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Irektag 2S. Im»! 1925

Äntechaltung unö Wissen

Seilage ües vorwärts

Momentaofnahmea. von Lotte Fried. Ich fuhr heut mit der Straßenbahn. Stieg im Osten«in. Mittags. Zur verkehrsreichsten Zeit. �Beförderungsart : sieh« Oel. fardinen in der Schachtel.) Und doch wurden an jeder chaüesteHe noch neu« Fahrtgenossen zu uns gequescht. Behaglich war's nicht. Kalt auch nicht. Ich überlegte:...ver- zweifeln? Nein! nützt nichts und macht häßlich.(Dazu hatte ich mich nicht mit soviel Sorgfalt zurechtgemacht!) Mso: Studien machen. Nützt auch nichts, vertreibt ober die Zeit und lenkt ob. Ich hörte um mich. .Mso weest de. Olja: dufte is bis jetz in de Stadt... einfach knorke! Die Köppe in de Schaufenstern, det sin dir allen s Modulo- tioncn, nich fo'ne Massenfache wie frieher. Bloß,«n Iebuffe is het--- da bleibt eenen reine de Lust wech!" Dann ein neues Bild:.Nee über die Mode jetzt! Wat mein Oller is. chaarmannkoteletten mit Denkefalat tat der aus mir jemacht ha'm, wenn ick so rumloufen wollt, mit oben trifcht un unten nifcht un in de Mitte'n Tüllfhawll" Keine unangebrachte Straf«, dacht« ich, bei dem Exterieur! Miulerweil« hott« ich meinen schönen Eckplatz einem alten Mann geopfert, den man nach einigem Gebrummel der Mitfahrenden, das sich als Appell an die Höflichkeit der jungen Männer herausstellt«, mit einem kategorischen.Wat heeßt hier Höflichkeit?' ruhig stehen gelassen hatte. Mittlerweile waren wir im Zentrum. Jetzt kam Pseudobildung: .Nein, wissen Sie, Frau Müller, was die Schulen jetzt find, das ist doch wirklich keine Sache mehr! Was da jetzt sozusagen olles gelernt wird! Sogar.aufklären' wollen st« die Kinder! Sagen Sie selbst: wohin soll denn das führen? Und ein Aufsatzthema hat meine Ingeleonore da neulich bekommen... ein Auflatzthema.. l! Na, also richtig empörend ist das ja:.Was hat Herzog Ernst getan, um einen Nachfolger zu erhalten?' Man müßte ja gerade die eignes Bernauer' gelesen haben, um zu wissen, daß da nichts Unanständiges mit gemeint ist; aber ich bitte Sie, wer hat denn für all die Theater- stücke die Zeit?! Solche verfänglichen Aufgaben dürfen sie doch den Kindern erst gar nicht stellen!' Ganz mein« Meinung!' meinte erhobenen roten Gesichtes Frau Müller voller Empörung. Meine gar nicht, dachte ich im Stillen. Aber das tat hier nichts zur Sache. Inzwischen hatte ich den Ansang eines Gespräches ver- säumt, das ich nun in seinem Fortyang unter die Lupe nahm: Früher war das doch etwas ganz anderes, Frau Geheimrat: da haben die.Leute' doch gewußt, daß sie etwas anderes find wie dieHerrschaft', ober mit der allgemeinen Verrohung, die wir haben, seit der Kaiser nicht mehr im Lande ist. sind eben überhaupt un« haltbare Zustände gekommen! Zu Majestäts Zeiten wären ja solche Unverschämtheiten geradezu unmöglich gewesen! Meinen Sie, ein Handwerker sogt heute noch.gnädige Frau' zu mir, oder er spräche mit mir in der dritten Person...?, Gerade wie mit seinesgleichen redet er mit mir'.' Gewiß, Frau Oberlandesgerichtsdirektor: unter diesen Imper- nnenzen haben wir ja auch unentwegt zu leiden. Fragt mich doch da neulich mein Küchentramp«!, die etwas bei'm Portier abgeben sollt«, wie denn der Hauswart hieße, sie müsse doch den Herrn mit feinem Namen anreden!... Na! der hob' ich's aber gegeben: Leute. die keine Stehkragen trogen, mein Kind, das find Männer, Merten Sie sich das gefälligst: dos sind kein« Herren! Herren kommen zum .Herrn Geheimrat oder zu unserem Sohn, dem Herrn Doktor: die sind aber nicht ebenso zu benennen, wie Portiers und solche Leute, die die Hintertreppe zu benutzen haben!' Und überhaupt, bei dieser Renitenz setzt. Da wäre man ja dumm, wenn man ihnen nicht immer wieder den Unterschied klar machte: nicht'mal sein stisches Weißbrot macht einem die Bande jetzt zum Sonntag. Da hat's mein Schwiegersohn Sie wissen doch, Frau Geheimrot, der Arzt neulich aber'mal einem gut gegeben! Kommt doch der Koffer am Sonntag früh zu ihm in die Sprechstunde! Da hat er ihm aber einfach durch's Mädchen sagen lassen:Solange der Herr Doktor am Sonntaymorgen kein« frischen Knüppel hätte, solange würde der Doktor am Sonntag auch kein« Kassenpatienten behandeln!" Damit stiegen die Frau Oberlanbesgerichtsdircktor und die Frau Geheimrat aus dem Wogen. Man bloß schade, det de.Iroße Berliner ' keene Knüppel- ausgäbe injericht' hat: bei die beeden ollen Salotschnecken mecht sowat mal orn'llich am Platze jewesen sind', tönte es mit biederer Männerstimme nicht gerade zärtlich hinter den Damen her. Ich sah aus. Aus dem Fenster zu sehen, war von meinem Steh- platz im Gang schwer möglich bei der Fülle. Aber Sealmäntel, knie- freie Röcke, rote Lippen nebst Zubehör ließen wohl nicht mit Unrecht aus Berlin W. schließen. Da, ein Monoteljüngiing steigt aus und ich bekomme seinen Platz. Gottseidank. Endlich. Nun ein neues Bild: Eine sehr jung«, sehr elegante Frau mit einem goldigen Mödelchen steigt«in. Steht vor mir. Ein« junge, recht gemalte Ausländerin macht ihr liebenswürdig Platz. Das Kind sitzt still auf den: Schoß der Mutter und starrt unentwegt die Dome an, die ihnen den Platz emgeräumt hat. Plötzlich ein silbernes Stimmchen: Mutti, worum hat denn die Tante fo vi«! Puder auf ihrem Gesicht, und warum hat sie denn so schrecklich rote Lippen...?' Stille. Verhaltenes Kichern. Die Mutter scheint taub und stumm. Gibt keine Antwort. Das.Gemälde' steigt an der nächsten Halte- stelle ab. Aber Gabriele, du weißt doch, daß man niemals über Menschen reden darf, solange sie� einen hören können! Das war eben sehr häßlich und ungezogen!' Gabriel« denkt sichtlich angestrengt noch und sagt«in« ganze Weile gar nichts. Dann und ein kleines Fingerchen streckt sich mir entgegen: Mutti, über d i e Tante unterhalten wir uns, wenn wir draußen sind, ja...?' Die Mutter läßt sie vom Schoß gleiten und steigt mit ihr aus. Schade. Bielleicht hätte Gabriele etwas sehr Nettes von mir gesagt. Ich wäre dann sogar noch über mein Ziel hinausgefahren. So ver. ließ ich nun auch den Wögen. vi« schwerste eofi. Der französische Architekt Hupeau hott« unter Ludwig XV. eine Brücke in der Nähe von Orleans errichtet, von der man behauptete, sie habe nicht genug Tragfähigkeit. Nachdem aber die Pompadour, als sie nach ihrem Lustschloß Menars fuhr, über die Brücke gefahren war, ging ein Witzwort durch die Salons: Hupeous Brücke hat sich glänzend bewährt, denn sie hat die schwerste Last Frankreichs getragen!

Westarp in Mfwertungsnöten.

�err Graf, Ihre Wähler staü nicht mehr üa. Sie können wieüer heraus!" Ephraim stand, geringwertige Münzen. Diese wurden im Lolts- mund E p h r a i m i t e n genannt. Zum Schluß soll hier dos an der Rüste fo beliebte Getränk Grog(Rum, Kognak oder Arrak mit heißem Wasser und Zucher) nicht unerwähnt bleiben: es führt nämlich fem« Benennung auch auf einen Spitznamen zurück. Dieses Getränk, das nun schon seit l7S Jahren Seelenstärkimg und Magenerwärmung der Küsten. bewohner ist, wurde vom Admiral Vornan erfunden und dessen Spitzname war0 l b Grog'.

politische Spitznamen. Don Erna Büsing. Es ist üblich, daß man für sein« Freunde Spitznamen erfindet. doch ist es auch Sitte und Brauch, den Gegner, namenllich den poli- tischen Gegner, mit einem Svottnamen zu bedenken. In der Ge­schichte ist es nun schon des öfteren vorgekommen, daß die einstigen Spottnamen zu Parteinamen erkoren wurden. So nannte man ur- svrünglich im verächtlichen Sinne die Edelleute, die ssch in den Niederlanden zum Widerstande gegen die schweren Bedrückungen Philipps II verbündet hatten, Geusen. Dos Wort stammt aus dem Französischen, es ist von gueux,.Bettler', abgeleitet. Di« Der- höhnten ober nannten sich dann selbst Geusen. Als Erkennungszeichen trugen sie eine Münze, den Geiifenpsennig. Die Bewegung wurde eine sehr ernsthaste und vornehmlich die Wasscrgeusen haben den Spaniern auf See vielen Schaden zugefügt. Ebenso ist vorerst die Bezeichnung Hugenotten , französisch Hugenots, von Ignots, .Eldgcnossen', stammend, ein Spottname gewesen. Später wurde er, wie ollgeinein bekannt, die gebräuchliche Benennung der fron - zösischcn Protestanten. Als die Gräfin Margarete von Hennegou mit ihrem Sohne Wilhelm V. gegen 1350»m die Herrschaft über Holland kämpft«, nannte man ihre Anhänger H o e t s l.A n g e l- haken') und die ihres Sohnes Kabeljaus. Margarete war die Gemahlin Kaiser Ludwig des Boyern: noch dem 1345 erfolgten Tode ihres Bruders, des Grafen Wilhelm IV. , fiel ihr die Grafschaft Holland zu. Das ganze Volk wurde mit in die Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn hineingezogen und schließlich spchtete es sich in die beiden Parteien Angelhaken und Kabeljaus, was zu schweren mneren Wirren führte. John Bull ist der in der ganzen Welt bekannte Spitzname des englischen Volkes. Der Voter dieses Namen» ist der englische Arzt und Satiriker John Arbuthnot , der Leibarzt der Königin Anna , der 1712Historz' ot John Bull ", ein« Satire gegen den Herzog von Marlborough schrieb. Arbuthnot verteidigte in seiner Schrift die Politik des Staatsmannes Saint John Bullinbrook. Der letztere wurde 1714 mit einer Anklage wegen Hochoerrats bedroht, weshalb er nach Frankreich floh. 1723 ward er begnadigt. John Bull ist als aufrechter, guttnüttger, ehrlicher Mensch gezeichnet. Do soll hier gleich«ingeflochten werden, daß Cockney,.Nestküchlein', ein alter Spitzname der Londoner ist. Der wollüstige, vom Größenwahn befangene dritte römische Kaiser Gajus Cäsar wuchs am Rhein , im Kriegslager auf. Die Soldaten nannten ihn C a l i g u l a..Soldatenftiefelchen', und unter diesem Namen verbucht ihn auch die Weltgeschichte. Die Thermen des Earacalla, die der Nachwell als viel bestaunte Ruinen erhallen blieben, ließ Septimrus Bajsianus als Cäsar erbauen, wie er den Namen Marcus Aurelms Antonius führte. Dieser grausam« Tyrann, der seinen Bruder und Mitregenten Geta ermorden ließ, trug für einen gallischen Mantel, nach dem er den Beinamen

aracalla erhielt. Napoleon I. , der zuerst den vollen Kriegswert der Artillerie erkannte, nannte man, nach Dumas' Ueberlieferunq König Kanone, doch wurde er auch le petit Caporai, .der kleine Korporal', genannt. Ii Ke Bombo,König Bombe' ist der wenig ehrenwerte Spottname des Königs Ferdinand II. von Neapel , den er nach dem grausamen Bombardement Messinos(7 bis S.September 1848) erhielt. Aifford, Arlington, Buckingham, Asijtey, Landerdale waren die Namen der Minister, die unter Karl II. von England 1669 bis 1674 die politische und kirchliche Freiheit bekämpften. Nach den Anfangs- buchstaben nannte man das Kabinett das Cobalministerium (Jntrigenmrnisterium'). Während des Siebenjährigen Krieges prägten preußische Müngpächter, Itzig u. Co., an deren Spitze

versuche mitkünstlichen" Erdbeben. Die japanische Regierung mochte jüngst aus Anlaß der schweren Erdbeben bemerkenswerte Versuche mit künstlich hervorgerufenen Erdbeben, um dadurch die Ge° fahrenzonen für Häuser bei Erdbeben zu bestimmen. Schon aus Anlaß des früheren großen Erdbebens, bei dem bekanntlich mehrere große Städte fast völlig vernichtet wurden, wurden von der japa- nischen Regierung Wettbewerbe für den Bau von erdbebensicheren Häusern ausgeschrieben. Diese haben insofern Erfqjg gehabt, als eine ungeheure Zahl von inländischen und ausländischen darunter auch zahlreichen deutschen Ingenieuren sich durch Einreichen von Arbeiten an der Konkurrenz beteiligt haben. Zur Prüfung einzelner besonders beachtenswerter Objekte wird ein eigenartiger Apparat verwendet, der eine Erfindung des Ingenieurs Carla Bressi ist und mit dem man künstliche Erdbeben hervorrufen kann. Im Prinzip besteht der Apparat hauptsachlich aus einer großen cbenen Fläche, auf die das erdbebensichere Gebäude als Versuchsbau aufg«' führt wird. Durch eine von Elektromotoren gespeiste Maschine wird nun die ganze Fläche in erdbebenähnliche Schwankungen versetzt. Das Schwanken entspricht in seiner Natur so ziemlich genau den Wirkungen der Erdschwankungen bei solchen Ereignissen. Auch ein- zelne eruptioartige Stöße können hervorgerufen werden. Bisher bewährt« sich die Konstruktion eines hauptsachlich aus Eisenmaterial bestehenden Hauses am besten. Die schmutzigste Stadt der Welt. Es ist in den letzten Jahren einigen kühnen Männern gelungen, verkleidet in das geheimnisvolle Land Tibet einzudringen: durch sie erhallen wir ollmählich Kenntnis über die Lebensgewohnheiten und Sitten seiner Bewohner. Be- tanntlich waschen sich viele Tibetaner während ihres ganzen Lebens nicht. Auch die Städte und Dörfer starren vor Schmutz. Der erste Preis hierfür gebührt unstreitig der tibetanischen Grenzstadt Pari, die als die schmutzigste Stadt der Well gill� Die Bewohner dieser Stadt werfen den ganzen Abfall auf die Straße. Dieser hat sich so hoch angesammell, daß fast nur die Hausdächer über die Berge von Schmutz auf den Straßen herausragen und die Häuser dadurch wie halb unterirdische Bauten aussehen. Trotzdem so Pari totsäch- lich in seinem eigenen Schmutz begraben liegt, sieht es doch malerisch schön aus: denn auf jedem Dach flattern Gebetfahnen, und auf vielen Housdächern sieht man Haufen von Stroh und Pakdünger. Bei Pari liegt eine kleine Gebetinsel mitten in einem See. Hier sind Gebetflaggen aufgestellt, um nach tibetanischem Glauben die Sünde der Menschen gutzumachen. Morgens und abends wird hier Weihrauch verbrannt, dessen süßlicher Geruch die dunklen Dämonen der Nacht vertreiben soll und seltsam kontrastiert der Duft des Kullus mit dem durchdringenden Geruch des Pakdüngers. Nachzählen! Ein gesunder Mensch nicht die nervösen öffnet die Augen 8 Millionen mal im Jahr. Unser Herz schlägt 70mol in der Minute, das ist 36792000mal im Jahr. Jever Herzschlag treibt 44 Gramm Blut in den Adern weiter, das find 4,435 Kilo- gramm im Tag(verliebte Herzen zählen nicht mit). Ein normal behaarter Kopf zählt ungefähr 30 000 Haare.