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Sparer, Sozialdemokratie, Aufwertung.

Die Auswertungsdebatte im Reichstag.

Standpunkt völlig preisgegeben und die Vorlagen grundsätz­lich akzeptiert, die Dr. Best als verderblich fittenmidrig, unehrlich und schamlos gegeißelt hat. Das öffnet dem pölligen Umfall die Bahn. Denn schließlich haben sich die Deutschnationalen nicht an die Futterkrippe gedrängt, um die Interessen der Sparer willen, sondern um die der großen die Interessen der Sparer willen, sondern um die der großen Kapitalisten. Und daß diese auf ihre Rechnung kommen, da­für werden die Deutschnationalen sicher sorgen.

Der Empfang.

Wenn es nach den bürgerlichen Parteien gegangen wäre, so hätte der Reichstag die Vorlegung der beiden Aufmertungs­gefeße schweigend entgegengenommen. Die Rede des Die Rede des Genossen Keil vereitelte aber diese Absicht. Aber nicht mur etwa deswegen, weil sie schonungslos die Aufwertungs­demagogie der Rechtsparteien enthüllte, sondern mehr noch, weil sie eine scharfe, mit äußerster Sachkenntnis verbundene Kritik der Vorlagen der Rechtsregierung enthielt. Der Sturm, Fridericus Reg und was dazu gehört. den die Deutschnationalen bei der treffenden Kennzeichnung Hindenburg tommt am Montag aus Hannover , wo er ihres Verhaltens durch Keil entfesselten, ließ erkennen, wie schmerzlich sie die Entlarvung ihres unehrlichen Verhaltens Ehrenbürger" ist, nach Berlin . Trotz aller schwarzweißroten Begeisterung ist Hindenburg sogar in Hannover in der Minder. empfanden. Im Hause aber und mehr noch auf den dicht geheit geblieben. Es wurden bort am 26. April gezählt für Wars füllten Tribünen des Reichstags weckte Keils Rede stürmische Zustimmung. Denn wieder einmal fonnte man erkennen, daß in erster Linie die Sozialdemokratie Hüter und Schützer all derer ist, denen das fapitalistische System Lasten bis zur Unerträglichkeit aufwälzt.

Durchaus zutreffend hat Genoffe Reil darauf verwiesen, daß ein großer Teil der enteigneten Sparer im Lager der politischen Gegner der Sozialdemokratie stehe. Eine Alenderung in ihrer Dentweise ist in fürzester Frist faum zu erwarten. Denn die Sparer und Gläubiger, den ehemals herrschenden und besitzenden Kreisen entstammend, schleppen noch heute alle Borurteile dieser Gesellschaftsschichten gegen die Sozialdemokratie und ihre Weltanschauung mit sich. Wenn die Sozialdemokratie fich trotzdem mit allem Eifer für die Bes tämpfung des an ihnen verübten Unrechts einseßt, so zeigt das ihre rein sachlichen Erwägungen. Nicht wegen der Gewinnung dieser politisch gegnerisch oder indifferenten Kreise bekämpft die Sozialdemokratie die verderblichen Anschauungen der Regierung, fondern aus dem sozialen Gebanten, daß auch jeder unverschuldet ins Elend gestoßene Mensch ein Recht zu leben hat.

In den Vorlagen der Reichsregierung feiert der na dte Egoismus des Großfapitals Triumphe. Die ge­ringfügigen Verbesserungen bezüglich der Hypothefen, die Ab­lehnung jeder weitergehenden Aufmertung bei den Industrie­obligationen, die Bettelpfennige für die Anleihegläubiger des Reichs find mur einige der Symbole für den Geist der Regie­rungsvorlagen. Unausgesprochen ist in ihnen der Stand­punkt der Großfapitalisten enthalten, daß jede weitergehende Aufwertung wirtschaftsschädlich sei. Nachdem die Reichsregierung aber eingesehen hat, daß sie der großen Boltsbewegung, die die Aufwertung verlangt, offen nicht Herr werde, versucht sie es durch die Gewährung fleiner Ronzessionen, die an der Bereicherung der Schuldner menig oder gar nichts ändern.

129 548, für Hindenburg 110 693, für Thälmann 11 994 Stim men. Der republikanische Kandidat blieb selbst in Hannover gegen­über Hindenburg mit neunzehntausend Stimmen im Vorsprung! In Berlin trifft Hindenburg eine ganz republika. nische Stadt! Groß- Berlin zählte am 26. April 1 254 238 republikanische, 887 285 Hindenburg- und 244 780 fommunistische Stimmen. Selbst wenn man die beiden legten zusammen rechnet, war der republikanische Kandidat vor ihnen meit voraus!

Aber in dieser republikanisch gesinnten Hauptstadt der Republit werden den Erwählten des Rechtsblocks nur die Monarchisten grüßen, wenn man von den offiziellen Bertretern des Staates abfieht. Bei seinem Einzug auf denselben Wegen, auf denen einft die Ehrhardt Truppen unter Killingers Mitwirtung vor das die Ehrhardt Truppen unter Killingers Mitwirtung vor das Brandenburger Tor zogen, um dort zufällig" Ludendorff zu tref fen bei diesem Einzug werden die Organisationen und Ber bände fich breit machen, die täglich die Reichsfarben und die Republikaner beschimpfen und mit Schmutz be. werfen. Nennt doch soeben erst wieder ein Berliner deutschnatio­nales Blatt die Mitglieder des Reichsbanners": Hörfings Bande! Wer wird zum Empfang bereit stehen? Die Deutsche Zeitung" bringt das Verzeichnis der Vereine:

Frontbann, Jungdo, Wifingbund, Werwolf, Olympia , Stahlhelm ", Bismard Orden, Rurmart", Bezirts. schutz, Jung. Bismard Jugend, DNP.- Jugend, deutschlandbund, Jägerbund, Kyffhäuser­bund, Nationale Arbeitervereine", Candbund verbände, Balfifumer, Offizierverbände und Adelsgenoffenschaft, Reichsbund ehemaliger Kadetten. Baterländische Frauen. verbände usw. usm.

Bei Borbeifahrt des Rechtsblock- Erwählten spielen fämtliche Kapellen den Fridericus- Reg"- Marsch!

Das wird ein herrliches Bergnügen sein! Die Bitinger", aus Auf die Haltung der Sozialdemokratie bleibt diese Tattit deren Reihen die Erzberger und Rathenau - Mörder ohne Einfluß. Sie wird sich nicht mur bemühen, den Cha- stammen, deren Mitglied am Tage vor der Wahl den Reichsbanner rakter der Regierungsvorlagen vollständig zu verändern, son- mann Erich Schulz niederknallten, nehmen sich dort besonders dern auch die Mittel zur Aufwertung aus der Besteue- gut aus, wo der Präsident der Republit empfangen werden rung der Inflationsgewinne zu erhalten. Im Aufwertungsausschuß ist ihr ein entsprechender Borstoß ge­lungen. Die schwersten Kämpfe darüber aber stehen noch be­vor und werden nicht nur die Debatten über die Aufwertung, sondern auch die der Steuerprobleme beherrschen.

Die durch die Rede des Genossen Reil hervorgerufene Aussprache hat eine vollständige Klärung über das Schick fal der Aufmertungsgefeße nicht gebracht. Unverfennbar aber ist die Reserve, mit der alle Parteien den Borschlägen der Regierung gegenüberstehen. Selbst wenn man annimmt, daß ein Teil dieser Vorbehalte nur äußerer Schein sind, so spricht doch vieles für die Annahme, daß die Regierung mit ihren Vorschlägen manchmal einen schweren Stand

haben wird.

Am stärksten werden die Vorlagen von den Deutschnafio nalen vertreten. Hergt, der grimmige Aufwertungsfreund, bezeichnete sie als eine geeignete Grundlage zur befriedigen den Lösung". Er hat diso den in der Opposition vertretenen

Die Urlaubsliste.

Bon Rate Marcus.

Im Bureau ist ewiger Winter mit der falten Sonne der Glüh­birnen und den Schneetüchern der weißen Bogen. Aber von einem dieser Bogen lösen sich plötzlich spielende Zweige, und ein Duft von Meer oder Wiesen steigt daraus empor. Es ist die Urlaubsliste, die im Frühling, von einer harten Kinderhand getragen, durch das Bureauhaus wandert.

,, Ein schweres Stück Arbeit," stöhnt der Personalchef. Und wie ein Stüd Arbeit sieht die Lifte aus mit ihrer Vorpredigt von Golfen und müssen, ihrer genauen Einteilung der Tage und Menschen. Jeder steht am zugemessenen Blaze, unwiderruflich festgenagelt. Jede Bewegung bringt ihn in konflikt mit einem fremden müssen. Ber­önliche Wünsche führen nur zu persönlicher Entsagung. Das Stüd Arbeit verteidigt seine freudlose Existenz gegen alle Angriffe. Rinder, Mütter, Frauen sind mit in die Spalten eingezwängt und können sich nicht von der Stelle rühren.

Der Urlaub der anderen ist nach Meinung des Chefs absolut überflüssig. Genau so unnütz und ordnungswidrig wie Krankheit, Betriebsrat und Schlichtungsfammern. Wird auch mal anders", fagt er und überlegt dabei, wie er der bleichfüchtigen Stenotypistin noch zwei Tage vom fechstägigen Urlaub abstreichen kann. Der Kopf des Syndikus wird tagelang wie eine Trommel bearbeitet. Jedes Bort des Tarifvertrages über den Urlaub wird herausgelöst, um gestülpt, ausgewalzt, bis es nur noch ganz schwache Lebenszeichen gibt und alles mit sich geschehen läßt, was der höhere Wille befiehlt. Benn die Liste fertig ist, fährt der Chef zur Erholung von der harten Arbeit nach Meran . Im Schlafwagen denkt er noch: Lächerlich, diese Errungenschaften der Neuzeit! Ich habe als junger Mann niemals Urlaub gehabt. Nur darum habe ich's soweit gebracht." Und doch steigt aus den Seiten der Liste ein Duft von Meer oder Wiesen auf. In zwanzig Zimmern beugen sich nacheinander Männer- und Frauenföpfe über die Blätter und heben sich erst wieder empor, wenn die Freude in ihnen ganz reif und voll ge­worden ist. Ihren Namen segen sie mit einer gewissen Feierlichkeit an den dafür bestimmten Play. Der scheint ihnen gar nicht eng und eingezäunt. Darüber steigen ja himmelgrüßende Berge auf. Und die Ruhe, die seelige Ruhe der Freiheit, schwillt wie ein mächtiger Strom über die Grenzen der Zahl. Das Aufstehen am späten Mor­gen, fern von Normaluhren und Stadtbahnminuten, ist findhaftes Glüd, geträumter Besitz der Besitzlofen. Helle Kleider im Freien, Mahlzeit unter Bäumen, treibender Kahn, Wellen und Meeressand alles ist Rückkehr zum Selbst, das sonst nur hilflos gegen Scheiben flattert. Man wird lesen, denken, reden, ganz unbewacht von der Zeit, die im Bureau ihre Zeiger fordernd und treibend vor einem dreht. Ein Mensch wird man sein, fein Herr Müller aus der Buch­haltung oder Fräulein Meyer aus der Registratur.

soll, der einen Tag später den Eid auf die schwarzrotgoldene Fahne zu leisten bereit ist!

Es wird sicher auf der großen Strecke vom Bahnhof Heerstraße bis zum Brandenburger Tor manchen Trubel geben. Denn Berlin ist groß und der Menschen sind viele. Aber die republitanische Bevölkerung wird sich an dem Trubel nicht beteiligen und be fonders die Arbeiter werden es ablehnen, in Gemeinschaft mit den mörderfreunden Spalier zu stehen und monarchistische Märsche zu Mörderfreunden Spalier zu stehen und monarchistische Märsche zu hören.

Schwarz- Rot- Gold in Hannover .

Hannover , 8. Mai. ( Eigener Drahtbericht). Am Sonntag ist in Hannover Gautag des Reichsbanners Schwarz Rot- Gold. Sämtliche Ortsgruppenfahnen des Gaues merden im Stadion geweiht. Tausende und Abertausende von Reichsbanner leuten werden zu dieser Feierlichkeit nach Hannover tommen. Die republikanischen Kreise der Stadt sind schon jett eifrig bestrebt, die republikanischen Kreise der Stadt sind schon jeßt eifrig bestrebt, die auswärtigen Gäste würdig zu empfangen. In den Straßen werden

Ganz schwer find alle vom Wünschen und Glauben, wenn sie den Zug besteigen, der sie endlich hinausführt. Nun sollen all diese Wünsche sich einzeln lösen und vor den Blicken leicht und bunt in der Sommerluft schweben. Aber fie tragen ein unsichtbares Gewicht von Gewohnheit und Tagesstaub. Wer elf Monate des Jahres gebückt am ewig gleichen Blaze saß, fann sich nicht im zwölften Monat spielerisch, gelockert, unbeschwert rühren. Seine Glieder fehren immer wieder in die gewohnte Haltung zurüd. In seinem Kopf windet fich weiter die Spirale des Arbeitstages. Nur mer jung und leicht ist, der findet mühelos den Tanzschritt der Ferienzeit. Der reife Mensch fann den Arbeitsrhythmus nicht ausschalten, weil in ihm die Energien seines Wesens mitschwingen.

Alles umsonst also? Nein! Denn es bleibt im Gedächtnis ein fleckenloses Bild sommerlicher Tage. Und im nächsten Frühling steigt wieder aus den Blättern der Urlaubslifte ein Geruch von Wiesen und Seestrand empor. Wir leben von Wünschen. Auch die nie erfüllten find Leben und Glück.

Prof. Hugo Liepmannt. Hugo Liepmann , der frühere Leiden im 63. Lebensjahre gestorben. Sein Name ist verbunden mit Direktor der städtischen Irrenanstalt Herzberge, ist nach längerem den Forschungen über die sogenannte Aprarie, d. h. eine Erkrankung des Gehirns, bei der trog klaren Bewußtseins zweckmäßige Hand­lungen unmöglich sind. Seine ersten Arbeiten beschäftigten sich mit den psychischen Veränderungen des chronischen Alkoholismus. Da er Jude war, fonnte er trotz der Bedeutung seiner Arbeiten für die Wissenschaft es nicht zum ordentlichen Profeffor an einer deutschen Universität bringen, genau so wenig wie sein Schwager Leo Arons . Der erste Eisenbahnunfall. In wenigen Monaten wird die Welt das hundertjährige Jubiläum des denkwürdigen Tages begehen fönnen, an dem auf der englischen Strede Stockton- Darlington der erste von einer Lokomotive gezogene und mit Personen besetzte Eisenbahnzug mit einer Stundengeschwindigkeit von etwa zehn Kilometern über die Schienen ging. Fünf Jahre nach dieser Eröffnungsfahrt, nämlich im September 1830, verzeichnete man den ersten Eisenbahnunfall, der sich in der Nähe von Liverpool ereignete. Der englische Abgeordnete Huskisson, der nach Liverpool fuhr, benutzte den Aufenthalt auf einer Station, um aus seinem Wagen auszusteigen und die Betriebsmaschinerie der Lokomotive eingehend zu besichtigen. Dabei hatte er sich unvorsichtigerweise auf das Geleise gestellt. Ganz in die Betrachtung des Räderwerts vertieft, bemerkte er nicht, daß von der entgegengesezten Seite auf demselben Geleise eine Lokomotive heranfuhr. Der arme Hus­fisson wurde von der Maschine ergriffen, niedergeworfen und zer malmt. Der Fall erregte in England ungeheures Aufsehen und verbreitete überall Furcht und Schrecken. Die Edinburgh Review" aber benutzte die günstige Gelegenheit, um an dem neuen Verkehrs­mittel eine vernichtende Kritik zu üben. Der Wahnsinn," so führte die angesehene Monatsschrift aus ,,, 700 Personen in Zügen von fechs Bagen mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern war inzwischen zu dieser Höchstleistung gekommen zu befördern, übersteige alle Borstellungen. Aber England wird diesen Bahn

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man

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Girlanden gezogen und Häufer mit den Abzeichen der Republik ge= schmückt. Die Bahnhofstraße vor dem Hauptbahnhof ist von zahlreichen schwarz rot goldenen Fahnen befät. Außerdem wurden von den Republikanern Blafate mit den Reichsadler angebracht. Leider hat der deutsch nationale Bolizeipräsident wieder einmal ein Verbot erlaffen, und zwar auf dem Bahnhofsplah Masten oder Ehrenpforten zu er­richten. Er vermag nur nach links zu sehen, während ihm rechts das Augenlicht zu fehlen scheint.

Nur so ist es zu verstehen, wenn sich am Donnerstag abend Angehörige verschiedener faschistischer Verbände wie Bandalen benehmen konnten. Bevor sie ihr Werk begannen, hatten sie dem Generalfeldmarschall v. Hindenburg unter Ab­fingen der Wacht am Rhein und anderer bedenklicher Lieder ihre Rriegsfahnen und schwarz- weiß- rote Abzeichen in Fadelbeleuchtung gezeigt. Dann hielten sie es für nötig, in den Straßen

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peleien gegen andersdenkende Personen zu be­gehen. Sie entfernten von den Plakatsäulen die vom Reichsbanner angebrachten Hinweise auf den Gautag und zerstörten an verschie­denen Stellen im Zentrum der Stadt Abzeichen der Republif. 2. a. wurden die in der Bahnhofstraße errichteten Ehrenzeichen für das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold beschädigt. Der Polizei ist es nicht gelungen, diese Erneuerer Deutschlands " restlos festzustellen.

Wie sieht der Reichsetat aus? Scharfe Kritit der Opposition im Steueransschuß.

Im Steuerausschuß des Reichstags wurde am Freitag die Aus­Sprache über die allgemeine Finanzlage fortgesetzt. Abg. Dr. Fischer­Köln( Dem.) wandte sich scharf gegen die Auffammlungspolitik des Finanzministers und gegen die dauernde Ausschaltung des Budget­rechts bes Reichstages. Es sei unbegreiflich, daß der Finanzminister im Plenum andere Zahlen für den Etat gegeben habe als später im Ausschuß. Von vielen Posten habe der Reichstag jezt erst Kenntnis erhalten. Er mißbillige es, daß aus Steuermitteln so große Beträge aufgehäuft werden, daß faft 700 Millionen als furzfristiger Stredit zu hohen Zinsen an die Wirtschaft ausgeliehen werden lonnie. Seine Parteifreunde fonnten sich nicht eher eine zweckmäßige Einzel­beratung der neuen Steuergesetze denken, bis über die sofortige Vor­lage eines Notgefeges Uebereinstimmung herrsche, wodurch eine fofortige Ermäßigung des gegenwärtigen Steuerdrudes( Ueber­leitungsgeje 1924, Lohnsteuer, Umfagsteuer) erzielt werden soll. Der Reichsfinanzminister v. Schlieben versuchte den Nachweis zu führen, daß er teine Thesaurierungspolitit, sondern lediglich vor­jorgliche Finanzpolitik treibe.

Staatssekretär Dr. Popih gab einen Ueberblid über das ge­schäßte Auffommen aus Befiz- und Verkehrssteuer sowie an Bollen und Verbrauchssteuer im Rechnungsjahre 1925. Danach wird das Auffommen aus Befiz- und Verkehrssteuern mit 5023 Millionen Reichsmart geschäzt, darunter das Aufkommen aus Lohnsteuer mit 1200 Millionen Reichsmart, aus veranlagter Einkommensteuer mit 700 Millionen, aus Körperschaftssteuer mit 300 Millionen, aus Ber­mögenssteuer mit 500 Millionen, aus Erbschaftssteuer mit 36 Millio nen, aus Umsatzsteuer mit 1610 millionen, aus Kapitalverkehrssteuer mit 130 Millionen, aus Kraftfahrzeugsteuer mit 60 Millionen, aus Beförderungssteuer mit 273 Millionen. Das Aufkommen aus Zölien und Verbrauchssteuern wird für das Rechnungsjahr 1925 mit 1528 Millionen Reichsmart geschäßt.

Abg. Dr. Herg( Soz.) hielt diese Schäzungen für zu ungünstig, weil sie an der Tatsache vorübergehen, daß eine Ermäßigung der Steuern nicht notwendig mit einem geringeren Aufkommen aus Steuern verknüpft sein muß. Es habe sich beispielsweise bei Er­mäßigung der Umsatzsteuer erwiesen, daß das Aufkommen aus der umfassteuer fich feineswegs in dem gleichen Prozentjah vermindert habe, wie die Umfahftener ermäßigt worden fel. Die erste Ermäßi gung der Umfassteuer habe fogar überhaupt teine Berringerung des Steuerertrags gebracht. Besonders aber jei der Ertrag der Lohn­fteuer falsch geschäht. Bei der Erhöhung des Eristenzminimums von 50 auf 60 m. monatlich hat das Retchsfinanzministerium einen Ausfall von 217 Millionen jährlich errechnet. Eingetreten ist nur ein Ausfall von 1 Million pro Monat und bei Berücksichtigung der Lohnentwicklung von 8,5 Millionen im Monat oder 102 Millionen mart jährlich. Der Ausfall ist also nur halb so groß, wie ihn das Finanzminifterium berechnet. Es besteht Veranlassung zu der Annahme, daß auch diesmal nicht 600 millionen Mart Ausfall ent stehen, wenn das Existenzminimum nach dem sozialdemokratischen Antrag auf 100 Mart monatlich erhöht wird, sondern höchstens 300. Dieser Ausfall sei aber eriräglich, so daß man aus wirtschaftlichen

sinn schwer zu büßen haben!" So schloß die Review" pathetisch den Artikel. In der Folge mußte fie fich allerdings davon über zeugen, daß der Eisenbahnwahnsinn mit unheimlicher Schnelligkeit um sich griff, aber nicht zum Schaden, sondern zum größten Gegen Englands und der ganzen Welt.

Das Mostauer Revolutions- Museum. Das Revolutions- Mu­feum in Moskau ist gegründet worden, um alles, was sich auf die Ge­fchichte der revolutionären Bewegung in Rußland bezieht, zu sammeln und die revolutionäre Tradition zu pflegen. Dieses bolschewistische Unternehmen soll ausschließlich zur Berherrlichung der russischen Revolutionsgeschichte dienen. Das Museum hat neuerdings verschie dene Erwerbungen gemacht. So ist z. B. die Rerferzelle der Festung Schlüffelburg, in der seinerzeit die bekannte Revolutionärin Wera Figner eine lange Haft verbrachte, in das Museum übergeführt worden. Ferner befinden sich dort Muster der Bomben, mit denen die bekanntesten Attentate zu Ende des 19. Jahrhunderts ausgeführt wurden, z. B. ein Modell der Bombe, durch die der Zar Alexander II. seinen Tod fand. In der literarischen Abteilung befinden sich viele aus verschiedenen Bibliotheken hierher gelieferte Dokumente über die großen Bauernaufstände im 18. Jahrhundert, ferner zahlreiche Handschriften, Originalbriefe und Porträts, die auf den Aufstand der Defabristen Bezug haben.

Der Hund, der Filmverträge unterzeichnet. Spötter merden

natürlich bemerken, daß es Hunde, die Verträge unterzeichnet haben, zu allen Zeiten gegeben hat, aber in unserem Falle ist, wie der Observer versichert, die Sache ernst zu nehmen, denn es handelt Observer" versichert, die Sache ernst zu nehmen, denn es handelt fich nicht um einen methaphorischen, sondern um einen authenischen Hund, der allen zivilisierten Menschen bekannt sein sollte- so be­rühmt ist er. Der große Rintintin oder( wie ihn die Amerikaner nennen) der Refordhund unterschreibt" die Verträge, die er mit der Filmindustrie abschließt, eigenpfotig, und es wird erzählt, daß er nicht unter 10 000 Dollar pro Monat zu haben ist. Rintintin war ursprünglich ein ganz gewöhnlicher, aber ganz ungewöhnlich fluger belgischer Polizeihund. Er wurde im Jahre 1918 im Elsaß mitten in der Kriegszone geboren, von einem Flieger nach Amerita mit­genommen und dort, nachdem seine außerordentlichen Fähigkeiten einwandfrei festgestellt waren, gut erzogen und ausgebildet. Sein Herr und Meister überließ ihn dann einer großen Filmgesellschaft, die Rins weitere Ausbildung in die Hand nahm und ihn in verhält nismäßig furzer Zeit zu einem Filmstar ersten Ranges machte. Da aber bald sehr zahlreiche Nachahmer dieses Meisterhundes auftraten, fah sich Rins Manager genötigt, fund und zu wissen zu tun, daß er für die Echtheit des Hundeviehs, das sich als Rintintin ausgebe, nur dann auffomme, wenn alle Verträge von diesem persönlich unterschrieben seien. Wie Nin unterschreibt", fann man sich un­gefähr vorstellen: er tut das durch den unnachahmlichen Abdruck feiner rechten Borderpfote.

Theaterchronit. Die nächste Premiere des Deutschen Theaters ist 3ules Romains dreiaktiges Lustspiel Dr. Snod" mit Eugen Klöpfer in der Titelrolle.

Drahtlose Bildübertragung. Photographien der Marinemandver find mit guten Ergebnissen von Honolulu auf eine Entfernung von 5000 Meilen mittels Radio übermittelt worden.