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April- Sonne.

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Die düstere Kiefer ist der märkische Waldbaum, aber der Misch. wald ist's  , den man im Frühjahr aufsuchen muß! Dort, wo wie im Nordwesten von Berlin  , an der Hamburger   Strede Eichen, Buchen, Birken, Erlen, Haseln, Fichten, Lärchen, Kiefern und noch manches andere in malerischen Durcheinander, mit Waldwiesen wechselnd, aufeinanderfolgen. Hier sprenkeln, so weit das Auge reicht, Myriaden weißer, blauer und gelber Blütensterne den Wald­boden, ein Bild unbesieglichen Lebens über dem toten braunen Laube, das unser Fuß durchraschelt. Die gefürchteten Mücken leben noch in Larvenform in den von Sumpfdotterblumen gefäumten Gräben. Dafür gaufeln Bitronenfalter, Trauermantel und Pfauenauge einzeln oder paarweise über den Wegen. Ein flinter grüner Räfer, der Sandläufer, läuft, morderpicht auf schwächere Insekten, auf den Bfaden vor uns her. Wenn wir ihm nahe kommen, fliegt er

gewandt ein paar Schritte weiter, ein fliegender Smaragd. Eine Ringelnatter raschelt über den Weg. Sie haben es nicht leicht, diese harmlosen Tiere, denn die meisten Ausflügler verwechseln sie mit Kreuzottern und verüben unrühmliche Heldentaten an den nützlichen, nur Mäufen und Fröschen gefährlichen Nattern.

Der Specht   telephoniert durch heftiges Trommeln an dürren Aeften seiner Gefährtin, die Eichelhäher quarren und die Meisen siepen; aber sie sind nicht mehr Alleinherrscher des Waldes, denn die ersten Sänger machen sich bemerkbar, während sie ihre Niststätten bereiten. Und immer wieder Anemonen, unzählbar zu unseren Füßen, und Myriaden sich entfaltender Knospen zu unseren Häupten, der Sonne sich entgegendrängend, deren funkelnde Wärme noch unge hemmt durch die Kronen strahlt und quirlt und brandet. Sie meint es so gut, daß wir uns einbilden, wir seien es schließlich auch noch wert, von der Sonne beschienen zu werden, und so lagern wir uns im Grase zwischen farbigen Blüten, schauen durch zierliches Geäft in den weiß und blau gescheckten Himmel, auf gaufelnde Schmetterlinge, emfige Ameisen, fleißige Hummeln, bis uns von all den Wundern die Augen übergehen und ein leichter Schlummer uns die Lider schließt.

Dunkle Vorgänge in einer Dachwohnung.

Berhaftung eines Lüfilings.

Dunkle Borgänge in zwei schmuhigen Dachlammern beschäftigen feit einigen Tagen die Kriminalpolizei. Ein junges Mädchen, das eine Stelle fuchte, wurde am Freitag voriger Woche von einem Bermittlungsbureau auf einen 52 Jahre alten Scherenschleifer Albi. nius Tanderski aufmerksam gemacht, der sich gerade in dem Bureau aufhielt, um sich nach einer Wirtschafterin" umzu­fehen. Das Mädchen einigte sich mit ihm und ging gleich mit ihm nach seiner Wohnung Linienstraße 42.

Es handelt sich hier um ein älteres, aber tadellos sauberes Haus an der Ede der Alten Schönhauser Straße. Man stieg die weiß­gescheuerten Stufen empor, Tanderfti schloß die sauber grün ge strichene schwere, durch zwei Borlegefchlösser gesicherte Tür zu seiner Bodenwohnung auf und ließ das Mädchen vor sich eintreten. Gleich hinter sich schloß er die Tür ab und ergriff fofort einen Strid, der auf einer Tonne lag, um seine Begleiterin zu feffeln, bevor sich diese noch in den vor Schmuh starrenden beiden Dachlammern umgesehen hatte. Sie setzte sich zur Behr, befreite sich, schloß blitzschnell die Tür auf, entfloh und meldete der Kriminalpolizei, was ihr begegnet mar. Kriminalbeamte be­obachteten darauf das Haus und fielen am Sonnabend früh über­raschend bei dem Scherenschleifer ein. Sie waren erstaunt, in dem sonst so sauberen Haufe derart verschmutzte Räume zu finden. Zwei Betten, ein Sofa, ein Regulator und einige Rüchenfachen waren ebenso schmutzig wie die Wände und alten Kleidungsstücke und Lum­pen, die umherlagen. An der Decke hingen gepöfelte und ge­trodnete Fleischstücke, andere lagen in Tonnen. Der erste Eindruck war, daß man in eine Mörderhöhle nach Art der Haarmann und Dente geraten sei. Die Beamten fanden bei der Durchsuchung mehrere größere und fleinere Schlächterbeile und Schlächtermesser, einige Dußend Männer- und Frauenstiefel, ab­getragene Frauen und Männerkleidung, Lumpen verschiedener Art, im Herd Asche von verbrannten Stiefeln, und in den Kammern viele Ausweispapiere, Briefe und Photographien der Frauen und Mäd­chen. Tandersti, der vorläufig festgenommen wurde, erklärte, daß er die Beile und Meffer zum Schleifen erhalten und die Stiefel und Kleidungsstücke getauft habe. Aus den Schriftstücken und Photo graphien wurde festgestellt, daß Tandersti im Laufe der Zeit etwa 25 Frauen und Mädchen in seiner Behausung ge­habt hat, die ihm die Wirtschaft führten, zeitweilig zwei zugleich. Nach den bisherigen Feststellungen hat man es nicht mit einem Mörder, wohl aber augenscheinlich mit einem& üstling zu tun. Van den aus den Papieren und Photographien festgestellten Frauen un mädchen ist niemand als verinißt gemeldet. 12 find ermittelt worden. Wenn auch nicht anzunehmen ist, daß Tanderfti jentand getötet hat, so wäre es doch erwünscht, daß sich alle, die mit ihm in Berührung gekommen sind, unverzüglich bei Kriminalfommiffar Jo hannes Müller im Bolizeidienstgebäude in der Magazinstraße mel den, auch die Stellenvermittler, die er in Anspruch genommen hat. Zandersti, der in Haft genommen wurde, ist verheiratet. Seine Frau und Kinder wohnen von ihm getrennt in Moabit  . Er haufte in den beiden Dachlammern seit 64 Jahren. Das Fleisch, das an der Decke hing und in den Tonnen lag, wurde von dem Sachverstän­digen des Bolizeipräsidiums, Professor Dr. Brüning, zweifelsfrei als Tierfleisch festgestellt. Die Untersuchung des ganzen Treibens ist noch nicht abgeschlossen. Festgestellt ist, daß Tanderski fein Trinter ist. Er bezahlte auch pünktlich seine Miete.

Zu dem Lust mord bei Eisenberg   in Thüringen   erfahren wir, daß der Täter ermittelt und festgenommen worden ist. Es ist ein 26 Jahre alter aus Lauscha   bei Sonneberg   gebürtiger Arbeiter Karl Sommer. Er wurde in Nennsdorf bei Jena   er­mittelt, als er gerade im Begriffe stand, an einem fleinen Mädchen ein neues Verbrechen zu begehen. Der Verhaftete ist des Luft mordes bei Eisenberg   geftändig.

Die Unterschlagungen beim Potsdamer   Amtsgericht. Auf Veranlassung der Botsdamer Staatsanwaltschaft wurde der Juftizsekretär und Oberleutnant a. D. Hoffmeister, der beim Amtsgericht Potsdam   beschäftigt war, verhaftet. Hoffmeister hat befanntlich in vielen Fällen Strafgelder unterschlagen. Das ging so weit, daß einem Angeklagten, dem die Gefängnisftrafe burch Zahlung einer Buße von 150 W. erlassen war und diese auch prompt bezahlt hatie, figen mußte, weil er angeblich nicht gezahlt hatte. Auch diese Summe hat Hoffmeister unterschlagen. Er war seit drei Tagen flichtig, ist gestern früh in Thüringen   verhaftet und nachmittags dem Boisdamer Untersuchungsrichter vorgeführt worden. Im anderen Falle schädigte der Herr Sekretär eine Berliner   Wein­firma dadurch, daß er für 800 m. Liöre und Weine entnahm, dieje auf dem Landgericht gegen bar verkaufte, sie aber nie bezahlte.

Sophie von der Heide.

Eine gemeine Schwindlerin hat seit einigen Monaten belagte Leute, meist Gozialrentner, durch ihre Betrügereien um die letzten wenigen Groschen gebracht. Die Baunetin erscheint, nachdem sie heimlich bald in diesem, bald in jenem Hause ihre Nachforschungen angestellt hat, bei den alten Leuten und stellt sich als" Direttrice einer Wäschefabrit" oder einer Großhandlung vor. Sie gibt an. daß dieser Betrieb einen zuverlässigen Wächter suche und in erster Linie an einen Sozialrentner gedacht habe, der noch rüftig genug fei, um den gar nicht schweren Posten zu versehen. Dem Betrieb sei daran gelegen, so einem Mann zu seiner fleinen Rente bei leichter Beschäftigung noch eine Nebeneinnahme zu verschaffen. Im Laufe der Unterhaltung läßt die Direktrice" dann noch durch

bliden, daß fie in der Lage fei, angeftaubte äsche zu cinem billigen Preis abzugeben. Die alten Leute freuen sich, wider

Erwarten noch eine gut bezahlte Stellung zu finden und geben gern die verlangte Anzahlung auf die Wäsche. Die Besucherin stellt anheim, zur Abholung der Wäsche einen Boten zu schicken, oder auch selbst zu kommen, um sich gleich einmal die neue Stellung anzu sehen. In beiden Fällen erfahren die enttäuschten Alten, daß sie

Deffentliche Wählerfundgebungen

heute, Mittwoch, den 22. April, abends Uhr Miffe, 7. 2bf.: Köhlers Festfäle, Tiedstr. 24. Prenzlauer Berg  , 26. u. 28. Abt.: Büttner, Schwedter Str. 23. treuzberg, 42. Abt.  : Blücherfäle Blücherstr. 61. 43. 2bf.: Rabe, Fichteftr. 29. 46. Abt.: Schulaula Stalizer Str. 55/56. 47. Abt.  : Behrendt, Manteuffelstr. 95. Charlottenburg  : Aula Mommsen- Gymnasium, Wormser

Straße 11.

Wilmersdorf: Spichernsäle, Spichernstr. 3. Dahlem  : Schilling, Dahlem  - Dorf, Königin- Luise- Str. 42. Marienfelde  : Haseloff, Berliner   Str. 114. Neukölln: Schultheiß( Wintergarten), Hasenheide 22. Budow: Lokal Wolf, am Krankenhaus. Johannisthal  : Bürgergarten, Bantstraße Ede Sterndamm. Niederschöneweide  : im Kyffhäuser  . Adlershof  : Wöllstein  , Bismarcstr. 74. Karow  : Klir, Pantgrafenstr. 3. Tegel  : im Strandschloß.

Redner: Aufhäuser, Clara Bohm- Schuch  , Breuer, Emil Barth, Crispien, Faltenberg, Heinig, Dr. Freund, Adolf Hoffmann, Gertrud Hanna, Joachim, Kuttner, Litke, Landa, Otto Meier  , Reimann, Zubeil.

Donnerstag, den 23. April, abends 71 Uhr Tiergarten: Moabiter Gesellschaftshaus, Wiclefftr. 23. Prenzlauer Berg  , 29. Abt.: Schulaula Senefelderstr. 6. Friedrichshain  : Königsbant, Frankfurter Str. 107. Charlottenburg  : Hohenzollern  - Festfäle, Berliner   Str. 105. Zehlendorf  : Lindenpart, Berliner   Str. 8. Schöneberg  : Siedlung Lindenhof, Ledigenheim( großer Saal). Lichterfelde  : Aula Oberrealschule, Ringstr. 2. Mariendorf  : Herolds Festfäle, Chauffeestr. 287. Bri: Beders Gesellschaftshaus, Chauffeeftr. 96. Oberschöneweide  : Mörners Blumengarten, Ostendstraße. Köpenid: Körner- Schule, Lindenstraße. Friedrichshagen  : Schröders Festfäle, Friedrichstr. 137. Lichtenberg  : Aula Bartaue, an der Möllendorfstraße. Kaulsdorf  : Turnhalle Adolfstraße. Buch: Göpfert, am Bahnhof. Buchholz: Rossack, Hauptstr. 71.

Redner: Aufhäuser, Ed. Bernstein, Breuer, Dressel, Heinig, Joachim, Kuttner, Künstler, Dr. Klee, Dr. Löwen stein, Landa, Litte, Otto Meier  , Nietisch, Ruben, Stelling, Dr. Witte.

Tagesordnung in allen Kundgebungen:

Die Reichspräsidentenwahl­Deutschlands Schicksalstag!

betrogen worden sind. Mit ähnlichen Tricks sucht die Gaunerin auch alte Frauen heim. Nach übereinstimmenden Beschreibungen und an der Hand eines Lichtbildes ist sie jetzt festgestellt als eine der Kriminalpolizei schon vor früher her bekannte Sophie von der Heide, die zuletzt in der Belziger Straße gewohnt hat, von dort aber seit einiger Zeit verschwunden ist. Bor der Betrügerin muß dringend gewarnt werden. Mitteilungen über ihr Auftauchen an Kriminialkommissar Brebed im Polizeipräsidium.

Schriftliche Bestellung der Ferienfonderzugkarten!

Um das lästige Anstehen zur Erlangung der Fahrtarten für die Feriensonderzüge auszuschalten, beabsichtigt die Reichs bahndirektion Berlin, in diesem Jahre verfuchsweise ein schriftliches Bestellverfahren einzuführen. Die Richtlinien des neuen Berfahrens werden demnächst durch die Breffe und durch Bekannt machung auf den Bahnhöfen veröffentlicht werden. Das Bestell­verfahren soll in folgender Weise organisiert werden: Bon einem noch zu bestimmenden Zeitpunkte ab werden Bestell- Formu Iare tostenlos bei den größeren Fahrkartenausgabestellen abge: geben. Die ausgefüllten Formulare sind entweder durch die Post ober direkt bei den für die Erledigung der Bestellung besonders hierzu eingerichteten Bureaus auf den Bahnhöfen einzureichen. Je der Einsender erhält schriftlichen Bescheid, ob und für welchen Bug er berücksichtigt werden tonnte. Die ersten Sonderzüge werden be­reits im Juni verkehren. Die Neuerung dürfte beweisen, daß die Deutsche Reichsbahn  - Gesellschaft den Wünschen des reifenden Bublifums in jeder Weise entgegenzutommen bereit iſt.

Das Rundfunkprogramm. Mittwoch, den 22. April.

Außer dem üblichen Tagesprogramm:

3.30 Uhr nachm.: Die Funkprinzessin erzählt: Tiermärchen Ameisen. 3. Hähnchen.  ( Die Funkprinzessin: Adele Proesler). 4.30-6 Uhr abends: Unterhaltungsmusik( Berliner   Funkkapelle). 6.40 Uhr abends: Dr. Martin Ulbrich: Die Krüppelfürsorge der inneren Mission". 7 Uhr abends: Hans- Bredow- Schule.( Abteilung Hochschulkurse). Dr. K. Th. Preuß: Glaube und Mystik in der Völkerkunde. 3. Vortrag: Die übernatürliche Macht und die religiöse Scheu. 7.35 Uhr abends: Vortragsreihe des Herrn Rechts­anwalts Dr. jur. Th. Tichauer: Die Entwicklung der inter­nationalen Rechtsprechung". 3. Vortrag: Der internationale Schiedshof im Haag und seine Wirksamkeit. 8.05 Uhr abends: Volksliedes". 8.30 Uhr abends: Madrigale und Volkslieder. 1. a) Inns­Geh. Reg.- und Oberschulrat Doblin: Die Entwicklung des bruck, ich muß dich lassen, Heinrich Isaac  , b) Hoffnung, Jakob Kremberg, c), Villanella  , Baldassaro Donati, d) Fahren wir froh im Nachen, Giovanni Gastoldi  ( Der Basilicachor, Dirigent: Pius Kalt). 2. a) Auf der Lüneburger Heide  ( Löns  ) Leopold Hassen­kamp, b) Spielmannslied, aus dem Singspiel Die verstaubten Schuhe( Dr. Hjalmar Schacht  , Reichsbankpräsident) Leopold Leop. Hassenkamp, d) Trauerode an den Mops( K. Katsch) Leop. Hassenkamp, c) Gesang des Zechers an den Mond( H. Neumann) Hassenkamp( Berthold Reißig. Lieder zur Laute). 8. a) Die Nachtigall. Mendelssohn- Bartholdy  , b) Im Walde, Robert Schu­ mann  , c) Wohin mit der Freud? Friedrich Silcher  ( bearbeitet von ( Der Basilicachor). Riedel), d) Die Ungetreue, Volksweise, bearbeitet von Rob. Kahn 4. a) Morgen muß mein Schatz abreisen, altes Soldatenlied, b) Zwei Altberliner Lieder aus Nante", nach Adolf Glaßbrenner  , frei bearbeitet von Fr. Friedmann- Fredrich, für die Laute von B. Reißig: 1. Frühlingslied ,, 2. Was man aus Liebe tut, c) Der Gummibaum, Verfasser unbekannt( Berthold Reißig). 5. a) Die Verschmitzte, nach einer Volksweise bearbeitet, Georg Schumann  , b) Spielmannslied, Volksweise aus dem 16. Jahr­hundert, bearbeitet, Röntgen, c) Buhköken von Halberstadt  , niederdeutsches Kinderlied, bearbeitet, Ed. Grell, d) Reiten lassen, Otto Nicolai  ( Der Basilicachor). Anschließend: Dritte Bekannt­gabe der neuesten Tagesnachrichten, Zeitansage. Wetterdienst, Sportnachrichten. Theater- und Filmdienst. 10.30-12 Uhr abends: Etté- Tanzorchester.

von Weysar. 1. Die Rehmutter. 2. Der Maulwurf und die

Der Schwarzweißrote Christus.

und bar jeder Selbsterkenntnis sind die Förderer des Rückschrittes jederzeit bereit, selbst das ihnen scheinbar heiligste für ihren Bartei­[ pettafel zu mißbrauchen. Es gibt doch noch Pfarrer, welche ver­stehen, Jesus von Nazareth das Hakenkreuzbanner mit notwendigem Schwung in die Rechte zu drücken. Man schrieb uns darüber:

Der Fanatismus der Reaktion kennt keine Grenzen. Skrupellos

B

,, Die kleine Dorfkirche eines im Vorortbereich Berlins   liegenden fleinen Ortes war festlich geschmückt. Sollte doch die diesjährige Ein­segnung stattfinden. Biele Leute, die mancherlei Hemmungen wegen fonft nicht in die Kirche gehen, hatten sich hierzu eingefunden. Ge­rade für diese sollte der Tag, es war der Sonntag der Reichspräsi­bentenwahl, zu einem Erlebnis werden. Ihre erstaunten Augen jahen nämlich, daß über dem Altar zu beiden Seiten des Getreuzigten zwei Kranzschleifen hingen in den Farben Schwarz- Weiß Rot. Wundervoll zu diesem Bilde paßte die Bredigt des Paftors über die Liebe der Kinder zu den Eltern, die Liebe zu den Rächsten, die Liebe zu allen Menschen( ob der Feindbund" hiervon ausgeschlossen ist, verriet der Herr Pastor leider nicht). Aber die Augen der Anwesenden sollten noch größer werden, als der Pfarrer in sein Gebet einschloß, die Gemeinde sollte mit ihm dafür beten, daß aus dem Wahlkampfe ein christlicher und deutscher Mann als Oberhaupt des Deutschen Reiches her­vorgehe. Ich stelle die Frage: Was ist Amismißbrauch? E. D."

Dieser schwarzweißrote Diener Gottes ist von ganz besonderer Qualität. Sein Gott des Hochschutzolls und der 100prozentigen Agrarindustrie scheint allerdings durch allzu häufigen Anruf ein wenig beschädigt zu sein. Das Jarres- Gebet hat nicht ganz geklappt. Er sollte die Berbindung auf Dichtigkeit nachprüfen lassen. Dem streitbaren Sohn der Kirche ist angelegentlichst zu empfehlen, fich für den greisenhaften Militär mit mehr Inbrunst ins Zeug zu legen. Die Kirchenbehörde bezahlt ihn ja dafür.

Vom diesjährigen Luftverkehr.

Am letzten Montag wurde der diesjährige Luftverkehr mit deutschen   Flugzeugen auf den innerdeutschen und von Deutschland  ausgehenden öffentlichen Luftverkehrsstrecken regelmäßig wie­der aufgenommen. Entsprechend den bekannten Fortschritten, die der deutsche Luftverkehr und Flugzeugbau in letzter Zeit erzielen fonnte, hat auch das Luftverkehrsnez einen erheblichen Ausbau erfahren, der fich sowohl in einer Berdoppelung und starten Ber­dichtung des Luftverkehrsnezes, als auch im Einsatz von Großflug­zeugen auf verschiedenen wichtigen internationalen Durchgangsstreden ausdrückt. In erster Linie werden die neuen Junters Ber­tehrsgroßflugzeuge auf der von Schweden   ausgehenden Strecke Malmö  - Hamburg  - Amsterdam  - London   und auf der von Trans- Europa- Union betriebenen Linie Zürich- München- Wien eingefeßt. Eine furze Busammenstellung der wichtigsten, mit Junkers­flugzeugen betriebenen ufipertehrsftreden ergibt folgende Uebersicht: Berlin  - Leipzig  - Fürth  - München  ( 5 Stunden, Preis 100 mt.) Berlin  - Danzig  - Königsberg  ( 5 Stunden, Flugpreis 80 Mart). Königsberg- Memel- Riga- Reval- Helsingfors( 8% Stun­ben, Flugpreis 150 mt.). Genf  - Lausanne  - Zürich  - München  ( 5 Stunden, Flugpreis 100 Mt.). München  - Wien  - Budapest  ( 6 Stunden, Flugpreis 90 Mr.). Dresden  - Berlin  - Warnemünde­Malmö( Kopenhagen  )-Göteborg  - Dsla( 10% Stunden).( Dresden -Berlin 35 Mr.).( Berlin  - Malmö   80 Mt.). Malmö  - Kopenhagen  -Hamburg  - Amsterdam  - London  ( 11 Stunden, Kopenhagen  - Ham­ burg   60 Mt., Hamburg  - Amsterdam   80 Mt.). Berlin  - Stettin  ( 1 Stunde Flugpreis 30 mt.) Hamburg  - Bremen  - Ruhrgebiet­Frankfurt- Stuttgart- 3ürich( 7% Stunden) Berlin  - Breslau­Gleiwig( 4 Stunden, Preis 60 Mt.) plus 3090 mt.). Gleiwig­Breslau- Görlig- Dresden- Leipzig- Erfurt- Caffel- Ruhrgebiet ( elf Stunden, Preis pro Teilftrede ca. 30 mt.). Berlin  - Leipzig­Erfurt Frankfurt  ( 4% Stunden, Breis 90 mt.).

Berschlechterung im Befinden Kutiskers.

Das Befinden des nunmehr seit vier Monaten in Untersuchungs. haft befindlichen Generaldirektors Iwan Kutister soll sich er­heblich verschlechtert haben, so daß die Berteidigung beantragt hat, den bekannten Internisten Professor Dr. Zinn vom Städtischen Krankenhaus Moabit als behandelnden Arzt zuzulaffen. In leber­einstimmung mit dem Untersuchungsrichter hat die Straffammer gestern diesen Antrag abgelehnt, weil zurzeit ein Bedürfnis zur weiteren privatärztlichen Untersuchung und Behandlung Kutisters nicht vorhanden sei. Die Haftentlassungsanträge der beiden Söhne Rutisters find inzwischen auch von der Beschwerdekammer mit der Begründung abgelehnt worden, daß die Angeklagten Aus. länder feien, daß mit Rücksicht auf die Höhe des der Seehandlung entstandenen Schadens strenge Bestrafung zu erwarten sei. Dem Leistung einer Sicherheit beseitigt werden würde, da nach dem Er­gemäß läge luchtverba cht vor, ber auch nicht durch die fich und feine Söhne erhebliche Beträge des betrügerisch erlangten gebnis der Ermittlungen anzunehmen sei, daß Swan Kutisfer für Geldes im Ausland angelegt habe. Für den neunzehnjährigen Mag Autister hat Rechtsanwalt Dr. Herbert Fuchs gegen diese Entscheidung weitere Beschwerde beim Straffenat des Kammer­gerichts eingelegt und hierbei besonders darauf hingewiesen, daß die Annahme, die Kutisters hätten Geld ins Ausland geschafft, ein Hirn­gespinst wäre. Iwan Kutister sei ausbrücklich bereit, der Staats­anwaltschaft Generalvollmacht zur Erhebung aller angeblich vorhan­denen Auslandsguthaben zu erteilen, und jederzeit im Konkursver fahren den Offenbarungseid dahin zu leisten, daß er außer den aus der Borbolschewistenzeit stammenden Vermögenswert in Ruß­ land   feinerlei Geld oder Geldeswert im Auslande befize.

Züchtigungsrecht Erwachsener gegenüber fremden Kindern­Die Preußische Gemeindezeitung" bringt in ihrer Nr. 11 vom 11. April 1925 ein sehr beachtenswertes Urteil des Oberlandes­gerichts Hamm vom 4. Oftober 1922 108/22. Ohne in eine Ere örterung der Frage eintreten zu wollen, ob es überhaupt Kinder gibt, deren Erziehung zu brauchbaren Menschen ohne Büchtigung nicht erreicht werden kann und sich darum die Züchtigungspflicht rechtfertigt, ist das Urteil doch nach zwei Seiten von großer Be­deutung. Diese sind: das in demselben ausgesprochene Büchtigungs­recht der Erwachsenen gegenüber fremden Kindern und die Ein­schränkung, daß die dritte Person die Züchtigung in gehörigen Grenzen ausübt.

Das Urteil des Oberlandesgerichts lautet: Unmittelbar ist durch Gesez eingeräumt. Wohl dagegen steht dem Vater ein Züch nicht Erwachsenen ein Züchtigungsrecht gegenüber fremden Kindern tigungsrecht gegenüber seinen Kindern zu. Diefer aber hat nicht ein Büchtigungsrecht, sondern auch, und zwar der Allgemeinheit gegenüber und im öffentlichen Intereffe, die Büchtigungspflicht, wenn es fich um Ungezogenheiten handelt, durch die dritte Personen von den Kindern belästigt werden. Denn die Allgemeinheit hat einen fcnen, vor Ungezogenheiten der Kinder geschützt werden. Soll die Anspruch darauf, daß sie als solche, und auch einzelne dritte Ber­Süchtigung ihren Erzieherzwed erfüllen, fo muß fie regelmäßig ber Unart auf dem Fuß folgen. Ein seiner Erziehungspflicht be­Rind durch eine Ungezogenheit eine dritte Person belästigt und er wußter Bater wird auch damit einverstanden sein, daß, wenn sein felbst zur Ausübung der erforderlichen Züchtigung nicht anwesend und nicht alsbald erreichbar ist, die verlegte dritte Person in seiner Bertretung die gebotene sofortige Büchtigung in den gehörigen Grenzen ausübt. Die dritte Berson darf auch in solchen Fällen das Einverständnis des Baters vermuten. Sollte der Bater nicht zu­ftimmen und auch diese nicht zustimmung erkennbar sein, so würde bas in analoger Anwendung des§ 679 BGB.( Geschäftsführung) ohne Auftrag) niedergelegten Rechtssages nicht in Betracht kommen, da es sich bei der alsbaldigen Vornahme der Züchtigung um die im öffentlichen Interesse gelegene Erfüllung seiner Pflicht als Bater handelt."