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Nr. 19242. Jahrg. Ausgabe A Nr. 99

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Telegramm- Abreffe: -Sozialdemokrat Berlin  "

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Freitag, den 24. April 1925

Für gerechte Lastenverteilung.

Kundgebung der Gewerkschaften.

Die unterzeichneten Organisationen haben an die Reichs­regierung, den Reichstag und die Regierungen der Länder am 23. April folgendes Schreiben gerichtet:

Die nachteiligen Folgen des verlorenen Krieges lasten be sonders schwer auf den breiten Massen der Hand­und Kopfarbeiter, den Arbeitern, Angestellten, Beamten und gewerbetreibenden Mietern, die trotz etheblicher Verminderung ihres Realeinkommens wesentlich höhere Ausgaben für die notwendigen Lebensbedürfnisse zu leisten haben als in der Vorfriegszeit. Jede weitere Ausgabensteigerung ohne eine gleichzeitige Erhöhung des Realeinkommens verschlechtert die Lebenshaltung dieser Kreise und geht somit auf Kosten ihrer Arbeits­traft ganz zu schweigen von der besonderen Not der Erwerbs­lojen, Sozialrentner, Kriegsbeschädigten. Kriegerhinterbliebenen, Kleinrentner, Kinderreichen usm. Gesteigert wird die Not der mittellosen erwerbstätigen Bevölkerung durch die starke Anspan­nung der direkten und indirekten Steuern, wie sie in der letzten Zeit erfolgt ist.

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Unter diesen Umständen muß von diesen Kreisen jede nicht un­bedingt notwendige Steigerung der Ausgaben ferngehalten werden, und zwar um so mehr, als der Reichswirtschaftsminister

erst vor einigen Tagen im Haushaltsausschuß des Reichstags erklärt hat, daß bei weiteren Lohnerhöhungen die Frage der Wettbewerbs­fähigkeit unserer Industrie ausschlaggebend ins Gewicht fallen müffe.

In stärkstem Widerspruch hierzu steht das Bestreben der Reichs. regierung, in verhältnismäßig turzer Frist die Friedensmiete wieder. herzustellen, teils zur Befriedigung der Finanzbedürfnisse der öffent. lichen Haushalte, teils zur Steigerung des Anteils des Hausbefizes an der Miete.

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Dem gegenüber erklären die unterzeichneten Organisationen, 1. daß der Ausgleich der öffentlichen Haushalte durch stärkere Heranziehung des Besizes und der höheren Einkommen herbeigeführt werden muß;

Vandervelde gibt den Auftrag zurück. Der Parteitag gegen sozialistische Minderheitsregierung. Brüffel, 23. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Uleber tausend De­legierte wohnten dem Kongreß der belgischen Arbeiterpartei bei, der über die politische Krise zu beschließen hatte. Bandervelde be­richtete über seine Bemühungen zur Bildung eines Ministeriums. Das Endergebnis dieser Versuche war, daß weder Liberale noch Katholiken mittun wollten und sich die bürgerlichen De­mokraten nicht entschließen konnten, sich von ihrer Partei zu trennen. Die Liberalen erflären, an feinerlei Regierung teilnehmen zu wollen. Die Katholiken weigern sich, einer von einem Sozia liften gebildeten Regierung beizutreten. Andererseits werden wir in feine von einem Katholiken gebildete Regierung eintreten. Folg lich stehen wir vor folgender Entscheidung: Sollen wir es unferen Gegnern überlassen, wie sie mit der überaus schwierigen Lage fertig werden oder follen wir selber die Verantwortung für. diese schwierige Lage übernehmen? Die Hauptsache ist, daß mir nach dem großen Siege einen flaren Kopf behalten. Die 3u funft, schon die nächste Zukunft ist unser.( Großer Beifall.) Darauf entspann sich eine überaus interessante und anregende De batte. Vertreter von Gent   und des Borinage, namentlich Berg­arbeiterführer Delattre, ferner der Brüsseler Abgeordnete Mensmans traten mit großer Wärme und entschieden für ein rein sozialisches Ministerium ein. Gegen diese Lösung sprachen Vertreter von Lüttich   und Antwerpen  , ferner der frühere Minister Wauters, der u. a. sagte, das Experiment Macdonalds locke nicht zur Nachahmung. In Dänemark   und Schweden   könne die Sozialdemokratie auf eine feste Unterstützung durch bürgerliche Gruppen rechnen, wir dagegen wären einer feindlichen Mehrheit ausgeliefert, die den Zeitpunkt unseres Sturzes bestimmen könnte. Wenn wir andererseits verzichten, werden die Begner denselben Schwierigkeiten gegenüberstehen. Eine liberal- katholische Koalition sei momentan unwahrscheinlich. Eine rein katholische Regierung würde schnell hinweggefegt werden. Unsere Opposition wird unerbittlich sein und man wird bald wieder an uns heran­treten müssen und dann werden mir nur auf der bisherigen Grund­lage mit uns reden lassen. Es ist auch möglich, daß es bald zur

Auflösung kommt, aber dann können wir einen noch glänzen

deren Sieg erwarten.

Den ganzen Tag hindurch war es sehr zweifelhaft, auf welcher Seite die Mehrheit des Kongresses stand. Schließlich sprach fich Bandervelde selbster entschieden gegen das Experiment eines rein sozialistischen Ministeriums aus. Eine von Destrées, Wauters, de Broudere und Huysmans   eingebrachte Resolution, die den bürgerlichen Parteien, einschl. der demokratischen Gruppen, die Berantwortung für den Fehlschlag der Bemühungen Vander= weldes, eine demokratische Regierung zu bilden, aufbürdet und sich gegen eine rein sozialistische Regierung ausspricht, murde schließlich mit der großen Mehrheit Don 416 791 gegen 173 444 Stimmen angenommen. Bandervelde wird also feinen Auftrag dem König zurüdgeben.

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2. daß aus der Miete nur Mittel für den Wohnungs. neubau und für die Erhaltung der Altwohnun­gen aufgebracht werden dürfen, und zwar unter Schonung zahlungsschwacher und zahlungsunfähiger Mieter;

3. daß die Hausrente nach dem Wegfall des weitaus größ­ten Teiles der Hypothekenlaffen nicht auf Kosten der Miete weiter gesteigert werden darf;

4. daß jede Steigerung der Miete, die vorwiegend der Er. höhung der Grundrente dient, als weitere einseitige Belastung der deutschen   Wirtschaft zugunsten der kleinen und durch die wirtschaftlichen Verhältnisse bereits besonders be­günftigten Gruppe der Grund- und Hausbesitzer wirkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft vermindert; 5. daß eine weitere Mietsteigerung zurzeit für die größte Zahl der Mieter untragbar, außerdem aber bei Beachtung der oben aufgestellten Gesichtspunkte auch wirt­schaftlich nicht gerechtfertigt ist.

Die unterzeichneten Organisationen fordern von der Reichs­regierung, dem Reichstag  , den Regierungen der Länder und den Barlamenten, daß sie den obigen volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung tragen.

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund  .

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., Berlin   SW. 68, Lindenstr. 3

Postscheckkonto: Berlin   37536

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Bankkonto: Direktion der Diskonto- Gefellschaft, Depofitenkaffe Lindenstraße 3

Pams.

Lernt aus der Geschichte!

Von Victor Schiff  .

In den ersten Tagen nach der Aufstellung der Einheits­fandidatur Mary war in einzelnen Parteifreisen die Be­fürchtung vorhanden, daß ein Bruchteil der 8 Millionen Braun- Wähler vom 29. März aus grundsätzlichen oder kultur­politischen Erwägungen heraus sich nicht dazu würde ent­schließen können, für einen Kandidaten aus den Reihen der Sentrumspartei zu stimmen. Die Entwicklung der letzten Wochen hat indessen bewiesen, daß diese Befürchtungen un­begründet waren. Das verdanken wir nicht zuletzt der Kan­didatur Hindenburg  , die deutlich genug allen Anhängern der hat. Sollte es indessen noch hier und dort einzelne Miz­Sozialdemokratie ihre Pflicht und ihre Interessen gezeigt gestimmte geben, die einer Bekehrung bedürfen, so jeien ihnen die nachstehenden Ausführungen zur nachdenklichen Lektüre empfohlen. Vor allem aber sind diese Zeilen den­jenigen Thälmann  - Wählern vom ersten Wahlgang gewidmet, die noch fähig sind, aus geschichtlichen Ereignissen richtige Lehren zu ziehen:

Im Januar 1913 war die Neuwahl des Präsidenten der französischen Republik nach der siebenjährigen Amtszeit des ruhigen, bescheidenen und klugen Fallières fällig. In der nationalistischen Boulevard- Bresse wurde lebhaft für eine Kandidatur des damaligen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré   agitiert, unter dessen Leitung die französische   Außen­politif immer aggressiver geworden war. Vor allem waren es die Blätter, von denen man damals schon ahnte, daß sie im Solde des russischen Botschafters Iswolfti standen, oberhaupt propagierten und das Gespenst einer Lockerung des russisch- französischen Bündnisses, einer Isolierung Frank­ reichs   in Europa   an die Wand malten, falls nicht der große Lothringer  " Poincaré   gewählt werden würde.

Gewerkschafftsring deutscher   Arbeiter, Angestellten- und Beamten die mit allen Mitteln die Wahl Poincarés zum Staats­

Berbände.

** Allgemeiner Deutscher Beamtenbund.

Deutscher Gewerkschaftsbund. Algemeiner freier Angestelltenbund. Reichsbund deutscher Mieter. e. B.

Im Lager der Linken stand man allerdings der Person Poincarés mit stärtsiem Mißtrauen gegenüber, nicht nur seiner nationalistischen Außenpolitik wegen, sondern auch in

Eine zusammengebrochene Rechtsblock- Lüge folge der ausgesprochen reaktionären Tendenzen, die sich auch

Eine Erklärung des Vatikans.

fernbleiben wolle.

Amerika   und Hindenburg  .

Die Verschleierungsversuche und die Tatsachen. New York  , 23. April.  ( WTB. Durch Funkspruch.) Associated Breß" meldet aus Augusta  ( Georgia  ), daß William Knor, der Präsident der American Bankers Association  , bezüglich der in Berlin  verbreiteten Gerüchte erklärt habe, daß von dem Aufsichtsrat her Bankers Association fein Kabeltelegramm irgendwelcher Art nach Berlin   autorisiert worden sei.

innerpolitisch unter seiner Ministerpräsidentschaft entwickelt hatten. dan

Rom  , 23. April.  ( WTB.) Offervatore Romano", das offiziöse Es ist nun seit Ende der 90er Jahre im französischen  Organ des Vatikans, wendet sich in einer offiziöjen Erklärung Parlament üblich, daß am Vorabend der Wahl, die bekannt­gegen gewiffe deutsche Blätter, die feine Artifel gegen lich in Versailles   von allen in einem Rongreß vereinigten Sozialismus und gegen sozialistische kandidaturen vollständig Senatoren und Deputierten vorgenommen wird, die Mit­willkürlich wiedergegeben und abfurd verdreht glieder der republikanischen Parteien aus beiden Kammern hätten. Offervatore Romano fügt hinzu, daß seine Artikel feiner- usammenkommen und durch eine Art Probewahl den lei Bezug auf die deutsche Präsidentenwahl gehabt haben, und Kandidaten der Linken bestimmen. Diese Tagung der soge­daß der Bafifan sich niemals weder für noch gegen die Kandidatur nannten Delegation der Linken" follten auch diesmal alle Mary' ausgesprochen hat, weil es sich hier um eine rein inner- Linksparteien, von der sozialistischen   Fraktion bis zur äußer­politische Frage handle, welcher die kurie vollständig sten Grenze zwischen Republik   und Reaktion, umfassen. Die Sozialisten waren hierzu selbstverständlich, wie auch früher, eingeladen worden. Damals war aber die fran zösische Partei aus vielerlei Gründen, die übrigens durch das schwächliche Verhalten des größten Teiles der bürgerlichen Linken in den meisten Fragen durchaus erklärlich waren, sehr radikal eingestellt. Selbst Jaurès   hatte sich dieser Strö­mung nicht völlig entziehen können, zumal er unter dem stän­digen Druck der unbeugsamen Verfechter radikaler Auffassun gen Guesde und Vaillant stand, die argwöhnisch jedem Kom­promiß, jeder Berührung mit der bürgerlichen Linken wider­strebten. Infolgedessen blieb die über 70 Mann starfe sozialistische Fraktion dieser gemeinsamen Tagung fern. Nun begann der Tragödie erster Akt. Nach mehreren erfolglosen Wahlgängen spizte sich der Kampf schließlich zwischen zwei Hauptbewerbern, dem Ministerpräsidenten Boincaré und seinem Aderbauminister Pams. zu. Der Senator Pams, politisch der radifalen Gruppe des Senats angehörend, aber bis dahin wenig hervorgetreten, galt ais angehörend, aber bis dahin wenig hervorgetreten, galt ais ein zuverlässiger Republikaner   und Friedensfreund. Seine Rechtschaffenheit und Bescheidenheit war in den Augen der Linken sein stärkster Trumpf, denn der Ruf der nationalisti­fchen Blätter nach einer starken" Persönlichkeit als Präfi­denten der Republik   hatte viele Republikaner stukig gemacht, die von Poincaré   ein für die Außen- und Innenpolitik

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Der Berliner   Börsenfurier" veröffentlicht eine Reihe von Briefen und Kabeltelegrammen aus New York   im englischen Original und Uebersetzung, die deutlich genug die Rückwirkung der Kandidatur Hindenburg   im Ausland zeigen. Wir geben die folgenden wieder:

10. 4. 25. Rabel New York  . Wegen Ausleihung von

5 Millionen Dollar auf Hypotheken an landwirtschaft liche Verbände. Kandidatur Hindenburg   macht die 5- Millio: nen- Dollar- Hypotheken- Anleihe unmöglich.

9

=

11. 4. 25. Kabel New Yort. Betr.: 7% Millionen Dollar Anleihe. Müssen Anleihe fallen lassen, wenn Kan­didatur Hindenburgs nicht zurückgezogen oder Mary nicht mit großer Stimmenmehrheit gewählt wird.

16. 4. 25. Kabel New York  . Kandidatur Hindenburgs verdarb alle bisherigen günstigen Aussichten für deutsche Städte Anleihen. Unmöglich irgendeine deutsche Anleihe ab­zuschließen, sogar wenn Marg zwar gewählt, doch nur eine ge­ringe Stimmenmehrheit erhalten würde.

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Diese Tatsachen und es liegen Berichte ähnlicher Art noch mehr vorsprechen laut genug. Es läßt sich nicht ab­leugnen, daß die Kandidatur Hindenburg   verderblich auf den deutschen   Kredit im Ausland eingewirkt hat.

Grütte- Lehder ausgeliefert.

Der von den deutschen   Behörden wegen des an dem Oberleutnant Müller im Tegeler Forst bei Berlin   begangenen Raubmordes verfolgte Student Robert Grüffe- Lehder iff von Ungarn  nach Bien ausgeliefert worden und wird nach Deutschland   gebracht.

Frankreichs   gefährliches persönliches Regiment befürchteten.

Jm dritten Wahlgang wurden 645 Stimmen abgegeben, die absolute Mehrheit betrug also 324, Pams erhielt 323 Stimmen, Poincaré 309, 14 waren. zersplittert. Man ging in später Abendstunde ergebnislos auseinander.

Die Sozialisten hatten sämtlich gefehlt. Wäre auch nur ein einziger Sozialist dabei gewesen, dann wäre Bams als der offizielle Kandidat der Linken bestimmt worden und Poincaré   hätte unmöglich, wenn er sich nicht in einen eflatanten Widerspruch zu allen Traditionen der republi­fanischen Parteien hätte jegen wollen, feine Kandi­datur aufrechterhalten fönnen. Aber mit jenen