ttr. 1�2 ♦ 42. Fahrgaag
1. Beilage ües vorwärts
Lreitag, 24. flpril 142S
Merl«es VMes kreldell! klaSSl 8ci>vai?-kol-K«M! Di« Riesenfülle der schwarzrotgoldenen Fahnen, die aus Anlaß des kommenden Entfcheidungstages aus den Fenstern grüßen, hat die Reaktion in maßlos« Wut oersetzt. Geld ist ja in Ueberfülle vor- handen. nur schwindet die Zahl der Verführten und Betrogenen auch van Tag zu Tag. durch Taschenspielerkunststückchen glaubt man noch immer über den jämmerlichen materiellen und ideellen Bankerott hinwegtäuschen zu können. Agenten des Rechtsblockes ziehen von Wohnung zu Wohnung, um zu spott- billigem Preis s ch w a r z w e i ß r o t e s Tuch zu ver- Hökern. Weit unter Selbstkostenpreis verramschen sie ihre antiquierte Ware, um die verhaßte Republik, das schwarzrot- goldene Banner des Deutschen Reiches aus dem Feld« zu schlagen. Aus allen möglichen und unmöglichen Winkeln werden dazu noch die oermoderten Parteizeichen des Niedergangs hervorgeholt. Republikaner, seht aus einen Schelmen anderthalbel Laßt Euch durch die schwarzweißrolen Rtaulpalrloteu nicht verblüffen. Z: 1, dos muß die Parole fein! Der Rührigkeit der monarchistischen Staatsfcinde gilt es den Enthusiasmus der freiheitlich Gesinnten ent- gegenzusetzen. Kein Republikaner ohne schwarzrot- golden« Freiheitsfahne! Keine republikanisch« Wohnung, aus der nicht die Farben der Republik wehen! Am 20. April muß ganz Berlin unter dem beherrschenden Eindruck der schwarzrotgoldenen Fahnen stehen. Auch im Be° floggungskampf darf die Katastrophenpolitik der Deutschlandruineure nicht triumphieren. Darum nochmals und dringend: Republikaner ! heraus mit dem Banner der Republik ! * Schwarzrotgoldene Fahnen sind zu haben: Warenvertrieb des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Berlin S. Ii, Sebaftianstr. 37/38, geöffnet bis 7 Uhr abends. Telephon: Moritzplatz 10547: Ortsgruppe Westen der Deutschdcmokratischen Partei, Berlin W. 62, Schillstr. 3 I; Bezirksverband S der Deutschdemokratischon Partei, Grunewald , Schapersh; 33, Bczirksverband Berlin der Sozialdemokratischen Partei, Berlin SW. 68, Lindenstr. 3: Keßler, Treptow , Grätzstr. 50 (..Vorwärts'-Expedition): Breuer, Köpenick , Freiheit 7; Paul Rath- monn, Schöneberg . Belziger Str. 27: Betleidungshaus Hamburg. Steglitz . Schloßstr. 103 und in Berlin NW. 52. Ealvinstr. 20 I links: Leppin, Wilmersdorf , Uhlandstr. 131—132: im Zentralbureau des Voltsblocks, Steglitz , Kaiserhollen am Markt(geöffnet von 6— 7 Uhr): in Lichterselde bei Alex Hirsch, Dahlemer Str. 77 und hindenburg- Damm 5?:„Porwärts'-Spedition Charlottenburg , Sesenheimer Str. 1 und in allen Verkaufsstellen der Konsumgenosienschast. Toleranz bis zum Selbstmord. In der Republik geht die Macht vom Volke aus. Jeder kann und soll seine Meinung frei und offen sagen. Da« ober geht so weit, daß man heute eher bestrast wird, wenn man die Republik in Schutz nimmt, als wenn man offen unter schwarzweißroter Fahne ihren Sturz betreibt. Nicht unberechtigt erscheint die Frage, ob es dem Wesen der Demokratie entspricht, daß die Republik die Toleranz gegenüber Andersdenkenden bis zum Selbstmord betreiben will. Di« Republik Hot keine Ursache, mit sich spielen zu lassen, insbesondere dann nicht, wenn diese» Spiel von Beamten getrieben wird, die sie bezahlt. Zu diesem Thema, das ja schon sehr häufig im.Vorwärts' behandelt wurde, teilt uns ein Leser folgenden Borfall mit. der sich am 29. März, dem Tage der ersten Reichspräsidentenwahl, abspielte. ..Aus dem vierten Fenster der S ch u p o r a s« r n e, an der Eck« Schumann- und Albrecht st raße wehte im ersten Stock«ine Fahne schwarzweißrot. Zwei Schupoleute stehen in der Nähe und unterhalten sich darüber. Als ich ihnen sage, daß es doch eigen- tümlich sei, daß aus einem öffentlichen republikanischen Gebäude«ine solch« Fahne wehe, sind sie scheinbar mit mir einer Ansicht und geben mir den Rat. mich zu beschweren. Ich lasse mich also beim dienst- habenden Offizier melden. Er frißt mich beinahe mit den Blicken, als ich ihm niein Anliegen vortrog«. Nach einer Weile inurmell er oerbissen: ja, ja. ja... und als er dann weiter keine Antwort gibt, bitte ich noch einmal kurz um die Entfernung der Fahne
und empfehle mich. Es ist toll, daß man bei einer republikanischen Institution für. die Republik eintreten muß, noch toller aber ist e», daß die Fahne, nachdem ich mich um 12X Uhr beschwert hatte, um 4 Uhr noch wehte.' der Polizeischutz am Wahlsonntag. Streng« vorgehen gegen vndiszipllnierte Zugendliche.— Schutz der Aarben Schwarz-Rot-Gold.— Ansammlungen werden zerstreut. Bor kurzem war schon darauf hingewiesen worden, daß ange- sichte der mannigfachen lärmenden Störungen am 29. März, wie z. B. der Zusammenrottungen an der Kaiser-Wil- Helm-Gedächtniskirch«, der Straßendienst der Berliner
Reichspräsiöentenwahl 2. Wahlgang
O
Polizei am kommenden Sonntag, den 26. April, so gehandhabt wer- den würde, daß derartige Störungen von vornherein unterdrückt bzw. ausgeschloffen werden. Der Berliner Polizei-Lize- Präsident Dr. Friedensburg hat jetzt seine Instruktionen an das Kommando der Schutzpelizei Berlin herausgegeben, als deren wesentlichster 2 ichalt das Folgende mitzuteilen ist: Durch die Störungen radaulustiger Elemente wird die unbe- hinderte Ausübung des Wahlrechts ebenso wie der Vertchr und die Sicherheit in der Sradt ernstlich bedroht. Demgegenüber muß die freie Meinungsäußerung jedes Staatsbürgers in möglichst weitem Umfang gewährleistet fein. Di« Schutzpolizei soll chr« letzte Kraft einsetzen, um der Schwierigkeiten Herr zu werden und Ruhe und Ordnung in vorbildlicher Weise zu sickfern. Hrerbei soll sie sich jeder Parteinahme strengstens«nt- halten, ruhige Bürger ohne Ansehen der Partei schützen und Störenfriede, gleichviel welcher Richtung sie ange- hören, in ihre Schranken zurückweisen und gegebenenfalls der Strafe zufuhren.— Bei den letzten Wahlen war es vielfach außerordentlich peinlich ausgefallen, daß sich sehr zahlreicheSchüler, gerade quch höherer Lehranstalten, durch provozierende» Bc- nehmen und durch disziplinloses, störende» Verhalten aus de« Straßen bemerkbar machten. Der Polizei-Lizcprästdent hat die Po- lizei dcslzalb angewiesen, besonders nachdrücklich gegen die Ruhe-
störungen von Jugendlichen einzuschreiten. Die Personen gerade solcher Jugendlichen sind ungesäumt polizeilich sestzuslellen, schon damit Eltern und Schulleiter Kenntnis von dem unerfreulichen Treiben ihrer Zögling« und Gelegenheit zur erzieherischen Cinwtr- tung erhalten.— Die parteipolitische Propaganda, die«nit den Farben des alten Reiches und den jenigen ver- fassungsmäßigen Farben im größten Umfange getrieben wird, stellt die Beamten bisweilen vor eine überaus schwierige Lage. der sie mit Takt und Entschlossenheit begegnen müssen. Die Polizei muß sich hüten, zugunsten einer Partei in den Flaggenstreil ein, zu- greisen, da Beschimpfungen dieser Farben, die einen über ihren jeweiligen parteipolitischen Gebrauch weit hinausgehenden Gefühls- wert für jeden anständigen Menschen besitzen, in ganz besonderem Maß« geeignet sind, die Leidenschaften weiterer Bcvölterungskreii« zu entfachen. Es soll solchen Beschimpfungen deshalb schon zur Per- meidung schwerer Ruhestörungen sosort rücksichtslos«nt- gegengetreten werden. Gegen Schuldige ist Anzeige gemäߧ 360 Ziffer 11 StGB,(grober Unfug) zu erstatten, gegebenenfalls, soweit Strafantrag gestellt wird, auch wegen Sachbeschädigung gemäߧ 303 StGB. Die Farben„Schwarz-Rol-Oold" flehen überdies als Wahrzeichen von Staat und Versafsung unker dem besonderen Schnh des Gesetzes zum Schuhe der Republik : die Achtung vor diesen Wahrzeichen zu sichern, gehört zu den vornehmsten Pflichten der Polizei, die sich ihres Charakters als des voll-
ziehenden Organs der Staatsgewalt bewußt sein muß. — Um Zusammenstößen rechtzeitig vorzubeugen, hat der Polizei Vizepräsident angeordnet, daß zwar alle Demonstrationen, gleichviel welcher Partei, zuzulassen sind, eigentliche Ansammlungen aber von vornherein, auch ohne daß bewußter Anlaß zum Einschreite» vorliegt, aufgelöst und zerstreut werden sollen.
das sthwakZweiKeot beflaggte Schulgninüstück. Eine Freud « für die monarchistischen Hindenburg -Leule. Auch in Berlin - Ost har der Aufruf, für die Wahl eines Repu- blitaners zum Reichspräsidenten zu demonstrieren, seine Wirkung gehabt. Auch dort hat die Zahl der schwarzrotgoldenen Fahnen, die von den Dächern und aus den Fenstern wehen, i» ersreulicher Weise zugenommen. Zu den wenigen Grundstücken dicics Stadtteils, auf denen noch durch schwarzweiß rate Fahnen für Hindenburg , den lebenslänglich streuen Diener Wilhelms II., demonstriert worden ilt, gehört das Schul grun d st ü ck i n d« r I f j l a n d st r a ß«. Nicht geringes Aussehen erregte es gestern, daß hier ein« schwarzweißrate Fahne ousge hängt war. Die M o n a r ch i st« n hotten ihre Freude an diesem „Schmuck' des der Stadt gehörenden Schulgrundstückes, auf dem das städtisch« Margaretenlvzeum untergebracht ist. Unter Vorüber gehenden entstand das Gerücht:„Der Magistrat flaggt schwarzweißrot!' Nein, nicht der Magistrot flaggte schwarzweißrot, nicht« r demonstrierte für Hindenburg . D'e schwarzweiß rote Fahne hing aus einem Fenster des einen Teil de? Schulgrund- stllckes bildenden, an der Straße errichteten Wobngebäudes. in dem der Direktor des Lyzeums seine D i e n st wohnung hat. Di« Freude der Monarchisten dauerte freilich nicht lange: gegen Mittag wurde die schwarzweißrot« Fahne wieder eingezogen. War in- zwischen der Direktor von einer höheren Stelle aus darauf hinge- wiesen worden, daß aus einem städtischen Schulgru n d- stück die schwarzweißrot« Fahne als Skandal wir- ten mußte?_... v• v Mit der Einziehung dieses Poniers der Monarchifien dar? die Angelegenheit nicht erledigt sein. Der Magistrat wird daiür sorgen müssen, daß einwandfrei festgestellt wird, wer für diese De- m o n st r a t i o n verantwortlich i st. Stadtrat B e n e ck-.
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Anthony Zohn. Roman von Zerome ft. Zerome.
Betty kniete vor Frau Strong'nth'arm hin und ergriff deren Hand.... � „Wir beide dürfen ihm nicht im Weg stehen, sagte sie. „Handelte es sich nur um sein Glück und seine Wohlhabenheit, so hätten wir dazu ein Recht, aber hier handelt es sich um feine Teele.� Die Frau hatte sich beruhigt, fragte:„Und was werden Sie tun? Betty lächelte:„Nichts besonders Heroische?. Ich muß für den Vater sorgen, wir werden reisen. Und später einmal — o. es gibt unzählige Dinge, die mich interessieren und be- schästigen werden.' Frau Strong'nth'arm blickte auf die Uhr. Die Zeit war rasch verflossen, es ging auf Acht.„Er wird erraten, wo ich war." „Was werden Sie ihm sagen?" „Die Wahrheit. Daß ich mit Ihnen plauderte und daß Sie bereit sind, ihm nach Möglichkeit zu helfen. So ist es doch recht, nicht wahr?" Das Mädchen nickte, und Frau Strona'nch'arm nahm ihr Gesicht zwischen beide Hände.„Ich weiß nicht, ob nicht doch Sie am besten wegkommen. Wie oft lag ich wach neben meinem Mann und wünscht«, ich könnte ihn immer so sehen, wie er zuerst war: tapfer und schön, liebevoll und gutherzig. Als er auf dem Totenbett lag, überkam mich von neuem die alte Liebe. Die Mädchen glauben, durch die Ehe den Ge- liebten zu gewinnen, meistens aber verlieren sie ihn. Bis- weilen will es mir scheinen, als ob einzig und allein die Träume anhielten. Begleiten Sie mich nicht hinunter. Ich finde den Weg auch allein." Sie schloß leise die Tür: Betty kniete noch immer vor dem Kamin. 12. Frau Strong'nth'arm hatte keineswegs bildlich ge- sprochcn, da sie Betty sagte, sie erkenne bisweilen Anthony nicht wieder. Schon als Kind war er ihr häufig geheimnis- voll erschienen: es hatten ihm stets ein weit über sein Alter gehender Ernst und eine frühreife Klugheit geeignet. Schon als Kind hatte es für ihn kein« Zeit des Uebennuts und Tollens gegeben: die Mutter hatte nie Ursache gefunden, ihn zu schelten und eben deshalb mehr zu lieben. Niemals rief
feine Hilflosigkeit ihre Großmut an. Von dem Tage, da er auf seinen Beinen stehen konnte, hatte ihr seine Selbständig- keit Tränen erpreßt. Er suchte bei ihr weder Trost noch Schutz. Das einzige, was sie zu tun vermochte, war die Be- friedigung seiner lörperlichen Bedürfnisse. Sie hatte geglaubt, der Tod des Vaters werde ihr den Knaben näher bringen, ihn abhängiger von ihr für all ihr Mühen und die ihm ge- brachte seltsame Zurückhaltung, die ihn gleichsam ihren Augen immer mehr entrückte. Sie wußte, daß er ihr für all ihr Mühen und die ihm gebrachten Opfer dankbar sei, daß er nicht ruhen würde, bis er sie da'ür belohnt habe. Er achtete sie. war stets freundlich und aufmerksam, liebte sie auf seine Art. In der dienenden Welt, wo sie ihre Mädchenzcit verbracht hatte, wurden treue Dienstboten off auf diese Weife betrachtet— mit Achtung und Zuneigung. Früher war für sie der Unterschied zwischen Anthony und allen anderen Knaben ein tägliches Kreuz gewesen. Sie erinnerte sich, mit wieviel Eifer er das Angebot des Vaters, ihn lesen zu lehren, angenommen, wie er den Dater zum Unterricht angetrieben halle. Mit sechs Jahren hatte er sich selbst das Schreiben beigebracht. Spiele interessierten ihn nicht. Sie fürchtete, er würde ein Bücherwurm, ein Träumer, ein Narr werden. Und für Narren hatte sie nichts übrig: die erhielten von der Welt nur Armut und Verachtung. Weshalb konnte er nicht wie die- anderen Knaben fein, nur stärker und klüger? Dies war ihr ewig gleichbleibendes Gebet. Allmählich jedoch begann sie den Sohn zu begreifen. Ihre Hoffnung erwachte von neuem. Gott hatte ihn für große Dinge vorherbestimmt. Deshalb war er von den anderen verschieden. Er wird mächtig und reich werden, ihr Traum wird in Erfüllung gehen. Anthony wird unter den Herren thronen. Ein weiterer Beweis seines erhabenen Loses wur die Tatsache, daß er sich nie verliebt hatte. Der Himmel selbst. besorgt um Anthonys Wohl, hat ihm die kluge Betty zur Gefährtin erwählt. Sie, die ihn liebt, wird gut für ihn sorgen, ihm helfen, emporzusteigen. An ihrer Seit« wird ihn keine törichte Leidenschaft schwächen oder ablenken. Die Jugend mit ihrer sinnlosen Liebcslockung wird vorübergehen. diese einzige Gefahr, die sie gefürchtet halte. Nichts stand mehr zwischen ihm und seinem Ziel. Die Mutter sah, wie sich für den Sohn alles zum Guten wandte. Was bedeuteten nun ihre hungernde Liebe, ihre heimlichen Tränen? Und jetzt, gleichsam während eines Augenblinzclns, hgtte sich alles ge- ändert. Sie sah den Sohn seiner Kraft beraubt, unsicher, sein Ziel vergessend. Immer wieder versuchte sie. ihn iu ein
Gelpräch über seine Pläne zu ziehen. Es war dies das einzige Thema, für das beide Interesse empfunden hatten. Anthony hatte stets ihren praktischen Sinn geschätzt. Nun gab er gleichgültige Antworten, versank immer wieder in ttcses Schweigen. Der feste Ausdruck war aus seinen Augen ver- schwunden: sie gemahnten an die Augen eines Knaben, zärtlich und schüchtern: Träumeraugen. Die harten, starken Züge um seinen Mund waren wie von Zauberhand geglättet. Die Mutter beobachtete verstohlen das Lächeln, das in seinen Mundwinkeln erschien. Eines Abends, ganz ohne Ursache. schlang er um sie die Arme, strich ihr da? graue Haar zurück und küßte sie. Es war das erstemal, daß er ibr i-nau-ge- fordert eine Zärtlichkeit erwies. Wäre dies früher gelchshen. sie hätte vor Freude geweint. Heut« jedoch, da sie wußte, was es bedeute, wurde sie zornig, obgleich sie kein Wort sprach. Was sie da erhielt, war bloß das Uebcrströmen seiner Liebe zu einer Fremden, einige Tropfen aus dem vollen Kelch, den er der anderen bot. Ihr Wunsch, er möge Betty beiraten, entsprang zum Teil der Erkenntnis, daß er sie nicht liebe. Betty hätte ihr nichts genommen. Bei dem Gedanken, daß die Fremde zum erstenmal in ihm das Gefühl der Liebe«r- weckt habe, überkam sie wilde Eifersucht. Was bat sie für ihn getan, diese Vorübergehende? Und was wird sie'ür ihn tun? Sie wird ja immer nur nehmen, unentwegt rufen: „Gib, gib. gib!" � Sie berichtete Anthony einiges von ihrer Unterredung mit Beity: Frau Strong'nth'arm empfand ein gewisses Ge- fühl der Kameradschaft für das Mädchen.„Es wäre peinlicki gewesen." meinte sie,„wenn Betty dich gern gehabt hätte. Ich wollte auskundschaften, wie die Sache steht." „Woher weißt du es überhaupt? Ich wollte es dir schon immer sagen. Aber ich fürchtete, du würdest nicht verstehen." „Weshalb sollte ich es nicht verstehen?" fragte sie trocken. „Weil ich es selbst nicht verstehen. Es ist. als ob in mir ein anderer Anthony herangereift wäre, ein unbekannter. der stärker wurde als ich. und ganz von mir Besitz ergnss. Er lebte schon, da ich noch ganz klein war. Bisweilen erblickte Ich ihn. Ein seltsamer, verträumter, kleiner Geselle, der alles bestaunte und Fragen stellte. Erinnerst du dich nicht? Ich glaubte, er sei tot. ich bätte ihn endgültig ermordet, er werde mich nicht mehr belästigen. Und jetzt ist mit einemmal er ich. und ich weiß gar nicht, was aus meinem anderen Ich geworden ist." Er lachte...Ich habe Betty lieb." fuhr er fort.„Aber nicht Mit jener Liebe, die aus Mann und Frau eins macht und die Tor« des Lebens öffnet." (Fortsetzung folgt.)