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möglich seien, um den Sieg zu gewinnen. Der V-Loottrieg Ist dt« ..letzte Karte". Ein seh rernst er Entschluß, wenn aber die mUilänschen Stellen den U-Bootteieg für notwendig halten, so bin ich nicht in der Lage, zu widersprechen. Feldmarschall: Mr sind gerüstet, um allen Eveniualitäte» zu begegnen, gegen Amerika . Dänemark , Holland und auch gegen die Schweiz . Der Unterwasser-K r e u z e r k r i e g bringt nur eine ge- ringe Steigerung der bisherigen Ersolge. W i r brauchen das energisch st«, rücksichtsloseste Handeln, das sich erreichen läßt. Deshalb den rücksichtslosen ll- Bootkrieg vom l. Februar 1917 ab. Der Krieg muß beschleunigt zum Ende gebracht werden, obwohl wir ihn noch langer durchhielten, ober der Bundesgenossen wegen. Kanzler: Es läßt sich denken, daß der U-Bootkricg das Kriegsende hinausschiebt.... Amerikas Hilfe bel evxnkucllem Ein­tritt in den Krieg wird bestehen in Lieferung von Lebensmitteln an England, sinanzieller Beihilfe. Entsendung von Flichmaschincn, Ent­sendung von Freiwilligenkorps. Feld Marschall: Damit werden wir schon fertig. Die Ge­legenheit für den ll-Bootkrieg ist so günstig wie kaum jemals wieder. wir können ihn führen und müssen ihn jähren. Kanzler: ha, wenn der Erfolg winkt, müssen wir auch handeln. F e l d m a r s ch a l l: wir würden uns später Borwürfe machen. wenn wir die Gelegenheil verpaßten. So wurde Deutschlands Untergang von den eigenen Führern besiegelt. Wie man aus den Protokollen ersieht, ist Hindenburgs Anteil keineswegs geringer als der Ludendorffs. Bethmann konnte sich später, nach dem Kriege, bis zu einem gewissen Erade mit Recht darauf berufen, daß auch sein eigener Rücktritt das Verhängnis nicht aufzuhalten vermocht hatte. Unter dem alten Regime hätte man nicht eine Te- künde zwischen ihm, demZivilisten", und den militärischen Götzen, die ohne den verschärften U-Boot-Krieg die Verant- wortung nicht weiter tragen wollten, gezögert. Man hätte ihm lediglich noch den Vorwurf des Landesverrates nachge- schleudert, weil er durch seine Demission den Glauben an das neue Heilmittel erschüttert hätte. Kein einziger amerikanischer Truppentransport wurde während des ganzen Krieges von U-Booten v e r- senkt dagegen brachten die Amerikaner rund 2 Mit- lionen Mann nach Frankreich , darunter 864 600 Mann rsine Fronttruppen, nebst ungeheuren Artillerie- und Mu- nitionsmengen. Aber wie hatte Hindenburg prophezeit? ..Wir haben alle Vorbereitungen getroffen.... Schlechter kann es nicht werden... Wir sind ge- rüstet, um allen Eventualitäten zu begegnen... Mit Amerikas Hilfe an die Entente werden wir schon fertig." Und nun: Wählt Hindenburg wenn Ihr noch Lust dazu verspürt?_

Hmüenburgs programmreüe. Kernig, aber unsinnig. Soldat. zu werden war für mich kein Entschluß, es war eine Selbstverständlichkeit. Solange ich mir im jugendlichen Spiel oder Denken einen Beruf wählte, war es st e t s der militärische gewesen. Der Waffendienst für König und Vaterland war in unserer Familie ein« alt« Ueberlieferung. Wohin mich auch innerhalb de« deutschen Vaterlandes mein Beruf führte, ich fühlte mich stet« als Altpreuß«. Für die humanistisch« Bildung, soweit sie sich vor- herrschend mit den alten Sprachen beschäftigt, habe ich nur wenig ierständn.is. Politisch empfanden wir die Notwendigkeit einer Machtent- scheidung zwischen Oesterreich und uns(1869), well für beide Großmächte nebeneinander in dem damaligen Bundesverhältnis keine freie Bstäiigungsmöglichkeit vorhanden war. Einer von beiden mußte weichen, und da solches durch staatliche Verträge nicht zu erreichen war, hatten die Waffen zu sprechen. Mit treugehorsamstem Dank gegen meinen

Kaiser und König, unter den heißesten Wünschen für seine Armee und im vollen Vertrauen auf die Zukunft unseres Vater- landes war ich aus dem aktiven Dienst geschieden und blieb doch im Innern immer Soldat. Ich selbst habe mein Verhältnis zu General Luden- dorff oft als das einer glücklichen Ehe bezeichnet. Wie will und kann der Außenstehende das Verdienst des einzelnen in einer solchen scharf abgrenzen? Man trifft sich im Denken wie im Han- deln, und die Worte des einen find oftmals nur der Ausdruck der Gedanken und Empfindungen des anderen. Der soldatische Beruf hat schon manchmal selbst starke Naturen schnell erschöpft. Wo in einem Jahre noch triebkräftigel Ver- stand, vorwärtsdrängender Wille vorhanden war, da ist vielleicht im nächsten schon ein unfruchtbarer Kopf, ein matte.s Herz zu finden gewesen. Das war schon vielfach die Tragik soldatischer Größe. Betätigung innerhalb der Gegenworispolilik widersprach meinen Neigungen. Vielleicht war hierfür mein Hang zur politischen Kritik zu schwach, vielleicht auch mein soldatisches Gefühl zu st a r k ent- wickelt. Auf letztere Ursache ist dann wohl auch meine Abneigung gegen alles Diplomatische zurückzuführen. Ich hatte das Cmpsin- den, als ob die diplomatische Beschäftigung wesensfremde Anforderungen an uns Deutsche stellt. Darin liegt wohl einer der Hauptgründe für unsere außenpolitische Rückständig- k e i t. Den Tagesfragen der inneren Politik hatte ich als aktiver Soldat ferner gestanden. Auch nach meinem Ucbertritt in den Ruhestand beschäftigten sie mich nur in dem Rahmen eines stillen Beobachters. Ich vermochte nicht zu verstehen, daß hier und da das Gesamtwohl des Vaterlandes oft recht kleinlichen Partei- inieressen gegenüber zurücktreten sollte, und fühlte mich in meiner politischen Ueberzeugung am wohlsten in dem Schatten des Baumes, der in dem ethisch. politischen Boden unseres großen greisen Kaisers(Wilhelm l.) festwurzelte. Gegenwärtig hat eine Sturmflut wilder politischer Leidenschaften und tönender Redensarten unsere ganze frühere staatliche Auffassung unter sich begraben, anscheinend alle heiligen Ueberlieferungen vernichtet. Aber die Flut wird sich wieder verlaufen.» Dan» wird aus dem ewig bewegten Meere völ- tischen Lebens jener Felsen wieder auftauchen, an den sich einst die Hoffnung unserer Väter geklammert hat und auf dem vor fast einem halben Jahrhundert durch unsere Kraft des Vaterlandes Zu- kunft vertrauensvoll begründet wurde: Das deutsche Kaiser- tum!" 4- Das ist Hindenburgs Programmredel Sie beginnt mit dem Bekenntnis zum Soldatentum, fährt mit der Ab- sage an humanistische Bildung fort und endet mit dem Ausblick auf das deutsche Kaisertum! Em prächtiger Reichspräsident! Nur um MIßverständnisie zu vermeiden, teilen wir ergänzend mit, daß Hindenburg gar keine Reden mehr halten kann aber was hier gedruckt steht, das sind wörtliche Wiedergaben aus dem Buche:Generalfeldmarschall von HindenburgAus meinem Leben"(Verlag S. Hirzel, Leipzig , 1926) und ist dort Wort für Wort nachzulesen auf den Seiten 3, 5, 9, 18, 64, 78, 93, 199, 213 und 405. Die launige Zusammenst-llung der soldatisch ker- »igen, aber desto unsinnigeren politischen Glaubenssätze des alten Mannes finden wir in unserem Nürnberger Parteiblatt. Hindenburg wird derFränkischen Tagespost" und uns Dank wissen, daß wir seine politischen Kenntnisse weiter verbrciten. Vielleicht hat auch der Rechtsblock sein« Freud « voran! Hinöenburg und sein Stil. Passend für die Republik ! Der Till kennzeichnet den Mann? Wer den Präsidentschofts- kandidaten Hindenburg kennenlernen will, muß sich seinen Stil ansehen. Nicht den des Osteraufrufs, der nicht von ihm ist, sondern seinen wirklichen Stil. Hier ist eine Probe: Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät wage ich es für die allergnädiqfte hulovolle Auszeichnung meinen alleruntcrtänigsten Dank ehrfurchtsvoll zu Füßen zu legen."

die �kten öes Mörders. Von Karl Otten . Dieser mit einem Strick zusammengeschnürte Packen vergilbter, zerlesener Papiere enthält die Akten eines Menschen..... auf Deutsch seine Handlungen. Es sind die ungezählten Akte eines Dramas, eines Lebens, dos von einem Menschen gespielt wurde, der seiner Rolle nicht gewochsen war. Cr schleppte diesen Stein der Akten am Strick mit sich herum, und er wuchs, und als er schwer genug war, wurde er ihm aufs Grab gelegt. Man band ihm diesen Stein um den Hals und warf ihn auf den Grund des Meeres. Der Vergessenheit. Sein Leben hatte keinen anderen Inhalt als den, aus dem kleinen Faszikel des Kindes, das Namen, Geburtstag und Konfession in sauberen Kolonnen bewahrte, diesen wuchtigen Stoß tragischer Pa- piere zu produzieren. Einmal waren diese Blätter rein, dieses Leben unbeschrieben... nein, das Leben dieses Mörders war. bevor es begann, schon ge- mordet. Auch die nackten Tatsachen, die nüchternen Buchstaben der Schreibmaschine, die da in Worten feststellen, was einmal Schrei und Qual und Blut war, können die Wahrheit zwischen den Zeilen nicht hinwegzaubern, daß dieses Leben nie gelebt wurde. Daß es ein wüster Trug, ein Spuk, ein Schatten von etwas war, das wir nicht kennen, nicht zu ersinnen vermögen, well es einer vierten oder keiner Dimension angehört. Und was war erst das Licht hinter diesem ragenden Etwas, das den Schatten dieses Lebens auf unsere Gleich- gültigkeit warf? Und wenn auf der ersten Seite steht:Im Namen des Volkes wird gegen den Arbeiter NN. die Anklage auf Mord erhoben", so erkennt man klar, daß es diese Form der Mitteilung über den Schluß zweier Leben nicht geben kann. Aber es steht da, klar und deutlich, auf einem Quartbogen aus gewöhnlichem, gelbem Papier, und unten leuchtet schwarz die Unterschrist des Richters. Und dieser Michter heißt: Vater. Das ist natürlich ein Zufall. Aber dann ist auch dieses elementar deutliche und nackte Wort aus vier Buchstaben am Kops des Blattes Zufall, Zufall dieses Leben, das in dieses blöde Wort mündete und daran zerschellte, zer- schellt wurde. Dann sind alle die folgenden Seiten voll Striemen, Wunden, Ker- ker, Verbrechen und Verzweiflung ohne Zusammenhang, zusammen- geweht von einem bösen, widrigen Wind. Gehörten eigentlich auf viele Menschen verteilt, auf eine größere Fläche mit vielen Besitzern. Auf diesem Acker liegen nur Steine. Denn diesem letzten Akt, der die blutige Lösung brachte, gingen nach diesen Blättern zahlreiche Akte der Verletzung wichtigster Ge- setz« voraus. Es ist ein gesetzloses und wildes Drama, in dem der eisorne Vorhang die Hauptrolle spielt. Er war»och ein Kind, al» er das erstemal«ingesperrt wurde.

Das wäre nun alles nicht nötig gewesen. Man kann dieses Leben so lesen: , Er wurde geboren im Elend, als der Sohn eines Säufers. Die lvtuitcr erhängte sich aus Verzweiflung, als er zehn Jahre alt war. Die Pflegeeltern zwangen ihn, z» stehlen, und deren Tochter ver- führte, vergewaltigte ihn. Da inordete er einen Polizisten und wurde zu lebenslänglichem Kerker verurteilt. Wozu ließ ihn das Leben erst diesen qualvollen Umweg machen über zwölf Jahre Kerker? Die Unterschrift des Richters ist natürlich kein Zufall. Der Richter, der ihn wegen Mordes anklagt, heißt nicht etwa Vater. Sondern der Vater hat die Anklage gegen den.Sohn erhoben, nachdem er ihn gezeugt, verstoßen, hineingezwungen hat in diese Acta, bei denen er jetzt liegt. Immer tiefer drängte er ihn abwärts, bis auf den finsteren Grund, wo er mit dem Revolver Licht schaffte. Der Vater gab ihm das Leben, dieses Leben, und Nagt den Sohn jetzt an, daß er es so lebte und nimmt es wieder an sich. Das ist eine Vollendung, ein Abschluß, der einleuchtet. Autor, Kläger , Richter sind in einer Person restlos vereinigt. Die unheilige Dreieinigkeit des unbekannten Gottes, der aus unbekannten Dimen- sionen dieses Leben als Schatten über uns warf. Diese Akten sind die ewige Post, die rundreist von Mensch zu Mensch. Ewig wird ein Vater die Anklage gegen den Sohn erheben. Die Namen ändern sich. Die Taten. Die Daten. Aber die Akten, die Akten bleiben. Es bleiben der Richter, das Urteil und der Kerker, der sich donnernd hinter einem Sohn schließt, dessen Verbrechen es war, geboren zu sein.

Ein zeitgemäßer Zugenderzieher. Am 11. April hielt der Deutsche Schillerbuud seine diesjährige Tagung in Weimar ab zur Vorbereitung der alljährlich dort im Somnier für die deutsche Jugend veranstalteten Festvorstellungen. 3666 Iu- gendliche sind bis jetzt für diesen Sommer gemeldet, der zum ersten­mal auch ein modernes Stück, denFlorian Geyer " Gerhart Haupt- manns, bringen wird. Der Vorsitzende des Schillerbundes beiontc, daß der Bund die gesamte deutsche Jugend erfassen will, und nannte unter den Jugendorganisationen die I.Arbeiter-Jugend". Man hat sich trotzdem auf der Tagung der Empfindung nicht erwehren können, daß doch wesentlich die Schüler der höheren Lehranstalten an den Veranstaltungen und Festausführungen teilnehmen. Zum Teil liegt das daran, daß nur Jugendliche über 16 Jahr« für die Teilnahme in Betracht kommen, also die Volksschule ausschaltet. Hier müßte mehr systematische Zusammenarbeit mit Fortbildungs- und Berufsschulen erzielt werden. Charakteristisch für die Einstellung einzelner war, daß ein G y m n a s i a l p r o f e s s o r nicht nur die Aufführung des Florian Geyer " für bedenklich erachtete, sondern noch mehr die für 1926 oenlante desF i e s c o", weil S cy i ll e r diesen a l s RepublikanifchesTrauerspiel" bezeichnet hat. Der- selbe Herr warnte auch davor, etwa im Nationaltheater daran zu erinnern, daß hier die deutscbe Verfassung gegeben worden sei. Er- freulicherweise fand jedoch diese Rede allgemeine energische Ab-

So dankte Hindenburg für die Verleihung des Grohkreuzes zu« Eisernen Kreuz ! Noch heute legt erEuer Kaiserlichen und König- lichen Maiestät" alleruntertänigste Briefe zu Füßen. Es wäre ein blutiger Witz der Weltgeschichte, wenn der Präsi- dent der deutschen Republik mit demokratischer Verfassung sich aller- unierianigst dem Deserteur Wilhelm zu Füßen legen würde.

vom beginnenden Wahlkampf. Die rheinischen Genossen an der Arbeit. Köln , 14. April. (Eigener Drahtbericht.) In den beiden Oster- tagen veranstaltete die Sozialdemokratie im Wahlkreise Köln-Aachen eine Reihe von Bezirtskonserenzen und Mitgliedeiversammlungen, in denen man sich mit der bevorstehenden Reichspräsidentenwahl beschäftigte. Die Versammlungen und Kon- ferenzen waren sämtlich sehr stark besucht und ließen großes Inter- esse an der Entfaltung des 26. April erkennen. Ueberall kam zum Ausdruck, daß die Sozialdemokratie alles tun müsse, um der kau- didalur Marx zum Siege zu verhelseu. Gegen den Monarchisten hindenburg den Republikaner Marx, das müsse mit aller Deutlich- keit und größter Entschiedenheit auch im katholischen von der Zentrumspartei beherrschten Westen die Losung der Sozial- demokratie sein. Durch das Eintreten für Marx werde der alte Gegensatz zwischen Zentrum und Sozialdemokratie in keiner Weise oerwischt, sondern nach wie vor sei die Zentrumspartei in Westdeutschland der stärkste Gegner der Sozialdemokratie. Das hindert aber nicht, zur Erringung gleicher Ziele mit ihr ein Stück Weg gemeinsam zurückzulegen. Ein solches Ziel sieht die Sozial- demokratie im Wahlkreise Köln-Aachen in der Besetzung des höchsten Postens der Republik mit einem überzeugten Republi- k a n e r, und darum muß die Sozialdemokratie im Wahlkreise Köln- Aachen am 26. April alles tun. um der Kandidatur Marx zum Siege zu verhelfen. vie»Wirtschaft� gegen hinöenburg. Köln . 14. April. (Eigener Drahtbericht.) Wie unser Kölner Vertreter aus prominenten Kölner Wirts cha ftskreisen ei fährt, verschärst sich dort die Gegnerschaft gegen die Kandidatur Hindenburg von Tag zu Tag. Trotz der starken Wahlpropaganda derKölnischen Zeitung " ist man in den Kreisen maßgebender west- deutscher Wirtschaftskapitäne der Auffassung, daß die Kan- didatur des alten Gencralfeldmarschalls auch w i r t s ch a f t s- politisch Deutschland zum Verhängnis werde. Es ist mit ziem- licher Bestimmtheit damit zu rechnen, daß besonders in den Kreisen der Deutschen Volkspartei im Westen zahlreiche Gegner der Hindenburg -Kandidatur am Wahltage für Marx eintreten werden.

Lasialle-Zeier in Sreslau. Am IS. April dem lOO. Geburtstag. Breslau . 14. April. Eigener Drahtbericht.) Ein« L a f s a l l e- Feier der Breslauer Arbeiterschaft fand am gestrigen 166. Ge- burtstag des großen Toten statt, nachdem die Lokalforschung festge- stellt hat, daß nicht der 11.. sondern der 13. April das richtige Geburtsdatum ist. Der große Saal des Breslauer Gewerkschaftshauses war trotz des schönen Osterwetters dicht gejüllt und mit den Fahnen der Arbeiterorganisationen, mit frischem Grün und mit einer edlen Lassallebüste würdig geschmückt. Arbeitersänger leiteten die Feier«in. Dann hielt Professor Dr. G u st a o M a y e r die Festrede, in der er aus der Fülle seiner Kenntnis der gedruckten und unged ruckten Lassalle -Dokunient« vor allem die Entwicklung des jungen Lassalle aus einem reichen Bürgersohn zum ersten Trommelschlä-rer der erwachenden deutschen Arbeiterbewegung feinsinnig nachzuzeich- nen wußte. Wie hoch Lassalle die deutsche Arberterschaft seinerzeit schätzte, zeigte der Redner an Hand eines ungedruckten Briefes an die Gräfin Hatzfeld, der einen Vergleich mit den rumänischen Ar- beitern bringt und ein hohes Lied des deutschen Arbeiters singt, be zeichnenderweise in einem Dokument, das den Arbeitern selbst nie bekannt werden sollte. Lassalle, so zeichnet Professor Mayer an Hand dieses Zeugnisses, hat der Arbeiterschaft viel gegeben, aber auch viel von ihr empfangen. Sein Staatsidealismus hat in keinem Augenblick Verherrlichung des feudalen Beamtenstaates seiner Zeit

lehnung. Wie aber wird solch sogenannter Iugenderzieher der deui sehen Jugend Schillers Geist vermitteln, von dem er auch nicht einen Hauch verspürt? Und wie stellt sich die vorgesetzte Behörde zu diesem skandalösen Fall? wie Eorinih arbeitet.. Loois Eorinth hat in der letzten Phase seines Schaffens Werke vollendet, die eine ganz persönliche eigen- artige Technik aufweisen. Wie der Künstler diese Bilder schafft, davon erzählt Rudolf Grohmann im neuesten Heft vonKunst und Künstler".Eorinth nimmt zu jedem Bild eine neue Palette." schreibt er:diese wird dann nicht mehr benutzt, erledigt in die Ecke geworfen. Er ist kein technisch Disziplinierter, in diesem Sinne ist er eigentlich ganz unmodern und unfranzösisch. Er ist vom Objekt so ergriffen, daß er gar keine Zeit zu irgendeiner Maldisziplin hat. Eine teutonische Malerfaust packt zu, kein Gedanke an die Art des Vortrages, an das Wie des Entstehens. Es schafft in ihm! In der Ruhe hat er oft etwas Müdes, wie eine kranke Wildkatze. Wenn er arbeitet, reißt er die Augen weit auf, eine Wut faßt ihn, wie er sagt, seine Züge spannen sich, die Nüstern weiten sich er ist so besessen vom Eindruck, daß alles andere um ihn herum versinkt. Daß er jetzt motorisch gehemmt ist, weiß er zu nutzen: nichts mehr voni leichtflüssigen Pinselstrich seiner früheren, oft etwas akademi- schcn Bilder. Die Hand tappt in die Palette, färbt sich allmählich krapprot, während er mich malt. Oft kommt wie ein Malstock die andere zitternd als Stütze zu Hilfe, um irgendeinen Ton genauer zu formen, oft läuft er hin und her, um aus dem Malkasten Zink­weiß zu holen. Im Freien malend, läuft er sogar x-mal ins Haus zurück für jede Tube, die Arbeit sich selbst noch erschwerend. Niemand tonn ihm helfen, niemand darf ihm helfen. Am Ende, nach zwei- cinhalbstllndiger Arbeit ohne Pause ich mütz dabei stehen, und ihn immer ansehen sanken seine Hände blutrot, als halle er in meinen Eingeweiden gewühlt..." Lieferant für offizielle Reden. Die PariserLiberte" erzählt von einer pikanten Angelegenheit, in die viele Persönlichkeiten aus hohen und höchsten Pariser Schul- und Regierungskreisen verwickelt sind. Ein Universitätsprosessyr(der Name wird diskret verschwiegen), der ebenso reich an Bildung und Phantasie, wie arm an Geld ist, hat ein ausgezeichnetes Mittel zur Aufbesserung seines kargen Kc- Halts entdeckt. Da er gute Freunde und Bekannte im Unterrichts- Ministerium hat, ist er in der Lage, die Namen der Persönlichkeiten, die bei ösfentlichen Schulprämienverteilungen und allen anderen den Unterricht betresfenden offiziellen Kundgebungen den Vcrsstz zu führen bestimmt sind, viel früher zu erfahren, als sie im Staats- anzeiger bekanntgegeben werden. Wer die französischen Schul- gepslogenheiten kennt, weih, daß diese Vorsitzer eine Rede zu halten haben, und daß sie mit dieser Rede natürlich gern glänzen wollen. Der erwähnte Unioersitätsvrosessor nun versendet an solche Herren ein Rundschreiben etwa folgenden Inhalts:Sehr geehrter Herr... usw. Ich erkläre mich bereit, Ihnen für den gedachten Zweck eine Rede erster Güte zu liefern. Haben Sie nur die Freundlichkeit, mir die gewünschte Länge der»Rede anzugeben und außerdem die voll- tische Färbung, die Sie Ihren Worten geben möchten. Oer Preis beträgt ohne Rücksicht auf die Länge und die politische Farbe 166 Francs." Man kann sich also schließt dieLibertö" in Paris jetzt für den mäßigen Preis von 166 Francs Bildung. Bered- samtell und Geist kaufen.