dinschen Arbeiter nun in Wallung geräth— das Mafsakre� Morewood ließ sie höchst gleichgiltig— ist noch sehr dieVovfmmnlmraen.m 1. Wahlkreis.Der sozialdemokratische Wahlverein für den I. Berliner�te,chstags-Wahlkreis hielt am 26. Mai eine Generalversammlungm„Zunächst hielt Genosse Gründe! einen Vortrag über,, Volksernährung und Sozialismus". Derselbe wurde mit Beifallaufgenommen. Eine Diskussion darüber fand nicht statt. Eineam Vorstandstisch eingegangene Frage:„Wie sich die SozialDemokratie zur Vivisektion stelle?" wurde vom Genossenbeantwortet, daß sich die Sozialdemokratie gariicht zur Vivisektion stelle, und daß diese ein bis zu gewisserGrenze nothwendigeS Mittel der wissenschaftlichen Forschungbilde. Taruber, wo diese Grenze sei, entscheide das humaneFuhlen. Vor allen Dingen strebe die Sozialdemokratie nicht nachBeseitigung kleinlicher Uebelstände; sie strebe dahin, daß derVivisektion an dem Körper lebender Arbeiter ein Ende gemachtwerde.(Beifall.). Hierauf gab Genosse Metzner den Bericht über die Thätig-reit des Vereins, bezw. des Vorstandes, vom November vorigenA�res bis letzt. Er bedauert am Schlüsse desselben, daßdie Mitgliederzahl 56 nicht viel übersteige; weiterbedauert er, daß die Lokalkonimission sich bis dato noch nicht be-mußigt gefühlt habe. Schritte irgend welcher Art gegen dieAdlerbrauerei zu thun, welche Besitzerin des Zelt 1 ist, das zurZeit nicht mehr zu Versammlungen zu haben ist. Es war diesnoch das einzige vernünftige Lokal im 1. Wahlkreis. Der Wahl-verem muffe nun wieder in der Umgegend des ersten Kreisesseine Versammlungen abhalten, da ein Lokal im ersten Kreise,das in letzter Zeit benutzt worden, nur an sehr ungünstigenTagen frer war, so daß der Besuch ein äußerst schwacher war.Hierauf erstattete der Kassirer, Genosse Peter mann, denKassenbericht. Darnach war im Oktober ein Bestand von16,83 M. vorhanden. Inklusive dieses Bestandes betrugen dieEinnahmen 176,41 M., die Ausgaben betrugen 120,65 M., sodaß ein Bestand von 56,36 M. blieb. Im letzten Monat,welcher n i ch t in die Abrechnung eingeschlossen ist, wurden analten Annonzen und an Säulen anschlag ca. 35,66 M. bezahltso daß sich zur Zeit in der Kasse 26,76 M. befinden.Nachdem Genosse Kubat als Revisor die Richtigkeit derAbrechnung bestätigt hatte, wurde dem Kassirer Entlastung er-theilt. Die nun vorgenommene Neuwahl des Vorstandes ergabfolgende Zusammensetzung desselben: 1. Vorsitzender: GenosseTh. Mehner; 2. Vorsitzender: Genosse Keßler; 1. Kassirer:Genosse Petermann; 2. Kassirer: Genosse Salzwedel;1. Schrittführer: Genosse Schellwath; 2. Schriftführer:Genosse K l e e m a n n; Beisitzer: Genosse K o h l in a n n. AlsRevisoren wurden die Genossen Kubat und Axt gewählt.Somit war die Tagesordnung erledigt. Nach einem Appell desGenossen Metzner an die Anwesenden, sie sollten eiftig für dieStärkung des Vereins eintreten, wurde die Versanimlung ge-schlössen.— Die Zahlstellen des Vereins befindensich bei Exner, Fischerstraße ö und bei Salz-wedel, Klosterstraße 83. Die Genosssen desI.Wahlkreises werden hierauf besonders aufmerksam gemacht und zum Anschluß an denVerein aufgefordert.—Vierter Wahlkreis.Der Wahlverein des vierten Berliner Reichstags-Wahlkreiseshielt am 26. Mai eine große Mitgliederversammlung ab. Aufder Tagesordnung stand das Thema:„Ferdinand Lassalle unddie heutige Sozialdemokratie." Nachdem der Vorsitzende erklärthatte, daß der Reichstags- Abgeordnete Paul Singer, der dasReferat eigentlich zugesagt, am Erscheinen verhindert sei, wurdedas Wort dem Genossen Äilhelni Werner ertheilt, der in letzterStunde als Ersatzreferent von dem Vorstand gewonnen war.Der ungefähre Gedankengang in der Rede Werner's warfolgender:Die Anerkennung von Ferdinand Lassalle's gewaltiger Be-deutung ist mit dem stetigen Fortschritt der internationalenSozialdemokratie immer mehr und mehr angewachsen. Heutstreiten sich schon die gegensätzlichsten Parteien um' das großeGeisteserbtheil des großen Agitators. So nehmen z. B. dieKonservativen ihn wegen seines damals durch die Ver-Hältnisse gebotenen eng geschnürten Staatssozialismus alseinen der ihrigen in Anspruch. Selbst die Anti-semiten erklären sich für ihn. Beide mit Unrecht. Wie fingdenn eigentlich die sozialistische Bewegung in Deutschland an?Angeregt durch das französische Proletariat wie durch die Vor-gänge in England, zeigten sich auch in Deutschland gegen Mitteder vierziger Jahre die schüchternen Anfänge der großen Be-freiungsidee. Es wurden sogenannte Arbeiter-Bildungsvereineins Leben gerufen, die bescheiden dahin vegetirten und sich desgütigen Wohlwollens der oberen Klassen erfreuten. Kredit-Spar- und Konsumvereine wurden von den Besitzenden für dieNichtbesitzenden geschaffen und von diesen demüthig entgeaenqe-nommen: denn noch war der Arbeiter nicht erwacht zum Klassen-bewußtsem, noch sah er die Kluft nicht, die ihn trennt von derübrigen Welt. Das unsterbliche Verdienst Ferdinand Lassallesist es, daß er diesen Schleier hinw egriß, daß der Arbeiter s a hWeg mit den Gnadengeschenken, rief er, weg mit den, Kredit-Konsum- und Sparkassenwesen, fort mit aller Harmonieduselei'gründet einen allgemeinen deutschen Arbeiter- Verein'Zwischen Arbeit und Kapital ist eine Versöhnung un-denkbar, ich beweise es Euch durch mein ehernes, ökonomischesLohngesetz! Da fing endlich die Menge an. sich die Augen zureiben. Wenn auch die sozialistischen Lehren schon vorher be-standen, Lassalle erst verkündete sie mit all' jenem zündenden,mit jenem hinreißenden Feuer, das nothwendig ist, um einestumpfe Masse in Bewegung zu bringen. Noch stand er aller-dings auf dem heut längst überwundenen nationalen Standpunkt.Heut hat man begriffen, daß nur die internationale Sozialdemokratie zu verwirklichen, daß die nationale aber ein hohles Phantomist. Wo ist der Patriotismus des Kapitals? Wenn an der russischenStaatsanleihe ein halbes Prozent mehr zu verdienen ist, entziehtder deutsche Kapitalist der deutschen Staatsanleihe das Geld, giebtes dem feindlichen Nachbar, der mit ihm das deutsche Vaterlanddoch zu bekämpfen, womöglich zu vernichten beabsichtigt. DasKapital mit seiner Profitwuth tödtet Leib, wie Geist, vergiftetdurch Ausbeutung der Eltern das Kind im Mutterleibe. Gegendiesen internationalen Feind gilt es, international zusammen-zustehen und wir wollen es thun mit all' der entschlossenenKraft, mit der Kühnheit und Energie, die Ferdinand Lassalle'swahre geistige Hinterlassenschaft bilden. Wir, seine Erben,wollen dies flammende Erbtheil ewig in unseren Herzen be-wahren.Unter lebhaftem Beifall schloß der Redner.Nachdem noch verschiedene Redner gesprochen, ergriff Wernerdas Schlußwort: Lesen Sie nicht nur die neuesten Broschüren,schaffen Sie sich die Schriften Lassalle's an, Sie lernen aus ihnendie Anfänge unserer Bewegung kennen.— Alsdann, nach Erledigung des„Verschiedenen", wobei unter Anderein der u n-entgeltliche Austritt aus der Landeskirche bezweifelt wurde,schloß der Vorsitzende mit einem dreifachen Hoch auf die völker-befreiende, internationale Sozialdemokratie die Versammlung.Fünfter Wahlkreis.>ut besuchte öffentlicheer«Ein« sehr„.........,sammlung der Sozialdemokraten des fünftenBerliner Reichstags-Wahlkreises fand am 25. Maiunter dem Vorsitz des Genossen Niederauer statt. GenosseA. Auerbach hielt einen Vortrag über:„Deutschland nachdem Sturze Bismarck's." Ehe Redner zum eigentlichen Themaüberging, unterwarf er das Verhalten der Firma Nauck undHartmann ihren Auftraggebern gegenüber einer mißfälligen Kritik.Ein Vertreter besagter Firma ließ sich mit dem Einberufer derVersammlung, als dieser das Manuskript zum Säulenanschlagbrachte, in eine Diskussion ein darüber, ob Bismarck„abgegangen"oder„gestürzt" worden sei, wie es im Manuskript heiße, undvertrat den Standpunkt, daß B. von selbst sein Amt niedergelegthabe. Als man nun den fertigen Säulenanschlag durchlas, dafand man, daß das Wort„Sturz" von der Firma willkür-lich in„Abgang" umgewandelt worden war. Diese Handlung mögen sich die Genossen merken und von der Firmaunveränderten Abdruck der von ihnen einzureichenden Anzeigen verlangen. Nun zum eigentlichen Vortrage übergehend, gab Redner ein ausgiebiges Bild dessen, was auf sozialeniwie politischem Gebiet in Deutschland unter der Regie Bismarckgeschaffen worden ist. Bismarck habe, das müsse zugegeben werden, einen großen, aber nicht heilsamen, sondern unheilvollen Einfluß auf die Gestaltung der sozialpolitischen Verhältnisse Deutsch-lands gehabt. Redner giebt eine übersichtliche Darstellung derWirkungen der von Bismarck beliebten Schacherpolitik und zeigtihren verderblichen Charakter für die Klasse der Besitzlosen. Alsnun Bismarck kurz nach der vom Kaiser einberufenen internationalen Konferenz zur Berathung von Ärbeiterschutz-Maßregeln gestürzt worden, nicht abgegangen— uns ist bekannt, daß er ver-schiedentlich, ehe er seine Demission gab, darum aufs Energischsteangegangen worden—, da glaubten Alle, mit Ausnahme derzielbewußten Arbeiter, es werde Alles anders werden. Doch, diedies geglaubt, sehen sich getäuscht, und wie sollte es anderssein. Man kann das Staatswesen mit einer Werkstattvergleichen. So lauge, wie man in letzterer mit denalthergebrachten Werkzeugen und nach hergebrachter Methodehantirt, sich nicht um den Fortschritt der Technik kümmert, so-lange wird man nicht weiter kommen, und ivenn man den bestenWerkführcr der Welt engagirt; er kann sich blos den, altenSystem anpassen. Gerade so geht es in der menschlichen Gesell-schaft im Allgemeinen, so geht es im Staate zu. Setze man denbesten Menschen als Leiter des Staatsgetriebes ein und behaltedie bisherige Staatsform, das bisherige System bei, und Allesbleibt beim Alten. So ist es in Deutschland nach dem SturzeBismarcks bis nun. Redner belegt diese Behauptung mit Bei-spielen aus der„neuen Aera". Zum Schluß kommt er auf dieSiegesaussichten der Sozialdemokratie gegenüber allen anderen,sich zur Bekämpfung derselben vereinigenden Parteien undInstitutionen(Militär, Schule zc.) zu sprechen. Er zeigt, wie alledie, welche vermeinen, aus eignem Interesse gegen die Sozial-deinokratie ge in ein schaftlich ankänipfen zu müssen, sich zu-sammensetzen aus Leuten lhatsächlich verschiedenartiger Interessen-gruppen, eben darum sich gegenseitig selbst zerfleischen und zumgroßen Kampfe sich waffen- und wehrlos machen. Ihnen stehtauf der anderen Seite die Sozialdemokratie als geschlossene Massegegenüber; in ihr ist es gleich, ob der eine mit der Hand, derandere mit Geist und Feder arbeitet, ob der eine„Handwerker",der andere Fabrik- oder Feldarbeiter ist; sie hält zusammen dasBand einer Klasse, die sich durch Äesitzlosigkeit ihrerMitglieder charakterisirt, und darum wird sie siegen.(StürmischerBeifall.) Eine Diskussion fand nicht statt und eine Resolutionwurde angenommen, die sich init den Ausführungen des Rednerseinverstanden erklärt und die Anwesenden verpflichtet, dem Wahl-verein beizutreten, lieber den zweiten Punkt der Tagesordnung:Wahl eines Vertrauensmannes, entwickelte sich eine längere De-batte, an deren Schluß beschlossen wurde, die Wahl aufzuschiebenund eine viergliedrige Kommission zu wählen, die die Bücher desbisherigen Vertrauensmannes, Genossen Gabbert, nochmals revi-diren soll, wozu die Revisoren heranzuziehen sind. Tie 3!evi-soren haben nämlich die Bücher wegen angeblich nachlässigerBuchführung beschlagnahint. Es wird sich dann herausstellen,ob Gabbert besähigt ist, den Posten, veiter zu verwalten oder obin einer nächsten Versammlung ein neuer Vertrauensmann ge-wählt werden muß. Gewählt wurden die Genossen Granz ow,Hermann Lesser. Gajewski und H. Tamm. Nach-dem»och in die Lokalkommission die Genossen Tamm undMüller gewählt worden, wurde die Versammlung ge-schlössen.Eine zweite öffentliche Maurerversammlung,zu welcher ausdrücklich alle Kollegen, welche die Einigkeit derdeutschen Maurer herbeiführen wollen, eingeladen waren, tagteam 26. d. M. bei vollbesetztem Saale in der Habel'schen Brauerei.Einberufen war die Versammlung vom Kollegen G r ö p p l e r.Aus der Bureauwahl gingen als gewählt die Kollegen Blau-rock, Schiegelski und Roll hervor. Vor Eintritt in dieVerhandlungen ließ der Vorsitzende, Kollege Blaurock, überfolgenden Geschäftsordnungs-Antrag abstimmen:„Die heutigeVersammlung beschließt, über die beiden ersten Punkte der Tages-ordnung zur Tagesordnung überzugehen, erklärt sich mit den amSonntag, den 24. Mai, in der Lips'schen Brauerei gefaßten Be-schlüssen und Resolutionen einverstanden und prolestirt gegen dieEinberufung der heutigen Versammlung, indem nur dieVertrauensmänner befugt sind, öffentliche Versammlungeneinzuberufen." Dieser Antrag wurde mit zweifelhafterMajorität abgelehnt. Tie Versammlung trat nunmehrin die Verhandlungen ein. Als Referenten zum ersten Punkteder Tagesordnung:„Der achte deutsche Maurerkongreß und dessenBeschlüsse" gab der Vorsitzende den Kollegen Meyer- Hamburgbekannt. Hiergegen erhob sich ein stürmischer Protest, doch einigtesich die Versammlung ausi Fürsprache des Kollegen Wernaudahin, den angekündigten Referenten sprechen zu lassen. Der-selbe entledigte sich seiner sich gestellten Aufgabe, die Möglichkeitund die Nothwendigkeit eines Zentralverbandes unter Ausschlußder Politik, gestützt auf ein Erlenntniß des Reichsgerichts, be-treffend die Auslegung des§ 153 des R.-G.-O., nach welchemdie„Politik" erst beginnt in dem Augenblicke, wo ein Vereindurch Petitionen:c. Einfluß auf die Gesetzgebung zu gewinnensucht, welche Aufgabe Reserent den politischen Bereinen zuwies,nachzuweisen, unter vielfachem Widerspruche seitens eines großenTheiles der Anivesenden. Am Schlüsse seiner Ausführungen be-tonte Redner besonders, daß, wenn Berlin sich dem Zentral-verbände anschließen würde, es sich den Dank der deutschenMaurer und die Anerkennung der ganzen deutschen Arbeiterschafterwerben würde.Den« Referats folgte eine lange, äußerst lebhafte und außer-ordentlich gründliche Aussprache.Gegen den Referenten wandten sich die Kollegen B e n d i n.Wernau und Wilke. Ersterer suchte, auf seine praktischenErfahrungen fußend, nachzuweisen, daß der Zentralverband denSelbstmord der Maurerbewegung bedeute; die AusführungenW c r n a u' s beleuchteten die Politik als nothwendigen undwesentlichen Faktor in der Gewerkschaftsbewegung, währendWilke dem Referenten darin entgegentrat, daß nach dem Falledes Sozialistengesetzes die Arbeiter größere Bewegungsfreiheitgewonnen hätten, auch dem angezogenen Reichsgerichts-Erkenntnisseein solches des preußischen Kammergerichts entgegenstellte, welchesgeradezu Alles für Politik erklärt, und demzufolge den Zentral-verband verwarf. Für diesen erklärte sich Kollege Silber-schmidt, während der Referent die gegentheiligen Meinungen zu widerlegen trachtete. Alle Redner befleißigten sich dergrößtmöglichsten Sachlichkeit und das Persönliche blieb fast gänz-lich aus den Debatten verbannt. Als sich nach dem ReferentenWernau nochmals zum Reden anschickte, rüstete sich eingroßer Theil der Anwesenden demonstrativ zum Ausbruche, theil-iveife den Saal verlassend, so daß die Versammlung aus zehnMinuten vertagt werden mußte. Nach Ablauf dieser Pause wardie Situation eine derartige, daß keine Steigung zu», weiterenVerhandeln vorhanden war, und so wurde denn die Versamm-lung kurzer.Hand geschlossen, ohne daß es bezüglich des zweitenPunktes der Tagesordnung:„Stellungnahme zu den Beschlüssendes Kongresses" zu einem Beschlüsse gekommen war.Im Anschlüsse hieran sei bemerkt, daß die nach dieser Nich«tung hin in der am Sonntag vorher in der Brauerei Friedrichs-Hain stattgehabten Versammlung einstimmig gefaßte Resolutionnicht von W. Schulz-Gru be, sondern von W. Schulz-Karbebeantragt worden ist. Dieser Jrrthum ist dein Berichterstatter,verursacht durch die etwas undeutliche Namensunterschrift, ab-sichtslos unterlaufen.Eine öffentliche Versammlung sämmtlicher Fenster-Putzer von Berlin und Umgegend fand am Dienstag, den26. Mai, unter den, Vorsitz des Kollegen Dreusecke statt. Dader Referent bei Eröffnung der Versammlung noch nicht er-schienen war, so erledigte man zuerst den dritten Punkt derTagesordnung„Verschiedenes." Kollege Luhm las einen voneinem selbständigen Kollegen Lüdicke unterzeichneten Aufruf des„Zentral- Glas- Reinigungs- Instituts vereinigter selbständigerArbeiter Berlins" vor und wies das Vorgehen des Herrn ohnedie gesammte Kollegenschaft scharf zurück. Eine Anfrage vonSeiten des Vorsitzenden ergab, daß keiner der in der Versammlung anwesenden Kollegen bei diesem Unternehmen betheiligtwar. Es sprachen über diesen Punkt noch die Kollegen Messer,Kurniker, Luhm und Strunk. Der Antrag, eine Kommission zurUntersuchung dieser Angelegenheit zu wählen, wurde einstimmigangenommen und gleichzeitig beschlossen, die Kommission in derersten Sitzung des zu gründenden Fachvereins zu erwählen. Bisdahin sei es die Pflicht eines jeden Kollegen, die Interessentendarauf aufmerksam zu machen, daß die Berliner Fensterputzermit dem„Zentral-Jnstitut" nichts zu schaffen hätten.Da von den Kollegen, die infolge der ersten öffentlichenVersammlung von der Firma Maussie gemaßregelt wurden,immer noch einige außer Arbeit sind, so beschloß die Versamm-lung mit großer Stimmenmehrzahl, diese Kollegen durch freiwilligeBeiträge zu unterstützen; jedoch sollen nur die Kollegen Unter-stützin, g bekommen, die auch diese Versammlung besucht hätten.Kollege Dix krilisirt das Geschäftsgebahren verschiedenerInstitute. Kollege Dreusecke schilderte drastisch das Thunder Firma Martens, die den Angestellten wöchentlich 76 Pfg.abzieht, und zivar 48 Psg. für Kranken- und Jnvalidenkasseund 22 Pfg. für Kleidung. Ein derartiges Geschäft seiganz schlimm, denn obgleich man die Kleidung gewissermaßenabbezahle, werde dieselbe doch nie Eigenthum.Nachdem von den Kollegen Strunk und Köhler über eineFirma gesprochen war, die einige Kollegen ain Sonntag arbeitenund andere ruhen läßt, erklärte der Vorsitzende, daß die BerlinerFensterputzer sich der modernen Arbeiterbewegung angeschlossenhätten und demgemäß gegen jede Sonntagsarbeir wären. Aufdie Bemerkung eines Kollegen, dem Arbeitsnachweis des Fach-Vereins«vürden zweifelsohne durch die Kollegen keine Adressenzugebracht werden, da dieselben alsdann der Provision verlustiggingen, erwiderte der Vorsitzende, daß eine derarttge Gleich-gilligkeit zu beklagen wäre; denn der Verein wollte nicht fürk>as Unternehnierthum eintreten, sondern für die Kollegen durchdie Kollegen.Inzwischen war der Referent, Stadtv. Heindorf, er-chienen und hielt einen Vortrag über„Organi-ätion." Redner betonte ausdrücklich, daß kein Beruf seinemZiele, das Zwischending„Unternehinerthuni" überflüssig zumachen, so nahe stehe, wie gerade die Fensterputzer; dieselbenwürden, wenn auch nicht sofort, so doch in absehbarer Zeit alleihre Bestrebungen durchsetzen, wenn sie einiger wären. GenosseHeindorf las ferner den Entwurf eines Statuts für den zu grün-denden Fachverein vor. Die Versammlung nahm das Statut ein-stimmig an.— Als provisorischer Vorstand ivurden gewählt:Kollegen Dreusecke und Stahl zu Vorsitzenden, Kumiker undStruck zu Schriftführern, Luhm und Kammrad zu Kassirern. DieKollegen Linna, Gesche und Dämel wurden einstimmig zu Revi-oren gewählt. Der Kassirer des Fachivereins, Kollege Luhm,wohnt Dresdenerstr. 37, Hof II, 2 Tr.(Der Fachverein zähltaugenblicklich gegen 166 Mitglieder.Hieraus wurde die Versammlung mit einem Hoch auf dieSozialdemokratie geschlossen.Ter Berliner Berein für Feuerbestattung hielt amSonnabend, den 23. Mai, im Bürgersaale des Rathhauses eineöffentliche Versammlung ab, bei welcher der Vorsitzende, HerrStadtv. Matterne, zunächst ausführte, daß das Interesse für dieFeuerbestattting der Leichen von Jahr zu Jahr sich gesteigerthabe. Die Stimmung für die Förderung der Sache sei eine sehrgünstige, zumal in Berlin, wo sich sowohl bei dem Magistrats-kollegium wie auch besonders bei der Versammlung der Stadt-verordneten eine starke Majorität zu Gunsten der Leichenver-brennung geltend mache. Er(Redner) sei überzeugt, daß im Falleder Genehmigung zum Bau eines Krematoriums von der Sladt-Verwaltung nicht nur der Bauplatz kostenlos hergegeben, sondernzweifelsohne auch noch ein Betrag an Geld zugesteuert werde.Rit Freuden müsse es begrüßt iverden, daß in Hamburg derBau des Verbrennungsofens bald vollendet sei; die Einweihungund gleichzeitige erste Verbrennung sei auf den 18. Juni er. fest-gesetzt. Ferner habe die Badische Regierung den Bau einesOfens in Heidelberg genehmigt. Der frühere KultusministerGoßler habe unter nichtssagenden Motiven ein.Gesuch um Ge-nehniigung zum Bau eines Ofens abgelehnt, der neue Kultus-minister zeige sich vielleicht zugänglicher. Sollte jedoch auch jetztwieder das Gesuch abschlägig bcschieden werden, so sähe man sichgezwungen, den Kaiser anzuruse». Zwar besitze ja der Kaiserauch wohl weniger Macht, als es den Anschein habe, da er aufviele Persönlichkeiten Rücksicht zu nehme» hätte; dazu würde erjedoch unzweifelhaft die Erlaubniß ertheilen, daß zunächst einOfen nur für Mitglieder des Vereins für Feuerbestattung erbautwerden dürfe. Sei das erreicht, so werde auch mehr erreicht.Sodann ergriff Herr Professor Hanke das Wort zu einemVortrage über„die Feuerbestattung". In dem ersten Theile des-elben hielt sich der Redner wenigstens einigermaßen am Thema,ndem er über die Hindernisse sprach, welche den Anhängern derFeuerbestattung entgegenständen, und als Haupthindernisse, diealtgewohnte Art der Bestattung in die Erde, eine Furcht vor demFeuer, das religiöse Prinzip und endlich die allgemeine Gleich-'iigkeit bezeichnete. Als der Redner aber zum zweiten Theiledes Vortrages ran, und über die„Hoffnungen" der Feuerbestat-tung sprach, verließ er jählings die häuslichen Penaten und ließin langen Tiraden seinen Patriotismus sehen und hören. Inwirrem Durcheinander sprach er über die kaiserlichen Erlasse, dieReise des Kaisers nach Bonn, seine Frenndschaft für das Stn-dentenleben; dann las er etwas aus Scheffel's„Trompeter" undHauff's„Phantasien im Bremer Rathskeller" vor, sagte, daßMinister von Maybach bürgerlicher Abkunft sei und der Reichs-kanzler einen Onkel habe, der dem Bürgerstande angehöre undchloß mit den tröstlichen Worten, daß der Feuerbestattung dieZukunft gehöre.Die Zuhörer mußten auch wohl der Ansicht sein, daß derallzugroße Patriotismus dem Herrn Professor bei seinem Ge-dankengange einen schlimmen Streich gespielt habe, denn der Bei-all wurde nur sehr dürftig gespendet. Tagegen nahm HerrFriderici Gelegenheit, einiges über die Feuerbestattung zu sagenund war am Schlüsse seiner Ausführungen der Ansicht, manbrauche sich nicht an de» Kaiser mit der Bitte um Genehmigungzum Bau eines Krematoriums zu wende«, sondern dazu sei derReichstag da. Ein anderer Redner schloß sich dem an, währendder Vorsitzende der Ansicht war, eine Petition an den Reichstagwürde erfolglos sein, da bereits vor einigen Jahren einePetition als nicht geeignet zur Erörterung im Plenum zurück-gewiesen sei.Während der Versammlung wurden die in einem Glase ver-schlossene» Uebcrreste eines verbrannten älteren Mannes herum-gereicht, desgleichen war das Modell einer Urne zum Aufbewahre»der Asche zur Ansicht ausgestellt.Berantwortlicker Redakteur: R. Cronbeim in Berlin. Druck und Verlaa von Mar Badina in Berlin SW» Beuthstraße 2.