Ferien gehen. Wir werden fie nach den Ferlen na den! handelspolitischen Erfolgen fragen, die sie mit Hilfe dieser Gesetzgebung bis zum Wiederzusammentritt des Reichstages im Interesse des Volkes davongetragen haben werden. Wir werden uns im Herbst wiedersprechen. Und wir werden sie fragen: Wo sind eure Siege?
Wir wissen es heute schon: sie werden Siege zu verzeichnen haben. Keine handelspolitischen Siege freilich im Interesse der deutschen wirtschaftlichen Zukunft, sondern Siege nur gegen das eigene Bolt!
Der Verlauf der Sihung.
Im Reichstag herrscht heute geschäftiges Getriebe. Bei den Mitgliedern der Rechtsparteien sieht man besorgte Gesichter: wird man es heute schaffen. Die Tagesordnung sieht beängstigend aus. Zwölf Punkte, darunter eine Reihe außerordentlich wichtiger Angelegenheiten. Dazu soll noch nach dem Wunsche der Rechtsparteien der Regierung die Ermächtigung erteilt werden, ein deutsch französisches Abkommen über das Saarrevier zu ratifizieren. Zunächst tagt der Aeltestenausschuß, so daß sich der Beginn der Sigung bis gegen% 411 Uhr verzögert. Als Präsident Lobe die Sigung eröffnet, find die Plätze der Sozialdemokraten leer. Nur die Fraktionsvorsitzenden Müller- Franken und Dittmann sind erschienen. Eine Anzahl Abgeordneter haben noch in letzter Stunde um längeren Krankheitsurlaub nachgesucht, der, wie üblich, bewilligt wird. Man soll also nicht sagen, daß die Reichstagsabgeordneten pflichtvergessen wären! Der parlamentarische Untersuchungsausschuß über die Zustände in der Branntwein monopolverwaltung wird auf Vorschlag des Präsidenten mit 21 Abgeordneten besetzt. Die kommunistische Fraktion verlangt, daß als erjler Bunft der Tagesordnung eine Interpellation behandelt merden solle, die sich mit Vorgängen in Essen bei der Veranstal tung einer fommunistischen Rundgebung befaßt. Das wird abgelehnt, ebenso die sofortige Behandlung des Antrages, den Reichstagsangestellten eine Sonderzulage zu gewähren. Gegen den Versuch der Regierungsparteien, der Regierung die Ermächtigung zum Abschluß eines Saarabkommens zu geben, erhebt Genosse Müller Franken Widerspruch. Es handle sich hierbei zweifellos um ein verfassunggebendes Gesez, in der gegenwärtigen Situation sehe sich die Sozialdemokratie nicht in der Lage, der Regierung eine solche Ermächtigung zu erteilen. Die fozialdemokratische Fraktion verkenne nicht die Gründe, die zur Einbringung dieses Antrages geführt hätten, es sei aber die Schuld der Regierung, daß diese Frage bisher verschleppt worden sei. Die Regierung habe es schon längst in der Hand gehabt, in ordnungsgemäßer Weise ein Gesetz vor den Reichstag zu bringen. Die Sozialdemokratie erhebe deshalb dagegen Widerspruch, daß diese Ermächtigung auf die Tagesordnung gesetzt werde.
Die kommunistischen Beschwerden über die in der vorigen Sigung vorgenommenen Ausweisungen werden von den Rechtsparteien abgelehnt. Präsident 2öbe teilt mit, daß er den Polizeipräsidenten gebeten habe, eine Untersuchung über die von dem Abg. Schütz vorgebrachte Beschwerde über feine Behandlung durch kriminalbeamte porzu
nehmen.
Als dann mit der
dritten Lesung der Zollvorlage begonnen wird, verlassen auch die sozialdemokratischen Abgeord neten Müller- Franken und Dittmann den Saal, so daß fein Sozialdemokrat mehr an der Sigung teilnimmt. Die Redezeit für die gesamte dritte Beratung ist auf eine Stunde für jede Frattion beschränkt worden. Dieser neue Gewaltatt der Rechtsparteien war unnötig, da die Sozialdemokraten sich nach ihrer Ankündigung vom Montag an der weiteren Beratung der Zollvorlage, die in Wirklichkeit nur noch eine Komödie ist, gar nicht mehr beteiligen und die beiden anderen Oppofitionsparteien sich auf Erklärun gen beschränken. Die von Koenen porgelesen wird, ist unendlich lang, fein Mensch auf der Rechten hört zu. Die Erklärung behandelt erst die Steuergeseze, dann den 3olltarif und schließlich wird darin heftig gegen die Sozialdemokratie und die Ge mertidhaften polemisiert. Die Kommunisten verlassen darauf gleichfalls den Saal.
Abg. Dr. Meyer- Berlin erklärt für die Demokraten, daß die Mehrheit bei der zweiten Beratung ein Verfahren angewandt habe, das erhebliche
Zweifel an der Rechtsgültigkeit dieses Gesetzes rechtfertige. Die Demofraten fönnten die Verantwortung dafür nicht mit übernehmen, sie würden sich deshalb an den Abstimmungen nicht beteiligen.
Die fremde Genoffin.
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Von Knulp.
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Sie war aus Ostpreußen gekommen und auf der letzten Fahrt 14 Stunden unterwegs gewesen. Eine ganze Nacht hindurch war sie gefahren in dem stuckernden, überfüllten Wagen der vierten Klasse. Sie mußte den Tag über in Berlin bleiben und am Abend wieder die Nacht hindurch zum Tag der Arbeiterjugend. Sie war müde. Aber ihre Augen glänzten. Vor dem Gebäude des„ Borwärts" hatte ich sie getroffen. Ganz allein und ratlos stand fie vor deffen Toren. Ein Blick auf ihr Kleid und das Abzeichen, das sie auf der Brust trug, genügte, um zu wissen, wer vor mir stand. Ich sprach sie an. Und sie erzählte mir alles. Mit 25 Genossen, Burschen und Mädchen, war sie hergefahren. Auf dem Wege vom Bahnhof zum Jugendheim hatte sie ihre Reisegefährten verloren. Ganz plöglich. Am Abend würde sie alle wiederfinden, denn fie mußten alle auf einen Fahrschein mit demselben Zuge nach Hamburg . Aber jegt- jezt war fie ganz allein in der großen Stadt. Im Jugendsekretariat war sie schon gewesen und dort hatte man ihr einen großen Schlüssel gegeben, mit dem sie das Jugendheim aufschließen sollte, um dort auf ihre Gefährten zu warten. Bis zum Abend. Kein Berliner Genosse war da, der sie durch die Stadt führen konnte. Sie arbeiteten alle noch am
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Bormittag. Und sie wollte doch die Stadt so gern sehen die große Stadt Berlin . Und da war sie flugs vor das Tor gelaufen und hat hineingeftaunt in das Leben und Treiben auf der Straße und hat es taum begriffen und hat nicht mehr den Mut gefunden allein weiter hineinzugehen in die schäumenden Wirbel vor ihr. Bis ich fie traf. Und weil ich Glücklicher Zeit hatte, habe ich mich ihr als Führer angeboten. Und ein Handschlag, zart und fest wie der Flügelschlag einer Taube, hat unsere fleine Freundschaft besiegelt. Ich habe ein Wunder erlebt an der fleinen, fremden Genoffin. Ich habe sie beneidet um ihre Herkunft- um ihre Heimat. Aus einem kleinen Dorf, das einsam zwischen großen Seen, mächtigen Wäldern und unendlichen Feldern liegt, war sie hergekommen in die große Stadt und ihr kleines Herz konnte nicht die Gewalt der Eindrücke bergen, die vor ihr aufstanden. Ihre braunen, glänzenden Augen sahen alles zum ersten wunderliches Menschenfindchen! Die großen Häuser, die Autobusse, die Straßenbahn, die Hochbahn , der brandende Verkehr auf dem Potsdamer Platz alles, alles sah sie zum ersten Male! Und zum ersten Male fuhr sie mit mir Straßenbahn, Autobus und Hochbahn . Und während sie staunend in dem jagenden Wagen saß oder neben mir durch die lärmenden Straßen schritt, mußte ich sie immer und immer wieder ansehen. Ich sah auf ihr braunes Haar, aus deffen Flechten eine rote Berifette leuchtete, sah auf ihr leichtes Schreiten und fah ihre Heimat mit den großen Wäldern, den leuchtenden Seen, den wartenden Mühlen auf den Hügeln und den weiten Feldern, über die der Wind der Freiheit sprang. Die fremde fleine Genoffin ahnte nicht, daß neben ihr ein Sehnender schritt.
Male
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Innerhalb weniger Minuten wird darauf von dem gefchloffenen Block der Rechtsparteien die ganze Zollvorlage in dritter Lesung an genommen. Präsident Löbe macht darauf aufmerksam, daß es zweifelhaft sei, ob die Ermächtigungsbestimmungen verfaffungsmäßig zustande gekommen seien. Abg. SchultzBromberg( Dnat.) erklärt, daß bei dem Fehlen der Sozialdemokraten selbstverständlich eine für Berfassungsänderungen notwendige Zwei brittelmehrheit nicht vorhanden sei.
Handelsabkommen.
Abg. Dr. Rofenberg( Romm.) erffart, felne Freunde würden trotz allerschwersten Bedenken dem Vertrag zustimmen. Sie hätten freilich gewünscht, daß die Aufhebung der unerhörten Ausnahme behandlung der Deutschen in den belgischen Kolonien als Be dingung in den Bertrag aufgenommen würde.
Der völkische Abg. v. Graefe richtet heftige Angriffe gegen die Rechtsparteien und gegen die Regierung. Die Deutschnationalen leisten Dr. Stresemann auch hier noch Gefolgschaft, wo
zugunsten des Portemonnaieftandpunktes der Standpunkt deutscher Ehre verlaffen werde.
Die gegenwärtige Regierung lasse bewußt das deutsche Volk in Schande stürzen. Für diesen Ausspruch wird er zur Ordnung ge Reichsaußenminister Dr. Stresemann wendet sich gegen die völlischen Angriffe. Die Aufnahme von Bestimmungen über die Behandlung der Deutschen in den belgischen Kolonien sei von der belgischen Delegation deshalb abgelehnt worden, weil das ihre Befugnisse überschreite. Das Abkommen gelte vorläufig auf z we i Jahre und es handle sich doch darum, daß wir schrittweise die Ausnahmebehandlung abbauen, der wir seit dem Weltkrieg in vielen Ländern ausgesetzt waren.
Die fozialdemokratische und kommunistische Fraftion tehren nach Erledigung der 3ollvorlage wieder in den Saal zurück. Es werden dann ohne Debatte in zweiter und dritter Berufen. ratung angenommen: der deutsch schwedische und der deutsch - finnische Schiedsgerichts- und Bergleichsvertrag; das vorläufige Handelsabkommen mit Griechenland ; ein Abkommen mit Norwegen wegen der Einführung eines Vertragszollsages für norwegische Delfonserven. Bei der zweiten Beratung des Handelsvertrags mit den Vereinigten Staaten von Amerika betont der Berichterstatter Dr. Lejeune- Jung( Dnat.), daß dieser Vertrag der erste sei, den die Vereinigten Staaten auf Grund der allgemeinen Meiftbegünstigung mit einer fremden Macht abschließen. Leider habe der amerikanische Senat noch Vorbehalte in bezug auf die Seeschiffahrt gemacht. Es liege sowohl im Interesse der amerikanischen wie der deutschen Wirtschaft, die Bollpolitik der Bereinigten Staaten so zu ändern, daß die deutsche Handelsbilanz im Vertchr mit den Bereinigten Staaten attiv werde. Fraglich sei es, ob die Bolipolitik der Bereinigten Staaten mit den wirtschaft lichen Grundsäßen des Dawes Planes im Einklang ftande. Der Vertrag wird in zweiter und dritter Lesung ohne Ausfprode angenommen.
Für die zweite Beratung des Handelsabkommens mit der b el. gish luremburgischen Wirtschaftsunion hat der Ausschuß eine Entschließung vorgelegt. der die Regierung ersucht, mit Belgien nochmals in Verhandlungen wegen Beseitigung aller für Deutsche in den belgischen Kolonien bestehenden Beschränkungen einzutreten.
Abg. Toni Sender ( Soz.) spricht die Befriedigung der sozial demokratischen Fraktion darüber aus, daß Deutschland einen Handelsvertrag mit Belgien abschließt. Unsere Befürchtungen bei den Berhandlungen über den 3olltarif sind bei diesem Bertrag bestätigt worden.
Der Zolltarif sollte nach der Behauptung seiner Anhänger in die Zollmauern des Auslandes, deren Aufrechterhaltung auch wir für furzsichtig halten, Bresche legen. Der vorliegende Ber trag zeigt aber, daß die vereinbarten Säge fehr nahe an den neuen autonomen Säßen des deutschen Zolltarifes liegen und die Borkriegsvertragsfäße um ein Bielfaches übersteigen. Die Zollpolitif der Regierung führt also dazu, daß
der Hochschutzzoll stabilisiert und die deutsche Wirtschaft damit belastet wird. Der Hinweis darauf, daß die anderen hohe Zölle haben, ift zollmauer zu umgeben. Bestärkt wird man in dieser Auffassung nur ein Vorwand dafür, um Deutschland mit einer Hochschuß durch die Art der Behandlung der Handelsverträge im Ausschuß. Dort traten die Bertreter der Intereffen bestimmter Wirtschaftsgruppen auf und verlangten, daß ihre Sonderwünsche berücksichtigt werden, während die Linksparteien bei den 3011 verhandlungen den Rechtsparteien wie einer stummen Mauer gegenüberstanden, wurde bei den Bertragsverhandlungen von jener Seite aus, troß der Eile in die Ferien zu kommen, eine große Be redtsamkeit entwickelt. Aber sie stützen sich nicht auf volkswirtschaftliche Gründe, sondern führten Sonderintereffen ins Feld. Gegen diese Art der Verhandlungen müssen wir schärfste Verwahrung einlegen. Das Gesamt interesse der Volkswirtschaft muß über dem Egoismus bestimmter Gruppen stehen. Wir müssen verlangen, daß
der Staat über der Wirtschaft steht und daß sich die Vorgänge bei den deutsch - franzöfifchen Verhandlun gen, wo die Intereffenten beider Länder gegenseitig die Zölle in die Höhe getrieben haben, nicht wiederholen. Wir werden nur dann zu brauchbaren Handelsverträgen fommen, wenn die Voraussetzung für den Abschluß nicht die Profitinteressen bestimmter Wirtschaftstreife, sondern die Wohlfahrt des ganzen Voltes ift.( Lebhafter Beifall bei den Soz.)
Abg. Dr. Schnee( D. Vp.) protestiert scharf gegen die Ausna hmebehandlung, die den Deutschen in den von Belgien verwalteten Kolonien zuteil wird. Die deutsche Regierung müffe unbedingt für die Beseitigung dieses Unrechts forgen.
Einer, der mit vielen verdammt war, in der Hölle zu arbeiten und deffen Herz nach Erlösung und Befreiung schrie und vergehen wollte in Blut und Qual feiner ewigen Knechtschaft. Nein, sie wußte nichts davon. Die kleine fremde Genoffin lachte und freute sich über alles und lachend gab ich ihr die Antworten auf die vielen Fragen, die sie an mich richtete. Unbekannte, fleine Genoffin! Wir haben uns nicht einmal unseren Namen gefagt; wir wissen nur um unsere gemeinsame Gesinnung, die uns verbindet. Lachend bist du mit mir durch die Stadt gegangen und haft nicht gewußt, daß deine Heimat meine ewige Sehnsucht geworden ist.
Cellophan . Schon seit langem sucht die chemische Industrie nach einem billigen und dabei allgemein brauchbaren, durchfichtigen Stoff. Das bekannte Belluloid hat neben anderen unliebsamen Eigenschaften den Nachteil der leichten Brennbarkeit, die Gelatine flebt, und Glimmer und Marienglas find spröde und teuer. Die Bemühungen der deutschen Industrie sind seit einigen Monaten von Erfolg gekrönt, denn Cellophan ift ein geradezu ideales Präparat. Es ist eine vollständig reine, fafer- und porenfreie Zellulose, durchsichtig, undurchdringlich für Gerüche, unlöslich selbst in kochendem Waffer, nicht brennbar, zu dünnsten Folien auswalzbar und mit allen Farben zu bedrucken. Auf Grund dieser Eigenschaften ist die Verwendbarkeit des Cellophans sehr groß. Man benugt es zum Ueberdecken von Schaufensterauslagen, zum Berpaden von Feigen, Datteln und Schotolade, fertigt daraus durchsichtige Etiketten sowie fünftliche Blumen, Tressen und Modeartikel. Eine besonders wichtige Anwendung ist die in der medizinischen Praxis. Cellophan ist ein besserer Ersatz für Kautschut und Billroth- Batist. Da es in Heißluft fterilisiert werden fann, eignet es sich hervorragend zum durchsichtigen Verbandstoff, der überall da benutzt wird, wo die Wunden auf Heilungsfortschritt fontrolliert werden müssen.
„ Menschliche Pfeiler" im japanischen Kaiserpalaft. Arbeiter, wieder herzustellen, die den Kaiserpalaft von Tokio umgeben, fließen die damit beschäftigt waren, die alten Wachtürme und Außenmauern auf eine Anzahl von Sfeletten, die unter den alten Fundamenten eines der Haupttürme ausgegraben wurden. Es sind dies die Gebeine der menschlichen Pfeiler, die früher in Japan bei der Anlage großer und wichtiger Gebäude lebendig mit eingemauert wurden. Die Sitte des" Bauopfers", die überall in der Welt verbreitet war, Japan sehr lange erhalten, und noch vor gar nicht langer Zeit und von der auch bei uns noch alte Sagen erzählen, hat sich in herrschte im Reiche des mitado die Anschauung, daß wichtige Bauten nur sicher und dauernd gemacht werden könnten, wenn eine bestimmte Anzahl fräftiger, gefunder Menschen lebendig mit ein gemauert wurden. Die Stelette, die jetzt entdeckt wurden, lagen unter einem der großen Türme, der vor etwa dreihundert Jahren von einem Edlen des Togugawa- Hofes errichtet wurde. Bahrscheinlich waren die lebendig Eingemauerten Bafallen des Edelmanns. Die Stelette, die von Männern und Frauen herrühren wurden aufrechtstehend gefunden mit ausgestreckten Armen, die Handflächen nach oben gelehrt; in jeder Handfläche und auf dem Scheitel jedes Stopfes murde eine alte Münze gefunden, Solche Banopier werden,
Bei der Schlußabstimmung über das Abkommen bezweifelt Abg. v. Graefe die Beschluß fähigkeit des Hauses. Die Auszählung ergibt die Anwesenheit von 378 Abgeordneten; das Haus ist also beschlußfähig. Das Handelsabkommen mit der belgischluxemburgischen Wirtschaftsunion wird darauf mit großer Mehrheit angenommen. Es folgt die zweite und dritte Beratung des Gesezentwurfes über den Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Großbritannien .
Wiederzusammentritt am 19. November?
Der Aeltestenrat des Reichstags beschäftigte sich in seiner vor dem Plenum stattgefundenen Sizung mit der Geschäftslage des Hauses, die die Bertagung des Reichstags je nach dem Lauf der Debatte für Mittwoch oder Donnerstag erwarten läßt. Die Redezeit wurde für die noch zu erledigenden Punkte auf je eine Stunde festgesetzt. Als voraussichtlicher Termin des Wiederzusammentritts des Reichstags wurde der 19. November in Aussicht genommen.
bin Jus
München , 12. August. ( Eigener Drahtbericht.) Der Reichspräsident von Hindenburg ist heute morgen 8,05 Uhr mit einem an den fahrplanmäßigen Zug angehängten Salonwagen, begleitet von feinem Sohn, vom Staatssekretär Meißner und dem bayerischen Gesandten in Berlin , von Breger, in München eingetroffen. Er wurde begrüßt von dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held, dem Innenminister Stüzel, dem Reichsgesandten von Hantel minister Stingl. Nach der Begrüßung schritt Hindenburg die sowie von dem Reichswehrminister Geßler und dem ReichspostFront der Ehrentompagnie ab. Eine große Menschenmenge brachte ihm auf dem Bahnhof Dvationen dar.
In den Straßen waren die Neugierigen, wohl auch infolge des schlechten Wetters, spärlicher. Zahlreiche Gebäude find be flaggt. Die staatlichen und viele privaten weißblau, die städtischen in den Farben schwarzgelb, im übrigen natürlich viel schwarzweißrot. Nach einem Besuch in der Wohnung des Ministerpräsidenten fuhr Hindenburg ins Ministerium des Aeußeren, wo ihm das Staats ministerium, das Landtagspräsidium und die Bertreter der Landtagsfraktionen vorgestellt wurden.
Der Ministerpräsident Held richtete an den Reichspräsidenten eine Ansprache, in der er ihm vor allem die Sorge um die Selbständigkeit der Länder ans Herz legte. In feiner Erwiderung erinnerte Hindenburg an seine Rede beim Empfang des Reichsder Länder für eine wichtige und wesentliche Grundlage der rates am 13. Mai, wo er betont habe, daß er das Eigenleben geiftigen und wirtschaftlichen Entwicklung des Reiches ansehe und daher gewillt sei, der Eigenart der Länder und ihrer befonderen Bedürfniffe Rechnung zu tragen. Seinen heutigen Besuch in München bitte er als den Ausdrud seines aufrichtigen Willens aufzufassen, mit den Ländern enge persönliche Beziehungen zu unterhalten und ihre leitenden Männer im unmittelbaren Meinungsaustausch fennenzulernen. Bertrauensvolle zusammenarbeit zwischen Reich und Ländern sei unerläßlich, wenn wir unser Baterland wieber emporführen wollten. Mit Befriedigung
so feltfam es flingen mag, freiwillig sogar in unserer Zeit noch angeboten. So bat bei einer Anlage, die vor wenigen Jahren im Hafen von Djata ausgeführt wurde, ein patriotischer Bürger der Stadt, ihm zu gestatten, sich in die Betonschichten im Wasser einmauern zu lassen, um dadurch die Dauerhaftigkeit zu gewährleisten. Wasserbauwerk in Japan einen oder mehrere solcher menschlichen Das Anerbieten wurde aber abgelehnt. Tatsächlich hat früher jedes Bfeiler" erhalten, die„ hineingebaut wurden, um den Flußgott zu
versöhnen.
Auch in England„ unfiffliche" Kunft. Die Engländer stehen der modernen bildenden Kunst im allgemeinen nicht sehr verständnisvoll gegenüber, aber fein Wert hat in den letzten Jahren eine so allgemeine Entrüftung und einen solchen Aufstand der öffentlichen Meinung hervorgerufen, wie das Denkmal zu Ehren des verstorbenen Naturforschers Hudson, das von dem Bildhauer Epstein geschaffen wurde und im Hydepark Aufstellung fand. Das Werf, ein Relief, stellt Rima, den Genius des Waldes, inmitten eines Vogelschwarms dar, und zwar ist dieser Waldgenius in Gestalt eines ziemlich ungefügen Frauentorfos gegeben. Die Sittlichkeitsvereine beanstandeten die Nacktheit oder vermißten zum mindesten das Feigenblatt; bolfchewiftischen Geiftes, der auf die 3ertrümmerung des„ British andere wieder erkannten in dem Werte eine Manifestation jenes Empire" abziele. Es fehlte freilich nicht an Leuten, die den geprüften Bildhauer in Schuh nahmen, darunter Shaw, der einen furzen, aber sehr wirksamen Brief an die„ Times" schrieb, woraus ein
Baffus zitiert fein mag: Es gibt einen Prozeß, genannt Photostulptur, womit sich ganz hübsche Reliefs herstellen lassen. Würde Miß Fan Comton oder Miß Gladys Cooper ( eine populäre englische Filmheroine) als Rima posieren mit einer ausgestopften Taube auf jedem Handgelent und würde der Künstler, der der Photoskulptur nachhilft, noch ein paar Schwalben, ein Rottehlchen und einen Stechpalmenzweig hinzufügen, dann würde das Ergebnis genau das sein, das vom ehrbaren Publikum erwartet wird, deffen Schönheitsfinn von Epsteins mächtiger Arbeit so beleidigt und verhöhnt ist. Warum nicht dem Publikum gefallen, wenn es so leicht ist?"
Eine Friedrich- Ebert- Medaille hat die Erzgießerei Milberg in Frankfurt a. M. herstellen lassen. Das Modell rührt von dem befannten Bildhauer Benno Elfan her. Es zeigt auf der VorderSeite das Bildnis Eberts, in fräftigen Formen mit jenem Ausdruck der Güte, der jedem, der ihn fannte, vertraut war. Die Umschrift Datum des Todestages, 28. 2. 1925, ist wagerecht in fleinerer lautet:„ Der Erste Deutsche Reichspräsident Friedrich Ebert ". Das Schrift hinzugefügt. Auf der Rückseite erscheint eine wuchtig aus schreitende Männergestalt, die das wallende Banner der Republik schwingt. Umschrift:„ Das Banner steht, wenn der Mann auch fällt. Die Medaille, deren Durchmesser 6,3 Zentimeter beträgt, ist in echter Bronze gegossen und mit der Hand ziseliert. Preis: 4 m. Gleichzeitig hat die Gießerei eine große Medaille( 12 Bentimeter Durchmesser) hergestellt, die 24 M. foftet. Um die fleinere Medaille aufhängen zu fönnen, wird sie auch mit einer festen Dese geliefert. Von der größeren Medaille gibt es ebenfalls eine Form mit Defe, aber biefe Form ift mir einjeitig, also nur mit dem Bild nis Eberts, gegossen, Gle toftet in dieser Ausführung 15 2