Nr. 32742. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Achtfaches Todesurteil im Prozeß Angerstein.
Limburg a. d. Cahn, 13. Juli. ( Drahtbericht.) Im Angerstein| Prozeß wurde gestern abend um 7 Uhr das Urteil gesprochen. 3u east gab der Vorsitzende, Landgerichtsrat Roth, einen Gerichtsbeschluß bekannt, wonach die Verfahren wegen Unterschlagung, Urfundenfälschung, Brandstiftung und Meineid vorläufig eingestellt werden, weil die hierfür zu erwartende Strafe mit den Strafen, die der Angeklagte Angerstein wegen Mordes zu erwarten hat, in feinem Verhältnis steht. Dann folgte eine einstündige Urteils. begründung, worauf folgender Urteilsspruch gefällt wurde:
" Der Angeklagte Angerstein wird wegen Mordes in acht Fällen acht mal zum Tode verurteilt. Es werden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt. Die zur Tat benußten Mordwerkzeuge werden eingezogen. Die Kosten des Die Kosten des Berfahrens fallen, soweit Verurteilung erfolgte, dem Angeklagten Angerstein zur Last."
Der Borsigende hatte bereits den Schluß der Sizung verkündet, als Angerstein, der bis dahin den Urteilsspruch ruhig mitan gehört hatte, mit leiser Stimme erflärte:„ Ich nehme das Urteil an.( Bewegung im Saal) Borsigender: Angeklagter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß der Berzicht auf Rechtsmittel nicht angefochten werden kann. Sie haben Ihr Leben achtmal verwirkt. Nach menschlicher Voraussicht haben Sie keine Gnade zu erwarten. Sind Sie sich darüber vollkommen flar? Angeflag ter: Sawohl, vollkommen.( Mit leiser Stimme): Meine Taf fann nur durch meinen Tod gefühnt werden.( Erneute große Bewegung im Saal.) Da auch die Staatsanwaltschaft sofort auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtete, stellte der Vorsitzende feft, daß das Todesurteil gegen Angerstein um 7 Uhr 3 Min. abends
rechtsträftig geworden war.
Die Urteilsbegründung.
Nachdem der Vorsitzende den oben erwähnten Gerichtsbeschluß verkündet hatte, begann er mit der Urteilsbegründung. Er ging zunächst noch einmal auf das Bild ein, das die Hauptverhandlung über die Vorgänge ergeben hatte, die sich an die Auffindung Angerfteins am Abend des Mordtages anschlossen. Dann fuhr er fort: Der Angeflagte gibt die Bluttaten zu. Er behauptet rur, daß er ohne Ueberlegung und in einem Zustande trant hafter Störung der Geistestätigteit gehandelt habe, die eine freie Willensbestimmung ausschloß. Es besteht fein Zweifel, daß er vorsäglich gehandelt hat, in diesem Puntte ist sein Geständnis richtig. Das Gericht hat aber auch die Frage der Ueberlegung und der freien Willensbestimmung bejaht. Dann ging die Urteilsbegründung auf die Vorgänge vor der Tat ein. In Abwägung aller Beweggründe für und wider hat das Gericht in der Tötung der Frau Angerstein durch Stiche mit dem Hirschfänger eine Handlung mit leberlegung gesehen. Die ganzen Umstände vorher fonnten Angerstein zur Selbstbesinnung fommen laffen, aber sein Wille zum Töten war stärker, die hemmenden Vorstellungen waren überwunden. Seine Behauptung, daß er den Entschluß gefaßt hatte, sich zu erschießen, ist unwahr. Wahr ist dagegen wohl sein erstes Geständnis, wonach er nach der Tötung seiner Frau sich ein anderes, mirtsameres Mordwerkzeug besorgt hatte. Das Herausholen des Beiles aus dem Keller stellte jedenfalls eine überlegte Handlung dar. Die Tötung der Schwiegermutter war seine erste Schuzinaßnahme gegen eine spätere Entdeckung der Tat. Die Art der Tötung des Dienstmädchens Minna Stoll muß schon als handwerksmäßig betrachtet werden. Die Darstellung des Angeklagten hinsichtlich der Tötung der anderen Angestellten hat das Gericht als einwandfrei widerlegt angesehen. Er nahm Geiß mit nach oben und erschlug ihn mit Ueberlegung. Ebenso hat er auch die übrigen Angestellten in die Wohnung gelockt und sie dort erschlagen. Diese Morde stellen Taten dar, die noch über das Vorausgegangene hinausgehen. Sie find Meuchelmorde, wie sie hinterlistiger und niederträchtiger nicht gedacht werden können. Auch die Reinigung der Mordwaffen stellt eine überlegte Handlung dar und erfolgte nur, um weitere
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Die Baumwollpflücker.
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Da schlich sich ein indianischer Polizist heran. Er um freifte die Bank wie ein Raubvogel seine Beute, die er aus seiner Höhe auf dem Erdboden friechen sieht. Dann, als der Polizist wieder an der Rückseite der Bant mar, zog er seine Lederpeitsche durch die Hand und hieb mit bestialischer Brutalität und mit einem tüdischen Grinsen auf dem Geficht dem Arbeiter die Peitsche über den Rücken. Ein furchtbarer Hieb. Mit einem unterdrückten ächzenden Schrei fiel der Oberförper des Indianer kurz nach vorn über als habe man ihm den Rücken mit einem Schwert durchschnitten. Dann aber schnellte der Körper rasch nach hinten und sich mit einem Geſtöhn windend, griff der Arme langsam mit der Hand nach dem gemarterten Rücken. Der Polizist trat jezt nach vorn und grinste den Arbeiter mit einer teuflichen Grimasse an. Dem Gepeinigten liefen vor Schmerzen dice Tränen über das Geficht. Aber er sagte nichts. Er stand nicht auf. Er blieb ruhig auf der Bank sizen. Denn das war sein Recht. Sigen durfte er auf der Bant, er mochte noch so zerlumpt sein, es mochten noch so viele elegante Caballeros und Sennoras herumirren, um die Kühle des Abends auf einer der bequemen Bänke zu genießen und dem Konzert zuzuhören, das bald beginnen würde. Der Indianer mußte, er mar der Bewohner und der Bürger eines freien Landes, wo der Millionär nicht mehr Recht hat, auf dieser Bank zu fizzen und wäre es vier undzwanzig Stunden lang als der arme Indianer. Aber schlafen durfte er nicht auf der Bant. Soweit ging die Freiheit nicht, obgleich die Bank auf dem Plaße der Freiheit" stand. Es war die Freiheit, wo derjenige, der die Autorität befizt, den peitschen darf, der die Autorität nicht hat. Der uralte Gegenfaz zweier Welten. Uralt wie die Geschichte von der Herauspeitschung aus dem Paradiese. Der uralte Gegensatz zwischen der Polizei und den Mühseligen und Beladenen und Hungernden und Schlafbedürftigen. Der Indianer war im Unrecht, das wußte er wohl, deshalb sagte er nichts, sondern stöhnte nur. Satan oder Gabriel dieser hier hielt sich für das zweite war im Recht.
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Nein! Er par nicht im Recht! Nein! Nein! Nein! Mir stieg das Blut zu Kopfe.
In allen Ländern der hohen Zivilisation, in England, in Deutschland , in Amerita und erst recht in den übrigen Ländern ist es die Polizei, die peitscht und ist es der Arbeiter, der gepeitscht wird. Und da wundert sich dann der, der zus frieden an der Futterkrippe figt, menn plöglich an der Krippe
Morde auszuführen. Unwahr ist auch die Darstellung des Ange flagten hinsichtlich der Tötung seiner Schwägerin Ella Barth. Auf welche Weise diese noch zwei Stichwunden in die Kehle erhalten hat, fonnte nicht einwandfrei festgestellt werden. Im übrigen war auch mit voller Ueberlegung hat Angerstein nach der Tötung der die Reihenfolge der Wunden für das Ergebnis ohne Bedeutung. Schwägerin das Beil an die Speichertür gestellt, wo dann der Gartner Darr ermordet wurde. Auch in diesem Punkte war die Darstellung des Angeklagten unglaubwürdig. Aus diesem an geblichen Dämmerzustand ist Angerstein dann zu einer Reihe Schutzmaßnahmen übergegangen. Er hat Telephongespräche geführt, Bestellungen ausgeführt und das Journal und das Kassenbuch zwecks Berdeckung seiner Unterschlagungen verbrannt, er hat ferner an seinen Bruder einen Brief geschrieben, nachdem alle acht auf Berdeckung der Tat. Auch die Abstellung des Bafferbassins Personen schon tot waren. Sein Handeln war planmäßig abgestellt war eine Schuhmaßnahme. Am Nachmittag dieses Tages hat dann der Angeklagte noch eine Stunde im Hause gewartet, wahrscheinlich auf den Prokuristen Mix, do chłonnte darüber nichts Näheres festgestellt werden. Schuhmaßnahmen waren auch seine Besorgungen und Gespräche in der Stadt. Die weiteren Darstellungen des Angeflagten über den weiteren Verlauf der Dinge ist teils wahr, teils frei erfunden. Seine eigenen Verlegungen hat er sich nicht zu dem wie er die Stiche geführt hat. Wer sich töten will, sticht nicht 3wed beigebracht, um Selbstmord zu verüben. Das beweist die Art, vorher in den Hut, den er in der Hand hält, der holt sich auch nicht die Kassette aus dem Kassenschrant, läuft durch den Garten und flettert über den Zaun, statt im Haus zu bleiben, wo er sich doch am bequemſten töten fonnte. Der Angeklagte hat sich die Tat genau überlegt, er war sich aber auch im flaren über seine Beweggründe und über den Zweck der Tat. Man kann nicht ein Motiv herausgreifen. Es liege eine ganze Anzahl von Motiven vor, die sich überfreuzen. Den Ausschlag zur Tat hat sicherlich das Gespräch mit dem Prokuristen Mig am Sonnabend vorher gegeben, so daß Angerstein mit der Tat seine Unterschlagungen verdeden wollte. Das war der letzte Anstoß, aber nicht das alleinige Motiv. Ganz wird seine Tat nie zu verstehen sein, um sie annähernd zu begreifen, muß man aber auf seine Verhältnisse eingehen. Angerstein stammt aus fleinen, aber achtbaren Verhältnissen, er hatte sich zu einer guten Stellung emporgerungen. Seine Ehe war nicht restlos glück lich. Er selbst war trant, die Frau hysterisch, in ständiger Angst, daß fie fich von ihrem Gatten ansteden tönnte und später ebenfalls sehr leidend. Nach der deutschen Geldstabilisierung mußten die Ausgaben für sie den Angeklagten in eine schwierige Situation bringen. Er hat im Jahre 1924 für seine 3wede 14 000 bis 15 000 Mart unterschlagen, gedrängt durch unglückliche Familienverhältnisse. Man kann nicht sagen, daß er seine Frau nicht geliebt hat, aber nach den Bekundungen des Professors Soest bert ist es fraglich, ob seine Liebe echt war. Weitere Motive find eventuell auch in der hohen Ueberversicherung seines Hauses zu suchen, die ihm für den Fall des Verbrennens der Villa eine große Geldsumme eingebracht hätte. Daß das Wesen Angersteins schon im Jahre 1923 zu Erzeffen neigte, beweisen die Befundungen über den Auftritt mit seiner Schwiegermutter und über die Drohung, daß er fie erschießen wolle. Bei einem Menschen, der in einer solchen Handlungsbereitschaft schon seit langer Zeit stand, bedurfte es mur eines geringen Anstoßes, um ihn zur Begehung schlimmerer Taten zu veranlassen. Seine Ueberlegung und seine Zurechnungsfähigkeit fann dadurch nicht in Frage gestellt werden. Die Gutachten der Sachverständigen bestätigen, daß er nicht geistestrant war, daß er auch nicht in einem Dämmerzustand gehandelt hat. Angerstein ist auch feineswegs ein Erotifer, wohl ist bei ihm aber eine gewisse Bornesmütigkeit festzustellen. Die Ausführungen des Sachver ständigen Profeffor Herberz fann fich das Gericht nicht zu eigen machen. Das Gericht stand auf dem Standpunkt, daß wir alle Menschen von Fleisch und Blut sind, daß jeder für seine Handlungs. weise verantwortlich ist, sofern nicht bei ihm die freie Willensbe ſtimmung ausgeschlossen ist. Angerstein hat im vollen Bewußtsein und in freier Willensbestimmung gehandelt. Wer sich seiner Menschenwürde bewußt ist, weiß, daß dieses Ergebnis nicht be
gerüttelt wird, wenn die Krippe plöglich umgeschleudert wird und alles in Scherben geht. Aber ich wundere mich nicht. Eine Schußwunde vernarbt. Ein Peitschenhieb vernarbt nie. Er frißt sich immer tiefer in das Fleisch, trifft das Herz und endlich das Hirn und löst den Schrei aus, der die Erde er= beben läßt. Der Schrei: Rache!" Warum ist Rußland in den Händen der Bolsches? Weil dort vor dieser Zeit am meisten gepeitscht wurde. Die Peitsche der Polizisten ebnet den Weg für die Heranstürmenden, deren Schritte Welten erdröhnen und Systeme explodieren macht.
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Wehe den Zufriedenen, wenn die Gepeitschten Rache" schreien!" Wehe den Satten, wenn die Peitschenstriemen das Herz der Hungernden zerfressen und das Hirn der Geduldigen aus einanderreißen!
Man zwang mich, Rebell zu sein und Revolutionär. Revolutionär aus Liebe zur Gerechtigkeit, aus Hilfsbereitschaft für die Beladenen und Zerlumpten. Ungerech tigkeit und Unbarmherzigkeit sehen zu müssen, macht ebensoviele Revolutionäre mie Unzufriedenheit oder Hunger.
Ich sprang auf und ging zu der Bank, wo immer noch der Polizist stand, die Peitsche durch die Hand ziehend, fie ab und zu durch die Luft pfeifen lassend und mit funkelnden Augen auf sein sich windendes Opfer grinsend.
Er nahm feine Notiz von mir, weil er glaubte, ich molle mich auf die Bank sehen. Ich ging aber dicht auf ihn zu und sagte: Führen Sie mich sofort zur Wache. Ich werde Sie zur Meldung bringen. Sie wissen, daß Ihre Instruktion Ihnen nur das Recht gibt, sich der Beitsche zu bedienen, falls Sie angegriffen werden oder bei Straßenaufläufen nach wiederholtem Aufruf. Das missen Sie doch?"
,, Aber der Hund hat hier auf der Bank geschlafen," verteidigte sich der kleine braune Teufel, der faum höher war als fünf Fuß.
,, Dann durften Sie ihn weden und ihm sagen, daß er hier zu dieser Zeit nicht schlafen dürfe und wenn er wieder einschlafen sollte, durften Sie ihn von der Bank verweisen, aber auf keinen Fall durften Sie ihn schlagen. Also, tommen Sie mit zur Wache. Bon morgen ab werden Sie keine Möglichkeit mehr haben, jemand zu peitschen.
Der Bursche fsah mich eine Weile an, sah, daß ich ein Weißer war und fah, daß ich es im Ernst sagte. Er hing die Beitsche an den Hafen in seinem Gürtel und mit einem schnellen Saz war er verschwunden, als habe ihn die Erde verschluckt.
Der Indianer stand auf und ging langsam seiner Wege. Ich schlenderte zurück zu Antonio. Mörder hin, Mörder her! dachte ich. Es ist ja alles egal.
Dienstag, 14. Juli 1925
friedigend ist. Es wäre besser gewesen, wenn man hätte feststellen können, daß der achtfache Mörder in Geistesfrankheit gehandelt hat. Das Gericht dürfe aber nur seinen Verstand walten lassen. Eine Anomalie des Angeklagten liege nur in seiner fozialen Auffassung. Darin liegt seine Schuld und sein Berbrechen. Ethit, in feinem Berhältnis zu Recht und Unrecht, in seiner An diese Urteilsbegründung schloß sich dann um 7 Uhr der oben wiedergegebene Urteilsspruch. Nach Feststellung der Rechtsfraft des Urteils wurde der Angeflagte abgeführt, ohne daß es noch zu irgendwelchen Kundgebungen gekommen wäre. Das Urteil und Beit nachher Gegenstand lebhaftester Diskussionen unter der Bedie Tatsache seiner Annahme durch den Angeklagten war noch lange völkerung, die in großen Gruppen vor dem Gerichtsgebäude auf dic Entscheidung gewartet hatte. Wie wir erfahren. hatte die Verteidigung Angersteins, gestützt auf verschiedene Punkte, u, a. darauf, daß das Gericht eine Untersuchung des Angeklagten durch Profeffor Herberz abgelehnt hatte, einen Revisionsantrag bereits vorbereitet, der nun durch die Annahme des Urteils durch Angerstein hinfällig geworden ist.
Flugblätter.
Heute abend werden zehntausende und hunderttausende von Flugzetteln in Groß- Berlin verbreitet werden. Ein Heer rühriger Parteigenossen, die für ihre Sache wirken, werden sie in die Woh
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nungen tragen, um die Säumigen aufzurütteln. Aber wovon sie weiß, das ist nicht irgendeine geschäftliche Angelegenheit, für die es sprechen oder vielmehr wovon die Druckerschwärze beredt zu sprechen Gläubige zu werben gilt, ist nicht irgendeine Nachricht, die auf die Erlebnisgier der Sensations- und Vergnügungshungrigen spekuliert, es ist vielmehr etwas Hochwichtiges und Ethisches: Aufklärung. Im Reichstag, im Reichsrat, in der Reichsregierung beherrscht in diesen Wochen vor allen Dingen ein Thema, ein Bort aller Interesse und dieses schwerwiegende Wort heißt Zollfrage. Worum auf der einen Seite jetzt hart gefämpft und auf der anderen Seite fleinlich gefeilscht wird, das ist eine Angelegenheit von ungeheurer Tragweite für die ganze werftätige Bevölkerung Deutschlands . Gelingt der Anschlag der Agrarier und der Schwerindustriellen, steigen die Preise für taufend lebensnotwendige Dinge, vor allem aber auch für Brot und Kartoffeln. Mancher wird dann bitteren Hunger fühlen, der sich) heute noch leidlich sattessen tann. Mancher wird unter dem Druck schlimmster Not seufzen, dem es heute noch gelingt, sich von Lohntag zu Lohntag schlecht und recht durchzuschlagen was vielleicht das schlimmste ist viele Kinder werden meinen, die wir heute noch forglos ihren Tag leben sehen. Läßt also das deutsche Volk ruhig mit sich geschehen, was mächtige Kreise mit ihm planen, hebt die Konjunktur der Totengräber an. Aufklärung! Unter diesem lichtverheißenden Zeichen tat die Menschheit in der Geschichte ihres Lebens und Leidens schon manchen Schritt nach vorwärts. Wenn mir heute immer noch darum ringen müssen, daß dem Proletariat dann muß wiederum die Aufklärung eines unserer mirksamsten das allerprimitivste Recht, das Recht auf Leben eingeräumt wird, Stampfmittel sein. Berichten wir, so wie es geschieht, ehrlich, objektiv und gerade in dieser Sachlichkeit, aufrüttelnd von den egoisti schen Zielen der politischen und wirtschaftlichen schwarzweißroten Reaktion auf Flugblättern, so fönnen wir ruhig überzeugt sein, daß eine wichtige Arbeit geleistet wird. Ungezählte, die zwar in unsere Reihen gehören, aber doch kaum in unsere Bersammlungen kommen und nur selten unsere Presse und unser übriges Schrifttum Lesen, werden im Fluge erreicht. Sie sollen nachdenken. Und finden sic auch nicht alle den Weg in die Reihen der fämpfenden Sozialdemokratie, so werden sie doch unserer Gedankenwelt und unserer Arbeit näherkommen.
Das Verkehrshindernis.
Am Dranienburger Tor gehen bekanntlich die Bogen des Verkehrs sehr hoch, so daß die Polizei daselbst besonders aufmerk sam sein muß. Obwohl der Verkehr sich daselbst rasch und glatt abwideln soll, blieben zwei nette junge Damen dort ein
| Alles ist Busch. Ueberall ist Busch. Friß! oder du wirst gefressen! Die Fliege von der Spinne, die Spinne vom Bogel, der Bogel von der Schlange, die Schlange vom Coyotl, der Coyotl von der Tarantel, die Tarantel vom Bogel , der Bagel Immer im Kreise herum. Bis eine Erdfatastrophe kommt oder eine Revolution und der Kreis von Neuem beginnt, nur anders herum.
Dom
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Antonio, du haft ganz recht gehabt! Du bist im Recht! Der Lebende hat immer recht! Du bist im recht! Der Tote ist schuld. Hättest du nicht Gonzalo ermordet, hätte er dich ermordet. Vielleicht. Nein sicher. Es ist der Kreis im Busch. Man lernt es so schnell im Busch. Das Beispiel ist zu häufig und die ganze Zivilisation der Menschen ist ja nichts anderes als die natürliche Folge seiner bewundernswerten Nachahmungsfähigkeit.
17.
,, Nein!" sagte Antonio, ruhiger geworden ,,, es war ganz bestimmt nicht meine Absicht, Conzalo zu töten. Er hätte mich genau so gut treffen können. Glauber Sie mir doch, oh, amigo mio! Ich bin nicht schuld an seinem Tode."
Ich weiß, Antonio. Es fonnte Sie treffen. Es fann Sie heute abend noch treffen. Es ist der Busch, der uns alle am Kragen hat und mit uns macht, was er will."
,, Ja!" sagte er ,,, Sie haben recht, Gale, es ist der Busch. hier in der Stadt wären wir auf so eine verrückte Idee gar nicht verfallen. Aber da singt der Busch die ganze Nacht, da schreit ein Fasan seinen Todesschrei, wenn er gepackt wird, da heult der Cougar auf seinem Mordwege. Alles ist Blut, alles ist Kampf. Im Busch sind die Zähne, bei uns sind es die Messer. Aber es war nur Scherz, nur der reine Spaß. Wirklich nur Spaß. Nichts weiter.
Ob es nun die Würfel sind, oder die Karten, oder das Rädchen, oder die Messer! Rädchen, oder die Messer! Wir hatten feiner so viel Geld übrig nach fiebenwöchiger Arbeit wie mir brauchten, um aus dieser verlassenen Gegend fortzukommen und mas anderes aufzusuchen.
Wir hatten ziemlich gleich viel Geld. Gonzalo hatte etwas über zwanzig Pesos, ich hatte fünfundzwanzig. Es war am Sonntag abend. Montag früh wollten wir gehen.
Abraham war schon ein paar Tage fort, auch Charly war gegangen. Sie waren auch nicht mehr da. Wir waren nur noch brei, Gonzalo, Sam und ich.
Wir zählten unser Geld auf dem Erdboden. Wir hatten jeder Goldstücke, das Kleine in Silber.
Und als das Geld nun da vor uns auf dem Erdboden lag, kaum zu sehen bei dem Schein unseres Feuers, da fing Gonzalo an zu fluchen.
( Fortfegung folgt.)