Nr.150 42. Jahrgang Ausgabe A nr. 76
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Sonntag, den 29. März 1925
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Für Demokratie und Sozialismus! Fort mit Jarres! – Hoch die Hoch die Sozialdemokratie!
Ein großer Tag deutscher Geschichte! Das Bolt ist be rufen, sich selbst sein Oberhaupt zu wählen! Ein stolzer Tag! Aber auch ein gefährlicher Tag! Nur einmal hat bas alte Europa bisher etwas Aehnliches erlebt. Das war, als die französische Republit am 10. Dezember 1848 in diretter Wahl ihren Präsidenten wählte. Damals siegte Prinz Louis Napoleon mit 5,4 millio. nen Stimmen über den JuniSchlächter General Cavaignac, der 1,4 Millionen Stimmen erhielt. Durch Plebiszit und Staatsstreich machte sich Louis Napoleon später zum Kaiser und blieb es, bis er 1870 Krieg und perior,
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Heute find in Deutschland pierzig Millionen gleichberechtigter Deutscher, Männer und Frauen, zur Wahl aufgerufen. Die ganze Welt blickt auf sie.
Die ganze Welt fragt, ob das deutsche Bolt diese Probe auf seine Reife im Jahre 1925 besser bestehen wird als das französische die Probe auf die feine im Jahre 1848.
Das Beispiel steht flar vor uns: Durch Bolkswahl des Präsidenten zur Monarchie, durch Monarchie zu Krieg und Niederlage, durch die Niederlage zurüd zur Republit. Soll das auch unser Weg sein?
Wir sind national genug, um darauf zu vertrauen, daß sich unser Bolt reifer zeigen wird als das französische vor 77 Jahren.
Herr Jarres ist fein Prinz, tein Prätendent! Des= halb ist er nicht ungefährlich. Er ist der schwarzweißrot angestrichene Wegweiser, der zurück in die Bergangenheit weist.
Für die Sozialdemokratie ist der heutige Tag Borbe.. reitung auf einen fünftigen, an dem die Mehrheit des deutschen Bolles auf ihrer Seite stehen und fie, ganz allein auf die eigene Kraft gestellt, der Deutschen Republit einen Präsidenten geben wird. Wir
Dieser Tag ist, wir wissen es, heute noch nicht da.
Man dente sich, die Sozialdemokratie verschwände eines Tages aus Deutschland - an demselben Tage läge auch die Republit am Boden. Man denke sich die Sozialdemokratie doppelt so start, wie sie am 7. Dezember war - in demselben Augenblid wäre schon der letzte Jarres Gardist in das letzte Mauseloch gefrochen.
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Otto Braun spricht: Erkennt, wie ihr durch monarchistische und übernationalistische Jrreführung betrogen worden seid! Gegen sie rufe ich euch zum Kampf, nicht für meine Person, sondern für die Zukunft unseres arbeitenden und leidenden Volkes, für die großen Ideen, denen Friedrich Ebert gehuldigt hat! Es lebe die Republik !
Die Frage, wer Präsident wird, ist von ungeheurer geschichtlicher Tragweite. Aber, von ihr abgesehen, ist auch schon die Frage, wie start die Sozialdemokratie ist, nicht weniger wichtig, nicht weniger entscheidend.
Darum müssen wir am heutigen Tag Heerschau halten, nicht nur für uns selbst, son dern noch mehr für die andern. Die Stärke unseres Auf marsches soll ihnen zeigen, daß es Zeit für sie ist, alle Träume von der Aufrichtung ihres alten Herrentums zu Grabe zu tragen.
Nach der Junischlacht von 1848 fonnte die Monarchie fiegen, weil die Arbeiterschaft abgefämpft und ausgeblutet war, und weil das vorwiegend agrarische Frankreich ein star fes, organisationsfähiges Pro letariat überhaupt nicht besaß.
Die deutsche Sozialdemos fratie hat die deutsche Arbeiterschaft trotz allen Lok. fungen des Kommunismus, vor einer Junischlacht bewahrt. Und im Industriestaat Deutsch land ist die Arbeiterschaft auf alle Fälle stärker als im Agrar= staat Frankreich von 1848.
Diese gewaltige Masse der deutschen Arbeiter, Angestellten und Beamten hat, wenn sie nur will, die Kraft zu siegen mit dem Stimmgettelin der Hand!
Mit dem Stimmzettel in der Hand treten mir heute. zum Kampfe an. Dreißig, vierzig Millionen Deutsche sollen heute Boltsgeschide be
Das Bolt wird heute, wir vertrauen darauf, mit gewaltiger Mehrheit zeigen, daß es diesen Weg nicht zu gehen gewillt ist. Mit einem Sieg des Herrn Jarres am heutigen Tage| fönnten ihm näher sein, wenn nicht die sinnlosen Schädi-| stimmen und Weltgeschichte machen. Dreißig, vierzig Millio rechnen auch seine Anhänger nicht. Bei den Wahlen am gungen gewesen wären, die der Kommunismus der Arbeiter7. Dezember blieben die reafiionären Parteien in der bewegung bereitet hat. Minderheit. Was sie sich seitdem an Selbstentblößung geleistet haben, ist nicht geeignet, das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten zu verschieben.
Darum rechnet die dunkle Gesellschaft, die mit den unerschöpflichen Geldern der Schwerindustrie und mit ebenso unerschöpflichen Mitteln verlogener Niedertracht den Wahltampf für Herrn Jarres geführt hat, jetzt schon mit einem zweiten Wahlgang. Sie erflärt einstweilen, daß sie auch in diesen zweiten Gang mit Herrn Jarres als ihrem Kandidaten einzutreten gedenkt.
Trifft dieser Fall ein, dann muß dafür gesorgt werden, daß der Kandidat der Monarchisten und der Scharfmacher in dem zweiten Wahlgang entscheidend aufs Haupt ge fchlagen wird.
Die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Wahlgangs zu verschweigen, märe unnük. Kein Sozialdemokrat wird sich burch sie davon abhalten lassen, am heutigen Tage seine Pflicht zu erfüllen.
Aber der Tag wird tommen!
Morgen oder übermorgen werden wir die Ergebnisse der Wahl kennen, werden wir wissen, wie start wir sind. Dann werden wir unsere Entscheidungen treffen. Bis dahin wäre jedes Wort verfrüht, das über den klaren Grundgedanken hinausgeht: Die Reaktion muß unter allen Um ft änden geschlagen werden.
Heute gilt es, die sozialdemokratische Stimmenzahl zu stärken, damit sie der absoluten Mehrheit aller abgegebenen Stimmen näher. so nahe wie möglich kommt. Die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen am heutigen Tage ist entscheidend für das, was weiter werden soll.
Jede kommunistische Stimme ist für die Reaktion eine Hoffnung. Jede sozialdemokratische Stimme ist für sie ein Warnungszeichen.
Die Deutsche Republik ruht auf den Schultern der sozialdemokratischen Bewegung. Die Stärke der sozialdemokra tischen Bewegung ist die Stärke der Republit.
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wieviel Mil nen Kreuze werden heute und morgen gezählt lionen davon werden in unserem Felde stehen? Das ist eine Frage des deutschen Schicksals und eine Frage des Welt schicksals!
Der große Friedenspaft, der in Borbereitung ist vnd der den herrschenden Generationen All- Europas die Sicherheit geben soll, nicht auf den Schlachtfeldern verbluten zu müssen, fann nur dann Wert und Wirksamkeit erhalten, wenn Deutschland eine Republik ist, die von Republikanern regiert wird.
Heute wird entschieden über Freiheit oder Knechtschaft, über Frieden oder Krieg!
Vorwärts für die Freiheit!
Vorwärts für den Frieden, für Demokratie und Sozialismus!