Iufti'Mmisterkum und Staatsanwaltsthast. Der eingelochte Staatsanwaltschaftsaffessor. Kürzlich veröffentlichte das„Berliner Tageblatt" eine Jnforma- tion von besonders unterrichteter Seite, wonach vor den seinerzei- tigen Mafsenoerhaftungen der Leiter des Barmat-Kon- Zerns eine Beratung zwischen der Staatsanwaltschaft und den Referenten des preußischen Justizministeriums stattgefunden hatte. Obwohl dies sehr nahe lag, hielt sich das Justiz- Ministerium für verpflichtet, den Dementierapparat des amtlichen Preußischen Pressedienstes in Bewegung zu setzen. Indessen erfahren wir, daß eine solche Beratung tatsächlich— in mehr oder minder feierlicher Form— stattgefunden hat. Di« Herren der Staatsan- waltschaft wollten sich damit für alle Folgen ihres Vorgehens sowie für alle Mißgriffe und Gesetzeswidrigteiten. die sie wohl selbst vor- aussahen, dix nötige Rückendeckung bei ihrer vorgesetzten Behörde verschaffen. Unter Berufung auf das Einverständnis mit dem Justizministerium erfolgte sodann im Polizeipräsidium die Re- querierung eines regelrechten Heeres von Kriminalbeamten, Auto- mobilen, Wasserschutzbooten, Flugzeugen usw. So erklärt« sich auch. daß das Preußisch« Justizministerium monatelang zu allen schwer- wiegenden Anklagen, die in der Presse und nichts zuletzt im„Vor- wärts" gegen dt«„Fliegerstaffel der Staatsanwaltschaft" erschienen, hartnäckig schwieg und die Herren weiter gewähren ließ. So er- klärt sich ferner die skandalöse Passivität der zuständigen Referenten des Ministeriums in der Afsöre H ö f l e. wobei alle Maßnah- men und Warnungen der Frau Höste, daß ihr Mann einem sicheren Tode tm Gefängnislazarett entgegengehe, in den Wind geschlagen wurden. Bei dieser Gelegenheit möchten wir noch auf«ine komisch-bla- mabl« Episode au? der ersten Zeit der staatsanwältlichen Aktion hinweisen, die uns erst neuerdings von holländischer Seit« mttge- teilt wurde. Wie erinnerlich, haben wir bereits vor vielen Wochen— ohne daß seither irgend«in Dementi erfolgt ist— Einzelheiten über das skandalös« Auftreten de« Herrn Kuhmann in Amsterdam und sonstigen holländischen Städten veröffentlicht. Jetzt stellt sich aber heraus, daß das nicht einmal der erste Besuch des Herrn Kußmann in Holland war, sondern daß dieser junge Herr schon Anfang Januar einen ersten Besuch in Amsterdam ab- gestattet hatte, der allerdings ein schnelles und merkwürdige» Ende nahm. Herr Kußmann erschien nömltch an der holländischen Grenze ohne dos für jeden sonstigen Reisenden nötige Einreisevisum und meldete sich beim holländischen Grenzkommissar. Dieser geleitete ihn nach Amsterdam , quartierte ihn«in, aber, während er sich mit seinen Vorgesetzten in Verbindung setzte, war die Polizei., durch den Hotelportier auf den seltsamen Gast aufmerksam gemacht worden— und so wurde der preußische Staatsanwattsasiessor au? dem Bett« herausgeholt und nach Nummer Sicher ge- bracht. Am nächsten Morgen wurde er behördlich ausgewie- sen und nach Deutschland zurückgeschafft. So endet« die erst« Hollandreis« des findigen Assessors nach politischem Mate- rial gegen die Sozialdemokratie.
Der Abschluß öer �aushaltsberatungen. Der Städtische Ausschuß feiert in diesen Tagen das Jubiläum seiner 25, Sitzung, die der Beratung des diesjährigen städtischen Haushatts gewidmet ist. Langsam aber sicher nähert sich diese ersprießliche Arbeit ihrem Ende. Nach heißem Bemühen haben die Stadtväter die Ausgabenpositionen im Etat um 1,4 Millionen Mark erhöht. Zweifellos zeugt das von großer Bescheidenheit und Zurückhaltung. Der Magistrat hat sich gezwungen gesehen, nachträglich noch Ausgaben von 7,4 Millionen Mark in den Etat einzustellen, so daß SF Millionen Mark neu gedeckt werden müssen. Nach diesem bisherigen Ergebnis der Beratungen ist an eins Senkung der Gewerbesteuer gar nicht zu denken und die Mel- dung der Rechtspresse über deutschnationole Anträge in dieser Rich- tunej gehören in das Gebiet der Fabel. Rur der streitbar« Herr Mull er. Franken beantragt«, die Gewerbesteuer von SO» Pro*. auf 250 Proz. bei der Ertragsteuer herabzusetzen. Da er ober nicht nachweisen konnte, wie der so entstehende Ausfall von rund SO Mil- lionen Mark gedeckt werden könnte, blieb er allein auf wetter Flur. Die Beratung des Steuerhaushall» hat ergeben, daß im großen und ganzen die Steuerberechnungen sehr vorsichtig gehallen sind. Entgegen dem Wunsche des Kämmerers hat der Haushaltsausschuß den Einnahmeansotz bei der Einkommensteuer mit 85 Mil- lionen nicht ermäßigt. Nur bei der H a u s z i n« st e u e r ist der Ansatz um 4 Millionen gesenkt. Dafür sind die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer mit 4 Millionen Mark, der Wertzuwach»- steuer mit 3,4 Millionen und der Hundesteuer mit 1 Million Mark erhöht worden. Dies« Erhöhungen bedeuten nur Ansatzerhöhunoen im Etat, die Steuersätze werden dadurch nicht geändert. Bei der Hundesteuer hat der Etatsausschuß einstimmig dem Magistratsvor- schlag auf 40 Mark im Jahre zugestimmt. Da ein« Ermäßigung der Gewerbesteuer bei der Lage der städtischen Finanzen nicht zu erreichen ist, wollen mehrere Fraktionen wenigsten die Eintreibung der Fachschulbeiträge in Höhe von 4,6 Millionen streichen und zum Ausgleich die augenblicklich mit 100 Proz. in Berlin erhoben« Grundsteuer auf ISO Proz. erhöhen. Di« D e u t f ch n a t i o n a l e n sind besonders menschenfreundlich und bereiten deshalb einen Antrag auf Absetzung von 3 Millio- nen Mark Wohlfahrtsausgaben in den Bezirken vor. Dafür wollen sie für die Aufwertung der städtischen Anleihen 7,5 Millionen Mark in den Etat einsetzen, die der Magistrat vorläufig gestrichen hat. Wenn man annimmt, daß die deutschnationalen An- träge nicht angenommen werden, dann würde bei einer Erhöhung der Grundsteuer auf ISO Proz. bei Streichung der Fachschulbeiträge. unter Berücksichtigung des größeren Ertrages verschiedener kleinerer Steuern, der Etat bilanzmäßig einen Ueberschuß von 1,8 Millionen Mark ergeben, der nach dem Wunsch des Haushaltsausschusses für Schulbauten verwendet werden soll. Nicht berücksichtigt ist dabei die Absicht des Magistrots, die preußische Verordnung über stärkere Heranziehung der Lastautomobile zu den Straßenbaukosten durchzu- führen. Man schätzt den Eingang auf Grund dieser Verordnung. wenn Berlin sich zur Anwendung entschließt, auf 5 Millionen M-rk. Dasür könnte immerhin einiges gemacht werden. Dem Abschluß der ersten Lesung der Ewtsberatung ging die Vernehmung der Herren Sachverständigen oder besser ge- sagt, Interessenten für Steuerermäßigung voraus. Besonders inter - essont gestaltete sich die Vernehmung der Vertretung der Industrie» und Handelskammer, der über die Wirkung der Gewerb« st euer gehört wurde. Au, seinen Ausführungen ließ sich entnehmen, daß die Stadt Berlin von allen preußischen Großstädten die niedrigste Gewerbesteuer erhebt. Auch das Ge. schwätz von der Verschwendungssucht der Stadt und von ihren an» geblich überflüssigen Ausgaben tonnte sich dieser doch sicher dafür zu» ständige Sachverständige nicht zu eigen machen. Der Kämmerer konnte mit einer berechtigten Genugtuung das Ergebnis der De- ratung als eine Rechtfertigung der Berliner Finanzpolitik bezeichnen. Der ersten Lesung wird in Kürze im Ausschuß die zweit«. Lesung folgen und wahrscheinlich in der nächsten Woche im Plenum der Abschluß der Etotsberatungen, die diesmal kaum zu solchen Zusammenstößen führen dürften wie im Jahre 1923, wo der Etat nicht oerabschiedet werden konnte und der Magistrot zwei Monate wng ohne Etat wirtschaftete.
Heute Voltszählung. Heute früh hat in ganz Deutschland die große Boltszäh- l u n g eingesetzt. Viele hunderttausende freiwilliger Zähler sind treppauf treppab aus den Beinen, um das Material für die Statistik herbeizuschoffen. Allein in Berlin sind 15 000 lebende Zählapparate in vollster Tätigkeit. Aber seltsam, sie stoßen hier und da auf unbegreifliche Schwierigkeiten. Ein kundiger Thebaner verriet den tieferen Grund: die guten Leutchen haben Angst, daß das Finanz. a m t hinter dieser Volkszählung stände. Steuerpsychose.— Diese Ansichten sind natürlich unsinnig. Die Steuer hat mit dieser Zählung nicht das geringste zu tun. Es ist nach 17 Jahren wieder die e r st e gründliche Volkszählung, die nach genauem System einheitlich im gesamten Reichsgebiet durchgeführt wird. Auf den Bezirksämtern, wo die Organisation der Zählung liegt, befindet sich alles im Sturmtewpo höchster Rührigkeit. So hat z. B. das Bezirksamt Kreuzberg , das bekanntlich mit seinen 13 Polizeirevieren den größten Berliner Bezirk umfaßt. 2500 ehren- amtliche Zähler eingestellt, die im Durchschnitt pro Mann 50 Haus- Haltungen zu bewältigen haben. Um der Oeffentlichkeit einen Be- griff zu geben, welche Unmassen Papier in Bewegung gesetzt wurden, um die umfangreiche Organisation dieser Millionenzählung auf die Beine zu stellen, sei festgestellt, daß allein dem einen vorerwähnten Bezirk vom Statistischen Londesamt 61 K i st e n mit Material, jede Kiste von einem Gewicht von 140 Pfund, zugewiesen wurden. Der Bezirk Kreuzberg umfaßt rund 6000 Grundstücke mit insgesamt 120791 Haushaltungen. Man kann sich an Hand dieser Zahlen einen ungefähren Begriff von der Unsumme der' Arbeit machen.„Sie können sich denken, welch umfangreiche Borbereitun» gen e» erfordert, die Zählpapier« in die einzelnen Kanäle zu leiten!" sagte der Nebenswürdige Herr, den ich auf dem Bezirksamt Kreuz- berg befragte. Die Tätigkeit der Zähler vollzieht sich folgendermaßen: Die Zählbogen gehen vom Bezirksamt adressiert an den Hauswirt, der sie den Mietern zuzustellen hat. Die Mieter füllen die Bogen aus und überantworten sie dem Hauswirt, von dem sie der Zähler dann abholt. Auf einer Postkarte teilt dieser dann dem Bezirksamt das Resultat seines Häuserblocks mit. Eine gründliche Nachprüfung der privaten Zählungen durch das Bezirksamt ist die Schlußetappe.
Die billige Revoloerkugel. Die Gefahr des schieß wütigen Polizeibeamten. Schwere Ausschreitungen eines betrunkenen Polizeibeamten, die leicht von den verhängnisvollsten Folgen hätten sein können, beschäf- tigten die Strafkammer de« Landgerichts III. Als Berufungsinstanz oerhandelte die Strafkammer gegen den früheren Poltzeiwachtmeister Hans Müller au« Welßensee, der von dem dortigen Schöffengericht im März wegen Nötigung im Amte zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt worden war. Ebenso war ihm auch die F ä h> g k e i t zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf drei Jahre abgesprochen worden. Müller ist inzwischen aus dem Amte ausgeschieden. Der Borfall hatte tm Norden Berlins im Herbst vorigen Jahres sehr erhebliches Aussehen erregt. Müller hatte nachts mit einem Händ- ler in einer Schankwirtschast in der Sttaßburgstraße gezecht und wankt« nach der Polizeistunde schwer b*« kneipt nach Hause. An der Ecke Sedanstraße kamen ihm zwei Männer entgegen, die sich auf dem Heimwege befanden. Nun muß ihm in seiner völligen Bezechtheit in Erinnerung gekommen sein, daß ihm sein Zechkumpan erzählt hatte, daß er von einigen Leuten am Abend verprügelt worden sei. Unsinnigerweile hiett er nun die harmlos Daherkommenden für die Uebeltäter. Der uniformierte Beamte rief den beiden Leuten ohne weitere» zu:„Kommen Sie mit!" Als diese erstaunt fragten, weshalb sie mitkommen sollten, erklärte er nochmals in be- stinuntew Ton«:„Kommen Sie mttl" und er fügt« dann drohend hinzu:„Wenn Sie nicht mitkommen, schieß« ichl" Schon hatte er den Revolver herausgezogen und entsichert. Die geladene Waffe richtete er auf einen der beiden Leute, die nun jeden Widerstand aufgaben und mitgingen. Plötzlich riß der An- geklagte die Reoolverkammer auf, machte die Waffe schußfertig und schoß auch sogleich los, ohne ein Wort zu jageiu Der Schuß ging dicht über den Mann hinweg, da dieser sich noch schnell genug zur Erde«erfen konnte. So wurde nur ein Schild an einer Hauswand zertrümmert. Der Angeklagte brachte zu seiner Ber- teidigung vor, daß die beiden Männer ihm verdächtig gewesen seien. Die Beweisaufnahme ergab, daß die beiden Zeugen dem Händler gänzlich unbekannt waren und mit diesem nichts zu tun hatten. Da» Schöffengericht erblickte in dem Verhalten des Angeklagten einen schweren Mißbrauch setner Amtsgewalt. Die Berufung stützte sich lediglich auf da» Strafmaß, und Rechtsanwalt Dr. Arras bat, dem Angeklagten seine Trunkenheit als Strasmilderungsgrund anzurechnen. Di« Strafkammer setzte die Strafe auf 6 Monate Gefängnis herab und will auch«Ine Bewährungsfrist in Er- wägung ziehen. Ob die Ermäßigung der Straf« in diesem Falle angebracht war, sei hier nicht erörtert. Es muß aber darauf hingewiesen werden. daß sich die Strcfverfahren wegen Amtsmißbrauch und Nötigung im Dienste unheimlich mehren. Welch unabsehbares Unglück der Angeklagte hätte anrichten können, liegt auf der Hand. Nicht Müllers Verdienst war es. wenn durch die verbrecherische Tat diesmal kein Menschenleben vernichtet wurde. Gegen solche Beamte, die sich, im Besitz ihres scharfgeladenen Brownings, zu einer furchtbaren Gefahr für da» wehrlose Publikum ouswochsen, muß mit aller Energie eingeschritten werden._ Das Straßcnbahnunglück in der Potsdamer Strahe. Von den 19 Verletzten muhten zwei Personen, und zwar der Redakteur Bruno Plötz und die Händlerin Klara I a c o b, in das Krankenhaus eingeliefert werden. Obgleich Plötz infolge einer Ge- Hirnerschütterung noch bewußtlos daniederliegt, besteht bei ihm, ebenso bei der Händlerin I., die innere Verletzungen davontrug, kein« Lebensgesohr. Bei den übrigen Leichtverletzten, die sämtlich ihre Wohnungen aussuchen konnten, haben sich keine weiteren Komplikationen eingestellt. Die sofort nach dem Unglück erschienene Untersuchungskommission hatte festgestellt, daß die Bremsvorrichtung in Ordnung war. Nach Zeugenaussagen soll die alleinige Schuld dem Fahrer der Linie 74 treffen, der in vor- jchristswidrig schneller Fahrt die abschüssige Straße durchfuhr und den Wagen nicht rechtzeitig zum Halten bringen konnte.
Die zweite Klasstellung des Arbeiter-Radio-Klabs. Vor kurzem wurde in der Petersburger Str..19 die zweite Arbelterradloausstellung eröffnet. Der Klub, der bestrebt ist, den Rundfunk für die kullurellen Bestrebungen der Arbeiterschaft nutz- bar zu machen, will durch diese zweite Ausstellung die Aufmerk- samkeit der Berliner Arbeiterschaft auf sich ziehen und um Mitglieder werben. Etwas überraschend war die Mitteilung, daß das deutsche Funkkartell, das sich aus bürgerlichen Radiovereinen und Klubs zusammensetzt, und ebenso der Funktechnische Verein offiziell versuchen, die Anerkennung des ArbeiterradioNubs zu verhindere Auf all« mögliche Art und Weis« versuchen diese Cliquen, die in der Reichspost«inen willigen Hörer finden, zu verhindern, daß dem ARE. die Möglichkeit zur Vermittlung der Audionerlaubnis gegeben wird. Die Verweigerung der Audionerlaubnis ist unerklär- lich, da der Klub allentechnischenund kaufmännischen Anforderungen entspricht und auch Mitglieder, die an �»ochschulen studiert haben, zu seinen tätigsten Mitarbeitern rechnet. Zu Ende des Jahres soll ein Gesetz herauskommen, das, wohlgemerkt, den anerkannten Klubs und Vereinen auch einen Heber- wachungsdienst erlaubt. Die Räume, die der Klub inne hat, sind einfach, aber geschmackvoll eingerichtet. Auf mit buntem Papier bedeckten Tischen sind selb st gebaut« Apparat« und Einzel-
teile, sowie Anschauungs- und Lehrmaterial übersichtlich geordiiel. Die Ausstellung ist von besonders großem Interesse, weil sie einem jeden die Möglichkeit gibt, an Hand des vorhandenen Materials Ein- blick in die neuesten Errungenschaften der Technik zu erhalten. Bastelstunden und Lehrkurse rverdim in großem Maße das Interesse aller Amateure zu wecken versuchen und weiter die Kriegsopfer und Blinden durch kostenlose Lieferung selbsthergestellter Apparate an dieser Errungenschaft unserer Zeit teilnehmen lais?". Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.__ Herr Doktor, v>o bleibt Sie HpgiettL- Ich saß im Wartezimmer des Arztes und drehte die Daumen. Was soll man auch tun? Meine Blicke gingen derweilen an der Decke spazieren, gingen über die geradezu schaurige Süßlichkeit der Blumensträuße da oben hin und kehrten wieder zurück. An Horch höherer Mathematik, mit Hilfe von Formeln und Wurzelrechnungen versuchte ich sodann mir auszurechnen, wann ich wohl so ungefähr an die Reihe kommen würde. Das Zählen und Ueberzählen der Wartenden erwies sich erst recht als kein gutes Wittel, um die Lange- weile abzuschwächen. So senkte ich denn meinen Blick elegisch auf den vor mir stehenden Lesetisch und da mußte ich mir wohl sagen, daß die Wartezimmer im allgemeinen immer noch die Stiefkinder der Empfangenden sind. Dies hier vor mir war ein papierner Gemüseladen! Hier türmten sich Dinge' übereinander, die gar keinen inneren Zusammenhang mehr hatten, in denen kein Faden verknüpfender Ideen vorhanden war. Mehr oder weniger hatte sich hier alles in füegende Blätter verwandelt. Da ich nun im Rebenberuf leidenschaftlicher Markensammler bin, so war ich der glückliche Besitzer einer stets greifbaren Pincette. Mit Hilfe dieses feingebauten Instruments hob ich nach und nach einige Schichten vom Makulaturhausen. Welch eine Fülle von Dreck und phantastischen Formen lag hier in einem matten Fettglauz. Mir wurde schließlich meine Pincette zu schade für diese Tätig- teit. Und ich bemerkte, daß es auch an der Zeit war, sie wegzu- stecken, denn einige der Herumsitzenden, vom langen Warten halb blöde, waren in Gefahr, ob meines seltsamen Tuns Stielaugen zu bekommen. Entrüstet und in mich zurückgelrochen, stellte ich mir die große. wohl berechtigte Frage: Herr Doktor, wo bleibt da die Hygiene? Der neue Rettungsturm am Müggelsee. Bekanntlich hat die„Rettungsgesellschaft der Wasser» sportvereine von Berlin und Umgegend unter erheblicher finanzieller Mithilfe des Berliner Magistrats am Müggelsee einen neuen Rettungsturm errichtet, der eine Länge von 14�/2 Meter erreicht. Die Einweihung des Turmes fand in Gegenwart von Ver- tretern des Reiches, der Polizei und der Kommune am Sonntag nachmittag statt. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Albert Arndt, hielt eine kurze Begrüßungsansprache in der er betonte, daß alle Wassersportvereine Berlins ohne Unterschied der politischen Ein- stellung der Rettungsgesellschaft angehören. Hiernach wurden Rettungsmanöver praktisch vorgeführt. Schließlich sprach Dr. Frank vom Rettungsamt der Stadt Berlin dem leitenden Arzt der Retwngsgesellschaft Dr. Friedländer den Dank für seine aufopfernde Tätigkeit aus.__ Die Not der Krabbenfischer. In der llnterelbe und unterhalb Cuxhavens sind ca. 300 Krabbenfifchfahrzeuge tätig, die in mühsamer Arbeit um ihre Existenz kämpfen. Der Fang ist befriedigend, und die gefangene Ware von vorzüglicher Bejchassenheit. Uebcrhaupt ist die Nordseekrabb« eines der wohlschmeckendsten Krebstiere. Obgleich der Fang be- sriedigend ist, leiden die Fischer insofern Not. als der Absatz infolge geringer Nachfrage sehr zu wünschen übrig läß>. Die Existenz der ganzen Flotte steht in Gefahr. Den Fischern kann aus die einfachste Art geholsen werden, nämlich dadurch, daß die Haushattungen ein oder zweimal in der Woche sich dem Genüsse der jetzt in vorzüglicher Beschaffenheit befindlichen Nordseekrabbe zuwenden. Um den Berliner Hausfrauen Gelegenheit zu geben, diese» nahrhafteste äußert wohlschmeckende Krabbenfleisch wohlfeil zu kaufen, veranstaltet der Verein der Fischhändler von Groß-Berlin vom Mittwoch dieser Woche ab drei preiswerte Der- ka u f s t a g e. Wie schon angedeutet, wird zur Bequemlichkeit das rein« Krabbenfleisch geliefert also bereits cntschält.
Die wiener Philharmoniker in Verlin . Das Wiener Philhar- manische Orchester trifft Donnerstag, den 19. Juni, 1 Uhr nach- mittags» am Anhalter Bahnhof ein. Beim Empfange werden Reichstagspräsident Löbc mit dem Präsidium des Oesterreichisch- Deutschen Volksbundes, Vertreter der österreichischen Kolonie in Berlin , der Behörden und künstlerischen Organisationen anwesend sein. Bei dem Konzert, das abends 8 Uhr in der Philharmonie stattfindet, wird Präsident Löbe namens des Oesterreichisch-Dcutschen Bolksbundes eine Begrüßungsansprache halten und auf die hohe kulturelle und nationale Bedeutung dieses Besuches hinweisen. Die Wiener Philharmoniker , unter denen sich u. a. auch das Rose- Quartett befindet, wird unter Leitung von Erich Kleiber ein Pro- gramm ausschließlich Wiener Meister von Haydn bis Johann Strauß dirigieren. Die Sladkoerordoelenverfammlung hat ihre nächste Sitzung am Donnerstag um%5 Uhr. Das 5 riedrichs-Realgymnasium veranstaltet als Abschluß der eier feines 7öjährigen Bestehens am Sonnabend, den 20. Juni,«in ubiläums-Turnfest auf dem Sportplatz der Schutzpolizei , Zülltchauer Ecke Golßener Straße(alter Pionicr-Uebungsplatz). Beginn des Festes nachmittags 4 Uhr. Vormittags um 8� Uhr finden bereits volkstümliche Wettkämpfe statt. Einlaßkarten zum Preise von 50 Pf. beim Schulhausmeister, Schleicrmacherstr. 23. Ein Sommerfest für alt und jung veranstaltet die Ortsgruppe Nord- osten des Zentral-VereinS deutscher Staatsbürger jlldijchen Glaubens in sämtlichen Saal- und Gartenräumen des Saalbau Friedrichshaw am Mittwoch, den 17. d. M. Die reichhaltigen Veranstaltungen iiir die Jugend beginnen bereits um stz4 Uhr nachmittags. Abends Konzert im Garten, Tanz im Saal.
Stahlhelmleutc als Opfer ver Autoraserei. Gestern abend gegen%i2 Uhr hat sich aus der Landstraße von Schwerte nach Westhofen ein schweres Autounglück ereignet. Fünfzig Personen, die an der gestrigen S t a h l h e l m f e i e r' ans derHohensyburg teilgenommen hatten, benutzten für die Heim- fahrt nach Hagen einen Autobus. Bei der Hosener Mühle über- ichlugsichdasAllto. Stach bisherigen Meldungen sind 30 Personen mehr oder weniger schwer verletzt und in das evangelische Krankenhaus in Schwerte eingeliefert worden. Im Laufe der Nacht konnten die Leichtverletzten jedoch wieder entlassen werden. Gegen- wärtig befinden sich noch fünf Verletzte tm Krankenhaus.
Groß-Serliner parteinachrichten. 15. Streif Treptow Die Funktionärinnenkonfermz findet nicht heute, Dienstag. imrdern<un Freitag, den I». Juni, statt. Loial bleibt bestehen ZI. ASt. Z. Truppe: Die sllr Mittwoch angesetpe Mitgliederversammlung stndel nicht Im„Schweizerhiiuschen" am Bahnhos Zfeeifiensee statt, sondern bei fflimer Wlns-(Üt Christturger Strohe. Vortrag des Genossen R. Schmidt über: „Sport- und Arbeiterpalitik."— Z4. Abt. Heute, Dienstag?>/- Uhr Eltern- Versammlung tn der Schulaula, Mandelstrafie. 37. Abt. 7"j Uhr Zahlabend in folgenden Lokalen- t. Bezirk bei ZeUke. Ebertr straße 7.— 2/3 Bez.: Zerasch, Ebertystr 10.— 4./K. Bez.: Köhler, Matiernftr I> Tagesordnung: Reuwvhl der Bezirtfsiihrer. Etatutenderatung.