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Potsdam   und Severing.

Eine Entscheidung des Bezirksausschusses. Der Potsdamer   Bezirksausschuß hat heute in der Klage des Magistrats Potsdam gegen die Stadtverordnetenversammlung megen Beanstandung des Stadtverordnetenbeschlusses vom 12. De­zember 1924, in dem dem Oberbürgermeister Rauscher das volle Vertrauen der Stadtverordnetenversammlung ausgesprochen und dem Minister des Inneren Mangel an Achtung der Selbstver­maltung und leberschreitung seiner Befugnisse vorgeworfen wird, folgendes Urteil gefällt: Die Beanstandungsverfügung ist aufzuheben. Der Klage der Stadtverordnetenversammlung wird stattgegeben. Gründe: Zunächst ift strittig, ob die Beanstandung zulässig war. In diesem Punkt hat sich der Bezirksausschuß der Klägerin nicht anzuschließen vermocht. schlüsse der Beanstandung nicht fähig, die einen positiven Cha­rafter nicht haben. In diesem Sinn hat sich der Bezirksausschuß vor einiger Zeit gegen die Zulässigkeit eines Beanstandungsverfahrens ausgesprochen. Der Minister hat angeordnet, daß an dem Tage der Berfassungsfeier die städtischen Gebäude in den Reichsfarben zu be­flaggen wären, und der Magistrat hatte das abgelehnt. Dieser Beschluß wurde vom Oberbürgermeister beanstandet, und der Magistrat hatte sich dem versagt, was von außen an ihn heran­getreten war. Hier handelt es sich nicht um einen negativen Beschluß. Hier ist die Bersammlung ohne vorherige Befassung mit der Frage aktiv gegen die Entscheidung des Ministers vorgegangen. Darum ist die Beanstandung auch formell zulässig. Unerheblich ist es, daß der Beschluß ausgeführt war. Der Beschluß ist in seiner Aus­drucksweise lebhaft gefaßt. Der Bezirksausschuß macht fie fich nicht zu eigen. Der fachliche Inhalt des Beschlusses war von amts: megen nachzuprüfen. Es mußte bejaht werden, daß die Berjamm­lung befugt war, sich mit der Angelegenheit zu befassen.

Es brauchte nicht eingegangen werden auf das Berliner   Beispiel mit dem Schießerlaß des früheren Polizeipräsidenten v. Jagow, mit dem sich die Berliner Stadtverordnetenversammlung ebenfalls befaßt hat. Es genügt vollkommen, festzustellen, daß schon bei Polizei angelegenheiten die Stadtverordnetenversammlungen gewisse Befugniffe haben müssen, weil die Stadt als Trägerin der Polizei­Foften finanziell interessiert ist und weil sie nach dem Tumultschaden gefeh haftbar gemacht werden kann. Des Bürgers Wohl und Wehe und der Frieden in der Stadt gehören zum Kreis der Aufgaben einer Stadtverordnetenversammlung. Sie fann an ihrer Wahrnehmung nicht gehindert werden. Auch die Rüge, die gegen den Oberbürger meister Rauscher ausgesprochen wurde, fann die Versammlung nicht talt laffen

War die Versammlung befugt, fich mit der Angelegenheit zu befassen, dann mußte auf die Sache selbst eingegangen werden und dann muß man zurückgreifen auf den Erlaß des Ministers des Innern und das Schreiben, das der Oberbürgermeister an den Minister gerichtet hat. Der Bezirtsausschuß steht auf dem Stand punkt, daß der Minister nicht befugt war, eine Mißbilligung aus zusprechen. Der Oberbürgermeister ist ein Beamter der Selbst­verwaltung. Der Staat hat ihr gegenüber nur die Rechte, die im Gefeß festgelegt find. Diese Rechte find im Disziplinargefeß niedergelegt. Es kann auf Entfernung aus dem Amte, Geldstrafe, Verweis oder Berwarnung erkannt werden. Der Minister hat einen anderen Weg gewählt. Dazu war er nicht befugt. Was die Beröffentlichung des Erlaffes betrifft, so würde eine amtliche Ber­öffentlichung unzulässig sein. Es ist ungeschriebenes, aber geltendes Recht, daß persönliche Sachen nicht öffentlich, sondern ge­heim behandelt werden. Zum Kern der Sache: Es fann dahin ge. stellt werden, welche Persönlichkeit Basch ist. Ueber Weltanschau ungen fann vor Gericht nicht gestritten merden.

Die Aeußerungen von Basch sind in der ernstzunehmenden Preise Derbreitet worden und von den nationalen Kreifen Potsdams als Beleidigungen empfunden worden. Sie haben start beunruhigt, und dagegen wat die nationale Bevölkerung fojuhlos. Der Oberbürger meister hatte mur die Absicht, aufmertfam zu machen, daß die Ent fheidung des Ministers nicht haltbar wäre. Es ist nicht ersichtlich, marum ein Oberbürgermeister dieses Mittel nicht gegenüber dem Minister anwenden soll. Es ist dem Oberbürgermeister zum Borwurf gemacht, daß er den Fadelzug nicht angehalten hat. Der Instanzenzug ist eine notwendige Einrichtung der Berwaltung, um ein Nebeneinanderregieren zu verhindern. Aber er muß Aus­nahmen erleiden. Es gibt Fälle, wo man sich über den Kopf des Ministers hinweg mit Reichsbehörden in Berbindung fehen kann. Wenn Blutvergießen droht, gibt es teinen Instanzenzug. Der Be zirksausschuß ist nicht zur Ueberzeugung gekommen, daß dem Ober­bürgermeister ein Vorwurf gemacht werden fann, sondern daß er durchaus seine Pflicht erfüllt hat. Daraus ergibt sich, daß der Erlak des Ministers rechtlich nicht haltbar ist und der Beschluß der Stadtverordnetenversamlung nicht beanstandet wer den fann.

Herriot   über den Sicherheitspakt. Paris  , 31. März.( WTB.) Wie Matin" meldet, hat er riot gestern der Delegation des Kammerausschusses für auswärtige An­gelegenheiten Mitteilung über den abzuschließenden Sicherheitspakt gemacht, aus der sich der Wunsch der französischen   Regierung ergibt, daß Holland   als Herr des Lochs von Limburg" dem Paft bei­ticten soll. Zwei weitere Punkte hätten die besondere Aufmerksam­feit der französischen   Regierung in Anspruch genommen: erstens die Tatsache, daß Deutschland   sich eine Art Bewegungsfreiheit für die Revision seiner Ostgrenzen vorbehalte, indem es die Eventualität von Schiedsgerichten mit Polen   und der Tschecho­ slowakei   vorschlage, und zweitens die Vorbereitung der An gliederung von Desterreich. Herriot   habe der Delegation eine Mitteilung der britischen   Regierung unterbreitet, die gewisse Unsicherheiten auftläre und Polen   Garantien geben fönne. Der Ministerpräsident habe erklärt, daß er jegt eine Antwort vorbereite, und daß es ihm nötig erscheine, der deutschen   Regierung ohne Zeit­verlust eine Antwort zu geben. Er habe auch bestätigt, daß es die Meinung Englands sei, man fönne feinen Sicherheitspatt mit Deutschland   vor seinem Eintritt in den Bölferbund schließen. Dies hindere jedoch nicht, den Meinungsaustausch fortzusetzen. Schließlich werde man auch der Ausdehnung des Sicherheitspattes auf andere Nationen unter Reform der Schiedsgerichtsverträge zustimmen. Aber in einer Beziehung seien die englischen Absichten festgelegt, in­dem Großbritannien   seine militärische Bürgschaft nur für die Rhein   grenze anbiete.

Pon zuständiger deutscher   Stelle wird nachdrücklich erklärt, daß weder ein neues deutsches Memorandum zur Sicherheitsfrage den Ententemächten übergeben worden ist, noch daß die deutschen   Vorschläge neuerdings gegenüber diesen Regierungen erläutert worden seien. Zu der Pariser Draht­medung des Borwärts", die wir heute früh veröffentlicht haten, erklärt man, daß in den letzten Tagen ein Gespräch des Außenministers Stresemann mit dem französischen   Bot­schafter in Cerlin zur Sicherheitsfrage nicht geführt worden sei. Herriot   und Chamberlain haben, der erste gestern im Rammerausschuß für Auswärtiges, der andere in feiner Unterhausrede, den gleichen Tatbestand bestätigt, und eine Reuter Meldung unterstreicht nochmals, daß die Aufzählung der deutschen   Vorschläge in der Unterhausrede Chamberlains feitdem eine Bereicherung nicht erfahren haben. Chamberlain Fabe auch ausdrücklich gejagt, daß die nächste Phase in diesen Verhandlungen wohl die Beratung der Alliierten darüber fein rserbe, ob und rie Deutschland   zu einer Erläuterung seiner Borschläge aufgefordert werden solle.

Der Pechvogel.

Ging nicht neulich durch die Bresse die Geschichte jenes armen Kerles in Paris  , der aus einem Bäckerladen einen Ruchen mauste, was drei Tage Hungers schon erklärlich machen können, prompt festgenommen und abgeführt wurde, und als er dann wenigstens vom Kuchen essen wollte, in eine eiserne Attrappe biß? Run, solche Sachen passieren in Berlin   auch. Freilich war die bewußte An­gelegenheit nicht so schmerzhaft, sie foftete aber vierzig Mart Strafe und eine große Enttäuschung. Der junge Herr S., ein bildhübscher und fescher Bursche, der( von wegen Eitelkeit) doch hoffentlich nicht diese Zeitung in seine reichberingten Finger bekommt, hatte fein Geld und, worüber er besonders untröstlich war, nichts zu rauchen. Für seinen Chef holt er Zigarren, denkt sich dabei, ein unbezahltes Bäckchen Zigaretten weniger wird den Händler nicht pleitemachen, läßt also eine Badung mitgehen und ist mütend, wie er auf der Straße feinen Tabat drin findet. Den wirft er weg, sich selber seiner Mutter voll Reue an den Hals was hilft's: Juftitia hat ihn schon.

Die Zuschauer lächeln, die Zeugen lächeln, die Türschließer überhaupt alle lächeln; selbst der Richter, der gestrenge, tut's aus­nahmsweise. Und fragt milde: Wollen Sie die vom Staatsanwalt beantragten vierzig Mark bezahlen?"

Selbstvaſtändlich, machen wa!"

Sigungspolizei und Verteidigung.

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Schutz der jüngsten Jugend.

Eine wichtige sozial hygienische Tagung veranstal tete unlängst in München   die Deutsche   Bereinigung für Säuglings- und Kleinkinderschuß.

Prof. v. Pfaundler- München sprach über das The na linit und Fürsorge". Seine Ausführungen überraschten. Er hob den Massenpflege schaden hervor, der in den An­werden. Er stellte den Anstaltslindern" die austinder" gegen­stalten sich zeigt, in denen die Säuglinge und Kleinkinder betreut über und teilte auf Grund von mehrjährigen Beobachtungen in feiner Klinit beachtliche Resultate mit. Nach feinen Statistiken wor nämlich die Sterblichkeit der Anstaltskinder bei Diphtherie   und bei Masern zwei bis dreimal so groß wie bei den Haustindern. Aus dieser an sich interessanten Statistik darf man nun aber nicht fel­gern, daß die Anstalten, in denen Säuglinge und Kleinkinder fich befinden, nach Möglichkeit geschlossen und neue derartige Einrich­tungen nicht geschaffen werden sollten. Nein, in den Säuglings­heimen und Kinderkliniken befanden und befinden sich stets zahl­reiche Kinder, die in ihrer Reimanlage geschädigt sind, viele, die aus tuberkulösen Familien stammen, viele, die Epileptiker- eder Säufer­familien angehörig sind. Die außerordentlich offenen Ausführungen Pfaundlers verdienen in dieser Hinsicht Würdigung, man darf aber nicht voreilig aus ihnen abwegige Schlüsse ziehen. Not tun ge­rade für die jüngste Jugend besonders gut eingerichtete Anstalten, die in hygienischer Beziehung vollkommen einmand­frei sind, möglichst viele kleine Räume befizen, gute Absonderungs­möglichkeiten bieten und ein Pflegepersonal aufweisen, das nach Zahl und Ausbildung völlig allen Ansprüchen genügt.

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3weds Herabminderung der Unehelichensterblichkeit Die Strafrechtliche Bereinigung ber Berliner  Anmälte hatte zu einer Sigung eingeladen, die zu ihrem Gegen diesem Arbeitsgebiet ist noch viel zu vollbringen- empfahl Brof­stand die bekannten Vorgänge im Leipziger Ticheta 10B- Lübeck eine Erhöhung des Stillgeldes. prozeß hatte. Wie erinnerlich, wurde der Berteidiger Dr. Samter, Medizinalrat Dr. Wendenburg- Gelfentirchen machte Borschläge der frog der Wortentziehung weitersprach, vom Borsigenden aus zur Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft auf dem Gebiete dem Saale entfernt. Rechtsanwalt Dr. Halpert stellte zu Beginn der Gesundheitsfürsorge und allgemeinen Volfsmohl­feiner Ausführungen die Tatbestände feft und tonstatierte, daß der fahrtspflege. Prof. Sei München   schlug die Organisation Reichsjuftizminister, der oberste Hüter der Rechtspflege, sich auf die einer bayerischen sozialhygienischen Landeszentrale vor. Medizinal Seite des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofes, Dr. Niebner, ge­rat Dohrn Hannover   sprach über den Dienst der Gesund­schlagen habe. Er hat im Reichstag kurzerhand erklärt: Der Borheitsfürsorgerin. Ganz fraglos ist dieser fehr schwer und figende hatte das Recht, diese Hemmungen zu überwinden." An die in diesem Berufe tätigen Frauen bedürfen selbst einer gewissen der Hand des Gesetzes zum Schuße der Republik  , des Gefeges über fürsorgerischen Betreuung, wenn sie nicht törperlich Schaden leiben den Staatsgerichtshof, an der Hand der Gerichtsverfassung, der sollen. In vielen Städten, namentlich aber auch in manchen Land­Strafprozeßordnung, einer Entscheidung des Reichsgerichtes und der freifen, weiß man ihre Arbeit nicht richtig zu würdigen. Das muß Kommissionsberatung bei Schaffung der Strafprozeßordnung im anders werden! Freilich wird man Dr. Dohrn wahrlich nicht zu­Jahre 1877 mies der Referent nach, daß der Vorsitzende nicht das stimmen fönnen, wenn er meint, man follte die in Betracht font­Recht habe, gegen den Berteidiger, der dem Staatsanwalt gleich- menden Stellen möglichst mit jungen Damen befeßen, die aus und Beamten Familien gestellt ist, Strafmaßnahmen zu ergreifen. Von dem Gesetzgeber sei a storen, Offiziers. ganz bewußt der Vorsitzende mit solch einem Rechte nicht ausge= stattet worden. Ebensowenig darf er dem Anwalt sein Mandat entziehen oder auf dem Wege des Hausrechtes aus dem Saal ent­fernen. Prof. Dr. Goldschmidt pflichtete den Ausführungen des Referenten bei und nahm auch seinerseits ganz entschieden gegen bie Verteidiger Dr. Niedners Stellung. Nachdem Dr. Thiele gegen die Herabminderung der Würde des Anwaltstandes Stellung genommen, Dr. Brandt in furzen Worten Dr. Niedners Ver­halten gegen die Verteidiger durch Tatsachen illustriert hatte und Dr. Weinberg und andere eine rücksichtslose Klärung des Broblems gefordert hatten, teilte Rechtsanwalt Dr. Hein einen weiteren Fall von Entfernung eines Anwalts aus dem Gerichtssaal mit. Diesmal war es der Richter, Dr. Dennewik vom Schöffenwächst und gewisse Ueberheblichkeiten boch langsam überwunden gericht Schöneberg  . Justizrat Dr. Hoffstädt hatte in einem Sivil perfahren einen Antrag zu stellen. Als er daran vom Richter ge­hindert. auf seinem Antrag beharrte, wurde er mit den Worten: Berlassen Sie das Bimmer, bort ist die Tür hinausgewiesen. Suftizrat Dr. Hoffstädt leistete dieser Aufforderung seine Folge. Der Richter rief nach dem Justizwachtmeister; ba 30a es der Rechts anwalt por, freiwillig den Saol zu perlaffen. Die herbeigeeilten Justizmachtmeister wurden vom Richter mit den Worten empfangen: Es ist nicht mehr nötig, er ist von allein gegangen. Der Redner erblickte in diesem neuen Falle eine Gefahr für die Rechts. pflege. Unter allen Anwesenden gab es nur eine Stimme, die dafür war, durch eine friedliche Aussprache mit der Staatsanwalt schaft und dem Richterstande die Frane zu flären. Um 6. April D. 3. findet zum gleiechn Thema eine Sigung des Berliner   Anwalt­vereins statt, zu dem auch die Richtervereinigungen eingeladen find.

stammen. Es erübrigt sich, darüber viel zu sagen. Solche Neuße­rungen sind ja nichts Neues. Die Fürsorgeärzte aus den Arbeiter­gegenden waren aber jedenfalls auch in großer Zahl anderer Mei­nung. Prof. Engel- Dortmund und Beigeordneter Prof. Dr. Krautwig- Köln sprachen über die Aufgaben des Arztes in der sozialärztlichen Arbeit. Prof. Engel forderte dazu auf, die Aerzte für die Aufgaben in der sozialen Arbeit bereit zu machen, mehr als dies bisher geschehen sei. Hoffentlich bleiben die Erfolge nicht aus, falls man nach dem Engelschen Borschlage verfährt. Es bestehen manche betrübende Anzeichen in dieser Be ziehung; es läßt sich aber allerdings nicht leugnen, daß, namentlich unter der jüngeren Generation der sozialfürsorgerisch tätigen Aerzte, mit der Arbeit auch das sozialpolitische Verständnis immer mehr werben. Prof. Krautwig   verlangte überall im Reiche, in den Län­dern, in den Provinzen und in den Kommunen, selbständige Gesundheitsämter mit fozial hygienisch vorgebildeten Herz­ten als Beitern. Als Verwaltungs- und Fürsorge­erste, die namentlich auch die Gemeinben in legter Seit par da zoa ärzte münfte er aus fachlichen Gründen hauptamtlige den nebenamtlich tätigen Aerzten immer mehr bevorzugen.

Er zahlt nur mit Wechseln.

Wegen Wechfelfälschung wurde der 35 Jahre alte aus München  gebürtige Pianohändler Reinhold Boigt von der Kriminalpolizei festgenommen. Seit ungefähr drei Jahren betrieb er in der Sander­straße 30 zu Neukölln eine Pianohandlung, die bis gegen Ende vori aen Jahres reell geführt wurde. Seit dieser Zeit aber ging es mit Voigt bergab. Er mach'e umfangreiche Bestellungen, besonders bei fleinen Klaviermachern. Durch eine große Reklame verstand er es, sich in seinem Geschäftszweige bekannt zu machen. Seinen Lieferanten erzählte er, daß er viele Aufträne für das Rheinland   habe, und die Aussicht, vielleicht noch weitere Bestellungen zu erhalten, veranlaßte die Leute, Wechsel anzunehmen. Die Wechsel stellte er teilweise selbst aus, rief sich dann von der Straße irgend iemand herein und ließ ihn gegen Entgelt von 5 Mart den Wechsel akzeptieren und unterschreiben. Wenn die Lieferanten später diese Wechsel ein­lösen wollten, ermies es sich, daß sie völlig wertlos waren. Nach den bisherigen Feststellungen der Kriminalpolizei hat Boigt über 60 000 mart Wechselschulden. Wahrscheinlich wird sich die Summe aber noch erhöhen, sobald seine Gläubiger von seiner Fest­nahme erfahren. Die gelieferten Klaviere vertaufte er fofort zu fo niedrigem Preise, daß er damit jede Ronkurrenz aus dem Felde schlug. Die Kriminalpolizei ermittelte Boiat in einem Gasthof in Friedrichs hagen. Sein Gepäd. das er bei sich hatte, ließ darauf schießen, daß er flüchten wollte. Mitteilungen von weiteren Geschädigten nimmt die Kriminalpolizei, Dienststelle C 7 im Polizeidienstgebäude in der Georgenfirchstr. 30/31 entgegen.

Verhaftung von Falschmünzern.

Bei der Berausgabung von falschen Geldscheinen wur­den am vorigen Mittwoch in Potsdam   zwei Männer festgenommen, die fleine Gefchäfte aufsuchten und geringe Einfäufe mit falsch. scheinen bezahlten. Sie wurden festgestellt als ein Kunstmaler Erich Mathis und ein Kaufmann Willy Mathis, die zusammen in der Dahlmannstraße zu Charlottenburg   wohnten. Bei ihnen fand man für 3500 M. gefälschte Fünfrentenmart­scheine. Sie leugneten, die Fälschungen auch selbst hergestellt zu haben. Die von Potsdam   aus benachrichtigte Falschgelddienststelle ermittelte die Wohnung der Verhafteten, fand aber dort nichts mehr. Sie stellte jedoch fest, daß ein britter Bruder in dem Atelier des Kunstmalers in der Rosenheimer Straße gewesen war und es mit einem Koffer verlassen hatte. Endlich ermittelten die Beamten auch die Wohnung des Oskar Mathis in der Wrangelstraße und nahmen dort auch ihn fest.

Beim Spielen überfahren und getötet wurde die zehnjährige Schülerin Johanna 3immer aus der Seeburger Str. 22 in Spandau  . Im Eifer des Spielens mit anderen Kindern überfah die Kleine einen Kraftwagen, überhörte auch die Warnungssignale und geriet unter die Räder, die ihm den Kopf zermalmten. Der Bagenführer wurde von der Kriminalpolizei nach seinem Berhör und ber Zeugenvernehmung wieder entlassen, weil ihn leine Schuld trifft.

Die erste Ausstellung des Arbeiter- Radioklubs in den Sophien fälen, Sophienstraße, die ursprünglich nur bis Montag gebacht war, ist auf vielseitigen Wunsch der arbeitenden Ama'eure bis auf Mitt. moch abend verlängert worden. Auch Staatssetretär Dr. Bre bom vem Reichspostministerum und Vertreter anderer Behörden haben gestern die ausgestellten Arbeiten besichtigt. Die Ausstellung ist geöffnet von 5 Uhr nachmittags bis 10 Uhr abends,

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Prof. Rott Berlin   sprach über die Sterblichkeit der Säuglinge in den ersten zwet Lebenswochen, die in den erften drei Lebenstagen. besonders aber am ersten Lebenstage sehr groß ist. Die hauptsächlichste Ursache frühzeitigen Sterbens ist die ri h- geburt, die es gilt zu verhüten. Will man dieses erreichen, so muß man ihre Ursache, die in Krankheiten der Mutter zu suchen ist, aus­merzen. Eine wichtige Aufgabe hiechei kommt der Schwange ren Fürsorge zu, die immer weiteren Boltstreifen zugänglich gemacht werden muß. Auf dem Gebiete der Säuglingsfür­forge verlangte Prof. Rott eine Blanwirtschaft und zwar sowohl für die offene Säuglingsfürsorge, wie auch für die ge­schlossenen, Anstalten, in denen die Säuglinge gepflegt werden.

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Dr. Degtwi München, berichtete über die Möglichkeit eincr umfassenden Vorbeugung gegen atute 3nfettions= tranfheiten. Mit rein hygienischen Maßnahmen ist nichts zu erreichen, weil die Hauptverbreiter nicht die Erkrankten während der 3eit ihrer Krankheit, sondern die Krankheitskandidaten, die ohne Wissen von ihrer Infektion und vor dem Auftreten eines deutlichen Krankheitsgefühls sich hochinfektionös noch frei unter ihresgleichen bewegen. Man fann nur mit Schuhimpfungen bzw. Serumbehand lungen Erfolge erzielen. Bewährt haben sich die   Diphtherie- Schutz impfungen Gesunder, die namentlich in   Amerika bei vielen Hundert­tausenden mit Erfolg ausgeführt wurden, und die Behandlung mafernfranter und masernverdächtiger Kinder mit Serum, das von genesenden Menschen, die eben Masern durchgemacht haben, stammt, oder auch mit Serum von erwachsenen Personen.

Der Raubmord in der Autogarage.

Der graufige Raubmord in der Autogarage der Daimler- Berte in der Jagowstr. 34, dem der Wächter Andreas Hochhaus am 1. Oftober 1924 zum Opfer gefallen war, und bei dem es sich uni den Raub eines Autos handelte, ist jetzt Gegenstand einer Berhand­fung vor dem Schwurgericht des Landgerichts   I. Wegen Mordes und Diebstahls hatte sich heute der 22 jährige Autowäscher Frizz Dürstewiß zu verantworten. Mitangeflagt ist wegen Beihilfe zum Morde und Diebstahl der 20 jährige Autowäscher Kurt Müller. Der erste Angeklagte ist im allgemeinen geständig und schildert mit großer Kaltblütigkeit und Ruhe die Vorbereitungen und die Ausführung der Tat.

Beim Abspringen von einem fahrenden Autobus tam am 30. März abends vor dem Hause Potsdamer Str. 8 der 64 Jahre alte Kassenbote Franz Grohe aus der Fliederstraße zu Fall und blieb bewußtlos liegen. Der Berunglückte wurde zur Rettungs­ftelle 2 gebracht, wo der anwesende Arzt eine leichte Gehirn erschütterung und Verlegungen im Gesicht feststellte. Nach Anlegung von Notverbänden wurde Grohe von seinen Angehörigen nach feiner Wohnung gebracht.

Sprachenfchule für Proletarier. In der fommenden Woche beginnen die für das Sommerhalbjahr geplanten neuen Abendfurfe für Erwachsene in   Englisch, Französisch und Spanisch, sowohl für Anfänger als auch für Borgerüdte. Der Unterricht findet wöchentlich einmal abends( 2 Stunden) statt und wird wieder im Zentrum   Berlins und in Neukölln abgehalten. Anmeldungen: Für Neukölln am Dienstag, den 31. März, 7-9 Uhr, im Lyzeum. Richardplas 14( Seiteneingang), und für das Zentrum   Berlins am Mittwoch, den 1. April und Donners­tag, den 2. April, 7-9 Uhr, in der Gemeindeschule Gipsstr. 23 a( nabe leganderplay und Bahnhof Börſe.

Der Kampf gegen den Alkohol. Der   englische Dampfer Fan­nie Bowell, der sich mit Altoholschmuggel beschäftigte, iſt von der Prohobitionsbehörde beschlagnahmt und die Besagung verhaftet worden. Da der Dampfer sich nicht ergeben wollte, wurde er zuvor befchoffen. Mehrere Granaten haben das Schiff schwer be­schädigt, doch wurde die Mannschaft nicht getroffen.

2 Arbeiter durch eine Granatenegplosion getötet.  Melilla gemeldet wird, ist beim Auslaben eines spanischen Schiffes eine Granatentiste zu Boden gefallen und explodiert. 2 Arbeiter wurden getötet, 6 schwer verlegt.