Sonntag
21. Juni 1925
Aus der Film- Welt
Die Filme der Woche.
Weil Du es bist. Symphon- Film- Operette in den Mozart- Lichtspielen. Wieder einmal hat sich eine Gesellschaft gebildet, die endgültig bie Lösung eines Film- Problems bringen will. In dem Namen " Symphon- Gesellschaft" ist der Wunsch verankert, von der Musik aus einen Film fünstlerisch zu gestalten. Marc Roland , der die Oberleitung hat, schrieb eine Musik zu Terten von Harry Roberts; diese Couplets, Lieder und Duette sind von einer Brimitivität und sind so wenig originell, dabei so süß und fitschig, baß man sie von ähnlichen Erzeugnissen der legtjährigen Operettenfunft nicht unterscheiden kann. Beispiel: die Hauptnummer ist folgendermaßen gedichtet: Sch tu's, weil Du es bist, ich weiß, wozu es ist, weil feiner besser füßt als Du! Und wenn's was Dummes war, weiß ich warum es war, denn so was braucht man ab und zu." Die Mufit geht diesen dichterischen Tapfigkeiten nicht ungeschickt, aber mit der typischen Einstellung auf Klischee nach. Die Handlung ist so wenig zusammengefaßt und deutlich, daß man sich nur an ein paar landschaftlichen Bildern erfreut, dem Zusammenhang taum folgt und den Sinn faum ohne Führer versteht. Das Ganze ist sehr lustig gedacht als Darstellung der Nöte eines Filmdirektors. Heraus tommt, wie gesagt, nur ein holdes Durcheinander von Bildern, die photographisch gestellt, aber nicht erlebt scheinen. Vielleicht ist aber der ganze Film nur Vorwand für die Lösung des technischen Problems, daß nämlich Bild und Musil vollendet zusammenpassen. Wir haben ofter derartige Versuche gesehen, zulegt in ganz vorzüglicher Technik im Marmorhaus vor zwei Jahren. Dort hatte man auf besonderem Bege Grammophon und Film in einheitlicher Aufnahme zusammengebracht. Wenn auch die menschliche Stimme noch nicht in ihren Klangvariationen vollendet erfaßt war, so fonnte man doch an der Naturhaftigkeit der Tierstimmen und elementaren Geräusche seine helle Freude haben. Dieser Rolandsche Film aber versucht das Pferd wieder am Schwanz aufzuzäumen. Es ist ein Rückschritt statt eines Fortschrittes, wenn zu Bildern, die mehr als lebensgroß auf der Leinwand erscheinen, aus dem Orchester heraus lebende Stimmen fingen. Man ist dauernd fern von aller Illusion, man hört Stimmen aus der Tiefe und sieht Bilder in der Höhe. Gesang und Mimit gehen ganz und gar nicht zusammen, ja es ist meistens so, daß die offenen und lauten Töne gerade dann bewußt werden, wenn das fingende Individuum auf der Leinwand den Mund geschlossen hält ( und umgekehrt). Auch die entsprechenden Handbewegungen können diese Des- illusionierung nicht ändern. Vielleicht hätte ein etwas geschickterer Kapellmeister, der, den Blick auf die Mundeinstellung der Agierenden gerichtet, die Sänger minutiös leitete, einen besseren Eindrud erzielen fönnen. Im ganzen würde aber auch dies nichts an der Tatsache ändern, daß mit dieser alten Methode tein Weg zu einer Filmoperette gefunden werden kann. K.S.
Kulturfilme der Deulig.
Kulturfilme find Neuland. Das ist eine Gefahr und ein Glück für den, der es beadfert. Kulturfilme liegen noch in dem Reich, in dem man experimentieren muß und darf. So war Dr. Ulrich Kayser als Regisseur beauftragt, Propaganda zu machen, Ideen in das Bublifum zu tragen. Diese Aufgabe löste er in drei Filmen recht geschickt und jedesmal auf eine andere Art.„ Die Liebe und die Waschfrau macht Reflame für die Dampfmäscherei. Sobald die Betriebsbilder gezeigt werden, erweckt der Film ein außerordent liches Interesse. Um einen leichtflüssigen Blauderstil zu haben, läßt man ein junges Ehepaar durch die Hauswäsche beinahe unglücklich werden. Dieses junge Ehepaar ist aber in einen übertrieben eleganten Rahmen gespannt worden. Unerschöpflich ist man allgemein in den Klagen über Geldmangel, scheut sich aber nicht, unentwegt verlogene Eleganz zu verfilmen." Sonne ist Leben", ist ein Film straffer Einheit. Er preist die Wohltaten der Sonne, deckt lehrreich die Schäden des Lichtmangels auf. Er zeigt die unglücklichen Opfer der Rachitis. Ueber allen Elendsbildern jedoch leuchtet ein Trost, die Wissenschaft hat die Höhensonne entdeckt. Kommt die Sonne nicht zu den Menschen, kommt der Mensch zu der Sonne." Biele Bilder, unterstützt durch anschauliche Trickzeichnungen, geben von der Heilmethode und überdies von der Heilkraft der Höhensonne Kunde. Ohne jede Ermüdung folgt man gerne den anregenden Schilderungen. Hans Hudebein, der Unglüdstabe" zeigt drastisch- humoristisch, mie man sich nicht auf der Straßenbahn zu benehmen hat. Es wird Dabei gar mancher Nasenstüber ausgeteilt, doch bleiben selbst die, die es angeht, in vergnügter Laune. e. b.
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Unter Javas Glutensonne. Primus- Palast.
Regenfluten strömen vom Himmel, ein Orfan peitscht die Wogen auf, die mit verheerender But fich über alles ergießen, Häuser zertrümmern, Bäume entwurzeln... furzum ein Taifun wütet. Und bazwifchen find die Menschen, die Spielbälle der Elemente, selber Don wilden Leidenschaften gepeitscht, auch sie rasen. Diese Schlußfenfation des amerikanischen Films wird teuer ertauft: die ganze Borgeschichte ist Kitsch. Wie faft immer im amerikanischen Film find die Menschen nach der Schwarzweißmanier gezeichnet: Edelnaturen oder Schurfen. Warum der junge Mann, der sich eben am Silberhochzeitstage seiner Eltern verlobt hat, die Betrügerei eines diebischen Rechtsanwalts auf sich nimmt und nach Java flieht, ist nicht ersichtlich. Denn schon bald wird seine Unschuld offenbar, aber inzwischen verdirbt er unter Javas Glutensonne törperlich und geistig, ein Opfer des Alkohols, des Fiebers und einer Kokoite. Getne Braut tommt noch gerade zur rechten Zeit, um unter Einsatz ihrer ganzen Berson ihn und fich vor den Verfolgungen eines Plantagenbefizers zu retten, der als purer Bösewicht sein Leben bedroht, um sie zu gewinnen. Die Taifunnacht bringt die Entscheidung: Die Böjen befommen ihre Strafe und das junge Baar tehrt D Wunder am nächsten Morgen, da aufs neue die Sonne lacht, in die Heimat zurück. Die Sonne scheint nicht heiß genug bei uns, um uns durch Hißschläge für solche Rost vorzubereiten. Die landschaftlichen Szenerien, die in Amerika gestellten Tanzbilder usw. fönnen über das Defizit nicht hinweghelfen. Gespielt wurde fehr gut. Lieber ließ man sich die vorangehende Grotesfe„ Fatty weiß alles" gefallen, in der der dide Fatty mit seinem derben Humor einen heillosen Ult als Amateurdetektiv und Prinzenretter in Szene sezte. Ein richtiges Spufhaus wirkt dabei mit, und die Sucht der Amerikaner, Prinzen zu bewundern, wird dabei sehr charatteristisch geprangert.
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D.
Da in diesem Film Luciano Albertini die Hauptrolle spielt, weiß man von vornherein, daß allerlei Unmöglichkeiten in das Bereich des Möglichen gezwungen werden. Albertini , den Kopf voller Sensationsideen, spielt den Prinzen von Seeland, der zur Erholung seiner Angehörigen auf Reisen geschickt wird. Er soll ins Kaffernland abgeschoben werden, aber er fommt nur bis Paris . Das ist gerade der richtige Ort, wo er die tollsten Abenteuer, als da
Der
Sprudelnder Humor! Atembeklemmende Spannung! Herzschreckende Sensationen 200 Kilometer- Tempo!
Uraufführung:
Montag, 22. Juni, im
Mozartsaal
Gleichzeitig
ein freudiges Wiedersehen mit
Harold Lloyd
der auf vielfachen Wunsch noch einmal als
Dr. Jack
Lachstürme erregen wird
Beginn: 7 Uhr und 915
SÜDFILM&
A.
G.
Beilage des Vorwärts
find: Berhaftung und Flucht, Borfämpfe und Apachen- Erlebnisse, durchkosten kann. Es gibt schier endlose Berwicklungen, Prügeleien, Stürze, Raubüberfälle und dergleichen mehr, ohne daß auch nur einer der Beteiligten verlegt wird oder eine Nervenkrisis erleidet. Regiffeur Nunzio Malasomma und der Hauptdarsteller er lauben sich verblüffende Willkürlichkeiten. Schließlich wird der Prinz König und eine Amerikanerin Königin. Als Zuschauer dieser Vorkommnisse fann man Albertinis Kraft und Gelenkigkeit und hin und wieder manch' eigenartiges Karnevalsbild bewundern, so die Automobile mit Giraffe, Elefant und Kamel. Evi Eva war ein nettes Mädchen aus dem Dollarland, Hermann Picha ein ur fomischer Brinzenerzieher und Hans Albers ein sehr eleganter und diskreter Hoteldieb und Mörder. Willy Großstüd photographierte gut. Das Publikum mird nicht enttäuscht, denn wer sich Sensationsfilme ansieht, will ja eben eine derartige Kost vorgesezt bekommen.
Das Kino im Rundfunk.
.- g.
Freitag abend sollte im Rundfunk offenbar wieder einmal etwas Besonderes geboten werden, aber man hat sich bei dieser Gelegenheit so besonders blamiert, daß entschiedener Brotest am Platze ift. Das Thema des Abends hieß: 3m Rintopp". Behandelt werden sollte die musikalische Untermalung des Filmwerks. Die Angelegenheit ist noch durchaus problematisch, eigene Kompositionen zu Filmen find noch verhältnismäßig felten, und nur die allerersten Fachleute dürften gerade gut genug jein, hier vor der Deffentlichkeit Meinung und Forderung fundzutun. Man hat jedoch darauf ver zichtet, irgendwie ernstlich auf das Thema einzugehen und vorge zogen, den Hörern eine billige, sogar äußerst billige Abendunterhaltung zu bieten. Historisch" fing man an, indem man mit unzu länglichen Mitteln und unter Abwesenheit jeglichen Volkshumors eine Szene in einem Rintopp vor zehn Jahren aufführte, ein Harmonium, ein Klavier, ein Musiker bildeten das Orchester an der Idee nett war, fiel nicht auf, da unerträgliche Längen und der merkwürdige Einfall, eine Bühnenschau einzulegen, die Hörer Deranlaßten, überhaupt nur hin und wieder aufzupaffen. Der zweite Teil war, modern", man spielte die Musik zu den„ Nibelungen", die allerdings recht gut ist, und ein paar flotte Tanzweisen, weil das Bublifum sonst nicht weiß, wie beim Lustspiel die Begleitung üblich ist.
was
Und es wäre wirklich nicht schwer gewesen, gerade diesmal Wertvolles, Belehrendes und doch zugleich Unterhaltendes zu geben. Bor allem wäre dringend notwendig gewesen, daß ein paar furze ein. leitende Worte auf das Wesentliche hingewiesen hätten. Wesentlic) ist die Frage, ob die Mufit mehr Bestandteil, also ästhetisch mirfsamer Faktor des Filmkunstwerfs, oder ob sie lediglich hilfsmittel sein soll. Wesentlich wäre gewesen, auszusprechen, daß die Musik im Film, da sie nur neben dem optischen Erlebnis herläuft, weder angenehm noch unangenehm auffallen darf. Man hätte dem Publifum sagen müssen, daß ohne fünstlerische Musik der Film teine fünstlerische Angelegenheit ist; man hätte Klaus Bringsheim zitieren fönnen, der einmal richtig schrieb:" Unzulängliche Mufit enttäuscht nicht das Ohr, sondern verstimmt das Auge."
Man hätte, man hätte, man hätte... Aber man par bequem, langweilig, uninteressant. Und gerade weil der Rundfunk eine jo eminent wichtige Angelegenheit ist, wird der Dilettantismus in ihm von uns stets mit entsprechender Schärfe bekämpft werden. G.
Die Oswald- Lichtspiele in der Kantstraße amüsieren ihr Bubli fum durch ein paar Harold Lloyd Szenen, die nicht mehr neu sind, die man aber schließlich immer wieder gerne sieht, weil ein mit natürlichem Humor begabter Darsteller die gleichgültigsten Dinge munter auf den Kopf zu stellen weiß. Nachher wirds tragisch bei einem gewaltigen Wild- West- Schmarren Dammbruch" in dem selbst die fümmerliche Handlung- offenbar veranlaßt durch unverständliche Streichungen-soviel Berworrenheiten aufweist, daß nur noch eine groteste Aneinanderreihung von Szenen übrig bleibt. Bis auf das Technische, das die Amerikaner wieder glänzend gelöst haben, ist alles von einer faum glaublichen Naivität. Danif aber brichts los, dann kracht der Damm und die Wasser springen Ios. Aber um dieses einzig Interessante zu sehen, muß man eine Stunde amerikanische Gefühlssauce über sich ergehen laffen. Das Opfer ist zu groß. K.
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Der Streif um die Erfindung des Kinematographen. In einem vor der Pariser Akadémie des Sciences fürzlich gehaltenen Bortrags. der sich mit der Erfindung des Kinematographen beschäftigte, war das Berdienst dieser Erfindung den bekannten, im Jahre 1904 gestorbenen Physiologen Etienne Jules Maren zugesprochen worden. Daraufhin hat Louis Lumière , der eine der beiden Brüder Lumière, fich an die Akademie gewandt und hat, geftüßt auf offizielle Dokumente und auf Zeugnisse des französischen Astrophysikers Janssen und Marens selbst, dargelegt, daß, wie es die Deffentlichkeit bisher getan hat, auch die genannten Gelehrten selbst seine und feines Bruders Priorität bei der Erfindung anerkannt hätten. Der ständige Sekretär der Akademie, Lacroig, erklärte die Nachweise Lumières für zwingend und die Diskussion über die Frage damit für beendet.
Anerkannte Lehrfilme. Bom Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Boltsbildung wird soeben eine weitere Lifte von 114 Lehrfilmen veröffentlicht, die von der Bildstelle anerkannt sind. Die Filme umfassen die Gebiete des Sportes, der Tuberkuloje. befämpfung, landwirtschaftliche Fragen, Hygienemesen, anatomische und chemische Probleme, wissenschaftliche Expeditionen, die Grundlagen der Relativitätstheorie usw. Die vollständige Liste ist in Heft 11 des Zentralblattes füe die gesamte Unterrichtsverwaltung in Breußen" abgedruckt.
Hanns Brodnik wird mit Beendigung dieser Spielzeit die Direktion des Mozart- Saales niederlegen, um den gesamten Theaterpark der Phoebos des zweitgrößten deutschen Filmtheater- Konzerns. Reiche und in Berlin ( Capitol, Marmorhaus) zu übernehmen.
im
Dr. Ludwig Berger hat mit den Aufnahmen zu dem Uja- Film Balzertraum"( nach der Dscar Straus'schen Operette) begonnen. In den weiblichen Hauptrollen find Madh Christians als Prinzeffin Alig und Xenia Desni als die Geigerin Franzi tätig.
Im Rahmen ihres fulturellen Programms hatte die Stulturabteilung der Ufa es unternommen, eine Expedition in das ehemalige Deutsch Ostafrita zu entsenden. Sie hat jest wieder deutschen Boden betreten. Den Höhepunkt der Expedition bildete die Besteigung des 6000 Meter hohen, schneegekrönten Kilimandscharo , dessen bereifter Strater zum erstenmal vor der Stamera feine geheimnisvolle Schönheit enthüllen mußte.
Zur Haus- Trinkkur:
bei Nierenleiden, Harnsäure,
Eiweiss Zucker
Helenenquelle
Badeschriffen
sowie Angabe billigster Bezugs. quellen für das Mineralwasser durch die Kurverwaltung