendungszwecke entbehrlichen Vorlage aus. Die Freisinnigen würden auch gern statt 120 m. des eisernen Kreuzes von 1813. Redner giebt diese Frage der Attivbestandes, vom 1. April 1895 ab Beiträge zur Verfügung360 M. bewilligen, aber da solche Mehrforderungen von der Regierung zur Erwägung anheim. zu stellen behufs gnadenweiser Bewilligung von Pensions Regierung immer benutzt werden, um mit neuen Steuern zu Abg. Förster meint, daß man in erster Linie das höhere zuschüssen für diejenigen Offiziere und Beamten u. s. w. des kommen, wie z. B. mit der Tabaksteuer, da müssen wir die Lebensalter berücksichtigen müsse, dann die frühere Feldzugs= deutschen Heeres und der Marine, welche infolge einer im Kriege politische Rücksicht walten lassen und uns beschränken. Die periode und erst in dritter Linie die Auszeichnung vor dem von 1870/71 erlittenen Verwundung oder sonstigen Dienst- Wohlthätigkeit des Herrn Singer hat für mich dieselbe Be- Feinde. beschädigung verhindert waren, an den weiteren Unter- deutung wie die Wohlthätigkeit des Herrn Schädler, welcher Die Vorlage wird unverändert angenommen. nehmungen des Feldzuges theilzunehmen und dadurch ein den Soldaten ein warmes Abendessen geben wollte. Es folgt die zweite Berathung des Gefeßentwurfes betreffend zweites bei der Pensionirung zu der wirklichen Dauer So leicht wie Herr Bachem können wir aber über die bedent- die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der der Dienstzeit zuzurechnendes Kriegsjahr zu verdienen. liche Bestimmung wegen der Lebensführung nicht hinweggehen. Personen des Soldatenstandes vom Feldwebel Ferner will die Vorlage den Dispositionsfonds des Kaisers Dieser Begriff ist zu dehnbar; Lebenswandel wäre schon etwas abwärts. stärken, um den nicht anerkannten Invaliden des Krieges im anders. Die Bezirkskommandos werden die politische Rücksicht weiteren Maße Unterstützungen wie bisher zu theil werden zu nicht in den Vordergrund stellen; aber bedenklich wird es, wenn laffen. Der dritte Verwendungszweck des Gesetzes enthält ein der Landrath , der politische Beamte dabei mitzuwirken hat. Abg. Harm( So.) bezeichnet es in der Begründung des Novum, insofern hier zum ersten Male auch solchen Kriegs Der Landrath' hält sozialdemokratische oder demokratische Ge- Antrages als inhuman, wenn man durch einen solchen Untertheilnehmern aus öffentlichen Mitteln eine Beihilfe gewährt sinnung für einen schlechten Lebenswandel. Man sollte lieber schied die unehelichen Kinder für ein Vergehen der Mutter strafen werden soll, die eine Schädigung infolge der Theilnahme am fagen:„ lüderlicher oder unsittlicher Lebenswandel", das würde wolle. Wenn man hier feinen Unterschied zwischen den ehelichen Feldzuge weder nachweisen noch behaupten können. Sie werden eine gewisse Direktive geben. und unehelichen Kindern mache, sei den Leuten viel besser gedient. es aber gewiß begrüßen, wenn wir die Kriegstheilnehmer, die Generallieutenant v. Spit glaubt, daß die Aenderung des Der Antrag wird abgelehnt; dagegen wird ein anderer Andurch unverschuldete Verhältnisse in Armuth gerathen find, nicht bemängelten Ausdrucks in anstößigen Lebenswandel" faum trag des Abg. Harm angenommen, wonach die Worte ohne den Gemeinden überweisen, sondern den Leuten, die für das Widerspruch bei der Regierung finden würde; Redner warnt eigenes Verschulden" gestrichen werden sollen, so daß Wittwen Baterland gekämpft haben, Beihilfe zu einer bescheidenen Existenz aber vor einer Erhöhung der Sätze. Ein Offizier, der noch nicht und Waisengeld bei jedem Todesfall gegeben werden soll, auch aus den Mitteln des gesammten Vaterlandes gewähren. Man 10 Jahre gedient hat und abgeht, bekommt nichts. Ein Offizier, wo ein eigenes Verschulden vorliegt. hätte entsprechend der gegenwärtigen Berzinsung Des der 10 Jahre gedient hat, erhält 487 M. Pension. Wie würde Ein Antrag der Abgeordneten Harm und Stadthagen im Reichs Invalidenfonds noch verfügbaren Kapitals sofort einen höheren Betrag einsehen können. Die Benände das passen zu den Vorschlägen des Abg. Singer. Die Rück will das Wittwengeld von 160 auf 450 m., das Waisengeld für Die Bestände des Reichs Invalidenfonds verzinsen sich noch mit 4,03 pt. wirkung auf die andern Pensionsverhältnisse kann nicht ausbleiben. Halbwaisen von 32 auf 150 M. und für ganz Waise von 54 auf des Reichs Invalidenfonds verzinsen sich noch mit 4,03 pet. Denn wenn ein Nicht- Invalide eine so hohe Summe erhält, dann 225 M. jährlich erhöhen. Es ist aber bekannt, daß der Binsfuß im Sinten begriffen ist. müssen die Invaliden doch noch viel mehr erhalten. Abg. Stadthagen ( Soz.): Die Sätze, die in der Vorlage Wir müssen deshalb vorsichtig sein. Dazu kommt, daß die An- Abg. v. Leipziger ( dk.): Wir treten für die Vorlage in vorgeschlagen werden, sind absolut ungenügend, um leben zu sprüche der nicht anerkannten Invaliden, die aus dem Invaliden- allen ihren Punkten ein und haben in bezug auf die bemängelten fönnen, besonders die für die Kinder, für welche ein Kind nicht fonds des Kaisers unterstützt werden, von Jahr zu Jahr wachsen. Punkte feine Bedenken, zumal nach den vom Bundesrath ge- unterhalten werden kann. Allerdings fürchte ich nach den BeAußerdem wächst die große Zahl der Kriegstheilnehmer, die wirklich absolut erwerbsunfähig sind. Die Bearbeitung der gebenen Erklärungen. Wir würden auch gern mehr bewilligen; merkungen von der rechten Seite, daß man an Orten, wo nothaber woher das Geld nehmen? Die Herren Sozialdemokraten leidende Agrarier wohnen, mit 120 M. auskommen müsse, daß Unterstügungsgesuche wollen wir den einzelnen Bundesstaaten und Freisinnigen verlangen immer blos mehr zu bewilligen, aber unser Antrag nicht allzuviel Zustimmung finden wird. Die von überweisen, welche die bürgerlichen Verhältnisse der einzelnen feine Steuern. Die 120 M. Baargeld sind auf dem Lande schon uns vorgeschlagenen Säße sind bereits in bestehenden Gesezen als und ihre Bedürftigkeit gerecht beurtheilen fönnen. Mit einem sehr viel werth. Freilich Herrn Singer sind solche Verhältnisse absolut nothwendig angenommen worden. Wort: wir wollen die Dezentralisirung. Ich hoffe, daß Sie nicht bekannt.( Sehr richtig! rechts.) Auch wir halten eine pensionsgesetz setzt für die Kinder von Offizieren 150, Ihren patriotischen Sinn und Ihre Dankbarkeit für die Männer, Kommissionsberathung nicht für nöthig. bezw. 225 M. M. fest, nnd unsere Anschauung geht welche für das Baterland gekämpft und geblutet haben, bethätigen Abg. Pachnicke( frs. Vg.) erklärt sich für die Vorlage und dahin, daß andere Kinder auch nicht mit weniger auss durch Annahme dieser Vorlage.( Beifall.) hält es für zweckmäßig, den Anregungen Folge zu geben und kommen fönnen. Das Wittwengeld der Offizierswittwe Abg. Graf Oriola( natl.) begrüßt die Vorlage mit Freuden die Worte unwürdige Lebensführung" zu ersehen durch eine richtet sich nach der Höhe des Gehalts, das der verstorbene Mann und spricht die Hoffnung aus, daß eine Kommissionsberathung flarere Wendung. gehabt hat, diese Analogie läßt sich also für das Wittwengeld nicht stattfinden, sondern heute schon die zweite Berathung vor- Abg. v. Schöning( dk.) spricht seine Befriedigung über die hier nicht anwenden, es wäre auch ungerechtfertigt, hier den genommen werden wird. Die Vorlage gleicht verschiedene Un- Vorlage aus, die auch eine Anregung erfüllt, welche er seit Durchschnittssatz der Offizierswittwenpension von 720 M. festgerechtigkeiten aus, welche bisher vorgelegen haben. Redner er- Jahren im Hause vorgebracht habe. zusetzen. Wir haben 450 M. vorgeschlagen, weil die Alters- und klärt, daß er die Worte, welche ehrenvollen Antheil am Kriege" Abg. Beckh( frs. Bp.) verweist auf die zahlreichen Petitionen, Invaliditäts- Gesetzgebung diesen Satz für absolut erforderlich zum genommen haben, nicht etwa dahin verstanden wissen wolle, daß Leben angenommen hat. Schaffen Sie hier ein Gesetz, das nur die mit Ehrenzeichen Ausgezeichneten unterstützt werden etwas leistet, das nicht ein solches Almosen giebt, daß sollen, wenn diese auch bei gleicher Bedürftigkeit vor den die Empfänger wegen der Geringfügigkeit der Summe anderen Bewerbern vorgezogen werden. Ueberhaupt müßte die entrüstet sein müssen. Geben Sie, was von den Gemeinden doch Frage der Invalidenpensionirung einer Neuregelung unterzogen werden, und zur Verstärkung der Mittel sollte man an die gegeben werden müßte. Auch nach unseren Vorschlägen kann man die Kinder noch nicht allzu herrlich erziehen und kann die Wehrsteuer denken. Besonders müßte für die Wittwen der Wittwe teine großen Sprünge machen. gefallenen Soldaten besser gesorgt werden.
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welche von Kriegstheilnehmern eingegangen sind und bittet die Regierung, wenn der Reichstag dieselbe nicht mehr erledigen könne, auf diese Petitionen Rücksicht zu nehmen. auf diese Petitionen Rücksicht zu nehmen.
Abg. Förster( Reform- P.) spricht sich ebenfalls für die Vorlage aus; er hofft, daß mit der Bestimmung über die Lebensführung kein Mißbrauch getrieben werden wird.
Darauf schließt die erste Berathung; das Haus tritt sofort in die zweite Berathung ein. Beim Artikel I regt
Das Militär
Generallieutenant v. Spitz: Die Wittwen und Waisen von Abg. Richter an, die Gnadenbewilligungen für nicht anerkannte Lieutenants bekommen Pension von 160 bezw. 32 M. Wir haben Invaliden ganz auf den Reichsinvalidenfonds zu übernehmen und für die Unteroffiziere die Pension nach einer sehr viel höheren nicht theilweise auf den Dispositionsfonds des Kaisers anzuweisen. Summe berechnet als sie Gehalt bekommen. Der Antrag würde Die Vertheilung der Unterstüßung sollte durch die Gemeinden ganz aus dem Rahmen des Pensionsgesetzes herausfallen. erfolgen, die am besten die Verhältnisse beurtheilen können. Abg. Stadthagen weist nochmals darauf hin, daß die von Abg. v. Kardorff( Rp.) erklärt sich mit diesen Ausführungen ihm vorgeschlagene Wittwenpension von 450 m. nicht nach der des Abg. Richter einverstanden. Analogie der Offizierswittwenpension, sondern nach anderen ErAbg. Singer( Soz.): Trotz der Interpretation des Re- wägungen bemessen sei, nämlich nach dem Alters. und gierungsvertreters muß ich meinen Antrag aufrecht erhalten, es Invaliditätsversicherungs- Gefet. Sein Vorschlag für die Kinder müßte denn sein, daß die von ihm hervorgehobenen Ausnahmen fei dem Militärpensions- Gesetz und Reichsbeamten- Gesetz entausdrücklich in dem Gesetz aufgeführt werden. nommen. Es wäre gut, wenn einmal diese ganzen Bestimmungen in ein einziges Geseß zusammengebracht würden. Entweder solle man hier gar kein Gesetz schaffen und nichts verheißen, oder, wenn man etwas verheißen wolle, solle man soviel geben, daß die Empfänger nicht darben brauchten.
Abg. v. Marquardsen( nall.) spricht seine Befriediguug über die Interpretation aus, worauf
Abg. Singer seinen Antrag zurückzieht. Artikel I wird darauf unverändert genehmigt. Jm Artikel III beantragt Abg. Singer anstatt 120 M. fezen 360 M.
Abg. Bachem( 3.) empfiehlt die Ablehnung des Antrages, weil dann die Vorlage, die wir seit so langer Zeit verlangt haben, nicht vom Bundesrath angenommen würde.
Abg. Förster empfiehlt ebenfalls die Ablehnung des Antrages und giebt den Sozialdemokraten anheim, durch Reſolution in der dritten Lesung die Regierung zur Erhöhnung der Pension aufzufordern, wenn mehr Mittel vorhanden sind.
Der Antrag wird abgelehnt. Der Rest der Vorlage wird unverändert angenommen.
Abg Singer( S03.): Es ist nicht nöthig, noch feierlich zu versichern, daß es die Aufgabe der Volksvertretung ist, die Kriegsinvaliden und deren Hinterbliebenen möglichst sicher zu stellen. Auch wir bedauern mit dem Vorredner, daß wir nicht ein Invalidengeset haben, welches auf die vielen Anforderungen, welche in bezug auf Unterstützungen gestellt werden, eine flare und entscheidende Antwort giebt. Auch halten wir es nicht für gerechtfertigt, diejenigen Invaliden, die in ein dienstliches und amtliches Verhältniß eintreten, anders und schlechter zu stellen als die andern. Ebenso hat der Vorredner in bezug auf die Vergütung für die Nichtbenutzung eines ZivilVersorgungsscheines das richtige getroffen. Allerdings kann ich Abg. Förster meint, daß das Wort„ ehrenvoll" nur benicht zugeben, daß die bloße Thatsache der Berechtigung und deuten solle, daß der betreffende sich nichts Unehrenhaftes habe Befähigung zum Dienst, für die niemand etwas fann, zu zu fchulden tommen lassen; deshalb brauche der Antrag nicht an einem Borzug berechtigt. Dem Grundgedanken des Geseßentwurfs genommen zu werden. selbst stehen wir durchaus freundlich gegenüber. Nur bedauere Abg. Bachem( 3.) spricht sich in diesem Sinne aus und der ich, daß uns die Annahme des Gesetzes dadurch außerordentlich Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff bittet, das Wort erschwert wird, daß es sich als durchaus unzulänglich stehen zu lassen; alle diejenigen, welche marodirt und geplündert und unzureichend erweist. In dieser Beziehung werde ich haben, haben sich nicht ehrenvoll gehalten; alle anderen in der zweiten Lesung folgende Abänderungsanträge stellen: aber sind als ehrenvoll zu betrachten. Zunächst wird im Artikel I Absatz 3 das Wort„ ehrenvoll" zu streichen sein. Ist es so zu verstehen, wie der Vorredner es verstanden wissen will, so ist es überflüssig, bleibt es aber bestehen, so kann es zu Zweifeln Beranlassung geben. In Artikel III§ 1 wird vorgeschlagen, jährlich 120 M. pränumerando zu zahlen. Es Ohne Debatte genehmigt das Haus in dritter Berathung gehört eine große Kühnheit dazu, als Beihilfe unter den jezigen zu den Gesetzentwurf betreffend die Ausführung des mit Defterreichtheuren Lebensbedingungen 120 M. vorzuschlagen, von denen jeder Abg. Singer: Der Abg. v. Kardorff hat in der Stellung Ungarn abgeschlossenen Zollfartells und in zweiter Berathung fich sagen muß, daß 10 m. pro Monat absolut keinen dieses Antrages Popularitätssucht entdeckt. Abgesehen von der nach unerheblicher Debatte den Gefeßentwurf über den Beistand Werth haben. Ich beantrage deshalb, daß diese Beihilfe Geschmacklosigkeit, die darin liegt, jemandem, der einen solchen bei Einziehung von Abgaben und Bollstreckung von Vermögensmindestens auf 360 m. erhöht wird, so viel muß ein Antrag stellt, Popularitätssucht vorzuwerfen, muß ich auf das strafen. dauernd gänzlich erwerbsunfähiger Mensch mindestens bekommen. entschiedenste dagegen Verwahrung einlegen. Wenn es mit der Die Wahlen der Abgg. Grafen Limburg Stirunt, Rimpau , Bedenklich ist die Bestimmung, daß Personen, welche nach Popularität der sozialdemokratischen Partei so schlimm bestellt Hammacher, Bohm und von Malzahn werden für giltig erklärt. ihrer Lebensführung der beabsichtigten Fürsorge für unwürdig wäre, daß, um die Popularität zu erhöhen, solche Anträge In dritter Berathung erledigt das Haus dann noch die anzusehen sind," von der Unterstützung ausgeschlossen werden gestellt werden müßten, dann würde sie wahrscheinlich nicht Gesetzentwürfe betreffend die Kontrolle des Reichshaushaltssollen. Damit erhalten die Behörden das Recht, von dem poli- in so großer Zahl hier vertreten sein. Wir halten es nicht für etats und die Uebersicht der Reichsausgaben und Einnahmen tischen Verhalten eines Mannes die Unterstüßung abhängig zu zweckmäßig und des deutschen Reiches für unwürdig, einen Mann, für 1893/94 und geht dann zur dritten Berathung von machen. Diese Bestimmung gehört nicht in dieses Gesetz. Ich bei dem als Voraussetzung dauernde Erwerbsunfähigkeit angesehen Petitionen über. will zur Ehre der Behörden annehmen, daß sie politische und wird, mit 10 M. monatlich abzuspeisen. Wenn den Herren von wirthschaftliche Gegner von den Wohlthaten des Gesetzes nicht der Rechten 10 M. auf dem Lande außerordentlich viel ist, dann ausschließen wollen, aber sie erhalten durch dieses Gesetz eine Hand- wundere ich mich, daß sie für sich Branntwein- und Zucker: habe. Mit der bloßen Erklärung, daß politische Rücksichten nicht prämien und Getreidezollerhöhungen haben wollen. Mit maßgebend sein sollen, würde ich mich nicht zufrieden geben 10 M. monatlich fann auch auf dem Lande niemand leben. können; denn wenn auch der jetzige Kriegsminister ernsthaft diesen( Burufe rechts: Beihilfe!) 1 M. pro Tag ist das allermindeste, Willen hat, so sind wir seines Nachfolgers nicht sicher. was man verlangen fann. Die linke Seite sagt mit besonderer Staatssekretär Graf Posadowsky: Die Erhöhung der Unter Vorliebe : Die Sozialdemokraten machen es sich sehr bequem, sie stüßung über 120 M. hinaus wird wohl von allen gewünscht; bewilligen die Ausgaben, aber sorgten nicht für die Mittel. aber wir müssen Rücksicht nehmen auf die Säße des Militär-( Lebhafte Zustimmung rechts.) Wir werden die Einnahmen nicht gefeges; die geringste Pension beträgt 72 M. Auch die Pensionen verweigern, wenn Sie eine direkte progressive Reichseinkommender Staatsbeamten sind sehr niedrig und ebenso die Wittwen- und steuer mit uns einführen wollen. Solange Sie aber nur Waisengelder. Die zur Verfügung stehende Summe würde dann Reichseinnahmen schaffen aus den Taschen der Allerärmsten, nur einer geringeren Anzahl von Personen zu gute fommen. fönnen Sie nicht verlangen, daß wir solchen Einnahmen zuFür 120 M. fann man in Berlin nicht leben, aber auf dem stimmen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) platten Lande in der Familie der Kinder und Verwandten kann Abg. v. Kardorff( Rp.). Die Invalidenpensionen sollen man davon leben, ohne der öffentlichen Wohlthätigkeit zu ver- nicht vollen Lebensunterhalt gewähren, sondern nur eine Unterfallen, wie die Alters- und Invalidenrentner bewiesen. Istüßung dazu.
Petitionen wegen Rückerstattung von Zoll für Getreide und wegen Verlegung des Bureaus der deutschen Eisenbahn- und Zollverwaltung in Basel auf deutschem Gebiet werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Petitionen betreffend Ansprüche gegen die Regierung von Brasilien und betreffend Rückerstattung von Zoll für Iron- bricks werden, dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen.
Durch Uebergang zur Tagesordnung werden erledigt: eine Petition wegen Herstellung einer Straßenbahn zwischen den Bahnhöfen Bischweiler und Oberhofen, und eine Petition betreffend die Pensionsbezüge der in der Folge von Betriebsunfällen dienstunfähig gewordenen Eisenbahnbeamten.
Eine Petition gegen die Innungsprivilegien wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, eine Petition wegen Ginführung des Befähigungsnachweises für das Baugewerbe wird dem Reichskanzler zur Kenntnißnahme überwiesen. Eine Petition des Heidelberger Vereins zur Hebung der öffentlichen Sittlichkeit betreffend die unfittlichen Inserate will