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!Tr. 217 42. Jahrgang
1. Heilage öes Vorwärts
SonnabeuS, H.Mai 1H2S
Sonntägliche Eberswalüe. Die Fernzüge der Stettiner Bahn öringcn uns in etwa einstündiger Fahrt nach Eberswald«(Sormtagsfarte). Die Stadt, am Südvand des Thorn�berswalder Urstromtals gelegen, ist von prächtigen Waidern, zumeist Laubwäldern umgeben. In der jetzigen Zeit des wiedererstandenen Frühlings bietet eine Wanderung durch dieses Waldgebiet ganz besonderen Genuß. Die Birten sind von einem lichten, hellgrünen Schleier umwoben, bei dm Erlm am Bach- rand zeigt sich ebmfalls das erste Grün der sungm Blätter und die braunen Blattknospen der Buchen entrollen sich auch zögernd. Dazu ist die Luft»rsüllt von dem vielstimmigen Chor der wieder heimge- tehrtm gefiederten Sänger. ..° h° s wandern wir durch die Eismbahnstmße durch die Stadt. Wie fast alle märkischen Städte blickt auch Eberswalde   auf . Zurück. Die erste urfimiliche Erwähnung geschieht liive.-Lorher bestanden an der Stelle der Stadt bereits wendische Siedlungen. Eberswalde   führte bis 1876 den Namen Neustadt-Tbers- walde. Da? bmrertmswertest« Gebäude ist die Maria-Magda» e'n hervorragendes Dmkmal gotischer Baukunst aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Wirtschaftlich bedeutungsvoll ist die Forstliche Hochschul«, di« 1830 eingerichtet wurde. Beim ehe« nKUigeri Gasthaus zur goldenen Sonne an der Zugbrücke über den �inowkanal steht ein langes Gebäude, das jetzt als Kornspeicher dient. Hier war in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts das erste Theater von Eberswald«, in dem der Schauspieler Eduard Devricnt, der dann in Berlin   sehr bekannt wurde, seine erstm Erfolg« hatte. Di« Altstadt weist noch einige schöne alte Fachwerkhäuser aus. Am Gesundbrunnen   vorüber, dessen heilkräftige Quellen 1572 ent­deckt wurden, wandern wir zur Stadt hinaus, zum Zainhammer. Er war von 177g bis 1824 als Hammer für die Eberswalder   Messer­schmiede in Betrieb, jetzt ist er Getreidemühle. Ein« kurz« Wände- rung bringt uns zum Wasserfall. Die Umgebung des neuen Wasser- falls sst mit zahlreichen Erinnerungstafeln versehen. Der alte Wasserfall oder Hertha fall(Abbildung) läßt fein leises Rauschen jedoch in tiefster Waldeinsamkeit vernehmen. Wir kommen zur Schwärze, überschreiten sie und wandern ihrem Laus entgegen. Ueber einen kleinen Bach, den Abfluß der Fischbrutanstalt, führt der Weg, dann biegt er links ob zur Chaussee nach Spechthausen  . Dieser Ort hat seinen Namen nach dem Hammermeister Johann Gcorg Specht, der hier 1769 einen Eisenhammer anlegte. 1781 wurde dar- aus eine Papierfabrik, di« heute noch besteht, und in der das Papier für die Banknoten hergestellt wind. Bon Spechthausen wandern wir auf der Biesenthaler Chaussee bis zum Waldbeginn. Hier biegen wir auf den Fußpfad nach rechts ab, zur Schwarze, der wir bis zur Stettiner Bahn entgegengehen. Wir halten uns mm links, an der Bahn, bis zum nächsten Uebergang, wo wir di« Lahn   über- schreiten und auf schöner Waldstroß« weiter wandern, bis wir die Schwärze wieder erreichen. Auf dem jenseitigen Ufer folgen wir durch tiefes Waldesdickicht dem Pfad nach Westen. Er fuhrt zuerst dicht am Meß entlang, später durch di« von der Schwärze durch- flössen« Wiesenniederung hin. Wir können hier sehr gut beobachten, wie der Lauf des Fließes in V-förmiger Gestalt in das Gelände ein- geschnitten ist, wodurch der klein« Talzug zeigt, daß er von fließendem Wasser ausgenagt wurde. An der Schwärze kommt auch der Eisvogel vor, der in der Mark Brandenburg äußerst selten anzutreffen ist. Der Pfad führt uns zum Schwärzefee, dem Ursprung des Schwärzefließss. Wir wandern um das Rordufer des Sees zum Forsthau» Schwärze. Bon hier gehl es in nordwestlicher Richtuno weiter bis zum ersten Querweg, auf dem wir recht» abbiegen. Durch schönen Wald kommen wir in etwa 1 Stunde nach Heegermühle, einem großen Dorf am Finowkonal. Der Kanal verbindet di« Havel  mit der Oder; er wurde von 1605 bis 1620 angelegt, im L0-jährigen Kriege zerstört und von 1744 46 wiederhergestellt. Jenseits des Kanals liegt das Messrngwert, bei dem vor 12 Jahren ein reicher vor- geschichtlicher Goldsund gemocht wurde. Aus der Chaussee wandern wir gen Ost nach Wolfswinkel und Eisenspalterei. Hier über- schreiten wir den Finowkanal und wenden uns alsbald nach rechts zur Hölle, einem schönen Laubwaldgebiet, das sich nördlich des Kanals zum Kupferhannner hinzieht. Bei der Kupferhammer- Schleuse gehen wir wieder auf di« Südseite des Kanals hinüber. Wir wandern nun auf der gen Ost führenden Straße zuerst unmittel- bar am Kanal, dann durch den neuen Stadtteil Westend   zum Bahn- Hof Werswalde zurück.(Wsglänge etwa 22 Kilometer.)
Zum Stieaktzsee. Mit den Vorortzügen der O st b a h n fahren wir über Freders­ dorf   noch Rüdersdorf  . Wir tun einen Blick in die Kalkbrüche, m deren Nachbarschaft, begünstigt durch den kalkreichen Bc-den, die seidenhaarige Anemone(Anemone silvestris) jetzt ihre Blüten entfal­tet Auf der Chaussee wandern wir nach T a s d o r f, das früher ein« wichtige Station an der alten Poststraße von Berlin   über Müncheberg  
Dtr Hertbafall bei Eberswalde  . nach dem Osten war. An der Mauer des Guts entlang führt uns die Straße gen Nordost in den Wald. Hier wandern wir alsbald auf einem der rechts abgehenden Weg« zum Südsnde des Stienitz- fees, der in einer Talsenk« liegt, die sich gen Nord durch das Tal des Bäckerfließes bis nach Strausberg   hinzieht. Wir wandern nun am Ufer des Sees weiter. Links liegt eine Kiesgrub«, die des Sonntags von vielen Wanderlustigen zum Lagerplatz gewählt wird. Aus den Uferhängen treten vielfach Quellen zutage, deren Wasser in kurzem Lauf dem nahen See zueilen. Der rotbraune Ueberzug der vielfach in den Rinnsalen liegenden Geröll« und Holzstücke verrät uns, daß das Wasser stark eisenhaltig ist. Das Elfen schlägt sich überall als rotbraune Kruste nieder. Der Weg führt am Rande eines Erlenbruck). waldes weiter. Alsdann kommen wir durch eine Cichenwaldzone und durch Kieferrchochwaid zu der Niederung, die sich nördlich an den Stienitzfee anschließt und seinen bereits verlandsten Teil bildet. Wir kommen in ein wildes Erlenbruch, wie wir es in gleicher Wildheit und Schönheit im norddeutschen Tiefland selten antreffen. Der Weg bringt uns in der Nähe des Fließes weiter zur Chaussee von Hennickendorf. Jenseits der Brücke liegt zwischen der Chaussee
mtd dem Meß ein E rl e nb ru chw ald. in dem wir jetzt di« be- zeichnenden Bodenpflanzen eines solchen Waldes blühend antreffen. So sehen wir hier die weiße, die rote und die in der Umgegend Berlins   ziemlich seltene gelbe Taubnessel, das Lungeirkrairt, in man­chen Gegenden, wie z. B. in Ostpreußen  , auchHühnchen und Hähn- chen* genannt, dessen Blüte vor der Befruchtung rot und nach der Befruchtung blau ist, das gelbblühende Schöllkraut, die weiße Stern- blume und den Günsel. Auch die zweiblättrige Schattenblume kommt hier mitunter in großen Beständen vor. Wir sehen auch di« Schuppen. würz, weißlichbraune Pflanzengebilde, die aus den Wurzeln de? Bäume schmarotzt.' Airs dem jenseitigen Ufer des Fließes liegt der Tannen- grund, eine dichte Pflanzung von Fichten oder Rottannen. Ge- heimnisvolles Düster erfüllt den Wald. Die Strahlen der Sonne ver- mögen nicht durch das Aftgewirr zu dringen. Es ist ein plötzlicher Wechsel; ein gegen die vordem durchwanderte lichte, märkische Kiefern- Heide fremdartig scheinendes Landschaftsbild sehen wir hier. Der dahineilende Bach trägt dazu bei, uns in eine Gegend der deutschen  Mittelgebirge   versetzt zu glauben. Vom Tannengrund steigen wir auf die Userhöhe hinauf. Auf dem Fußpfad wandern wir weiter, der immer auf den Höhen bleibt, die das Bäckerfließ begleiten. Der Wald ist hier ebenfalls schöner Kiefernhochwald mit vielem Wacholder. Links unten, durch Laubgebüsch verdeckt, riefelt das Fließ  . Jenseits liegt die Neue Mühl«, eine Schneidemühls. Bei der alten Walkmiible überschreiten wir das Fließ und kommen zur Chaussee, kurz vor der Eisenbahn. Wir gehen über die Bahn und dann links an ihr entlang zum Bahnhof Strausberg  , den wir in wenigen Minuten erreichen. (Weglänge etwa 12 Kilometer.) Die Kapitawaniage. Dunstqualm durchzieht das kleine Restaurant in der Friedrich- straße, der Gäste Lärm erfüllt es, der Kellner Eilgang raubt ihm vollends die Gemütlichkeit. Man kommt und geht, man Ißt und trinkt, man lieft Zeitung und unterhält sich auch derRhythmus der Großstadt' und ihrLeben" ist hier zur Hetze übersteigert. Das Leise, das Zarte, das Feine, nichts grotesk. Die grellen Plakate an der We.nd, der dicke Bauch des Wirts, die rohen Tische, die lieblos zubereiteten, versalzten Speisen, kurz und gut, das ganze Milieu" verlangt eben entsprechend« Derbheit bei den Besuchern. Schön ist das nicht, aber es ist! Und grotesk wirkt darum dos alte Weiblein von der Heilsarmee  , das mit bewundernswerter Aus- dauer von Tisch zu Tisch huscht und von Platz zu Platz. Niemand will von der sinnlich kaum noch reizvollen Dame in der altmodischen Tracht etwas wissen, wirft hier und da dennoch jemand einen Groschen durch den Spott der klappernden Büchs«, dann ist vermut  - lich weniger Mitleid der Grund hierzu oder der Wille zur 5iilfe, sondern well eher der Wunsch, den lästigen Bittsteller schnell los zu sein.Für hungernde Kinder", sagt einer zu feinem Nachbar, wie oft hörte man das schon. Wenn man da jedesmal geben wollte, wo käme man da hin!" Wenn man da jedesmal geben wollte diese harten Worte sind zur ständigen Redensort geworden, und gegen diese Eeldbeutellogik des Geizigen kommt die sentimentale Phrase der Heilsfoldatin nicht auf:Der liebe Gott wird's Ihnen zehnfach vergellen." Beide Aeuherungen sind typisch. Bon der Pflicht zur radikalen Hilfe, wie sie der Sozialismus verlangt, von der Hilse, die die.Hilfe", d. h. also lindernde Wohliätigteit, über- flüssig macht, ist keine Rede: der eine will nicht davon sprechen und der ander« will nichts davon hören. Man belügt sich gegen- sellig der eine Teil tut's im guten, ja sogar im allerbesten Glauben, wenn er von der gottlichen Verzinsung spricht, der andere kneift mit faulen Ausreden das Elend bleibt. Trotzdem zieht die Heils- soldattn geduldig wie ein Bibellamm von Tisch zu Tisch, von Lokal zu Lokal und wir können ihr nicht einmal zurufen: Ueberflstjsig! Nur, daß keine Heilsarmee in Jahrhunderten wieder aufbauen kann, was richtige Armeen und ihic Generale in wenigen Jahren zu zerstören vermögen. Das Gebäude de« allen Reichsmarincamls am Leipziger Platz und Boßstraße, das der Firma A. W e r i. h e i m feit dem Jahre 1910 gehört, wird zurzeit abgerissen. Es sollte dort bereits im Jahre 1914 ein Erweiterungsbau des Warenhauses nach den Plänen von Professor Messel   ausgeführt werden, was jedoch durch den Ausbruch des Krieges verhindert wurde. Die Berichte, nach denen das Waren- Haus Wertheim   am Kurfürstendamni Bauabsichten habe, erklärt die Firma, find unzutreffend.
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Anthony Zohn. Roman von Jerome kt. Zerome.
Das war immer der Kummer meiner armen Mutter," sagte Eleanor,daß sie nie etwas getan hatte. Vor ihrem Tode bekannte sie mir dies, sprach:Ich gab ein wenig Geld, das nicht mir gehört«, dessen Erwerb mich nichts gekostet hatte. Es verlangte mich danach, mich selbst zu geben; nur diese Gab« vermag zu heilen." Eleanor sprang von chrem Sitz, nahm Bettys Gesicht zwischen die Hände und küßte sie.Was du tust, ist gut: ich beneide dich ein wenig." 17. Wie soll er es ihr sagen? Die Tür war nicht völlig ge- schlössen, er vernahm ihre Anordnungen gebende Stimme, das Rauschen der Kleider, das Oeffnen und Schließen von Laden. Später würde er hören, wie sie der Zofe Gute Nacht wünschte, dann würde sich die Tür öffnen, sie ihrer Gewohnheit gemäß vor dem Scylafengehen auf ein Plauderstündchen zu ihm kommen. In dieser Stunde erschien sie ihm in dem dufttgen weißen Gewand immer am allerschönsten. Und auch heute abend würde sie ihre weichen Arme um seinen Hals schlingen, ihm lachend erklären, wie stolz sie auf ihn sei. Den ganzen Abend hatte er in ihren Augen dieses Versprechen gelesen. Und dann werden sie einander küssen. vielleicht zum letzten­mal. Kann er es nicht aufschieben, wie schon so oft? Ist es nicht grausam, gerade diese Nacht zu wählen? Es war ein Tag der Rosen gewesen, und sie hatte sich so glücklich gefühlt. Am Morgen war das Denkmal für die Gefallenen enthüllt worden, das große Granitkreuz mit den vier Bronzegeschützen auf dem Sockel. Es ragte hoch auf dem Moor empor, ange- sichts der ganzen Stadt, den Himmel als Hintergrund: in goldenen Buchstaben leuchteten aus dem grauen Stein die Namen der jungen Männer, die gestorben waren, um Eng- lands willen. Anthonys Rede hatte großen Beifall gefunden: er hatte es verstanden, die Menge zu bewegen, wie sie durch derarttge Reden nur selten erschüttert wird; jedes Wort, das tr sprach, bezog er auf sich selbst. Auch seine beiden Kinder, die ihm meist äußerst kritisch gegenüberstanden, hatten ihn nachher beglückwünscht. Dem Sohn waren sogar Tränen in den Äugen gestanden; trotz der häßlichen Narbe auf der Wange hatte der Junge in seiner schäbigen Uniform sehr schön aus- gesehen. Bei Kriegsbeginn war er als Gemeiner ins Heer
eingetreten und an der Front zum Ofsizier befördert worden. Norah befand sich beim Ausbruch des Krieges in einem psychologisch bedeutsamen Augenblick. Während der Suffra- gettenbewegung hatte sie Eleanor mehr als eine schlaflose Nacht gekostet. Der Krieg hatte ihren leidenschaftlichen Tätig­keitsdrang in andere Geleise geleitet. Er hatte sie auch mit einem netten jungen Menschen zusammengebracht. Anthony selbst gab der Krieg, ohne daß er sich darum bemühte, neuen Reichtum und größere Macht. Millsborough wurde zu einem Zentrum der Munitionsfabrikation. Amhonys Genie für Organisation war die treibende Kraft gewesen. Beim Bankett noch der Enthüllung des Denkmals hatte ein Minister allerlei Andeutungen gemacht; Eleanors Prophezeiung, daß Anthony als Millionär und Mitglied des Hauses der Lords enden würde, schien sich erfüllen zu wollen. Am Abend wurde zuin erstenmal der große neue Speisesaal geöffnet, der auf den Ruinen des Klosterrefektoriums ausgebaut worden war. Ganz Mills- borough hatte sich emgefunden, die Bürger der Stadt, die mit Anthony aufgewachsen waren, seine glänzende Laufbahn be- wundert und beneidet hatten. Gutsbesitzer aus der Umgebung, schlichte Menschen, berühmte Leute. De'r Ehrwürdige Horace Pendergost, der beredteste aller Geistlichen, der bald zum Bischof avancieren sollte, feierte Anthony in einem Trinkspruch als denungekrönten König von Millsborough" und zitierte Sprüche aus der Bibel, die auf einen so sichtlich von Gott be- günstigten Mann paßten. General   James Eoomber forderte die Ehre für sich, weil er gegenüber der Opposition der Familie, der Schwester geraten hatte, sich nicht von dem Manne ihrer Wahl trennen zu lassen, nicht etwa, fügte er unter Lachen hin- zu. daß sie der Ermuttgung bedurft hatte. Auch andere hatten sich erhoben, Anthony die Zuneigung und Achtung ausgedrückt, die ganz Millsborough für ihn empfand. Und dann hatte sich das Seltsame ereignet: ats Anthony sich erhob, um seinem Dank Worte zu verleihen, fiel ihm plötzlich ein, wie oft sein Namensvetter, der Mönch Anthony, in diesem Saal gespeist hatte. Und nun vermeinte er die Gestalt des jungen Mönches vor sich zu erblicken. Er trat durch eine kleine Nebentür ein, setzte sich auf einen Platz, der durch das vorzeitige Fortgehen eines Gastes leer geworden war. Anthony wußte, daß es sich um eine Halluzination handle, heraufbeschworen durch einen Gedanken. Es erschien ihm merkwürdig, daß das ihm zugekehrte, auf beide Hände gestützte Gesicht des Mönches nicht das des Helden und Märtyrers war, das er vom Bild kannte. sondern das Antlitz eines schüchternen Jünglings. Die Hände
waren ineinander verschlungen, die aus Anthony gerichteten Augen schienen zu flehen. Anthony entsann sich nicht mehr, was er gesagt hatte; jedenfalls war die Rede anders gewor- den als er sie ursprünglich geplant. Ihm war zumute, ais gebe er den fragenden Augen des jungen Mönches Antwort. Da er sich abermals setzte, ertönte kein Beifall; es herrschte eine kleine Weile Schweigen, und nachher wurden die Ge- spräche in gedämpftem Ton fortgeführt, als wäre eine neue Note angeschlagen worden. So töricht dies auch erschien, der kleine Borfall veranlaßte Anthony zu dem Entschluß, noch heute mit Eleanor zu sprechen. Er hatte es allzu lange hin- ausgeschoben, bald unter dem einen, bald unter dem anderen Borwand. Während er seine Rede für die Denkmalsent- hüllung vorbereitete, kam ihm der Gedanke: wie lange noch werde ich den Feigling spielen? Wann werde ich endlich dem Ruf meines Herrn, meines Landes Folge leisten? Wann hatte er zum erstenmal den Ruf vernommen? Welche Stimme, welche Vision hatte zuerst zu ihm gesprochen? Er versuchte sich zu erinnern. Es war kein Trompetenstoß ge- wesen: keine Feuersäule war vor seinen Augen ausgeloht. Im leisen Flüstern des Windes, in einer sanften Berührung seines Armes war ihm der Ruf genaht. Im Schmerzensschrei eines kleinen wilden Geschöpfes. In der Traurigkeit eines vorüber- eilenden Gesichtes. In der Nachricht über ein geschehenes Un- recht, einerlei wann oder wo. Und immer war die Nacht voll von vorwurfsvollen Augen, die fein Zögern rügten. Es schien ihm, als stehe er an Gottes Seite in einem weiten, türlosen Gemach, lausche dort auf das Niederttopfen der Tränen der Welt, der Tränen aller vergangenen Jabrhunderte und aller künftigen Zeiten, und Gottes traurige Augen beobach- teten ihn. Könnte er doch Eleanor mit sich nehmen, wollte sie doch mit ihm kommen! Es hatte zu Kriegsbeainn eine Zeit ge- geben, in jenen Tagen der Verzweiflung, als der Junge tödlich verwundet daniederlag und er sie in der Nacht aufschluchzen hörte:O Gott, nimm mir alles andere, aber laß ihn mir!", damals hätte Anthony es tun können. Weshalb hatte er nicht in jenen Tagen mit ihr gesprochen? Ehren, Reichtümer? In jenem Augenblick erkannte sie deren Nichtigkeit. Aber der Sohn war am Leben geblieben, und mm galten ihre Wünsche und ihr Ehrgeiz wieder Anthony. Sie würde olles verdammen, was ihn in dieser Beziehung schaden könnte. Er wird allein geh«! müssen. (Fortsetzung folgt!)