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Ireitag 19. Juni 1925
Unterhaltung unö ÄVissen
Seilage ües vorwärts
Die Naturgesetze öer Arbeit. von R. France. So wie es hübsche Tiere gibt man denke an die Katzen oder häßliche man denke an Küchenschaben so gibt es auch solche, die durch Drolligkeit lachen machen. Da ist das Mockentier- chen, ein putziges und glaszartes Ding, mit dem man sich stunden- long unterhalten kann und es auch schon getan hat, fast seit Zwei- hundert Jahren, nämlich seitdem man es kennt. Die biederen Noturforscherdilettonten des achtzehnten Jahr­hundert haben es entdeckt und in ergötzlich naiver Art beschrieben. Wie das winzige Glöckchen des Wassers, das nur so groß ist, daß gerade hunderte beisammen als ein wenig weißer Schimmel er- kcnnbar sind, an irgendeinem Pflanzenstengel emsig strudelt und sich wiegt an einem langen, dünnen Stiel, als wäre es eine Blume, die sich im Winde schaukelt, wie das Tierchen rafft und schluckt in unbegreiflich unstillbarem Hunger, wie das ober mit einem Schlag alles erlischt. Denn der Stiel knickt ein wie«in Korkenzieher  : blitz- schnell reißt er die kleine liebliche Tierblum« zurück: er rettet sie vor Gefahren dadurch, und das winzige Wesen scheint das auch zu fühlen, denn nur longsam, zitternd, vorsichtig wie ein« aus dem Haus kriechende Schnecke wagt es allmählich sich wieder an dem elastisch sich glättenden Stiel aufzurichten. Ein zwei Minuten der Vorsicht, dann erwacht die alte Gier von neuem, schon strudest alles vor Eifer. Da, eine neue Störung, und wieder kugelt die ganze Gesellschaft zusammen. Das ist das drollige Spiel, an hem man sich nicht sottsehen kann, denn es ist unerschöpflich in seinen Variationen und possierlichen Einzelheiten. Dieses kleine Glockentierchcn ist für olle Arbeiter der West, die werktätigen so gut wie die des Geistes, einer der größten Wohl- töter geworden. Es Hot sie olle richtiger arbeiten gelehrt und ist im Begriff, ihnen viele glückliche Stunden des Lebensgenusses zu verschassen, ja vielleicht der ganzen Industrie das Herabwürdigende und Menschenverzehrende zu nehmen. Wie das zusammenhängt? Man höre zu, denn es geht jeden an. Man hat an den winzigen Glöckchen ein ausgezeichnetes Der- suchsobjekt gehabt, um die Gesetze von Arbeitsleistung und Er- müdung zu studieren. Man hat bemerkt, daß, was für ein Lebe- wesen gilt, dem Wesen noch auch dem anderen nicht fremd ist. Man hat sich davon überzeugt, daß es derselbe Lebensstofs ist, der dort arbeitet, zuckt und tätig ist, wie in uns auch und daß wir Menschen immer noch im gleichen Ringphysiologischer Gesetze"«ingeschlossen sind, der alles Leben umfaßt. Darum ist man von da aus vorge- schritten zu einer Wissenschaft derArbeitsphysiologie", die endlich, nachdem sie lange genug verschwiegen war, in gelehrten Disputen und wissenschaftlichen Archiven eingedrungen ist in die Praxis und brauchbar wurde. Heute gestaltet sie in jedem fortschrittlichen Be- trieb die Arbeitsmethoden um. Da hat man zunächst die Glockentierchen springen lassen und hat es aufgezeichnet, wie oft und wie schnell sie hintereinander sprangen. Sie schienen am Ansang unermüdlich zu sein. Oder doch nicht? Nachdem so ein Tierchen dreißig- oder auch fünfzigmal auf eine Störung hin seinen Stiel zurückriß, ließ es das Unheil mehr oder minder glcichgüstig über sich ergehen. Es war sichtlich ermüdet. Man mußte schon den Reiz gewaltig verstärken, bevor es sich nochmals entschloß, zu springen. Und nach ein paar Mal versing das auch nicht mehr. Aber dos arme kleine Versuchskanin- chen blieb nicht immer so. Freilich konnte man einen Erschöpsungs- zustand erzwingen, der zu dauernder Lähmung, sogar zum Tode führte: aber für gewöhnlich bedurfte es nur weniger Minuten Ruhe, um die Arbeitskraft wieder herzustellen. Durch viele Experimente kam man zu einem ganzen Komplex von Erfahrungen. Do war zunächst dos eine, daß, je ungewöhnlicher die Anstren- gung war, desto tiefer und länger mußte man ruhen, um wieder hergestellt zu sein. Dann das andere, daß beinormaler" Arbeitsleistung dos Spiel mit frischen Kräften aufgenommen wird, wenn die Arbeits- pause etwa Ist Minuten dauerte. Währte sie länger, erfolgt kein« Mehrleistung: dauert sie dagegen kürzer, behält der Organismus einen Teil seiner Ermüdungserscheinungen bei. Und dann ein Drittes, nicht weniger Wichtiges. Auch das Spiel von Arbeit und kurzer Ruhepause führt allmählich zu einer Abstumpfung der Leistung, wenn nicht von Zeit zu Zeit große Er- holungspausen eingelegt werden. Hält man dagegen an diesenGesetzen der Arbeit" fest, dann erreicht man eine allgemein« Steigerung der Arbeitsbereitschaft, ja nicht nur das, auch die Schnelligkett und Geschicklichkeit, mit der die einzelne Leistung ausgeführt wird, wächst beträchtlich. Da hat man, in vier Sätzen gedrängt, die ganze Arbeitswissen- schaft vor sich. Was sich an dem Glockentierchen als dem einfachsten und bequemsten Modell erproben ließ, fand man an arbeitenden Haustieren wieder. Man beobachtete die menschliche Muskelarbe-t und las ihr die gleichen Zusammenhänge ab. Denn der Stiel der Glockentierchen ist ja nichts anderes als ein einzelner Muskelfaden. während in unserem Arm, in jedem Muskel, viele Millionen solcher Fäden zusammen, ober auch nach keinem anderen Gesetz arbeiten. Man beobachtete Industriearbeiter und fand, daß auch sie denselben Arbeitsbedingungen unterworfen sind wie der kleine Springer im Wassertropfen. Geistesarbeiter beobachteten sich selbst und entdeck- ten den gleichen Wechsel sinkender und steigender Leistungen, je nachdem, wann Ruhepausen eingeschaltet werden und wie lange sie dauern. Aus diese Weise kam die moderne Arbeitswissenschaft zustande, die viele praktische Aenderungen nach sich zog und noch mehr im Gefolge haben wird. Das Erstaunliche war zunächst, daß das Menschengeschlecht auch ohne sie angeleitet durch die Gefühle von Ermüdung und wieder- kehrender Frische, das Wesentliche dieser Ergebnisse, wenn auch nicht erkannt, so doch angewendet hat. Denn es gibt kein arbeiten- des Volk, das nicht einenArbeitsrhythmus" dadurch hergestellt hätte, daß es zwischen Arbeitswoche und Feiertag unterscheidet. Es ist nur die Dauer derWoche" nach den verschiedenen Klimaten, Rassen und Kusturformen(was gleichbedeutend mit Arbeitsformen ist) oerschieden bemessen gewesen. All« morgenländischcn Völker hoben als Rhythmus sechs Tage Arbeit und einen Tag Ruhe ge- wählt und ihr Einfluß hat das auch uns aufgezwungen, obschon unsere Artung und Arbeitsordnung ein« ganz andere ist. Brauchxn wir zur Erreichung unseres Optimums eine kürzere oder länger« Arbeitswoche? Dos ist ein noch ungelöstes und wie man jetzt im Lichte der neuen Erfahrungen zugeben wird, sowohl schwieriges wie wichtiges Problem. Als man in der fran,zösischen Revolution das Herkommen durchbrach, änderte man auch den Arbeitsrhythmus. Man führte die Dekade ein. bestimmte also nur jeden zehnten Tag zur Ruhe. Dos hat sich weder verbreitet noch gehalten, mußte also seine Nachteile gehobt haben. Die überaus große Verbreitung der Siebentagwoche spricht da'ür. daß in ihr irgendwie denn doch ein biologisches Gesetz" verwirklicht ist. Das ist ober nur scheinbar so Blickt man schärfer in unsere Arbeitsregelung hinein, erkennt man. daß längst schon von der Lebenspraxis die Siebentagwoche durchbrochen und durch einen anderen Rhythmus ersetzt ist. Fast alle Schwerarbeiter und Berufe, denen besonders geistige Arbeit zugemutet wird, gliedern ihre Arbeit anders. Man denke an die Bergwerke mit ihren Schichten, die auch in vielen chemischen Fabri- lcn von dem Streben noch dauernd bester Leistung erzwungen wurden. Lokomotivführer und Bahnbeglcitcr hoben vielfach nur eure Dreitagewoche, Auch den Lehrern, namenllich der höheren
Lehranstalten, ist sie in der Praxis gewährt, indem ein Wochentag Erleichterungen oder Ruhe für sie bringt. Aus eigenster Erfahrung weiß ich, welche Vorteile ein solcher Zwischenruhetag in der Woche im Gefolge hat. Denn bei allen diesen Einrichtungen handelt es sich nicht um Verkürzung der Arbeitszeit als Ziel, sondern um Verbesserung oder Aufrechterhaltung der Leistung durch den geänderten Rhythmus. So paradox das klingt, die Erfahrung hat es doch bewiesen: Man kann mehr und vor allem Besseres»eisten, wenn man in richtiger Weise ruht. Diese Erkenntnis setzt sich in den letzten Iahren, von Amerika  ausgehend, im Siegesmarsch durch. Sie hat dazu geführt,daß man nun auch derZehnminutenpause" erhöhte Beachtung schenkt. Man Hot in Fabriken in England durch sie Steigerung der Leistungen um 10 bis 17 Proz. erzielt, namentlich bei gleichförmigen Arbeiten. Das ist ein sehr bemerkenswertes Ergebnis: es ist ober jedermann ver-
Das Kartenhaus.
.wunderbar haben wir die Varmal-Affäre aufgebaut!"
.Vonnerwetter, jetzt ist alles umgefallen!"
stündlich, der diesen Aussatz mit Verständnis gelesen hat. Wer hier in den Einzelheiten belehrt sein will, der findet sie in den zahlreichen Aufsätzen derTelos-Zeitschrist für Arbeit und Erfolg". Diese Einzel- Helten zu zergliedern aber kann nicht Ausgabe einer Betrachtung sein, die nur das große Gesetz erfühlen lassen wollte, daß aus alle- dem sichtbar wird. Und auch den großen Fortschritt, die Erleichterung des Levens, die sich damit ebenso fühlbar vorbereitet. Unsere vielgeschmähte Zeit steht nicht still, noch geht sie unter. Sie baut sich um, und gerade im Stillen, unter der �Oberfläche, be- reiten sich die wichtigsten Aenderungen vor, deren letztes Ziel ja doch, wie es vom Leben unzertrennlich, die Verbesserung, die Ver- oollkommnung des menschlichen Daseins ist. DaßArbettsverkürzung auf die Dauer die Leistungen steigert"(in diesem Satz mündet ja das ganz« Arbeitsproblcm), ist auf diesem Wege eine wahrhaft mensch- heitserlösende Einsicht. Ihre Tragweite ist gar nicht auszudenken. Ihre Tatsache aber vermag in jedem für den Augenblick wenigstens dos Empfinden aufflammen lassen: es wird besser mit uns Menschen. Einsicht bereitet auf tieferer Erkenntnis unserer Natur Erleichterungen des Daseins vor, von denen unsere Väter und Vorfahren gar nichts ahnten._ Heimweh. Von Hans Friedrich Blunck  . Dickbäuchig hebt sich die Flasche Chianti vor mir. Sie steht nick't eigentlich auf dem Gartentisch Emilia Biancas, sie Hot sich leicht darüber gehoben: das dunkelblaue ligurische Meer, das sie ganz umfängt, läßt sie schweben, je mehr es zum Abend dämmert. Nicht daß mein Blick trübe wäre, nein, es ist die uralte Zauberei dieser südlichen Dämmerungen, die alles ins Unwirkliche rücken, selbst die Flasche, untec der der Tisch zu wandern scheint. Hinter mir der Lärm des Albergo  , in der ich zur Nacht weilen werde. Wer hat das Wort Albergo doch erfunden? Landsknechte und Handwerksburschen brachten es vom Norden herüber, sagte man mir. Sie kamen wie Sand am Meer viele Jahrhunderte hier ent­lang. Und wollten Herberge und Wein und Wege und ließen ein Albergo" neben dem anderen an den Straßen entstehen und zogen den uralten Zug der Menschen, nach Süden, den gleichen, um dessen- willen auch ich ein Sandkorn im Weben der Völker hier an der ligurischen See sitze und meinen Zins an Emilia Bianca zahle. Laullos, ohne Atemzug, liegt das Wasser da. Die Wege, die sich dunkel und dumpf an den Hügeln der Levante   entlang winden, scheinen voll grauen Bewegens. Es ist, als wanderten noch immer blosse Züge der Erinnerung den Weg der Jahrtausende, ohne Aug- halten, ohne Besinnung, ohne Frage des Warum, nebelhaft dem Süden zu. Schleuderkraft des Volkstums nennen die Gelehrten diesen unzähmbaren Trieb in die Fern«. Sonnenwunsch war es, möchte ich eher glauben, die endlose Sehnsucht, näher zum Licht war es, die eine Welle nach der andern in dieses Landbccken herüber schlagen ließ: feindlich und hungernd, als die Etrusker von Norden,
als die Langobarden von Niederelbe einbrachen, friedlich zahlend, als der ewige Zug der Wanderer in dies Land zu strömen begann und die Albcrgos schuf. Kein Lüftlein über dem Meer, dos träg, unbewegt, in dunkel schillernden Farben cinsinkf. Fern noch zwei rote dreieckige Segel, die ihr Leuchten bewahrten, und am Rand des Ufers ein schweifen- der Streif, der die Helle anzog. Von Licht zu Licht des Hafens em paar Lieder, dann ein verklingendes Kirchglöcklein, dos rasch wie ein Tänzer durch die Straßen schwingt und mich unruhig macht. Habe ich dies Bild der Landschaft nicht gesucht? Was bleibt wie ein Unfriede wach? Palmen sind über mir. Drüben unter der Lampe auf der Mauer spielen die Feuerbachschen Jungen ihre Kar- ten aus, blauschwarz sind die Farben von See und Himmel, wie ich sie niemals da oben sah. Und der Kirschlorbeer dustet und die Orangen blühen betäubend stark wartete ich nicht darauf? Ach, als ich ging, waren die ersten schneeweißen Obstblüten auf- gesprungen. Mein Blick geht über den Hafen zu den großen Oliven- Hügeln. Hätte ich jetzt einen Kirschzweig hier, wie gern würde ich diese fremde Schwüle fahren lassen, nach der ich mich sehnte. Un- friede ist um mich, ein schlechter Dank! Schwerkraft der Heimat? Ich gieße mir lächelnd das Glas voll und will wieder der bunten verwirrenden Musik der Mol« nach- lauschen. Aber ich bleibe nicht dabei. Ich sehe die überschweren Schlösser der Reichen hier an den Wegen die See entlang, ich gehe voll Unruhe den Zug der Sonnensüchtigen gen Süden und möchte wissen, ob sie meinen Undank teilen. Do, wie ich lange ins Däm- mern des Grau schaue, ist mir tröstend, als strömte jenem Zug eine andere Schar entgegen, blasser, müder, aber die Augen voller Wünsche, die stärker sind, als alle Blicke sonnenwärts. Heimweh? Fische jagen sich im Wasser, zwei-, dreimal springt ein gehetzter Schwärm über die dunkelblankc Fläche und trübt sie. Mein Auge hebt sich zu den Heimkehrern, geht über die wan  - dcrnden Straßen zu den Bergricsen, die einfarbig dunkel werden und bei Tage so gnadenlos nackt und steinern blinken. Und mir ist, als wüchse nach meinem Wunsch schon ein grüner Wald darüber hin, der im Winde rauscht und schwere duftende Arme breitet und ich wäre mit jenen die umkehrten, wieder unter seinem heilenden Schatten. Unfriede? Ach, Heimweh ist es.
Wiepelle»er Eroberer'entstanö. Im KopenhagcnerSocialdemokraten" plaudert Martin A n d e r s e n- R e x ö, dessen RomanPelle, der Eroberer" zuerst imVorwärts" erschien und in der deutschen Arbeiterschaft zu den meistgelesenen Büchern gehört, über die Entstehung dieses Werkes. Mit leichter Ironie weist er die landläufige Ansicht der Literaturforscher  zurück, als ob er hier lediglich eine Selbstbiographie gegeben habe, und erklärt, Gestaltung wie Handlung des Romans seien Dichtung. Nur die Schilderung der Schuhmacherwerkstatt und der jungen Meister, teilweise auch des alten Jeppe im zweiten Teil des Werkes seien Spiegelungen der Wirklichkeit, dagegenVater Lasse" und .die Arche" unddie Kraft" seien erdichtete Figuren. Trotzdem, sagt der Dichter, sei. das Werk erlebt, d. h. innerlich erlebt,denn die/Welt, die in ihm geschildert wird, ist unendlich, ist die des Proletariats". Lasse man also die äußeren Tatsachen außer Betracht,. so seiPelle, der Eroberer" in der Tat eine selbstdiographische Arbeit.Wie tonnte ich überhaupt," sagt Anderjen-Nexü,die Figur Pelle schaffen, den Träger der neuen Welt, ohne tief in mich selbst zu greifen? In der Literatur waren alle die großen Schilde"- rungen menschlicher Entwicklung von Bürgerlichen geschrieben also von den Männern einer, sterbenden Zeit, sie. mußten so negativ enden und im Pessimismus münden. Diese Schilderungen waren wenig zufriedenstellend für den, der aus der Tiefe kam und sich erst dos Dasein erobern wollte. Meine Schicksalsgefährten und ich hatten noch alles vor uns und waren nicht gesonnen, uns damit abzufinden, daß die Welt alt und verschlissen war. Das waren die Voraussetzungen fürPelle, der Eroberer", das herrliche Gefühl, der aussteigenden Zeit anzugehören und dagegen aufzubegehren, zu den Abgeblühten gerechnet zu werden. Vielleicht ist doch das ausgeprägte Solidaritätsgefühl des Prole- tariats identisch mit einem tieferen Mitwissen, als man es in den übrigen Gesellschaftsklassen, findet. Vor mir steht das typische Schick­sal des Proletariats beständig wie ein Sclbstcrlcbnis: oft ist es mir unmöglich, meine eigenen Erlebnisse und die anderer auseinander- zuhalten, und habe ich sie erst geschildert, kann ich es gar nicht mehr. So habe ich das Ehristianshoven, das ich im dritten Band geschil- dert Hobe, nur in den zwei ersten Iahren meines Lebens gesehen: trotzdem sind diese ersten Jahre wir wohnten bis zu meinem achten Jahre in der Hauptstadt mir ein Schlüssel zu der Arbeiter- welt der großen Städte gewesen. Ich glaube, ich könnte in jedem Hinterhaus in der Welt mit verbundenen Augen mich zurechtsindcn. Das ist ein Ortssinn, der tief in mir liegt, wie ein wunderliches Mitwissen, das mir nicht bewußt wird. Die Gemeinschaft in Leiden und Freuden, die die Unterklasse zu einem mächtigen Wesen macht, ist e?Ja, die immer mehr und mehr durchbricht, als die erdumsvannende Solidarität. Ich habe meinen reichen Anteil an diesem Zusammengehörigkeitsgesühl be- kommen, und mein Ruf ist zu schreiben. Meine Fähigkeiten sind die der Unterklasse, stammen von ihr und gehören ihr. Es ist zu meiner Herabsetzung gesagt worden, daß ich nie den Proletarier in mir loswerde: ich selbst fühle das als Auserwähltsein. In der gei- stigen Welt des kleinen Mannes gibt es keine Zufälle. Die ver- schiedencn Begabungen, die von ihr ausgehen, haben alle eine ge- wisse Absicht, sie sind Fühler, die sie gegen das Licht und die Welt schickt, um sie einzufangen. Nun sitzen die besten Begabungen der Unterklassen auf hohen politischen Posten und haben nicht den Ausgangspunkt vergessen. Sie haben begonnen, den Drang des Proletariats nach einer Neu- wertung zu realisieren, und die asten Maße passen nicht richtig auf sie. Die gute aste ästhetische Lebeasanschauung paßt auch nicht richtig auf sie. Sie bringen sie allzu oft in Gefahr. Ach. die liebe Aesthetik! Wie oft habe ich nicht zu hören be- kommen, daß es menschlich wohl in der Ordnung war, was ich schriebe, ober mst Kunst nicht viel zu tun hotte. Ich beuge mich in Ehrfurcht vor diesen Urteilen, aber umlernen werde ich wohl nicht mehr."_ Amerikanische   Papier  - und Zeilungsslut. Die Zahl der in den Vereinigten Staaten   erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften wird nach einer Statistik derPapier-Zeitung" auf 2 2000 angegeben. Die Sonntageausgaben der Zeitungen haben eine Tluflage von über 22 Millionen, die täglichen Zeitungen von über 33 Willionen. Man hat berechnet, daß in Amerika   eine tägliche Zeitungsnummsr auf 3M Personen kommt. Der Umfang der Zeitungen nimmt immer mehr zu. 1924 erreichten die Zeitungen mit einer Auflage von über 100 000 einen durchschnittlichen Umfang von 28 Seiten, die Sonn- tagsausgaben einen solchen von 103 Seiten. Für eine Sonntags- ausgäbe derNew'Zork Times" waren im Oktober 1024 877 Tonnen Papier erforderlich. Die Zeitungspapiererzeugung betrug 1024 in Nordamerika   2 900 000 Tonnen. Ueberhaupt ist Amerika   der stärkste Papicrverbroucher. Auf den Kopf der Bevölkerung betrug die Erzeugung an Papier   in den Vereinigten Staaten 1020 148 engl. Pfund, in England 76, in Deutschland   43, in den skandinavischen Ländern 12 und in Rußland 6 Pfunds