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Abendansgabe

Nr. 300 42. Jahrgang Ausgabe B Nr. 147

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreffe Rnb in ber Morgenausgabe angegeben Rebaftion: SW. 68, Lindenstraße 3 Ferniprecher: Dönhoff 292-298 Tel.- Moreffe: Sozialdemokrat Berlin  

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Pfennig

Sonnabend

27. Juni 1925

Berleg und Angetgenabteilungt Gefchäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin   S. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-2507

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Parteitag und Frauenkonferenz.

dayday Parteigenossen!

Der Parteitag feht sich zusammen aus den in Bezirks. Auf Grund des Organisationsstatuts der Partei beruft verbänden gewählten Delegierten, der Vertretung der Reichs­der Parteivorstand den nächsten Parteitag auf tagsfraktion, den Mitgliedern des Parteivorstandes, des Partei­sausschusses und der Kontrollkommission.

Sonntag, den 13. September, abends 6 Uhr,

nach Heidelberg  , Stadthalle, ein

Als vorläufige Tagesordnung ist festgesetzt: 1. Bericht des Barteivorstandes.

a) Allgemeines. Berichterstatter Johannes Stelling  b) Agitation, Organisation und Kaffe. Berichterstatter: Fr. Bartels und Konr. Ludwig.

2. Bericht der Rontrollfommission. Berichterstatter: Fr. Brühne & Die Tätigkeit der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag. Berichterstatter: Wilhelm ReiL & Broblem ber europäischen Politik( Bericht vom Kongreß der Sozialistischen Arbeiter- Internationale). Berichterstatter: Arthur

Crifpien.

5. Das Parteiprogramm. Berichterstatter: Dr. Hilferding. & Wahl des Parteivorstandes, der Kontrollfommission und des Ortes, an dem der nächste Barteitag stattfinden soll.

G

An der Frauentonferenz sind zur Teilnahme berechtigt: ein bis zwei Delegierte aus jedem Bezirksverband, die weib­lichen Delegierten zum Parteitag, die weiblichen Mitglieder des Reichstags, je ein weibliches Mitglied der Landtage und männliche Genoffen, die von der Bezirksleitung mit Mandaten versehen werden.

tages fönnen nur behandelt werden, wenn sie von Partei­Anträge für die Tagesordnung des Partei organisationen gestellt und spätestens bis zum 12. Auguft 1925 beim Parteivorstand eingereicht sind, damit sie laut Or­ganisationsstatut§ 13 Abs. 2 spätestens am 16. Auguft im Borwärts" veröffentlicht werden können.

Bum Parteitag gestellte Anträge müssen jeder für sich auf 7. Anträge, soweit sie durch die vorstehende Tagesordnung noch Angabe, zu welchem Punkt der Tagesordnung gehörig, ver­ein besonderes Blatt Papier   einseitig beschrieben und mit der

nicht erledigt sind.

ftatt

Im Anschluß an den Parteitag findet in Heidelberg   eine

Frauenkonferenz

Borläufige Tagesordnung:

1. Frauenbewegung und Sozialdemokratie.

Marie Juch a cz.

2. Die Frau im zufünftigen Strafrecht.

Referentin: Frau

Deutschnationale am Pranger. Dramatische Szenen im Aufwertungsausschus. In dramatisch bewegter Sigung des Aufwertungsausschuffes erhob der Abg. Dr. Best schwere Anflagen gegen drei deutsch­nationale Abgeordnete.

Herr v. Richthofen habe in der Inflationszeit ein Familien gut zu dreieinhalb Millionen Mart getauft und feine Schwester und Mutter mit 75. 3entner Roggen abzu finden versucht. Er sei deshalb persönlich an der Nichtauf

wertung intereffiert.

Der Abg. Dr. Rademacher habe in ber deutschnationalen Frattion erklärt, daß er Direftor eines Bergmertunternehmens sei, das in der Inflationszeit große Geländemassen ge­tauft habe, auf denen noch Refttaufgelder stünden.

Der Abg. Dr. Oberfohren habe erklärt, seine Frau sei mit etwa fünfhunderttausend Mart an der Aufwertung

intereffiert.

Den Beschuldigten wurde das Wort zur Entgegnung gegeben. Wir werden über diese Sigung eingehend berichten.

Schon genug?

Wollen die Deutschnationalen aus der Regierung? Heute beraten die Ministerpräsidenten der Länder mit der Reichsregierung über die Frage des Sicherheitspattes. 3ur gleichen Zeit veröffentlicht die Deutsche Zeitung" folgende Meldung:

Die aus Nordwestdeutschland   in Bremen   zusammengefomme nen deutsch nationalen Borjizenden und Vorstände der Landesverbände hamburg  , Hannover   Ost, Osna brud, Oldenburg  , Ostfriesland   und Bremen  . haben einstimmig eine Entschließung gefaßt, in der sie erneut fest. stellen, daß das unerhörte Angebot des Reichsaußen. ministers Dr. Stresemann ohne Einverständnis des Reichs. fabinetts im Gegensaß zur deutschnationalen Auf. fassung und ohne Vorwissen der deutschnationalen Regierungs­vertreter erfolgt ist. Die vereinigten Landesverbände halten es für felbstverständlich, daß der Reichsaußenminifter Dr. Stresemann für feine Berson gezwungen wird, die Folgerungen aus seinen fortgefeßten Mißerfolgen zu ziehen."

Aufgabe der Politik des Sicherheitspattes, Rücktritt Stresemanns: man sieht es diesen Forderungen an, daß sie als Einleitung des Rückzugs der Deutschnationalen aus der Regierung gedacht sind.

Regierung gegen Regierungspresse. Grobe Verantwortungslosigkeit des Lokal- Anzeigers". Amtlich wird mitgeteilt: Der Berliner   Lokal Anz." hat in einer Erörterung der Sicherheitsfrage die Behauptung auf­gestellt, daß die Reichsregierung innerlich auf einen Erfolg bei der Fortjeßung ihrer Initiative nicht rechne und daß es fich bei der Fortsetzung der Berhandlungen wesentlich darum drehen würde, flar herauszuarbeiten, woran der Sicher­heitspatt scheitern müsse.

Die Berliner   Boltszeitung" glaubt diese Ausfüh­rungen auf die Presseabteilung der Reichsregierung gurüdführen zu müffen. Demgegenüber wird die Selbstverständ

sehen sein.

Posit

Wegen Wohnungsbeschaffung unter Angabe, ob hotel oder Privatwohnung, müssen sich die Delegierten rechtzeitig beim Lokalfomitee melden. Adresse: Parteisekretär J. Amann, Heidelberg  , Rohrbacher Str. 13.

Berlin  , den 24. Juni 1925.

Der Parteivorstand.

en um lichkeit festgestellt, daß mit jenen verantwortungslosen Aeußerungen des Berliner   Botal Anzeigers", die in vollem Gegensah zu der Auffaffung des Reichskabinetts stehen, teine amtliche Stelle irgend etwas zu tun hat.

diplomatische Korrespondenz unter Betonung der offen Ebenso wendet sich die Stresemann  - offiziöse Deutsch­Einmütigteit aller Minister( also auch Schieles!) in der Pattfrage gegen das deutschnationale Blatt, dem sie eine unverständliche Haltung" und einen schweren Miß griff" vorwirft.

Freispruch im Veltheimer Prozeß.

Die Gefahr der Stinnes- Kredite.

Die Seehandlung gibt Sanierungsgelder. Die Frage, woher die Gelber zur Stüßung des Hauses Stinnes genommen werden, flärt sich. Am Schlusse einer Meldung der Frankfurter Zeitung  " heißt es, daß die teinerlei erhöhten Redistont eingeräumt habe. Reichsbant dem Kreditkonsortium der Privatbanken Man darf diese Meldung begrüßen und den Tatbestand für richtig halten. Darin läge der Beweis, daß die Reichsbank als Währungs- und Zentralkreditbank die kreditinflatorische Gefahr erkannt hat, zu welcher eine Selbstschuldnerbürgschaft der Reichsbank für die Schulden des Hauses Stinnes in der Form des Rediskonts für die Konsortialwechsel des Kredit­fonsortiums zweifellos hätte führen müssen. Dieses Hände weg vom Hause Stinnes" für die Reichsbank ist also durch die Tatsachen gerechtfertigt.

treditwirtschaftlich in nichts zu rechtfertigenden Stügung einer Leider hat sich aber an den Gefahren, die sich in dieser Privatfirma liegen, mit dem Ausscheiden der Reichsbant grundsäglich nichts gebessert. An die Stelle der Reichs= bant tritt nämlich die Seehandlung, die Bank des preu Bischen Staates. Kurzfristige Einlagen der Reichspost Lombardierung Stinnesscher Kreditunterlagen dem Kredit­und des preußischen Staates sollen nämlich in der Form der einschüsse zur Verfügung gestellt werden. Diese Rückdeckung fonfortium als Rüddeckung für die geleisteten Bar­soll in der vollen Höhe der Bareinlagen auf fünf bis sechs Monate erfolgen. Staatsgelder, deren Ausgabezweck schon bestimmt ist und deren Verwendung bald fällig wird, oder bestenfalls Haushaltsüberschüsse, die für den nächsten Etat reserviert sind und über deren Verwendung das Parla­ment zu beschließen hat, werden also auf dem Umweg über das Kreditkonsortium zur Stüßung des Hauses Stinnes ver­wendet. Was von vornherein zu erwarten war, daß die Privatbanken des Stinnes- Konsortiums entweder feine eige­nen Mittel zur Stinnes- Sanierung haben oder auf eigenes Rifito die Stützung aus eigenen Mitteln verweigern, ist alfo in vollem Umfang eingetroffen, so daß das gesamte Stügungsrisifo am Preußischen Fistus und der Seehandlung hängen bleibt. Der tredit und volkswirt­schaftliche Unsinn, bei der heutigen Lage des deutschen  Kapitalmartts eine Privatfirma bei Zahlungsverlegen­heiten zu stützen, statt die Firma mit ihren privaten ordnungsgemäße Sanierung zu erzwingen, ver­Bankverbindungen, allein zu lassen und wenn diese nicht selbst einspringen können tehrt sich in eine vom preußischen Staat unterstützte Loch- zu­2och auf Wirtschaft, die man in normalen Zeiten als betrügerisch zu fennzeichnen gewohnt war.

oder.

mollen, ihre

.

Die Stinnes- Stüßung offenbart sich damit als ein tredit­wirtschaftliches Taschenspielerstüd, an dem, nur meil es sich um das Haus Stinnes handelt, die Reichsbank und der preußische Staat aktiv und verantwortlich beteiligt wird. Durch dieses Taschenspielerstück wird und kann bestimmte Mittel werden für einen zweifelhaften Dem Kapitalmarkt nicht, denn alte, in ihrer Berwendung schon niemand unter den heutigen Verhältnissen geholfen werden. das Taschenspielerstück wird furz über lang durch­neuen Bedarf gebunden; den Privatbanken nicht, denn ich aut und die stüßenden Banken fommen in den Verdacht unsolider Manipulationen; dem Hause Stinnes nicht, denn es wird durch die Unterschriften des Stüßungskonfortiums fünstlich gestärkt und von der Durchführung der not­ist eine Selbsttäuschung der Beteiligten darüber, wie während der ganzen Inflationswirtschaft den Kopf in den daß man wieder einmal vor unabweislichen Notwendigkeiten Sand stecken dürfe und eine grobe Irreführung der Deffentiichfeit, der alles durch die Unterschriften des Konsortiums und der Seehandlung um so mehr im besten Sinne geordnet erscheinen muß, weil die Reichsbank die ganze Sache als Treuhänder gemacht hat und zu überwachen scheint.

Auf Antrag des Staatsanwalts. heutigen Verhandlung ergriff zunächst der Bertreter der Anflage, Minden  , 27. Junt.( Eigener Drahtbericht.) Zu Beginn der Oberstaatsanwalt v. Schwedersti, das Wort. Er ging auf die Borgänge von damals ein. Alle Welt habe seinerzeit an dem trau rigen Unglück Anteil gehabt. Der Angeflagte habe einen schweren seelischen Druck zu ertragen gehabt. Die Beweisaufnahme habe die Döllige Unschuld des Angeklagten dargetan. Der Angeklagte fönne stolzerhobenen Hauptes den Gerichtssaal verlassen und weiter hin seine Pflicht tun. Er stellte dann den Antrag auf freiwendigen Sanierung abgehalten. Das Gesamtergebnis fprechung. Staatsanwaltschaftsrat Sprenten erging fich in län­und auf die Gutachten der Sachverständigen ein. Die Anflage habe geren Ausführungen und ging auf die einzelnen Beugenaussagen sich auf die ersten Ermittlungen gleich nach dem Unglück gestützt. Diese hätten allerdings fehr ungünstig gelautet. Die Berhandlung habe jetzt ein anderes Bild ergeben. Auch er müsse Freisprechung beantragen. Dann ergiff der erste Verteidiger des Angeklagten das Wort zu seinem Plädoyer. Das Gericht erkannte auf Freispruch.

Erhöhung der Hauszinssteuer.

Um 6 v. H. der Friedensmiete.

Dem preußischen Staatsrat ist ein Gesezentwurf zur Mende­rung der Breußischen Steuernotverordnung und des Preußischen zum Finanzausgleichsgeseß zu­Ausführungsgesetzes zum

gegangen.

Der Entwurf sieht einie weitere Anspannung der auszinssteuer, die in Anbetracht der finanziellen Notlage des Staates und der Gemeinden dringend erforderlich ist, vor. Es wird vorgeschlagen, die Hauszinssteuer vom 1. August d. 3. ab um 6 Proz. der Friedensmiete und vom 1. Oktober d. 3. ab um weitere 6 Proz. der Friedensmiete zu erhöhen.

zwei Dritteln den Gemeinden und Gemeindeverbänden Die Erträgnisse aus der Erhöhung am 1. August sollen zu und zu einem Drittel dem Staat zufließen. Die Erträg nisse aus der Erhöhung am 1. Oktober sollen ausschließlich für die Herstellung des Gleichgewichts im preußischen Staats haushalt Berwendung finden. In der Begründung zu dem Entwurf wird darauf hingewiesen, daß bei der Erhöhung der Mieten den Eigentümern ein erhöhter Betrag für Betriebs- und Instandsetzungskosten, sowie zur Berzinsung des eigenen und frem den Kapitals zugesagt werden soll, daß sich indessen Vorschläge nach dieser Richtung hin erst nach der Verabschiedung des Aufwertungs. gefeßes, das dem Reichstag vorliegt, machen laffen.

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Diese Rechnung mit doppeltem Boden darf in der heutigen hohen Gefahrenspannung der deutschen Kredit­wirtschaft nicht geduldet werden. Die Stinnesschen Kredit­unterlagen sind bei dem stützenden" Privatbanktonsortium schon einmal lombardiert. Wenn sie von der preußischen Staatsbant rüd lombardiert werden, dann treibt man die­selbe Politik, die während des Krieges mit der Lombardierung der Kriegsanleihen getrieben wurde, aus deren Ertrag" neue Kriegsanleihen gezeichnet wurden. Das war, wie heute unerschütterlich feststeht, d a mals der Beginn der Inflation. heute liegt auch in dem Rücklombard der Seehandlung noch einerlei Inflationsgefahr. Denn wenn die Seehand lung mit ihren Lombardtrebiten einfriert, erleidet sie besten­falls aus dem Verkauf der Stinnes- Papiere Barmat- Ver­Iufte. Das mögen Privatbanken auf sich nehmen. Daß aber der preußische Staat oder die Reichspost öffentliche Gelder gelassen werden. Heute hängt alles davon ab, daß die dazu hergibt, das kann und darf unter feinen Umständen zu­Lösung der Industrie- und Kreditkrisis nicht auf die lange Bank geschoben wird und notleidende Unternehmungen nicht fünftlich galvanisiert werden. Eine rationelle Lösung ist nur möglich, wenn die Privatindustrie und die Brivat­banten nach den Grundsägen der freien Wirtschaft sich selbst überlassen bleiben und mit aller Entschiedenheit daran fest­gehalten wird, daß Reichsbant, öffentliche Bantinstitute und der Staat grundsäglich von den Verlegenheiten der Privat wirtschaft sich fernzuhalten haben, es sei denn durch Beschluß der Volksvertretung und auf dem Wege des Gesetzes.