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Kommunalpolitik im Landtag.

Die preußische Städte- und Landgemeindeordnung.

Der Landtag ging in seiner heutigen Sigung, der letzten Boll­sigung vor Pfingsten, an die erste Beratung eines 3entrums­antrages auf Bornahme eines Entwurfs für eine preu­

ßische Städteordnung und eine preußische Landge­meindeordnung. Mit dem Zentrumsantrag werden die über aus umfangreichen Arbeiten des 22er- Ausschusses des alten Land­tages wieder aufgenommen.

In der Aussprache erhält zunächst

Abg. Haas( S08.)

das Wort: Wir haben im 22er- Ausschuß alles getan, um eine brauchbare Städte und Landgemeindeordnung zu schaffen. Wenn bei den Arbeiten fein brauchbares Resultat herausfam, dann liegt es zunächst am Regierungsentwurf. Je mehr wir uns von den Revolutionstagen entfernten, desto schlechter wurde dieser Ent­wurf und desto schwächer wurde der Wille, eine großzügige Ber­faffungsreform zu schaffen. Die sozialdemokratische Frat tion ist immer dafür eingetreten, die Städte und Landgemeinde ordnung zusammenfassend in einem Gefeß zu reformieren. Das ist schon deswegen zwedmäßig und gut, weil bei beiden Ordnungen faft 70 Prozent der Baragraphen übereinstimmen. Bedauerlicher weise ist die Zentrumspartei   dazu übergegangen, den schon vereinheitlichten Gefeßentwurf wieder auseinanderzuziehen. Bir treten nunmehr von neuem für die Verbindung der Reformarbeiten in einem einzigen Gesetz ein.

Die Frage: Magistrats oder Bürgermeisterei nerfassung steht im Mittelpunkt der Reformarbeit. Im Aus­schuß haben wir gesehen, daß ein großer Teil der Ausschußmits glieder sich unserem Standpunft näherte. Wir wünschten das Ein­fammersystem, wir wollen die Bürgermeistereiverfaffung, wie fie das Rheinland fennt. Wir wollen, daß der Bürgermeister nur ber Primus inter pares, d. h. nur der erste unter seinesgleichen, ist. Im Ausschuß lobte alles die Bürgermeistereiverfassung. Trogdem zeigte fich aber recht wenig Neigung, eine solche Bürgermeisterei nerfassung auch in Breußen zu schaffen. Es war feine Mehr heit für die Abschaffung der Magistratsverfas. fung vorhanden. Man flebte an der Tradition. Das zeigte sich cuch bei der Frage des Bestätigungsrechtes. Im Gefeßent­wurf wird noch immer an der Staatsaufficht gegenüber den Selbst verwaltungsförpern und das besonders hinsichtlich des Bestätigungs­rechtes festgehalten. Die angegebenen Gründe für dieses Festhalten find aber nichts weniger als burchschlagend. In ihrer Liebe zum Alten und Hergebrachten gingen einzelne Parteien sogar so weit, daß fie fich gegen die Beseitigung der Gutsbezirte zur Behr Jezten.

Und doch ist diese Beseitigung gerade für die politische Er­ziehung der Bevölkerung im Öffen Deutschlands   dringend nofwendig.

Otto Koesters lester Gang.

Heute vormittag lag in der Ruppelhalle auf dem Fehrbelliner Blak unter vielen anderen Blumen ein Fliederkranz der Vorwärts". Redaktion. Dem Künstler und Kämpfer" stand auf den Schleifen, und darunter lag, tot im Sarge, unser lieber Kamerad Otto Koest er. Um seine Frau und seine Berwandten scharten sich Freunde und Parteigenossen.

Schuberts Litanei" erflingt aus der Höhe, von einer herrlichen Frauenstimme gesungen. Es ist eine Seele aus dem Freundeskreis Otto Koesters, die ihm auf so edle Weise nachtrauert, die russische Opernsängerin Lina Olberg.

Nun spricht ein Paftor. Im ersten Augenblid ist man erstaunt, bei diesem Begräbnis einen Geistlichen im Amt zu sehen; aber es ist freilich Pastor Frande, unser bekannter Parteigenosse. Er be­ginnt mit Bibelsprüchen, aber bald fesselt das, was er sagt, uns alle. Nicht nur durch die bedeutende Redekunst des Sprechenden; denn was er sagt, ist Dank an den Toten, obwohl, ja sogar weil er die scharfen Waffen, die er führte, auch vor dem nicht gesenkt hat, was ihm an der Kirche des Kampfes wert erschien. Der sozialistische Geistliche hat Roefter nicht gefannt, aber dieser hat ihm. als Frande feine schweren Gewissensnöte offen aussprach, einen Brief geschrieben, der den Bessimisten tröstete, der das Leben bejahte. Und auf diesen Brief des lebenden Koester antwortete France dem Toten mit dem Trost, daß die Lebenden den leidenschaftlichen Kampf Otto Koesters im Herzen bewahren, ihn mit Leidenschaft fortseßen werden.

Für die nächsten Freunde spricht Dr. Erasmus. Tief empfundene Abschiedsworte.

Und dann tritt Friedrich Stampfer   an die Bahre, um für den Borwärts" und die ganze Parteipreffe Otto Roefter den Nach

ruf zu halten. Er erzählt, wie Koester Mitarbeiter des Borwärts" wurde, mit einem Bild zu Immanuel   Kants 200. Geburtstage. Und in diesem ehrenden und erhebenden Zeichen tantischen Besens ftand Roesters ganze Arbeit. Ein echter Sozialist und Demokrat, ein edler Künstler und ein ganzer Mann, hat Koester unter uns gestanden und gewirkt. Mit seiner Runst wollte er Wege der Erkenntnis öffnen gewirkt. Mit seiner Runst wollte er Wege der Erkenntnis öffnen und der Menschheit bienen. Das war seine Größe. Bir trauern über seinen Tod, aber wir stehen zu seinem Werke!

Bom Chor ertlingt wieder die Frauenstimme, eine Arie von Caldara ,,, Arme Seele ruh in Frieden. Das ist der letzte Wunsch an Otto Koester, dessen sterbliche Reste nun zu den Flammen in die Tiefe finfen.

Die neuen Bewohner des Zoo.

Immer wieder wird von der politischen Unreife des Boltes ge sprochen. In der Selbstverwaltung, die doch im Often erst nach der Beseitigung der Gutsbezirke möglich ist, haben wir eine pracht­volle Gelegenheit zu politischer Erziehungsarbeit. Schließlich molen wir unter feinen Umständen, daß der wirtschaftliche Herr im Gutsbezirk zugleich auch noch der politische Herr ist. Wir wiffen zur Genüge, wie brutal die wirtschaftliche Macht in Guts bezirken durch die Junter ausgenügt wird. Ueber diese Dinge werden wir bei der Beratung des Wahlgefeßes zu den Provinzialstra u ße, die, in unserem altägyptischen Straußentempel ausgestellt, Landtagen und Kreistagen noch ein deutliches Wort sprechen. trauße, Wir hoben Beweise in Menge dafür, daß die Junter auch nicht vor der Brotlosmachung politisch Andersdentender zu­rüdschreden, wenn sie sich politisch durchsetzen wollen. Die Auf­hebung der Gutsbezirte ist bas A und O der ganzen Reform. Die 3werggemeinden befigen fein wirkliches tommunales Leben, des. halb müffen sie zu leistungsfähigen Bezirken zusammengefaßt wer­den. In den Gemeinden des Westens herrscht ein ganz anderes politisches Leben, als im Often. Um so bebauerlicher ist es, daß die Zentrumspartei   nicht mit uns gehen wollte, wenn mir die 2andbürgermeisterei forderten.

Fast unfere fämtlichen Reformvorschläge find abgelehnt worden; man will alles beim alten und vor allem teine neuen Gedanken aufs Land hinauskommen laffen.

Hoffentlich wird der 21er- Ausschuß, an den die Gesetzentwürfe überwiesen werden, rascher und erfolgreicher arbeiten als der alte 22er- Ausschuß. Darüber muß sich jeder mirtliche Freund einer brauchbaren Reform im flaren fein, daß ein Fortschritt gegenüber den bisherigen ,, Resultaten" nur dann möglich ist, wenn bie Re­form auf dem Boden der Selbstverwaltung und der Demokratie burchgeführt wird.( Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Auf den warmen Appell des Genoffen Haas zu rascher und gründlicher Reformarbeit antwortete der nun folgende deutsch  nationale Rebner Freiherr v. Mirbach mit dem tlaffischen Spruch: Sieben Jahre hat trotz der Revolution noch die alte Ordnung be­standen, also tann sie auch noch länger bestehen. Eine gewisse Re­form will auch ber deutschnationale Freiherr zugestehen. Allein von einer allgemeinen Einführung der Bürgermeistereiverfassung oder gar von einer Aufhebung der Gutsbezirte will er absolut nichts wissen.

Abg. Schining( 3) münscht, daß bei der Neuberatung der Gefeßentwürfe nicht mehr so viele unnüße Reden gehalten werden, fondern endlich Taten vollbracht werden.

Schwarz- Rot- Gold und Kultusministerium. Bie uns mitgeteilt wird, hatte das preußische Kultus. ministerium am Tage der Bereidigung Hindenburgs eine Reichsfahne und brei preußische Landesfahnen ge­hißt. Da angeordnet worden war, daß Reichs- und Landesfarben in gleicher Stärke vertreten sein sollten, muß diese Berteilung einiger maßen befremdend wirten. Das Kultusministerium hätte allen An­laß, in solchen Fällen mit gutem Beispiel voranzugehen. Wie bei den Reichsfeiern sind auch nach den Schulfeiern am Bereidigungs. tage des neuen Reichspräsidenten zahlreiche Klagen über ich war3 meißrote Obstruttionsversuche der Lehrerschaft bei uns eingelaufen. Wie soll man von der Lehrerschaft Berständnis für die Reichsfarben verlangen, wenn es daran selbst im Kultus­ministerium hapert?

Aus der Partei.

Ein Vierteljahrhundert am Borwärts". Ludwig Leffen, der Redakteur unserer illustrierten Bei­lage Bolf und Zeit", blidt am heutigen 14. Mai auf eine 25jährige Dienstzeit im Borwärts" zurüd. Aus dem faufmännischen Berufe war er in den neunziger Jahren in die Journalistik hinüberge wechselt, hatte in Chemnitz   und Halle an den dortigen Barbeiblättern das harte Los eines sozialdemokratischen Redakteurs fennengelernt und irat dann am 14. Mai 1900 in die Feuilleton- Redaktion des Borwärts" über, in der er zunächst mit Hans Nitolaus Krauß zufammenarbeitete. Später übernahm er die Redaktion der neuen Welt der befannten illustrierten Beilage unserer Parteiorgane, die schließlich durch die Kriegsfolgen ihren Boden verlor und bann durch die jetzige, mit verbesserten technischen Mitteln hergestellte Beilage Bolt und Zeit" abgelöst wurde. Genosse Lessen gehört zu den Stillen im Lande, die unermüdlich arbeiten, ohne daß sie persönlich in den Bordergrund treten. Wie in feinen Anfängen, fo ift er auch heute noch in erster Linie ein dichterisch versonnener Mensch, der feinen Feind, aber viele Freunde hat. Wir hoffen, daß er noch recht lange feine Mitarbeit dem Borwärts" und der Partei preffe miomen fann.

Die neuen Tiere, die die letzte Zooerpedition nach beschwerlichem Transport glücklich in die endgültige Heimstätte zwischen Tiergarten und Kurfürstendamm   gebracht hat, haben jetzt ihre leider nicht idealen Notwohnungen bezogen.( Es wäre wirklich an der Zeit, daß man, besonders für die Raubtiere, beffere Unterkunftsmöglichteiten schafft.) Am interessantesten wirft die Sonderschau der abeffinischen Hochgebirgspaviane. Außer den Herben der prächtigen filbergrauen Hamadryas oder Mantel paviane im gewöhlichen Sinne, werden gezeigt die felteneren und merkwürdigeren schwarzen Dsch ela das cder Nacktbruftaffen mit einem haarlofen, blutroben Bruftfled. Eine weitere feffelnde Gruppe bildet der Trupp abeffinischer Blauhals. gleich am Stadtbahneingang den eintretenden Besucher begrüßen und ihm einen wesentlichen, wertvollen Teil der Expeditionsausbeute vor Augen führen. An Raubtieren ist ein sehr erheblicher und inter­effanter Zuwachs zu verzeichnen. Vor allem die vom derzeitigen Regenten Abessiniens, Tafari Malonnen, gefchentte 25 min. Ein weiteres hochinteressantes Stück ist der Gepard oder Jagbleopard, der, handzahm wie eine Haustage, frei an der Leine umbergeführt werden fann. Auch ein junger Leopard ist ein sehr zahmes Tierchen, wenn er nicht gerade frißt. Eine ausgewadjene eo par din und ein schlanker, eleganter, pinjelohriger Wüstenluchs find dagegen echte Wildlinge. Scheu find noch zwei Gruppen junger ge fledter und gestreifter nänen, die sich aber bald mit der Ge­fangenschaft und ihren Pflegern ausföhnen werden. Eine alte ge­fledte Hyäne, in ber Stabt Direbaua felbft gefangen, wo diefe Raub­tiere ftete nächtliche Gäste sind, gibt ein gutes Bild von dem gewöhn­lichen Aussehen dieser Aasfreffer. Schalale, alte und junge 3ibettazen, Ginstertagen, ohneumons ,, vervollstän digen die Ausbeute an Raubtieren. Eigenartige Erscheinungen find die Löffelhunde mit langen Löffelohren, eine abweichende Fuchsgattung, die als Heuschreckenfresser durch schwaches Gebiß aus. gezeichnet und in der Gefangenschaft schwierige Pfleglinge find. Das­selbe sind auch die großen afritanischen Termitenfresser, die sogenann­ten Erbfertel Auch die fleinen, merkwürdigen Klippschliefer ten Erbfertel Auch die fleinen, merkwürdigen Klippichliefer ( abeffinische Aschfoto), ähnlich wie schywanzlose Murmeltiere aussehend, find in Gefangenschaft nicht ganz einfach zu halten. Wissenschaftlich find in Gefangenschaft nicht ganz einfach zu halten. Wissenschaftlich find sie dadurch merkwürdig, daß man sie nach ihrem Fuß- und ganzen Leibesbau als Verwandte der Nashörner erfannt hat.

In dem alten Tierhaus am Konzertplag wurden aus der Expedi. tionsausbeute einige fehr anziehende biologische Gruppen zufammengestellt. So als fleinere Aasvögel, die ihrem Namen alle Ehre machenden Schmarogermilane mit schwarzen afritanischen Rolfraben und den noch größeren weißnadigen Geierraben, die durch einen mächtigen Krummschnabel ausgezeichnet sind. In einem an­beren Flugtäfig wieder, zwischen lebendigem Grün und von diesem wirtungsvoll abftechend, die prachtooll grün und purpurn mit bunter Ropfzeichnung gefärbten Zurafos oder Bananenfresser zusammen mit Den eigenartigen jaarzen Haubenglangstaren, die zum erstenmai hier lebend zu sehen sind. Weiter die schimmernden Eraglanzstare, die in der Sonne wie lebende Berlen in allen Farben glihern. Schließlich ist da ein großer Gesellschaftsfäfig, ganz gefüllt mit einer Schar der prächtigen, auf der ganzen Unterseite fornblumenblau leuch tenden Geierperlhühner und der durch eine pinselartige Federbürfte auf dem Kopfe ausgezeichneten Binselperlhühner. Das sogenannte alte Straußenhaus zur Seite des großen Reiherflugtäfigs ist ganz mit abeffinischen Tieren besetzt: mit Fettschwanzfchafen, bie allerdings einstweilen noch Magerschwanzfchafe" find, mit budelnafigen, hänge ohrigen Biegen, mit zierlichen Gazellen( babei auch eine sehr eigen artige Hochgebirgsanitlope, der fogenannte Klippspringer); ferner Stachelschweine und Marabus. Abessinische Stelzvögel sind auch in den gegenüberliegenden Tierhäusern eingezogen: Abdimstörche, Ibiffe und die zum erstenmal hier gezeigten Schattenvögel Weitere Tiere, u. a. Dromedare, werden auf dem Seewege folgen. Auch in dem Tierdepot zu Direbaua werben noch Tiere für einen späteren Europatransport bereitgehalten.

Ein ungetreuer jugendlicher Poftschaffner. Ein 22 Jahre alter Paul Pöter wurde am 4. d. M. als Poftfchaffner eingestellt, nachdem er 5 Jahre lang bei der Reichs­truckerei beschäftigt gewesen war und sich gut geführt hatte. Aber gleich am ersten Diensttage unterschlug er 124 M. Rundfunkgebühren, die er eingezogen hatte, und fam nicht mehr zum Amt zurück. Nun­mehr wurde der Ungetreue bei feiner Geliebten ermittelt und fest. genommen. Er hatte sich für das unterschlagene Geld Handschuhe und weiße Kragen gekauft und den Rest vertrunken. Auf die Frage, was er sich bei seiner Handlungsweise eigentlich gedacht habe, erwiderte er nur: Gar nichts".

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,, Die Futterkrippe".

Unter diesem deutschnationalen Schlachtruf vergießt im Tog" ein städtischer Beamter Tränen der Webmut, baß im Be zirksamt Prenzlauer Berg  " nicht ihm, sondern roten" Beamten Beförderung angebiehen ist. Man höre und staune: Das Bezirksamt hat den ungeheuren Frevel begangen, drei Beamten der Gruppe 8 in freie Stellen der Gruppe 9 resp. 10 zu befördern, ohne danach zu fragen, ob es sich auch um deutschnationale Beamte handelt. Aller Anlaß also für den Schmerzgebeugten über Futtertrippenwirtschaft

zu weinen. Ist doch nach alter Tradition bie Futtertrippe ein Privi leg der Deutschnationalen und legten Endes ihr ganzes politisches Betue nur der Kampf um die Futterkrippe. Zum Beweise aber, daß bas fommunistische Bezirksamt" so wird das Amt in dem Artitel benannt, trobem nicht ein einziger fommunistischer Stadtrat dort tätig ist beffer ist als sein Ruf, wollen wir noch mitteilen, daß zur gleichen Zeit neben ben brei fozialdemokratischen Beamten auch brei recht stramme Rechtsparteiler befördert wurden, von denen einer sogar als Schahmeister des deutschnationalen Parteinereins fungiert. Man tann daher die Borte, mit denen der Artikelschreiber im Tag" schließt: Wie lange will sich die Bürgerschaft gefallen laffen, daß bergleichen auf Rosten des Stadtfädels geschieht?" auf ihn selber und seine Auftraggeber anwenden.

Der neue Polizeipräsident.

Einführungsrede des Minifters Severing.

Im großen Konferenzsaal des Polizeipräsidiums hatten sich Beamtenschaft und Angehörige der Presse eingefunden, da der neue heute vormittag die Abteilungsleiter des Präsidiums, Bertreter der Polizeipräsident Genosse Grzesinsti durch den Minister Severing in sein Amt eingeführt wurde. Minister Severing hielt aus diesem Anlaß eine Rede, in der er zunächst auf die starte Politi­sierung der Berliner   Bevölkerung, die in den legten Jahren stattgefunden hat, hinwies. Leider spielten sich die scharfen politischen Kämpfe nicht immer in den Parlamenten ab. Bolitischer Fanatismus bringt vielmehr in immer weitere Kreise der Bevölke­erft der Schule entwachsen sind, mit Rnüppeln auf der Straße rung. Es geht aber nicht mehr an, daß junge Menschen, die gerade Polilit treiben. Erste und vornehmste Aufgabe des neuen Polizei­präsidenten werde es fein, auf diesem Gebiet einzugreifen und wieder normale Verhältnisse zu schaffen. Die Radaupolitit auf der Straße muß aufhören.

te hrs problem. Schließlich müsse aber auch energisch an die Eine weitere ungemein wichtige Angelegenheit sei das Ber. Arbeit gegangen werden, um die Psyche der Polizei. beamten umzuwandeln. Der Polizeibeamte solle und müsse der Freund, der Helfer der Bevölkerung werden. Es darf einfach nicht mehr vorkommen, daß Berhaftete verprügelt werden und Gewalttätigkeiten gegen friedliche Menschen von Polizeibeamten unternommen werden. Solche Ausschreitungen müßten in 3utunft mit aller Strenge geahndet und unmöglich gemacht werden. Mirafter drückte zum Schluß feine Ueberzeugung aus, baß der neste Polizeipräsident, der fich in der preußischen Verwaltung bisher an hervorragender Stelle bewährt habe, auch den Aufgaben ber neuen Stelle gewachsen sei, und schloß mit einem Glüdauf, Herr Bolizei­präfident!"

Der

Nachdem der Minifter geendet, brachte Polizeivizepräsident Friedensburg dem neuen Polizeipräsidenten die Glückwünsche der Beamtenschaft bar. Der neue Polizeipräsident Grzesinsty dankte bem minifter und dem Bizepräsidenten und gab die Versicherung ab, daß er im Sinne der Ministerrebe sich mit allen Kräften be mühen werde.

Das Urteil im Rota- Betrugsprozeß. Direktor März zu Jahren Gefängnis verurteilt.

In dem großen Betrugsprozeß gegen Direttor März und Genoffen wurde nach zweiwöchiger Berhandlung Dom Schöffengericht Wedding das Urteil gefällt. Der leitende Direttor ber Rota Werte, März, wurde wegen fort gesetzten Betrugs zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis, 3000 m. Geldstrafe und 5 Jahren Ehrverluft verurteilt. Die übrigen Angeklagten wurden der Beihilfe schuldig befunden und es erhielten der von der Eisenbahnverwaltung als Vertrauensmann zur Be aufsichtigung bei den Rota- Werten bestellte Eisenbahninge nieur Rau 10 Monate Gefängnis, der Oberfaltu. lator bei den Rota- Werten Raiser 6 Monate Gefängnis und der Obermeister Rutut 4 Monate Gefängnis.

Die Eisenbahnverwaltung fühlt sich durch die Machenschaften des Direttors März um millionenbeträge geschädigt. In der Urteilsbegründung von Landgerichtsdirektor Friedmann wurden die Betrügereien u. a. darin erblickt, daß die Rota unpro­duttive Arbeiten, jo Planierungen und den Bau einer Direttor mohnung bei der Berechnung der Arbeitsleistungen für die Eisen­bahnverwaltung in Rechnung gestellt hatte. Um überzählige Ar­beitsstunden unterzubringen, wurden Luftwagen" und Luft­materialien" aufgeführt. Ueberschüssige Arbeitsstunden bei Um­bauwagen wurden auf den Lokomotivenbau umgeschrieben, da dieser nach Stunden berechnet wurde. Durch diese Täuschungen wur­den neben anderen der Eisenbahnverwaltung 300000 Arbeits­stunden zuviel in Rechnung gestellt. Das Gericht hat bie Ueberzeugung gewonnen, daß das Berfahren durch März veran laßt worden ist, der durch seine Tantiemen Interesse an dem Um jag ber Rota hatte. Es fei nicht ausgeschloffen, daß auch andere leitende Kreise in dieses Verfahren eingeweiht waren, zweifellos sei es nicht ohne Biffen von März geschehen. Das Gericht ging davon aus, daß März den Entschluß hatte, bei allen sich bietenden Gelegen­heiten die Rota zu übervorteilen. Er war daher wegen fortgefeßten Betrugs zu bestrafen: März hat eine matellose Bergangenheit hinter fich und infolge großer Tüchtigkeit eine beispiellose Karriere gemacht. Bom Schloffer und Lokomotivführer hat er sich zur leiten­den Stellung eines großen Wertes heraufgearbeitet. Es handelt sich aber um einen Betrug, der sich lange Jahre hingezogen hat und der hohe Summen betraf, um die die Allgemeinheit ge­schädigt worden ist. Die anderen Angeklagten, die selbst teine Borteile hatten, waren Wachs in seinen Händen. Wer so handle, verdiene strenge Strafe. Es würde dem gefunden Rechtsempfinden des Boltes widerstreiten, wenn nur auf eine unerhebliche Strafe erkannt werden würde. Deshalb hat das Gericht die vom Staats­anwalt beantragte Strafe von 1% Jahren Gefängnis nicht für aus­reichend gehalten und ist um ein Jahr darüber hinausgegangen. Wer so handle wie der Angeklagte, der nicht Notlage als Entschul­digungsgrund habe, fel ehrlos. Trotz der Höhe der Strafe hat das Gericht von einem Haftbefehl gegen Direktor März Abstand genommen, da in der Persönlichkeit des Angeklagten ein Flucht­berdacht nicht begründet erscheine.

Betriebsstörung auf der Nord- Südbahn  . Auf der Nord- Süd­ftrede der Untergrundbahn kam es am heutigen Vormittag zwischen den Bahnhöfen Wedding   und Seestraße infolge eines defetten Zuges zu einer Betriebsstörung, die den Berkehr mehrere Stunden hemmte. Die Stockungen waren, vor allem in der Zeit des Massenandrangs zu den Zügen zwischen 8 und 9 Uhr, zum Teil recht erheblicher Natur.

Die roten Hefte der Deutschen Gartenstadt- Gesellschaft, Die Gartenstadt", Mitteilungen der Deutschen Gartenstadt- Gesell­schaft, Berlin- Grünau, erscheinen jegt nach längerer Bauje wieder. Heft 1 gibt einen Ueberblid über die Entwidlung ber Gartenstadtidee   und enthält u. a. auch einen bemerkenswerten Beitrag über die neue Industriestadt Belten im Norden Berlins  .

Kinderfreunde Charlottenburg. Die an der Spreewald­fahrt teilnehmenden Kinder kommen heute Donerstag abend 6 Uhr ins Jugendheim.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

4. und 5. Kreis Bilbungsansschuß Freitag, 8 Uhr, bei Gett, Kniprode. Ede Bardelebenste. Abrechnung der Maifeier.

75. Abt. Wannfee. Freitag, ben 15. b. m, abends pünktlich 8 Uhr, im Reichsabler, Generalversammlung. Reumahl des Borstandes.

99. ht Brig Freitag um 18 Uhr Sigung ber kommunaltamnijfion und aller Elternbeirate von Brig   beim Gen. Möwenthal, Tripßroße