Nr. 393 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 201
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Freitag, den 21. August 1925
Die Zölle treten in Kraft.
Getreidezölle am 1. September.
zas am 12. Auguft vom Reichstag genehmigte Gesetz über 3oll-| gegeben. Ministerpräsident Grab fti hat den Nationa änderungen fritt
für Getreide, Müllereierzeugnisse, Malz, Bieh, frisches Fleisch und Zucker am 1. September, für Wein aus handelspolitischen Gründen erst am 16. Ottober,
für alle übrigen Waren, mit Ausnahme der Ferrolegierungen der T- Nr. 869 B, am 1. Oktober d. 3. in Kraft.
Die erforderlichen umfangreichen Ausführungsvorschriften werden rechtzeitig erscheinen; insbesondere werden die Neudrude des Gebrauchszolltarif, des Warenverzeichnisses und der Anleitung für die Jollabfertigung späteffens Ende September herausgegeben werden.
Die Steigerung der Preise, die mit der Zollpolitik der Reichstagsmehrheit beabsichtigt war, ist in vollem Gange. Wir werden nach dem Inkrafttreten der 3lle sehr bald erleben, daß die Preise der Lebensmittel um den vollen Betrag des Zolles erhöht sein werden. Nach den Erscheinungen, die sich heute in der Preisbildung zeigen, besteht die Gefahr, daß die Steigerung der Kleinhandelspreise noch höher sein wird.
Zur gleichen Zeit steigt die Zahl der Arbeitslosen. Täglich werden neue Entlassungen gemeldet. Die Wirtschaftskrise, die die Folge der falschen Wirtschaftspolitik der Rechtsregierung ist, naht heran.
Die Optantenaustreibung.
Zug um Zug.
Die polnische Regierung schien in den ersten Augusttagen unter dem Druck der öffentlichen Meinung des Auslandse in der Optantenfrage Bernunft annehmen und von polizeilichen Zwangsmaßnahmen absehen zu wollen. Jedenfalls wurden die Behörden der Woiwodschaft Posen und Pommerellen in der Zeit zwischen dem 9. und 10. August vom polnischen Innenminister angewiesen, säumige deutsche Optanten des ersten Termins nicht zwangsweise abzuschieben. Unter dem Druck des nationalistischen polnischen Westmarkenvereins hat nun die polnische Regierung ihren Anlauf zu einer humaneren Art der Optantenausweisung wieder auf
Situng des Erxekutivkomitees. Marseille , 20. August.( Eigener Drahtbericht.) Das Exekutivkomitee der Internationale hielt am Donnerstag vormittag feine erfte offizielle Sitzung ab, die der Vorbereifung des Kongreffes galt. Den Vorsitz führte Henderson- England. An der Sigung nahmen 40 Delegierte feil, die 34 Länder vertreten. Es fam zu einer längeren Aussprache über die Frage, ob die Sigungen der Kommiffionen öffentlich sein sollen. Es wurde befchlossen, lediglich die Vertreter der sozialistischen Presse zu diesen Sigungen zuzulassen.
Norwegisch - deutscher Zwischenfall.
Gegenseitige Ausweisungen.
listen gegenüber die Versicherung abgegeben, daß nunmehr die Ausweisung in den von Anfang an vorgesehenen Formen und Konsequenzen vor sich gehen werde. Es ist also jetzt bestimmt damit zu rechnen, daß in den nächsten Tagen die fäumigen deutschen Optanten zwangsweise abgeschoben werden. Da deutsche Optanten des ersten Termins nicht mehr in großer Menge in Polen sich befinden, werden die polnischen Behörden wahrscheinlich individuell vorgehen, d. h. die einzelnen Optanten durch Fristsetzung, polizeilichen Meldungszwang usw. so unter Druck nehmen, daß sie schleunigst das Land verlassen. Die deutschen maßgebenden Stellen haben zu der neuen Situation in der Optantenausweisung am Donnerstag Stellung genommen. Während die deutschen Behörden auf die erſten polnischen Zwangsabschübe, die sich erst jetzt bestätigen, noch nicht reagierten, werden nunmehr entsprechend den Erflärungen des Außenministers vom 6. August im Reichstag die deutschen Ausweisungsrepreffalien 3ug um 3ug er folgen.
Severing im Ruhrgebiet . Verstaatlichung der Polizei.
Effen, 20. Auguft.( Mtb.) Der preußische Innenminister Severing traf auf seiner Reise ins Ruhrgebiet heute vormittag in Essen ein. Nach dem Besuch der Stadt setzte er seine Reise nach Gelsenkirchen fort. Beide Besuche galten vornehmlich der Uebernahme der blauen Polizei in den Staatsdienst, worüber
auf den Rathäusern in Anwesenheit der Oberbürgermeister längere Besprechungen erfolgten.
Bor versammelter Mannschaft wies der Minister auf die Pflicht hin, die nun von der Schuhpolizei in Verbindung mit der Ersatzpolizei zu erfüllen sei. Der Ersatzpolizei, an die sich Severing dann wandte, sprach er seinen Dank aus für die in schwerer Zeit geleisteten Dienste. Der Minister erklärte jedoch, leider die unerfreuliche Mitteilung machen zu müssen, daß infolge der gegenwärtigen schwierigen Lage ein Abbau erfolgen müffe und betonte gleichzeitig, daß er alles daran segen werde, um Milderungen auf Grund berechtigter Wünsche eintreten zu lassen. Um 1 Uhr fuhr Severing nach Boch um weiter.
Jahre seien nur sechs Gesuche nicht bewilligt worden; es handelte sich hierbei ausnahmslos um unverheiratete Personen. Die Anzahl der deutschen Staatsbürger in Oslo habe am 1. Dezember 1920 insgesamt 1060 betragen.
Hierzu meldet WTB. von unterrichteter Seite: Aus dem Vorstehenden geht hervor, daß die deutschen Maßnahmen lediglich durch die Maßnahmen der Wohnungsbehörde in Oslo veranlaßt worden find. Das Ergebnis der nunmehr eingeleiteten Verhandlungen bleibt abzuwarten.
Französische Flugzeuge über Karlsruhe .
Karlsruhe , 20. Auguft.( TU.) Heute früh kurz dor 8 Uhr er schienen über Karlsruhe vier franzöfifche Militärflugzeuge, die aus der Richtung des besetzten Gebiets tamen. Sie überflogen den Rheinhafen und den Karlsruher Flugplatz. Ueber diesem hielt sich einer der Flieger längere Zeit auf und machte photographische Aufnahmen, während die anderen die Stadt in der Richtung auf
Oslo , 20. Auguft.( WTB.)„ Aftenposten" veröffentlicht eine Mitteilung aus Berlin , wonach die deutsche Regierung durch den Polizeipräsidenten gegen eine Reihe norwegischer Familien und Einzelpersonen, die in Berlin festen Wohnfit haben, Ausweisungsbefehle habe ergehen laffen. Die gleiche Maßnahme fei auch in Hamburg und anderen Städten als Vergeltungsmaß fei auch in Hamburg und anderen Städten als Vergeltungsmaß nahme gegenüber der Wohnungsbehörde in Oslo erfolgt, die deutschen Staatsbürgern die Aufenthaltsgenehmigung deutschnational- völkische Agitation haben?!
verweigert habe.
Hierzu erklärt der Expeditionschef Johannessen im Außenministerium, daß zwischen der deutschen Gesandtschaft in Oslo , der norwegischen Gesandtschaft in Berlin und der Wohnungsbehörde in Oslo Unterhandlungen im Gange seien. Es sei an die deutsche Behörde das Ersuchen gerichtet worden, die Sache auf sich beruhen zu laffen, solange die Verhandlungen im Gange seien. Man hofft, daß bie Angelegenheit bei gegenseitigem Entgegenkommen zufriedenstellend gelöst werden könne.
Der Vorsitzende der Wohnungsbehörde in Oslo teilt mit, daß ie Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis geschehe, falls die herrschende Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit eine jolche Maßnahme wünschenswert erscheinen lassen. Alle Ausländer mürden gleich behandelt. Es sei vorgeschlagen worden, die Aufenthaltsbestimmungen zu mildern und Ausländer, die vor 1920 in Oslo ansässig seien, von der Erneuerung der Aufenthalserlaubnis zu befreien. Diese Erneuerung mußte bis jetzt jedes halbe Jahr erfolgen. Das Justizministerium werde sich wahrscheinlich mit diesen Milderungen einverstanden erflären. Bezüglich der deutschen Gesuche um Aufenthaltserlaubnis sei zu bemerken, daß ihnen in den weitaus meisten Fällen zugestimmt worden sei. In diesem
unbejezte badisches Gebiet. Irgendein Bersailler Paragraph Fast täglich überfliegen jetzt französische Militärflugzeuge soll ihnen das Recht dazu geben. Man ist sich doch in Paris wohl auch nach der Rechtsschwenkung der Regierung flar, daß diese Flüge über deutsches Gebiet einen Wert lediglich für die
Abd el Krim versett Unterhändler? Tanger , 20. Auguft.( Havas.) Zwei diplomatische Unterhändler, und zwar ein Spanier und ein Franzose, haben sich mehrere och en lang in Melilla und Tanger aufgehalten, um mit SendWochen lang in Melilla und Tanger aufgehalten, um mit Send fingen Abd el Krims, die man erwartete, in Berbindung zu treten. Da diese nicht erschienen, ein Zeichen für die unver. föhnliche Haltung des Kabylenführers- erhielten die beiden Unterhändler Befehl, zurückzukehren.
Kriegsgegner verurteilt.
teilung von antimilitaristischen Flugschriften zwei Kommunisten und Paris , 20. August. ( WTB.) Die Straftammer hat wegen Vereine Kommunistin zu je vier Monaten Gefängnis und 100 Frank Geldstrafe verurteilt.
nächster Woche in Berlin überreicht werden. Mit ihrer VeröffentDie französische Sicherheitsnote wird laut Havas erst Anfang lichung ist erst in ungefähr einer Woche zu rechnen.
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Arbeitslohn und Arbeitsleistung
Wo steht die deutsche Arbeiterschaft?
Der Ausschuß des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsdie Goldlohnhöhe als die nächste Aufgabe der deutschen Arbei bundes hat die entschlossene Fortsetzung des Kampfes um terschaft bezeichnet. Wie ist die Lage der deutschen Arbeiter, gemessen an der Lebenshaltung der Arbeiterschaft anderer Länder?
der Arbeiter höher als in Deutschland . Bon einer Fast in allen wichtigen Industrieländern sind die Löhne großen amerikanischen Industrie, die in allen Ländern die gleiche Arbeit verrichten läßt, berichtet Professor Dr. Julius Hirsch *), daß sie für die gleiche Arbeitsleistung im Oktober 1924 zahlte( in Dollar gerechnet): in den Ver einigten Staaten von Amerifa 5,60, in England 2,35, in Deutschland 1,46, in Frankreich 1,36 und in Belgien 1,18. ( Die niedrigeren Löhne in Frankreich und Belgien ergeben sich find an realem Wert mindestens den deutschen Löhnen gleich aus dem schlechteren Stand der Baluta in diesen Ländern. Sie zu stellen.)
Das Internationale Arbeitsamt hat die Wochenlöhne der Bauarbeiter in verschiedenen Ländern verglichen und dabei festgestellt, daß im Herbst 1924 3immerleute verdienten: in Berlin 46,75 M., in London 82 M., in Philadelphia 201,60 M. Ungelernte Bauarbeiter erhielten: in Berlin 36,92 M., in London 62 M. und in Philadelphia 171,86 m.
Work betrug im April 1925 pro Woche 30,81 Dollar Der Durchschnittslohn männlicher Arbeiter im Staate New Tag. 60 Broz. der Arbeiter erhalten aber einen höheren Lohn. etwa 130 M. Bei Ford ist der Mindestlohn 6 Dollar pro
Umrechnung in Reichsmart mit deutschen Löhnen vergleichbar. Alle diese Lohnbeträge sind nicht ohne weiteres bei einer dem deutschen Wert. Die Löhne müssen in Beziehung gesetzt Ihr realer Wert in den betreffenden Ländern entspricht nicht werden zu den Lebenshaltungskosten. Stellt man einen Bergleich mit den Vorkriegsverhältnissen in diesen Ländern an, so ergibt sich, daß die Ernährungskosten in den Vereinigten StaaGroßbritannien ist die entsprechende 3ahl 174,7. In der ten von 100 der Borkriegszeit auf 152,6 gestiegen sind. Für Borkriegsstand mit 100 annimmt, in den Vereinigten Staaten gleichen Zeit find die Löhne aber, wenn man auch hier der auf 210 gestiegen, und in Großbritannien schwankt die Steigerung in den verschiedenen Industrien zwischen 194 und 224. In beiden Ländern ist also die Steigerung der Lebenshaltungs kosten durch Lohnerhöhungen mehr als ausgeglichen. Die realen Löhne der amerikanischen und enga Iischen Arbeiter sind heute wesentlich höher als vor dem Krieg.
Anders steht es in Deutschland . Im Juni 1925 betrugen die tariflich festgesetzten Wochenlöhne bei regelmäßiger Arbeitszeit im Durchschnitt für elf große Industriegruppen: für ges lernte Arbeiter 42,46 M., für ungelernte Arbeiter 31,90 m. Die Ernährungskosten sind, wenn man auch hier den Bors friegsstand mit 100 annimmt, auf 145,5 gestiegen. Mit enga lischen und amerikanischen Verhältnissen vergleichbare Durch schnittsberechnungen der Löhne vor dem Krieg fehlen in der deutschen Statistik. Es ist aber ohne weiteres festzustellen, daß von einer Steigerung der realen Löhne, wie in Amerika und England, in Deutschland nicht die Rede sein kann. Infolge der höheren Löhne ist die Lebenshaltung der amerikanischen und englischen Arbeiter ungleich besser als die des deutschen Proletariats. Das wirkt sich nicht nur in befferer Ernährung( höherer Fleischverbrauch usw.) und in einigten Staaten auf jeden fünften Einwohner, also ungefähr befferer Kleidung aus. Auf die Tatsache, daß in den Verauf jede Familie, ein Auto fommt, wurde schon oft in der einigten Staaten auf jeden fünften Einwohner, also ungefähr Presse hingewiesen. In Deutschland werden soviel Schuhe verbraucht, daß im Durchschnitt jeder Einwohner alle dreizehn Monate ein Paar Schuhe erhält. Der amerikanische Durchs schnittsverbrauch ist vier bis fünf Paar Schuhe pro Jahr,
Es war vor dem Krieg und ist auch heute wieder eine allgemein zu fonstatierende Tatsache, daß parallel mit der Bewegung der Lohnhöhe und der Lebenshaltung der Arbeiter der einzelnen Länder die Entwicklung der Qualität und Produktivität der Gütererzeugung in diesen Ländern verläuft. Die Gründe für diese Tatsache liegen auf Der Hand. Die Erzeugung von Qualitätswaren und die gute technische und organisatorische Ausgestaltung der Betriebe jetzt eine erstklassige Arbeiterschaft voraus. Ein schlecht ernährter und ewig von schweren Sorgen bedrängter Arbeiter fann feine Höchstleistungen vollbringen. Zu seiner beruflichen und allgemeinen Weiterbildung fehlen ihm Kraft und Luft. Außer dem verringern niedrige Löhne für den Unternehmer den Anreiz zur Anschaffung arbeitsparender Maschinen.
Es ist kein Zufall, daß in Deutschland , wo die Löhne heute bestenfalls dem realen Wert der Vorfriegslöhne gleich tommen, auch der Stand der Produktionsmethoden im allge
Soziale Pragis" 1925, Seite 721.