in die Inflation fallenden Zeitpunkt als entscheidend an- sehen. Man wird besonders berücksichtigen müssen, daß die stärkste Markentwertung erst im Oktober und November 1923 eintrat, und daß infolgedessen auch gerade in diese Monate, teilweise auch noch in die spätere Zeit, die größte Zahl der Teucrungsunruhen fällt, daß also gerade diejenigen Delikte von der Amnestie ausgenommen fein würden, die ihrer am ehesten bedürfen. Anscheinend dient der 1. Oktober 1923 nur dazu, um die zahlreichen Fälle der Vorbereitung des choch� verrats, wegen welcher gegen Mitglieder der Konununisri- fchen Partei Verfahren schweben, von der Amnestie aus- nehmen zu können. Diese Tendenz ist unverkennbar. Wir aber können die Hand nicht bieten, daß eine so einseitige Vorlage Gesetz wird. Denn die Wirkung der von der Re- gicrung vorgeschlagenen Amnestie wäre mit Sicherheit die Außerversolgsetzung der Führer des Kapp-Putsches , der Mit- glieder der Organisation Consul und ähnlicher Organisatio- nen, die ganze Amnestie also vor allem ein Geschenk an die Rechtsradikalen, in deren Reihen dann kaum noch Verfolgte zu finden sein werden, und auf der anderen Seite die Fortsetzung der Strafverfolgung gegen viele Links- radikale. Dieses Ergebnis ist um so unbefriedigender, als die ganze Härte der Strafverfolgung und Bestrafung ohne- die? nur die Linksradikalen getroffen hat, die aber im Jahre 1923 höchstens einen Putsch vorbereitet, während die Rechtsradikalen einen solchen im Jahre 1929 und in Bayern auch 1923 mit einem gewissen Exfolg durchgeführt haben. ls e d e Befristung ist außerdem unbelriedigend, weil sie zur Amnestie nicht alle bis zur Amnestie begangenen Hand- lungen betrifft, das Wesen einer wirklichen Amnestie aber darin besteht, eine allgemeine Befriedung wegen der in der Vergangenheit liegenden Handlungen herbeizuführen. Bedenkt man schließlich, daß gegenüber den Sepora- listen, wenn auch gezwungen durch die Entente, eine um- fassende Amnestie ergangen ist, so würde es geradezu im- erträglich sein, wenn die Linksradikalen weiter ihre Strafe bis zum letzten Tage verbüßen müßten. Gerade die Am- ncstierung vieler Separatisten, die sich lxitten kaufen lassen und dann a's angeblich politische Gefangene freigelassen wurden, nötigt geradezu, niemand schlechter zu behandeln als jenes Gesindel. Bei dieser Sachlage wird die Sozialdemokratische Partei alles aufbieten, damit schnell und umfassend die von uns seit Iahren geforderte und in allen Strafanstalten sehnsüchtig erwartete Amnestie beschlossen wird. Aus dem Hindenburg - Vorschlag einer„Amnestie" muß eine wirkliche Am- nestie gemacht werden. Mit den unverständlich gebliebe- nen Urteilen einer krassen Partei- und Klassenjustiz muh endlich und gründlich aufgeräumt werden.
fiUc Jrauen mit der Linken! Ein denkwürdiger Abstimmungskampf im Reichstag. Es kommt nicht oft vor, daß die Frauen des Reichstags in gemeinsamer Linie marschieren, und es muß schon ein Frauenrecht sebr brutal mit Füßen getreten werden, bis die Frauen der bürgerlichen Parteien den Mut gewinnen, gegen ihre Fraktionskollegen öffentlich aufzutreten. Im Reichstag stand gestern wieder einmal die Per- l o n a l a b b a u v e r o r d n u n g auf der Tagesordnung. Die Hauptdebatte drehte sich um die oielumstrittene Frage des allgemeinen Abbaues der verheirateten Be- a m t i n. Die Sozialdemokraten hatten den Antrag ge- stellt, den Artikel 14 der Abbauverordnung zu streichen und damit die verfassungsmäßigen Rechie der Beamtinnen wieder herzustellen. Genossin Nemitz begründete in einer aus- gezeichneten Rede den Antrag. Inzwischen konnte man sehen, wie die bürgerlichen Frauen versuchten, noch im letzten Augenblick möglichst viele ihrer Fraktionskollegen für den sozialdemokratischen Antrag zu gewinnen. Und«s muß auch einige weiße Raben unter ihnen gegeben haben. Der
Stockholmer Silöer. Don L. Loeske. Stunde um Stunde durch das flache, fruchtbare Schonen, die Kornkammer Schwedens . Weite Ebenen, Bauernhäuser, Villen. Fast olle rotbraun, mit weißen Cinsassunoen abgesetzt, wie überall in Schweden . Hier und da Buchenhorste. Dann schwindet die Buche, und die nordische Nadelholzzone setzt ein. Stunde um Stunde. Bis sich aus Seen, Mooren, endlosen Fichtenwäldern auf welligem bis hügeligem Gelände und aus grauem Granit die eigenartige Land- schaft des mittleren Schwedens entwickelt. Ueberall durchbrechen diese grauen Granitbuckel wie riesige Elcfantenrücken den Boden. bald einzeln, bald herdcnweise, Zeugen der Eiszeit, deren Gletscher dies«„Rundhöcker">Landschast herausgeschliffen haben. Noch ein Tunnel, der längste von allen. Dann plötzlich Großstadthäuser, eine Bucht des Mälarsees mit zahlreichen sonntagsbereiten Ruderbooten. Blicke auf die Altstadt, aus das Schloß, auf das neue Stadthaus— Stockholm ! Ich werde nicht wiederholen, was unzählige Male über die wundervolle Lage Stockholms schon geschrieben worden ist, und was man in jedem Führer nachlesen kann. Wer aber das sehr geschäftige Leben und Treiben, die Architektur und die Lage, kurz, die Stimmung dieser Halbmillionenstadt wirtlich in sich aufnehmen will, der ver- laufe sich einmal gründlich in den Straßen und Anlagen, über Brücken und Kais. In der altstraßigen Altstadt neben und hinter dem Schloß, mit noch engeren Seitengäßchen und sehr alten Archi- tekturresien. lieber Brücken, unter denen der Norrström das Süß- wasier des Mälarsees mit der Salzsee verbindet. Mit dem Aufzug (Katarina Hissen) zu einem prächtigen Ausblick über das ganze, aus Alltags, und Prachtgebäuden, aus Wasser, Villen, Wald und Fels wundersam ineinander verwebte Panorama. Dann am User zurück (Skeppsbron) und in die Hauptstraßen des nördlichen Stadtteils (Drottnings- und Regeringsgatan). Oder zum Abschluß in den ..Goldenen Frieden"(„Den' gyllene Breden"). Ein sehr altes Kellergewölbe, ohne Tageslicht, mit Kerzen auf den Tischen und .�'llnerinnen in oltschwedischer Tracht. Hier kann man Einheimische ülih- Fremde auf gut schwedisch tafeln sehen und mehr vorgesetzt be- kommen, als man zu schaffen imstande ist. In den Räumen darüber kann man sich die Zimmer zeigen lassen, wo der schwedische Volks- dichter Bellman hauste und seine Trink- und Liebesliedcr dichtete. Ihm zu Ehren wird noch immer im Juli alljährlich ein Volksfest gefeiert. Es scheint, daß wir in Deutschland keinen Dichter von solcher Volkstümlichkeit besitzen. Ai'ch der Fremde gewinnt den Eindruck, daß diese Stadt mit ihrem großstädtischen Verkehr, ihren rasendem Autos und Motor- rädern(Pferde sieht man noch weniger als in Berlin , selbst die Landleute automobilen ihre Produkte zur Stadt) und ihren glän- zenden Neubauten einer neuen Blüte entgegengeht. Da sind die beiden Königstürmc. der eine noch nicht völlig vollendet, die ersten Stock- holmer Wolkenkratzer, die über einer Straßenüberwölbung macht- voll aufsogen. Da ist vor allem aber dos erst vor zwei Iahren voll- endete neue Stadtbauo(Stadshuset), dos sich die Stockholmer 17 Mil- [innen Kronen haben kosten lassen, mit seinem trotzigen, vierkantigen
Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit einer Stimme Mehrheit— 130 gegen 179— angenommen. Dafür stimmten alle Frauen des Reichstags! Als aber dann Frau T e u s ch vom Zentrum und Frau M e n d e von der Volkspartei die von ihnen eingebrachten Ent- schließungen begründeten, begann im Saale ein skandalöser Lärm. Ostentativ verließen zahlreiche Abgeordnete der Re- gierungsparteien den Saal. Von guter Erziehung und Ritterlichkeit, von der man sonst in diesen Kreisen soviel Aufhebens macht, war wenig zu merken. Den guten Ar- gumenten der Rednerinnen war damit freilich kein Leid geschehen. Aber die W ä h l e r in n e n der bürgerlichen Par- teren auf den Tribünen waren sehr verwundert und empört über die Art, wie die weiblichen Abgeordneten von ihren bürgerlichen Kollegen behandelt wurden. Sie wären weniger verwundert gewesen, wenn sie politisch genug unterrichtet gewesen wären, um zu misten, daß alle Frauen- rechte gegen bürgerlichen Widerstand von der Sozialdemokratie erobert worden sind.
Der preis für öen lVoffenftillstanö. Zollzugeständnisse au die Agrarier? Die„Deutsche Tageszeitung" veröffentlicht an hervorgehobener Stelle eine Meldung über die Kompromiß- Verhandlungen der Zollparteien. Es heißt dort: .In der Presse wird der Sturmlauf gegen die M i n d« st z ö l l e der Regierungsvorlage fortgesetzt: wobei man auch weiterhin die Taktik verfolgt, planmäßig mit Gerüchten über Kompromiß- Verhandlungen zu arbeiten, die auf irgendein Abhandeln von den Min de st zollen auf Getreide hinausliefen. Diese Gerüchte sind, wie nochmals festgestellt fei, durchweg frei er- f u n d c n. Naturgemäß entzieht sich der genauere InHall von Be- sprechungen, wie sie letzthin in dieser Frage stattgesimden haben und auch weiterhin stattfinden dürfen, der öffentlichen Behandlung. So- viel kann aber gesagt werden, daß es sich nicht um einen Ab- bau, sondern nur um eine Verbesserung der Regie- rungsvorlagc i n der Richtung der bekannten Wün- ich« derLandwirtschaft handeln kann und handelt: namentlich um einen besseren Schutz der bäuerlichen Intressen. Nur in diesem Sinne kann also auch der leicht mißverständliche Be- griff eines„Kompromisses" in der Frage der landwirtschaftlichen Zölle verstanden werden." Was die„Deutsche Tageszeitung" unter Ver- besterung der Regierungsvorlage in der Richtung der Wünsche der Landwirtschaft versteht, weiß man: die Agrarzölle sind dem Landbund nicht lückenlos und nicht hoch genug. Wenn das Zollkompromiß der Regierungsparteien sich auf dieser Linie bewegt, so entsteht die Frage: wo ist die Gegenleistung? Wollen die Regierungsparteien. Deutsche Volksxartei und Zentrum, den Waffen still- st a n d, den die Deutschnationalen Herrn Stresemann in der Frage der Außenpolitik bewilligt haben, mit ver» stärktem Brotwucher bezahlen? Uebereinftimmung über Sie Antwortnote. Amtlich wird mllgeteilt: Bei der gestern nachmillag in der Reichs- kanzlei abgehaltenen Besprechung der Reichsregierung mit den Staats- und Ministerpräsidenten der Länder wurde auf Grund der Aussprache, die sich an die Darlegungen des Reichskanzlers und des Reichsministers des Auswärtigen anschloß, eine allgemeine Zustimmung zu dem Inhalt der deutschen Antwortnote zur Sicherheitsfrage festgestellt. Die Ursachen öes Aufammenbruchs. Ludendorss verweigert die Auskunft. Der Untersuchungsausschuß über die Ursachen des Zusammen- bruchs überreichte am Freitag unter einer längeren Erklärung im Reichstag die vor einiger Zeit angekündigten drei Bände der Akten des 4. Untersuchungsausschusses, der sich in erster Linie mit den militärischen Gründen des Zusammenbruchs zu befassen hatte.
Turm und dem vergoldeten Säulenaussatz: ein Gebäude, das bereits berühmt geworden ist. Es liegt weithin sichtbar an einer Landecke des Mälars. Zwischen ihm und dem Wasser ein Blumengarten. blitzsauber, wie alles in Schweden . Und hier stehen unter freiem Himmel eine Anzahl berühmter schwedischer Künstler und Dichter aus Marmor. Die Gewandung fehlt. Man denkt an ähnliche Versuche, die anderwärts mit Großen des Geistes(Balzac , Beethoven ) vorgenommen worden sind. Aber hier ist man noch«inen Schritt weiter gegangen, den letzten, der noch möglich war. Denn der Mar- mor hat nicht einmal mehr zu Feigenblättern gereicht. Was hätte der hier gänzlich enthüllte Strindberg wohl zu Lebzeiten zu einer solchen Verewigung gesagt? Eine Doktorfrage. Tatsach« tst. daß diese Statuen auch in dem gesunden, wenig prüden Schweden eine .Kontroverse ausgelöst haben. Es jjibt dort Leute, die der Meinung sind, daß Künstler und Dichter mit ihrem Kopfe produzieren, und daß man sich auf die charakteristische Herausarbeitung dieses Körper- teils hätte beschränken sollen.— An einer Uferstraße gegenüber dem Schloß, am Blasiiholm Hamnen, liegt ständig eine lange Reih« schmuckweißer, ausfahrt- bereiter Dampfer. Um einen Einblick in die Schärenwelt zu be- kommen, fuhr ich. für eine Krone, nach der Insel Baxholm. Die Fahrt dauert anderthalb Stunden. Bei Sonnenschein tst sie ein Erlebnis. Wenn Stockholm verschwunden ist, wird man eine Weile an eine Havelseefahrt bei Potsdam erinnert. Aber die ernsten Fichten und der graue Fels verändern bald das Bild. Und dann weitet sich der See, um immer häufiger in granitnmrandete Inseln zu versteinern, in jene Inseln, die noch etwas weiter draußen zu Hunderten die Fluten sprenkeln. Und während Schiffe und Boote aller Gattungen das Wasser und Möoen die Lust beleben, ver- schiebt sich unaufhörlich ein Panorama, das das Auge bannt.— Stockholm liegt nah« dem 69. Breitengrade— aber es ist noch weit vom hier zum Polarkreise. Bis zu diesem, wo das Reich der Mitternachtssonne beginnt, hat man noch 39 Stunden mit dem Norderpreß zurückzulegen. Aber der Norden macht sich auch in Stockholm schon geltend. Die warmen Jahreszeiten sind kürzer, Frühling und Sommer verschmelzen miteinander. Ich fuhr aus märkischem Sommer in den schwedischen Frühling hinein. Denn hier blühten, Anfang Juni, die Obstbäume, zugleich mll Flieder und Kastanien, und die Gärten und Anlagen Stockholms und seine weit hinaus villengeschmückte und flaggenfrohe Umgebung prangte in allen Farben. Dazu die sommerhellen Nächte und die langen Tage, die kaum ein Ende nahmen und dann bald wieder von vorn an- fingen.... Es war am Vorabend des Mittsommerfestes, das in ganz Schweden als Volksfeiertag festlich begangen wird, als ich heim fuhr. An den Stationen hier und da hohe Masten, oben in Kreuz- form und mit Girlanden geschmückt— da« Wahrzeichen dieser Feier. Und als ich heimkam, war die Jahreszeit der schwedischen Feier. Und als i chheimkam, war die Jahreszeit der schaiedifchen um ein paar Wochen voraus. Die Linden blühten, und ein Traum lag hinter mir.
Olv ergiebige, Sall-Phosphatlager wurde In Südafrika entdeckt. Es bat eine Ausdebnung von rund sieben OuadratmeUen und wird auf einen Äcsamlinhall an Kali-PhoZphat von ca. sieben Millionen Tonnen geschützt.
Abgeordneter Philipp betonte, daß da««ndgilttige, abschließend« Gutachten irgendwelche kriminelle Straftaten der in Frage kommen- den milttärischen Führer verneine, daß jedoch über die moralische und historische Schuld der militärischen Führung keine Einigung zu erzielen war, da ein Minderheit, die Abgeordneten Eichhorn, Dittmann, Dr. Moses und Dr. Quesiel, die Heerführer Hindenburg und Ludendorff durch die Gutachten der Sachverständigen schwer belastet erklären. Großes Aufsehen erregte die Mitteilung des Abg. Philipp, daß General Ludendorfs es abgelehnt habe, auf den offi- ziellen Antrag des Ausschusses zu desien Gutachten Stellung zu nehmen, so daß der einstige Ehes der Opera- tionsabteilung im letzten Kriegsjahr, General Wetzell, den Luden- dorss 1918 kurz vor dem Zusammenbruch als Sündenbock aus der Operationsabteilung davongejagt hatte, sein fachmännisches Urteil abgeben mußte. Das Endurtell dieser Enquete ist ein Freispruch geworden— wegen der Stimmenmehrheit der bürgerlichen Mitglieder des parla- mentarischen Ausschusses— weiß Gott aber nicht wegen»mangeln- der Beweise". Was Hans Delbrück darin über Ludendorff schreibt. wird auch den deutschnationalen Lesern zu denken geben. Auch der militärisch« Kronzeuge des Ausschusses, General v. Kühl, belastet in dem Werk Hindenburg und Ludendorss aufs schwerste, wenn er es heute auch bestreitet. Wer ist General v. Kühl? Er war der Stabschef des Generals v. Kluck, des Flügelführers des deutschen Westbeeres bei seinem Bormarsch im Jahre 1914 und ist mit verantwortlich dafür, daß die erste Arme«(nach dem Zeugnis des offiziellen deutschen Generalstabswerkes) in der„großen Grenzschlacht im Westen" durch die ungünstige Staffelung der Reserven einen kriegsentscheidenden Erfolg nicht mehr anbahnen konnte, er ist mitverantwortlich, daß die 1. Armee an Paris vorbeischoß, ohne sich in das von der Obersten Heeresleitung befohlene„Stasseloerhältnis" zur deutschen Heeresfront zu setzen und dadurch die Idee der Marne - schlacht in Köpfen Gallienis und Iofsres entzündete im Augenblick der eigentlichen Entscheidung im großen Krieg. Er ist der Leit- artitler der deutschnationalen„Berliner Börsenzeitung", der im Hindcnburg-Wahlkampf es für nötig hielt, seinem einstigen Dienst- vorgesetzten die Feldherrngenialität pflichtschuldigst zu bestätigen—- kurz, der Mann ist belastet im Urteil des schaffenden Volkes, wie kaum ein anderer Bertreter der kaiserlichen Armee. Auch dieses dreibändige Werk über den Zusammenbruch wird die Schuld der deutschen milttärischen Führung nicht auslöschen können, die durch ihr Drängen zur Mobilmachung ein gut Teil bei- getragen hat zur Erplosion des großen Krieges— und dann durch das Beharren auf die Offensive 1918, die zwei Millionen Menschen mehr zur Strecke brachte, als nötig war, um die Unniöglichkeit eines deutschen Sieges gegen die Uebermacht der Entente zu dokumentieren. ßememorö und Geheimjuftiz. Hochverräterische Anschläge.— t7 Morde geplant. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat im Reichstag folgende Kleine Anfrage eingebracht: Nach Zeltungsmeldungen hat das Schwurgericht in Schwerin am 14. Juli 1923 vier Mitglieder völkischer Verbände, die Arbeiter Netsen und Kalla, den Landwirt Lieska und den Oberleutnoitt a. D. Schöler wegen Mordes bzw. Anstiftung zum Morde zum Tode und zu dauerndem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Die Verhandlung hat unter völligem Ausschluß der Oeffentlichkeit stattgefunden. Selbst den nächsten Angehörigen des Ermordeten ist ihre Bitte um Zulassung abgeschlagen worden. Den an der Verhandlung beteiligten Personen hat das Gericht die Verpflichtung zur Verschwiegenheit auferlegt. Sicherem Vernehmen nach sind in der Haupwerhandlung höchst gefährlich« hochverräierische Unternehmungen gegen die Beifassung der deutschen Republik aufgedeckt worden. Es verlautet auch, daß die Angeklagten und ihre Hintermänner die Ermordung von 17 per- sonen geplant haben. Erkennt der Herr Reichskanzler an, daß die Oeffenttichkeit ein Anrecht darauf hat, über die Feststellungen des Schwurgerichts Schwerin unterrichtet zu werden, und ist er bereit, dem Reichstage den dem Urteil zugrunde liegenden Tatbestand bekannt- zugeben?
Die freien Serufe und das SetriebsvermSgen. Im Münchener Künstlerhaus fand am 13. Juli eine Protest- Versammlung der freien Berufe statt. Starker Besuch, Reden von Vertretern aller freien geistigen Berufe machten die Versammlung eindrucksvoll. Im Vordergrund des Protestes stand die Bestimmung des Bewertungsgesetzes, welche die zur Ausübung eines freien Berufs dienenden Einrichtungen und Gegenstände zum„Betriebsvermögen" erklärt. Die Abstempelung geistiger, wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit als„Betrieb", die man als letzte logische Folgerung kapita- listifcher Wirtschaft und Kultur verständlich finden kann, geht selbst den sonst ganz kapitalistisch eingestellten Parteien zu weit. Die Regierung ober hält zäh an ihrem Entwurf fest und die Ent- scheidung ist für die Entwicklung unseres öffentlichen Leben» von grundsätzlicher Wichtigkeit. Die Negierungsau fassung bedeutet, daß zur Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen nur die Beamten berufen sind. Die Bibliothek des Be- mitten soll„Sonstiges", die des freien Schriftstellers. Betrieb". vermögen sein, d. b. der Staat kennt eine berufliche Betätigung des nicht beamteten Bürgers ausschließlich unter dem Gesichtspunkt. daß sie auf„Erwerb", also auf die größere oder geringere Fähigkeit zum Steuerzahlen gerichtet ist. Da nun der Staat dunti seine Finanzpolitik die Angehörigen der freien Berufe arg in Mitleiden- schaft gezogen hat, während er den Beamten gegenüber seine Per- psuchtungen voll onertennt, io ist eine ziemlich gereizte Stiniinunq da und es�wird nicht ohne Interesse sein zu beobachten, wie weit i» dieser Frage die Regierungsparteien den Tendezen der Re» gierung Widersrand leisten werden. Das Grundsätzliche in der Frage ist jedenfalls viel bedeutungsvoller als das Finau.iclle: die lehr seltenen Großoerdiener unter den freien Berufen spielen für den Reichxhaiisholt absolut keine Rolle und die Konzession der Regierung, das„Betriebsvermögen" der freien Berufe bis zu einem bestimmten Betrag frei zu lassen, ändert auch nicht? an der grund- sätzli hen Bedeutung d-r Frage, in der die freien Beruro auch die Sympathien der Sozialdemokratie aus ihrer Seite wissen. Da» Gasthausschild. In Brunberg in Tirol— so wird in „Rerlams Universum" erzählt— war ein alter malerischer Gasthof, der hatte eine Tür und vier Fenster. Heber der Tür befand sich das Gasthausfchild, eine Tafel mit der Aufschrist:„Zu den Heiligen Drei Königen. Und zwischen den vier Fenstern hing nun auf jedem Pfeiler einer der drei Könige, säuberlich mtt Oelfarbe auf eine Holz- tasel gemalt und ausgeschnitten. Da wurde in einer Nacht der heilige Kaspar gestohlen. Dem Wirt war es zu teuer, sich ein peues Bild malen zu lassen, und so begnügte er suh damst, das Gasthaus- schild zu ändern. Jetzt steht auf der Tafel über der Tür zu lesen: Kranhofers Gasthaus zu den zwei hettigsn drei Königen." vie erste deulsche radisdramalische llrimstübrung..©put-, ein, Gespenster- lonate in S SStzeu von Rott Gunold cdem Autor ürt ersten deutschen Funk. dramaS.Bcllmzona') ist von der Schlesijchen FunlfMnde in Breslau «worden worden. v.e ErschNchung der Sahara als Preisansgabe. Die Pariser �eaäöwi« <3«s soience coloniales setzt einen Preis von 12 000 ZtzraneS tör ein« Arbeit aus, die eine allgemeine, aus weile Sicht angelegte WirtschallSpolilit in der Sahara zum Gegenstand hoben soll. Die Bearbeilungeu lollen bis zum t. Oktober lS?g eingereicht werden.