an die Wahlurne traten, noch in bürgerlichen Vorurteilen befangen waren und vielfach meinten, ihre religiöse Ein- stellung verböte ihnen, der sozialistischen Liste ihre Stimmen zu geben. Drei Jahre politischer Erziehung auch der Frauen haben das ihrige getan. Das Frauenwahlrecht, von der klerikalen Reaktion hoffnungsvoll akzeptiert, fängt schon an, ihr zum Verhängnis zu werden. Insbesondere die Abrüstungs- forderung ist von zahlreichen Frauen mit lautem Jubel be- grüßt worden. Eine. Besonderheit, die zur Befriedigung Anlaß gibt, ist auch der Zusammenbruch der Kommuni st ischen Partei bei diesen Wahlen. Kurz zuvor hatte die Moskauer Exekutive gemeint, in die fortwährenden erbitterten inneren Kämpfe der KP. Hollands eingreifen zu müssen, indem sie die bisherige Parteileitung, obwohl sie über ein« kleine Majorität innerhalb der Partei verfügte, aus allen Aemtern fortjagte. Sie zwang auch die beiden bisherigen Parlamentarier des Kommunismus, W y n k o o p und Dr. van Ravesteyn, ihre Kandidaturen zurückzuziehen. Die Folge war, daß die Kommunisten ein Drittel ihrer Stimmen und eines ihrer beiden Mandate einbüßten und nun von einem vollständig unwissenden Maulhelden, einen gewissen De Wisser, im Parlament vertreten sein werden. Die sowieso schon un- bedeutende Rolle, die unsere Kommunisten innehatten, ist da» mit wohl gänzlich ausgespielt, was der gesunden Arbeiter- bewegung nur zum Vorteil gereichen kann. So hat die holländische Sozialdemokratie alle Ursache, mit stolzer Genugtuung auf diese Wahlen zurückzublicken. Die Partei und ihre sehr gut zusammengesetzte, erstarkte Kammerfraktion werden es nicht Unterlasten, aus dem er- rungenen Sieg für das Proletariat alle Vorteile zu holen, die sich daraus ergeben können. Bedauert die Partei es auch aufs tieffte, daß ihr bisheriger verehrter und unbestrittener Führer T r o e l st r a sich wegen seines unerfreulichen Gesundheitszustandes genötigt gesehen hat, sich zurückzuziehen, so verbürgt ihre ungeschmälerte Kampfesbereitschaft trotz- dem in schwerer Zeit neuen Sieg.
Gegen üieLugevondeutsthlanüsfilleinsthulü Ein französischer Aufruf. parls. 8. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Di« franzSsifch« Links- presse veröffentlicht am Donnerstag einen von Vietor Marguerite verfaßten und von etwa hundert im öffent- lichen Leben Frankreichs an hervorragender Stelle stehenden Po- litikern. Militärs, Künstlern und Schriftstellern unterzeichneten „Appell an die Gemissen'. Dieser Ausruf fordert um der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Friedens willen die Ausmerzung der Artikel 227 bis 231 des Friedensvertrages, d. h. des Deutschland mit Gewalt auf- gezwungenen Bekenntnisses seiner alleinigen Schuld am Kriege und des den Alliierten vorbehaltenen Rechts zu Sanktionen und Gcwaltmaßnahmen gegen Deutschland . Di« öffentliche Meinung in Deutschland , heißt es in diesem mutigen Aufrufe, lehnt sich nicht gegen die ihm durch die Reparationen auferlegte materielle Last aus: sie hat deren Notwendigkeit begriffen und die Regelung, wie sie nunmehr durch internatio- aale Vereinbarung festgelegt worden Ist, auf sich genommen. Was Deutschland nicht erträgt, ist das ihm mit Gewalt ent< rissene Geständnis seiner einseitigen Schuld am Kriegs- auKbruch und seiner alleinige» Beräntwortung für den Krieg. Wenn Frankreich dagegen an dem Dogma festhält, daß der An- griff durch den Einfall in Belgien unzweideutig charakterisiert sei. ia müsse biefe gefahrdrohende Frage unter ollen llmftänden g«klärt werden. Sie kann nur vor einem übernationalen Gerichtshof und erst, wenn die Archiv« aller Länder geöffnet sind. geführt werden. Wenn heute auch nicht von einer materiellen Revision des Friedensoertrages, die der Zeit und dem Völker» b u n d vorbehalten werden muß, die Rede fein kann, und wenn eben-
Mufikpolitifihes Zragen, Zagen, Klagen. Von Dr. Kurt Singer. . l. Seit vielen Jahren kämpft die Musikerschast Deutschlands um die systematische Erhöhuno ihres Niveaus, um staatliche Eingriffe in das Tohuwabohu der Musikpädagogik. Tatsächlich konnte bisher jeder oiertelwcgs geschulte, halbwegs diletantifche Musikflickschuster sein Leisten(seine Leisten) an den zahlenden Mann bringen, er konnte unterrichten. Qualvoll, was sich zuweilen in prooinzialen Schulen, Konservatorien abspielte. Ohne jede inner« Berechtigung vergällten Pauker, die noch Geld dafür erhielten, der Jugend den Sinn und verdarben die Interessen, die Sehnsüchte nach Musik. Zwar existierte ein Gesetz vom Jahre 183g zur Regelung der Musik- erziehung. Aber was verstand man anderes darunter, als das Ein- drillen von ein paar handwerklichen Paradestücken, von unbeseelter Technik! 20 Jahre musikpsychologischer Ideen, fruchtbarer Entwick- lung gingen auch an den Köpfen der ministeriellen Beamten nicht spurlos vorüber. Nun erzwang die Musikerschaft, zum Teil nach den Vorschlägen des Deutschen Musikervcrbandes, Aus- führungsbeftimmungen, die Gesetzeskraft erlangt haben. Ein Ziel ist gesteckt, ein Ansang zur Besserung gemacht. Große Freude nn ganzen Lande. Wirklich? Weit gefehlt. Alles, was Ursache hätte, über die prinzipielle und strenge Formulierung der Ausführungs. bestimmnngen Hosianna zu rusen, geht zum Kampf und Sturm über. Gewiß: kein Meisterstück fällt vom Himmel und der Erlaß hat seine Schönheitsfehler. Aber haben ihn nicht alle ersehnt als Reinigungsbeginn in bewölkter Atmosphäre? Welche denn von den Verbänden, die eine energische Kampsschrift verbreiten, haben bei den Sitzungen prinzipiell protestiert? Und jetzt ist aus einmal alles, alles, olles falsch? Wo bleibt die Konsequenz? Man wird an- fangen müssen, M I n i st e r und ihre Sachverständigen in Schutz zu nehmen. II. Dom M i n i st e r für Kunst und Volksbildung stand vor zwei Jahren auch die Lösung der S ch i l l i n g s- K r i s e zu. Ein Knoten wurde zerhauen. Ein paar Machtvollkommenheiten, Rechte, Ein- sprilche, Kapellmeister wurden verbrannt. Und aus der Asche schwebte als neuer Phönix Erich Kleiber hervor. Ihm beugte sich olle». Minister, Referenten, Intendant. Presse. Gegen die Wohl, gegen die Omnipotenz.Kleibers sprachen nur wenige. In diesen Spalten wurde gegen die Einsoniekonzerte Kleibers , gegen die Alleinherrschaft in beiden Häusern, gegen seine ,Aida".,„Fidelis'. Aufführung kritisch Stelluno genommen, noch zuletzt gegen sein Ab- biegen auf ganz fernes Gebiet. Tanz, klassische, Wiener Musik, Haydnsches Oratorium. Berlins „große" Presse jubelt«. Klei- der wurde immer ehrgeiziger, immer einziger, immer befehlender. Er verstimmte die Heroinen und Primadonnen, er regierte gegen die Intendanz, er setzte alles, alles durch, weil er die Minister selbst am Gängelband führte. Schwankender Charakter, auch in musikali- schen, in Stilfrogen und selbst als Techniker. Aber es hieß ja, seit Mahler sei kein ähnlicher Dirigent auferstanden. Jetzt auf einmal wird Sturm gelausen: von den Berhimmlern, von denen, die Größenwahn in dem Hochbegabten gezüchtet hatten. Welche Schuld,
sowenig die durch die Abmachungen von London festgelegte Rege- lung der Reparationsfrage angetastet werden darf, so hängt es doch einzig von unseretn eigenen Willen ab, daß der in Versailles auf- gezwungene Vertrag nicht länger durch seinen Zwang auf dem gestörten Gleichgewicht, in dem wir leben, lastet. Es gibt keine Sicherheil ohne Abrüstung der Geister. Wir stehen heute vor der Wahl zwischen der durch den Geist der Revanche genährten Verewigung des Kriegszustandes' und einer wahrhaften Versöhnung. Der Nationalismus in Deutschland möge sich über unseren Schritt nicht täuschen. Er ist nicht Ausfluß der Schwäche, sondern die Bekundung der französischen Recht- lichkeit, ein Schritt zur Verwirklichung der mensch- lichen Solidarität, den das Deutschland Goethes begreifen und verstehen wird.
Umsatzsteuer unü Luxussteuer. Zhre Ermäßigung beantragt. In der leren Aussprache über die Umsatzsteuer im Steuer- ausschuß des Reichstages erklärte Staatssekretär voplh: Die Um- satzsteuer müsse einen Ertrag von etwa 1,5 Milliarden Mk. bringen, wenn der Haushalt balancieren solle. An dieser Rotwendiakett findet die Senkung und Abänderung der Umsatzsteuer«ine Beschränkung. Die Umsatzsteuer bringe ihre großen Erträge nur dadurch, daß sie alles unterschiedslos und mit dem gleichen Satz erfaßt. Jede Durch- brechung des Prinzips reihe das ganze Gebäude ein. Die Be- freiung der Lebensmittel würde zum Zusammenbruch der Umsahsteuer führent Reben dem Ausfall von etwa der Hälfte des Er- träges würde auch die Steuer unkontrollierbar werden. Die Um- satzfteuer wird noch auf längere Zeit dos Rückgrat der Reichs» finanzen sein. Wg. Dr. Fischer-Köln(Dem.) verlangt Herabsetzung der Um- satzsteuer auf 1 Proz. ab 1. Oktober 1925 und weitere Ermäßigung auf ein halbes Proz. ob 1. Ottober 1926. Staatssekretär Dr. Popih sieht keine Möglichkeit, die �Umsatz- steuer mehr zu senken als auf 1,25 Proz. Ob durch die Ermäßigung der Umsatzsteuer eine Preisermäßigung herbeigeführt werden könne. fei auch Ihm zweifelhaft. Die Freilassung der Handelsver- treter von der Umsatzsteuer sei unmöglich. Ebensowenig sei die generelle Freistellung der freien Berufe berechtigt. Eine Aus- nahm« könne man nur für Künstler, Gelehrte und Schriftsteller machen. Im Reichsrat liege bereits der Entwurf einer Verordnung vor, der diese Gruppen von- der Umsatzsteuer befreit, wenn ihr Um- fatz vierteljährlich 1500 Mt. nicht übersteigt. Die Luxussteuer könne nicht ganz beseitigt werden. Ihr Ertrag von 120 Millionen sei nicht entbehrlich. Sie müsie aber der veränderten Wirtschaftslage an- gepaßt werden. Dafür biete der Antrag der Regierungsparteien«ine geeignete Grundlage. Abg. Dr. Kulenkampff wünscht, daß die Automobile von der Luxussteuer ausgenommen werden. Die Steuern müßten vor den Ferien verabschiedet werden. Ob die Sleucrgefehe gut oder schlecht sind, sei gleichgültig. darüber könne man sich später unterhalten. Abg. Dr. Gerecke(Dnat.) begründet, daß die Deutschnationalen ihre früheren Wünsche auf Beseitigung der Umsatz- und der Luxussteuer zurückstellen. Abg. Dr. Hertz(Soz.) weist darauf hin, daß das Bestreben be- steht, die Zollgesetze im Eilzugstempo zu verabschieden. Das würde nicht nur für die Wirtschaft verhängnisvoll fein, sondern auch für die Reichsfinanzen. Do zu besürlhlen sei. daß die Zölle aus Leben»- mittel eine gewaltige Verteuerung der Lebenshaltung herbeiführen. müsse man sie von der Umsatzsteuer befreien. Wenn von der Regie- rung gesagt worden fei, die Situation vertrage keine Experimente, so gelte das in erster Linie von der verantwortungslosen Einbringung der Zollvorlage. Die Luxussteuer, die die Qualitätsarbeit er- drossele, müsse erheblich eingeschränkt, am besten ganz beseitigt werden. Die Oualitätsarbeiter würden um ihre Existenz gebracht und zur Auswanderung gezwungen. Der Antrag der Regierungs- Parteien, der Regierung die Ermächtigung zu erteilen, die Luxus- steuer zu ändern und zu mildern, müsse mindestens durch die Mit- Wirkung des Reichstages schärfer gestaltet werden. An- schließend daran legt Abg. Schlick«(Soz.) dar, daß die Luxussteuer in ihrer gegenwärtigen rohen Form keine Besteuerung des Luxus sei, dasür ober die Qualitätsindustrien in ihrer Exportsähigkeit hemme und die Arbeiterschaft schwer schädige. Einzelberatung und Abstimmung werden auf die nächste Sitzung oertagt.
welche Inkonsequenz! Wir riefen un« hier heiser nach dem Parallel- generalmustkdirektor bei Kroll, der dem überftiegenen, von wüten- dem Ehrgeiz nicht freien Machtdrang Kleibers ein Paroli bieten sollte. Vergebens. Er war als Jupiter klischiert. Warum jetzt auf einmal diese Hätz? Weil man für den oder jenen einen Posten braucht? Kleiber ist kein Fertiger, kein Vollendeter. Aber ein glan- zender Erzieher, ein Mann stärkster suggestiver Kraft, ein Studierer von höchstem Verantwortungsgefühl. Er ist an der Oper« unersetz- lich: schon heute klafft ein Riß, wenn er beurlaubt ist. Man vcr- derbe ihm nicht die Laune. Wer ihn zu früh zum Gott gemacht hat, ist nicht berechtigt, ihn jetzt so schnell zu verdammen. Man wird anfangen müssen, ihn gegen seine hymnischen Freunde in Schutz zu nehmen. III. Das Ministerium hat vor einigen Monaten auch still und stetig in den Znkui'.ftsbetrieb der stadtischen Oper eingegriffen. Durch Zureden, Raten, Beeinflussen. Die Kandidatur H ö r t h wurde,»ielleicht, um die wertvolle Kraft dieses persekten Mannes dem Lindenbou zu sichern, nicht begrüßt, die Kandidatur des gänz- lich unbekannten T i« t j e n gefordert, gefördert. Run sitzt Tietjen im Amt, feit wenigen Tagen arbeitet er vertragsmäßig. Und schon hageln Angriffe auf einen Unbescholtenen, der bisher nichts tat, als mit unerträglichen Fehlern des allen Hanfes aufzuräumen, sich die Kraft Bruno Walters, des ewig Abwefenden, zu sichern, und ein paar Zugkräfte zu engagieren. Mit welcher Freude wird er den heißen Boden Berlins betreten! Walter wurde engagiert. Ihm gegenüber ließ die Presse selbst die gewichtigen Namen Blech, Klempercr unter den Tisch fallen. Auch wir erhofften eine Blüte des Opernhauses von Walters Tätigkeit, wenn wir auch von der Leidenschaft, mit der er jugendlich in die Borarbeit einzubrechen versprach, bisher nichts merken. Er wird nun bald sogen müssen, was er will, zu was es ihn treibt an Leistung, Aufbau, Neuland. Seine sehlende Rührigkeit hat dem Theater bereits ein paar wert- volle Aufführungen verscherzt. Für ein der Volkskunst geweihtes Institut ist es auch nicht erquicklich zu hören, daß bereits an illustre Vorstellungen für die oberen 500 vom Kursürstendamm gedacht wird. Bielleicht lügt die Fama. Walter kennt ja Berlin und er wird bald öffentlich seine Ziele bekanntgeben. Dann wixd Berlin wieder„die"'Stadt der Dirigenten sein. Furtwängler, Wal- ter, Kleiber— ein herrliches Trifolium, lind die Konzerte werden das Gesicht ihrer Veranstalter tragen. Das fehlte bisher bei allen dreien, und Ehrlichkeit tut hier dringend not. Bielleicht ge- lingt für Kroll noch das Engagement von Klempercr oder Blech (falls Wien ihn locker läßt). Auch zweite Posten sind zu besetzen. Reben den Feldmarschallen müssen Generäle, nicht Musketiere stehen. Ist bei Kroll, ist in Charlottenburg nicht Platz für Waghalter, für S t i« d r y? Beide schweben in der Luft. Gebt ihnen Boden, auf dem sie stehen, tanzen können. Und steckt noch einmal, für einen Sommer, die Pfeile in den Köcher. Selbst gegen die Un- tötigkeit de» Intendanten Schillings, der fein Programm neu aufziehen muß. Gegnerschaft als Anregerin ist gut. Aber man wird bald anfangen müssen, eine zu leidenschaftliche, weil nicht mehr produktive Feindschaft abzuwehren. Mit Zagen, dennoch mit Hoff- nung auf den kommenden Tag, sagen wir einer mäßig fruchtbaren Saison„Adieu", nicht„auf Wiedersehen",
tzinöenburg informiert sich. Amtlich wird gemeldet: Der Herr Reichspräsident empfing heute die Vertreter des Zentralverbandes der Haus- und Grundbesitzervereine, Reichstagsabgeordneten Dr. I o e r i s se n-Köln, preußischer Landtagsabgeordneter Laden dorf f-Berlin , Stadtrat H umar-München und Direktor Hün e- Hamburg zum Vortrag über die Lage und die Wünsche des beut- schon Haus- und Grundbesitzes. Ferner empfing der Herr Reichs- Präsident heute Stadtverordneten M a h n k e-Rostock, Schatzmeister D r e w e s-Berlin und Stadtrat R a m d o h r-Kiel vom Hauptvor- stand de« R-ichShundeS deutscher Mieter, welche ihm die gegenwärtige Lage der Mieter und deren Anträge zur Miets- gesetzgebung und zur Besierung der Wohnungsnot vortrugen.
Zranzösifch-Selgifche öeratungen. Vantsrvelde in Paris . pari«, 8. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Der belgische Außenminister Vandervelde ist am Mittwochmorgen in Paris ein- getroffen, wo er mit Briand eine Aussprache über die schwebenden internationalen Probleme haben wird. Auf der Tagesordnung dieser Besprechung stehen u. a. folgende Fragen: 1. Die Zurückziehung der belgisch-franzöfischen Truppen aus dem R u h r g e b i e t; 2. die Räumung der drei Rhein - und Ruhrhäfen Duisburg. Düsseldorf und Ruhrort ; 8. die durch die bevorstehende Zurückziehung der englischen Truppen aus Köln erforderlich werdende Umstellung der Besatzung deS RheinlandeS ; 4. Der belgisch-stanzösische Handelsvertrag: 5. die internationalen Schulden; 6. der Sicher- heitsvertrag._ Frankreichs Sicherheit durch Rüstung- pari«, 8. Juli.(WTB.). Ministerpräsident Painleve hat der Kammer den Gefetzentwurf über allgemeine Organisation der Nation für die K r i e g» z e i t eingebracht. Die hauptsächlichsten Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs betreffen 1. die Heranziehung aller Personen und aller Organe zum Besten der nationalen Der- teidigung: 2. das Recht, alle Hilfsquellen des Landes, nicht nur materielle, sondern auch intellektuelle und wisienschastliche zu requi - deren: 3. die Methode der Organisation der öffentlichen Verwaltung für die Kriegszeit und der Vorbereitung der MobUisierung durch ledes Ministerium in jeder Gegend bereits während der Friedens- zeit: 4. Sondermaßnahmen für die rationelle Nutzbarmachung der Arbeitskräfte und der Rohstoffe und Vorbereitung der Kriegsindustrie, sowie die Organisation der Transportmittel aller Art. Diese Reform, so heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf, ist eines der wichtigsten Mittel für die Reorganisation der nationalen Verteidigung, die gestatten werde, die Militär- dienstzeit herabzusetzen und doch die Sicherheit de- Landes auf fester Grimidloge zu garantieren.
Teilkrise im Nlustolini-Kablnett. Zwei Minister demissionieren. Rom . 8. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Di« erwartete D e- m i s s i o n der Minister S t e f a n i und N a v a ist am Mittwoch offiziell bekannt geworden. Mit Nava scheidet der Vertreter der Klerikalen aus dem Kabinett Mussolini , nachdem er durch seine ablehnende Stellungnahme gegen die Pläne zur Verfassungsänderung feinen Rücktritt bereits vorbereitet hatte. Stefani fällt infolge foschistischer Angriffe, zugleich aber auch als Opfer des Lire- Sturzes. Di«„Tribuns" weist darauf hin. daß die von der Regierung ausgeübte Zensur, die sogar Besprechungen allgemein bekannter und in der Oeffentlichtcit erörterter Aenderungen im Kablnett ver- hinderte, zur inneren Unsicherheit und zur ungünstigen Lage der Lira beitrage. Die Presie erwarte, daß der zukünftige Finanz- minister besonders den Schutz der Währung durchführt. Der ehema- lige Gouverneur von Tripolis , Volpi, wie der Großindustrielle Pirelli werden als Nachfolger Stefanis genannt.
„Locomotion yio. L" In England wird zurzeit die hundertste Wiederkehr des Tages, an dem George Stephensons berühmte„Loco- motion No. 1" zum ersten Male von Stockton nach Darlington fuhr. festlich begangen. Aus diesem Anlaß fand in Darlington eine höchst originelle Veranstaltung statt, bei der die ehrwürdige historische Lokomotive in genau demselben Zustand, in dem sie vor hundert Iahren ihre Probefahrt zurückgelegt hat, also mit gewaltigem Stöhnen und Keuchen und unter riesiger Rauchentwicklung, eine Reihe von Spezialwaggons zog, auf denen sich eine komplette historische Uebersicht über die Entwicklung des rollenden Rades von, Beginn der geschichtlichen Zeit bis zur Gegenwart befand. Die ..Locomotion No. I" wurde seinerzeit in New Castle von Robert Stephenson . einem Sohn George Stephensons. nach dessen An- gaben gebaut. Das englisch « Parlament, dem Stephenson seine Pläne vorgelegt hatte, beurteilte die neue Erfindung sehr absällig und bezeichnete sie als den„absurdesten Plan, der je dem Haupt eines Menschen entsprungen war". Trotzdem baute Stephenson weiter. Im Jahre 1821 nahm das Parlament dann ein Gesetz an. das Stephenson die Genehmigung erteilte, einen Schienenweg zwischen Darlington und Stockton zu legen und hier einen mit Dampf- kraft betriebenen Eisenbahnverkehr zu eröffnen. Im Jahre 1825 fand die historische Probefahrt statt, bei der die„Locomotion No. 1" 28 Wagen mit 450 Passagieren beförderte. Die Entfernung zwischen Stockton und Darlington betrögt rund 22 Kilometer. Stephensons erste Lokomotive benötigte zur Bewältigung dieser Entfernung volle zwei Stunden. Diese Tatsache allein genügt, um darzutun, wie enorm die Entwicklung ist, die dos Eisenbahnwesen seit damals ge- nommen hat. Nicht minder deutlich tritt sie in Erscheinung, wenn man die winzigen, quälend unbequemen und häßlichen Waggons von damals mit den heute üblichen oergleicht, von denen selbst die wohlfeilste Klosse unvergleichlich komfortabler und hygienischer ist, als es seinerzeit die teuerste Klasse war. Ander sen-Ausst« llui, a in Berit« IS«. Zur Trxänzimg de» Material,. das dänische Archive und Sammler Ende Oktober der GedachiniS-Ausitellung für den Märchendichter Anderten überlassen werden, bittet der Zlusichntz die Besitzer cinlchlägiaer Brieie. Handschristen. Bilder u. dergl.. diele auf einige Wochen leihweise zur Verfügung zu st-lleir Zufchnst-n erbeten an Dr. Grathoff, Berlin TS, Schlötzmufeum. ver Leiter der rämischen Ausgrobnnge» auf dem Forum und dem P-I-idln, Senator Giacoma Bant, hat einen Schlagansall erlitten. Man zweifelt an seinem Aufkommen. Boni ist 75 Jahre alt. Tin Zublläum de» wiener Snrgtheater,. Da, Wiener Burgtheoter. eine der berübmieiten Pfl-gcftätten de» Schauspiel«, tann ansang« Mär, 192« das Jubiläum des hundertsünfzlgjSbrigen Bestehens s-iern. Aus diesem Anlag wird an dem Theater eine Festwoche veranstaltet, sür die jetzt schon an dem Programm gearbeitet wird. Zur Geschichte der russischen rev»ln«oi>Sr«n Bewegung. In Nisbne- lldinst in Sibirien ist in einem alten Poiizelarchw em umfangreiches Per. zcichnl« aller Verbannten aufgesunden worden, die seit dem Jahre 1800 wegen politischer Verbrechen aus Besehl der Zarenregierung nach Sibirien verschickt worden find. Diese Nachricht bat In Mo»Iau großes Interesse er- regt, da dieses Register sür die Geichichte der revolutionären Bewegung in Ruhland von großer Bedeuimig sein kann. «in veakmal lür Zeaa Paul. Am 4. November find eS Hunderl Jahre, daß Jean Paul gestorben ist. Aus diesem Anlaß wird in Hos. wo der Dichter lange Jahr« gelebt hat. zu seinem Gedächtnis ein Denkmal w der Form eine, Brunnen, mit dem Brouzerelies Jean Paul , errichtet.