bereits jetzt inmitten der allgemeinen Teuerungswelle. Das Bemühen des Reichswirtschaftsministeriums geht nun dahin, der Teuerung auf dem Punkte Einhalt zu gebieten, wo die voraussichtlich vielleicht gültigen Vertragszollsätze die Preise bestimmen. Ein schwieriges. Unterfangen! Als Archimedes mit einem festen Hebel, den er eben erfunden hatte, die Welt aus den Angeln zu heben sich unterfing, rief er noch immer nach einem festen Punkt. Das Reichswirtschoftsministerium will die Preise an einem Punkt anhalten, den es nicht einmal hat. Man sieht, die Mathematik macht Fortschrittel Ernsthaft: Das alles sind doch Kindereien. Wir ver» stehen durchaus, daß den Urhebern der Zollvorlage die Lage brenzlig wird. Längst ehe dieses Instrument einer volks- feindlichen Wirtschaftspolitik Gesetz wurde, haben einsichtige Volkswirte darauf hingewiesen, daß ein S t u r m d e r E n t- r ü st u n g den Zolltarif wieder hinwegfegen würde, wenn er wirksam würde. So weit sind wir-� schon heute, 10 Tage nach Annahme des unsinnigen Gesetzes! In den großen Massen des Volkes sammelt sich der Zündstoff quälender, zum Ausbruch drängender Erbitterung. Hunger und Ar- beitslofigkeit rücken für Taufende und Hundert- taufende näher. Wir oerstehen also schon, wenn die Hühner aufgeregt gackern, die eben das Zollei gelegt haben. Aber wir glauben nicht und können nicht glauben, daß mit— man verzeiht den Ausdruck.— blödem Geschwafel Folgen ver- h.inderk werden, die wir vorausgesagt haben, die jeder voraussehen konnte, wer nur guten Willens war. Und es ist ebensosehr Weltfremdheit wie der Ausdruck der Verlegen- .heil, wenn die Arbeitgeber dem Volke zumuten, um ihrer m-ndigen und tausendmal gebrochenen Versprechungen willen solle man Lohnkämpfeaufgeben. Das ist ein H o h n, wie er eben nur im Munde deutscher Arbeitgeber möglich ist, derselben Leute, die uns durch das Elend des Krieges und der Inflation geführt haben, die den Zollkampf führten und in ihm siegten, und die auch heute kein anderes Rezept kennen als die Mahnung Ludendorffs: Aushalten, Durchhalten, Maulhalten! > Sie reden vom Preisabbau. Wir kennen das Gerede. Für solche Kellerwechsel zahlt die Arbeiterschaft,— das ist die wichtigste Lehre, die sie aus Inflations- und Stabilisie- rungsrummel gezogen hat— noch weniger, als die Darm- städter Bank für Wechsel der Aga auswirft. Um den Willen zum Preisabbau zu zeigen, dazu gehören Taten. Am 12. August, dem Tag der dritten Lesung der Zollvorlage, hatte der Reichsverband der Deutschen Industrie samt seinem Mini- ster Ncuhaus die Möglichkeit, den Preiswahnsinn zu ver- lündern. Er verzichtete auf diese herrliche Aussicht. Diese Leute sollen sich nun nicht wundern, daß die Arbeiterschaft die samose„Prcisabbauaktion" als das nimmt, was sie ist: als einen B l u f f, der sich von allen bisherigen Regierungsmaß- nahmen nur durch feine einzigartige Schäbigkeit und Ver- logenheit auszeichnet. Ihm auch nur einen Pfennig irgend- einer Lohnforderung zu opfern, wäre der Verrat an einer Sache, die die Unternehmer durch ihre ganze bisherige Wirt- schafts-, Lohn-, Steuer- und Zollpolitik zur gerechten Sache gemacht haben. �kcichsperband der Deutschen Industrie und Preisabbau. .Gefterti fand in Berlin .•«»«* ßememsame Sitzung'dtr Vorstände des Reichsvelbanbes der Deutschen Industrie und der Vereint- ,8,« n g Deutscher Arbeitgeber verbände statt, in der mich V e r t r c t e r f o st atle-r R«ich»»ninisterierr, einiger �änderregterungen sowie der Reichsbahnverwaltung und des Reichsbankdirektoriums teilnahmen. Anlaß zu dieser Tagung boten die Ausführungen des Reick�-kanzlers am 8. August im Reichstag -W Verabschiedung der Zollvorloge, die Aussprache zeitigte laut TU. folgendes Ergebnis: Der Rcichsverband de? deutschen Industrie und die Vereinigung der deutschen Slrbcitgebcroerbände find bereit, mit allen Kräften die Wünsche der Reichsregierung Hinsicht- iich der Preisgestaltung zu unterstützen. Sie halten es für erforderlich, daß die Ermäßigung der Umsatzsteuer am 1. Oktober
auf 1 Proz. in vollem Umfang in der Preisgestaltung auf olle Stoffe der gütererzeugung und der Gütervermittlung zum Ausdruck kommt. Sie erwarten deshalb, daß die ihnen angeschlossenen Unter- nehmungen bei der P r e i s k a l k u l a t i o n dementsprechend ver- fahren. Auf dem Gebiet des Kartellwesens vertreten die Spitzen- verbände der Industrie die Anficht, daß unter der Voraussetzung einer gesunden und verantwortlichen Kartellpolitik Kartelle notwendig sind. Die gegenwärtige Lage verlangt von den Karlellen in besonderem Maße eine Anpassung ihrer Maßnohmen a n die Erfordernisse der gesamten Wirtschast. Ueberspannung und Mißbräuche im Kartellwesen können unter keinen Umständen eine Stützung durch die Spitzenorgani- sationen der Industrie finden. Diese sind deshalb bereit, eine gründ- liche Durchprüfung der Grundlagen der Kartelle vorzunehmen und in Verbindung mit der Regierung ungesunde Er- scheinungen auf dem Gebiet des Kartellwesens zu beseitigen. Die Spitzenverbönde weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die von der Oeffentlichkeit vielfach beklagten Erscheinungen weit weniger durch die Industriekartell«, als durch die nicht kontrollier- baren freien Abreden und kartellähnlichen Abmachungen auf allen Gebieten des gewerblichen Ledens hervorgerufen werden. Die Spitzeiwirbände sehen die Möglichkeit des von der Re- gierung erstrebten Erfolges nur dann, wenn sich auch die übrigen Berufs stände und die öffentlichen Betriebe dem Schritte der. Industrie anschließen. Die Verringerung der Preisspanne vom Erzeuger bis Verbraucher muh er- reicht werden. Eine allgemeine Lohnsteigerung würde jeden Per- such eines Preisabbaus von vornherein zum scheitern verurteilen. Die Erkennti�h muß Allgemeingut werden, daß eine Steige- rung des Reallohns durch Produktionsvekbllli- gung und Preissenkung wertvoller ist als weitere nominelle Lohnerhöhungen. In Reich, Ländern und Gemeinden sowie bei allen Privaten muß endlich die Sparsamkeit eintreten, die die heutige Lage Deutschlands erfordert.
Merkt es Euch! Reichsdank an die Zollmacher. MTB. meldet: Wie aus Anlaß der Verabschiedung der Steuer- gesctze und des Auswertungsgesetzcs dem Reichsfinanzminister und dem Reichsjustizminister, hat der Herr Reichspräsident aus Anlaß der Verabschiedung des Gesetzes über die Abänderung des Zolltarifes, dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschast Graf von Könitz und dem Reichswirtschaftsminister Dr. Reu- haus in einem persönlichen Schreiben Dank und Auer- k e n n u n g des Reiches ausgesprochen. Auch den beteiligten leitenden Beamten der betreffenden Reichsministerien sind Dank- und Anerkennungsschreiben des Herrn Reichspräsidenten zu- gegangen. 0 Der größte Wert dieser Dankschreiben dürfte darin liegen, daß sie die politische Stellungnahme des Reichspräsidenten gegen die jenige seiner Wähler, die aus den Kreisen der Rentner und Ar-. beitnehmer stammen, mit aller wünschenswerten Deutlichkeit kenn- zeichnet._ Zentrum und Zölle. Ablenkuugsmattöver für den Wählerzorn.' Sölu. 21» August.(Eigener Drghtbericht») Die Arbeiterabgeordneten des Zentrums' erfahren in allen Dertreterversamm- lungen ihrer Wähler schärfste Opposition wegen der Steuer- und Zollpolitik des Zentrums. Um sich einigermaßen zu rechtfertigen, versuchen die Abgeordneten, die aufbegehrenden Parteimitglieder auf ein neues Ziel hinzulenken, auf das Problem der Preissenkung. Am Donnerstag fand in Köln eine Der- ' trauensmännerversammlung des Deutschen Gewerkschaftsbundes statt, in der Reichstaqsabg. Dr. Brüning über die neuen Steuer-, Aufwertungs- und Zollgesetze sprach. Dabei beschäftigt« er sich ebenso wie Stegenwald am vergangenen Sonntag mit der über- mäßigen Preisspanne zwischen Erzeuger« und Ver-
Lonaus letzte Jahre. (Zum 7.5. Todestag des Dichters.) Von Wilhelm Russo. Im Herbst des Jahres 1841 brach er zusammen; im Sommer lhis Jahres 1850 starb er. Dazwischen lagen sechs Jahre der Dämme- rung und Dunkelheit. Daß solches Schicksal ihm bestimmt war, hat Lenau früh erkannt, erst dumpf, dann deutlich.„Brüderl! das Licht gebt aus!" sagte er zu Berthold Auerdach, als die Beiden in den Iulitagen des letzten lichten Sommers, der dem Dichter beschieden war, zusammen in Baden-Baden weilten. Ein Jahr zuvor schrieb er an den achtjährigen Arthur Löwenthal, den kleinen Sohn jener Sophie Löwenthal, welche die Liebe und das Schicksal seines Lebens gewesen ist:„Fürchte Dich nicht im Dunkeln, sonst mußt Du Dich Dein ganzes Leben fürchten, denn dos ganze Leben ist etwas dunkel. Das soll Dir Deine Mutter erklären." Das zu erklären wäre in der Tat keine berufener gewesen als diese Mutter, denn das hellere Gc- schick, das ihr bestimmt schien, wurde früh beschattet von dem dunkle- ren ihres Freundes Lenau , den sie nach fünfjähriger glücklicher Ehe an der Seite eines zwar nicht bedeutenden, aber hochgebildeten und jeinfinnigen Mannes kennen gelernt hatte. Kampf und Entsagung war seitdem ihr Schicksal; sie trug es mit einem Uebermaß geduldiger Kraft, die aufzubringen Lenau vergeblich sich mühte. ,X) finstrer Wahnsinn! blutendes Entsagen. , Wo rings des Gottes warme Pulse schlagen!" heißt es in dem Don-Juan-Fragment, dessen Dichter dann selber ein Opfer dieses finsteren Wahnsinns werden sollte. Es begann in Stuttgart , dem Lieblingsaufenthalt Lenaus. Hier verhandelte er, um sich Kapital zu verschaffen, mit seinem Verleger Cotta wegen eines Verkaufsoertrages bezüglich seiner erschienenen und künftigen Schriften. Schon seit 1832 war Lenau in Stuttgart der alljährliche Gast des Hofrats von Reinbeck und dessen Frau Emilie, die bald des Dichters mütterliche Freundin wurde. Sie war. als die Krankheit über ihn hereinbrach, seine hingebende Pflegerin und auch die getreue Chronistin seiner Leiden. In den legten Septembertagen des Jahres 1844 war Lenau nach Stuttgart gekommen: ermattet, angegriffen und vor allem ver- stimmt durch die Einwendungen seiner Wiener Freunde gegen den beabsichtigten und für ihn angeblich ungünstigen Vertrag Mit Catta, den er aber trotz allem durchjjusetzen hoffte, denn er hatte in jener Zeit den unter seinen damaligen Verhältnissen fast abenteuerlichen Plan gefaßt, eine 32jährig« Frankfurterin, Marie BehreNds, die er seit wenigen Wochen erst kannte, zu heiroten. Acht bis vierzehn Tage wollte er bei der Familie Reinbeck in Stuttgart bleiben, um dann in Frankfurt mit seiner Braut Hochzeit zu machen. Es kam anders.„Am Sonntag, den 2S. September ", berichtet Emilie von Reinbeck,„wie er eine Weile stumm, finster brütend am Früh- stü-k gesessen hatte, brach er in einen heftigen Asse« aus mit Klagen und Tränen. Als er sich auf unser« herzlichen Zuspruch wieder ge> faßt hatte, bemerkte er eine Spannung auf der rechten Seite des Gesichts." Es Händelte sich, wie man bald erkannte, um ein« Lähmung, die als solch« zwar nicht von Dauer war, aber physische und psychische Störungen der verschiedensten Art zurückließ. Lenaus
Leidensweg— wofern man nicht sein ganzes Leben als einen Weg des Leideue ansehen muß— hatte damit begonnen. Schon in der Nacht zum 13. Oktober überfiel ihn das erste Delirium, in dessen Verlauf er fast sein ganzes Zimmer oerwüstete und sogar Hand an sich legen wollte. Bezeichnend für seinen Hang zur Selbstquälerei ist es, daß er am andern Morgen begann, eine Schilderung der Vorgänge dieser furchtbaren Nacht niederzuschreiben: seine Freundin, der er den Bericht vorlesen wollte, ertrug es nicht, bat ihn, einzu- hatten und die Papiere zu vernichten. Drei Nächte später ergriff ihn die Wahnvorstellung, er solle als Mörder seiner geliebten Sophie gerichtet werden. Eine Woche lang wechsellen solche Anfälle mit kurzen Stunden der Ruhe und Besinnung. Don einer Nacht be- richtet Emilie von Reinbeck:„Er blieb kein« halbe Stunde im Bett. wollte immer hinausstürmen, schrie und sprach unaufhörlich, oft so ergreifend im Ausdruck, daß die Wärter voll Bewunderung zuhörten, obgleich sie gar wenig davon verstanden. Die Macht des Geistes be- währte sich noch in diesem Zustand höchster Aufregung und Ver- wirrung." Aber die Tobsuchtsanfälle nahmen überhand, am Morgen des 22. Oktober mußte ihm die Zwangsjacke angelegt werden, und der Kranke wurde in die nah« gelegene Heilanstalt Winnenthal gebracht. Noch war sein Geist nicht völlig erstorben. Von den schriftlichen Auszeichnungen, die er in jenen Tagen vor- nahm, bemerkt Anastasius Grün , sie wären„mitunter verworren und kindisch, mitunter aber auch von jener schwindelnden Gedanken- erhabenheit, deren scharfe Spitze es unentscheidbar läßt, ob in ihr die höchste Höhe des Geistes oder die gesteigerte Verirrung des Wahnes gipfelt." Seine Freunde und auch die Aerzte hatten noch nicht jede Hoffnung aufgegeben.„Die letzte Zeit ging es meist sehr leidlich mit unserem teuren Kranken", schrieb der Leiter der An- statt, Dr. Zeller, an Frau von Reinbeck:„sein Violinspiel war oft wieder geistreicher und geordneter als seit lange und in seiner Lektüre mehr klare Aneignung und Aussprache als feit Monaten." Vielleicht eines der schönsten Dokumente der Treue, mit welcher Lenau in dieser Zeit gepflegt wurde, ist ein in seiner Unbeholfenheit ergreifendes Gedicht des Wärters, der seinem Pflegling zuruft: „Guten Mut! Es wird auch bald Uns der Frühling blühen, Fröhlich über Berg und Tal Wird Herr Lenau - ziehen. Neu gestärket wird er dann Liebeslieder reimen. Holder Frühling, tritt hervor, Tu dich nicht versäumen." Jedoch dem Dichter erschien kein neuer Frühling mehr. All- wöhlich erstarben auch die letzten Regungen seines Geistes; die Symptome einer fortschreitenden Verblödung waren unoerkennbar, so daß man sich im Mai 1847 entschloß, den nun hoffnungslos Kran- ken in die Anstalt Oberdöbling bei Wien zu bringen. Hier besuchte ihn Sophie regelmäßig in seiner Zelle, aber er erkannte die nicht mehr, die das Erlebnis seines Daseins gewesen war. So siechte er dahin, bi» am 22. August Erstickungskrämpse seinem Leben ein Ende machten. „Wenn Lieben. Leiden und Entsagen Kennzeichen eines Nach- folgers Jesu sind, so setzt aus Lenaus Denkmal ein Kreuz!" schrieb
braucherpreis. Brüning erklärte dabei u. a., die Schuld trügen irr erster Linie die Spekulanten, vor allem des Großhandels. hie und da aber auch schon des Mittel- und Kleinhandels, die bestrebt seien, ihre durch die Inflation und die Nachwirkungen der Stabilisierung erlittenen Verluste unter ollen Umständen in 1 bis 2 Jahren wieder hereinzuholen auf Kosten der Erzeuger und der Verbraucher. Gelinge es nicht, diesem Treiben entgegen- zutreten, dann sei eine Wiederaufrichtung der deutschen Wirtschaft nicht denkbor. Für die Reichsregierung werde im Herbst die große Probe kommen, ob sie bereit ist, diesem Krebs- übel mit einer eisernen Gesetzgebung zu Leibe zu gehen und ihren Willen unter Umständen auch gegen die Länder durchzu- setzen.— In den Zentrumsversammlungen werden überall Eni- schließungen angenommen, in denen eine Reihe von Forderungen ausgestellt werden, die aber, wie schon bisher die Haltung des Zentrums bewies, gegenüber den schwerindustriellen und agrarischen Interessen innerhalb dieser Partei sich nicht durchsetzen. Der Zweck wird aber erreicht: die Gemüter der Zentrumsarbeiter- Wähler werden damit für eine Weile beschwichtigt. Die �Deutsch eMgemeine Zeitung� verkaust. Von der Schwerindustrie zur verarbeitenden Industrie. Wie das Wolff-Bure-au von unterrichteter Seite erfährt, ist die„Deutsche Allgemeine Zeitung" und die Norddeutsche Druckerei und Verlagsanstalt A.-G. in Verlin aus dem Besitz der Buch- und Zellstoffgerverbc Hugo Stinnes G. m. b. H. in die Hände eines Kon- f o r t i u m s übergegangen, das unter Führung des bekann- ten Papierindustriellen Walter Salinger und des Herrn Dr. A u g u st Weber- Berlin die Zeitung in der bisherigen Richtung fortzuführen gedenkt. Der Kaufpreis beträgt drei Millionen Mark und ist in bar bezahlt worden. Mit diesem Desitzwechsel ist die„Deutsche Allgemeine Zeitung", die bisher die Interessen des Stirmes-Konzerns im besonderen und die Interessen der Schwerindustrie im allge- meinen vertrat, in die Hände der verarbeitenden Industrie übergegangen. Herr Dr. A u g u st W e b e r ist der Vertreter zahlreicher Tcxtilinteressen, sowie von Papierinter- essen und Interessen der graphischen Maschinenindustrie. Er ist einer der Führer des Deutsch en Iutesyndikats. Die Textilindustrie hat zum ersten Male eine große politische Tageszeitung aufgekauft. Man wird erleben, daß hinfort in der„Deutschen Allgemeinen Zeitung" nicht mehr die Jnter- essen der Schwerindustrie, sondern der Textilindustrie ver- treten werden. Es ist notwendig, auf diese Tatsache hinzu- weisen, da die Interessenvertretung in Zettungen von der Art der„Deutschen Allgemeinen Zeitung" in der Regel unter einer allgemeinen polittschen Phraseologie oerborgen wird, die die Oeffentlichkeit darüber hinwegtäuschen soll, daß es sich um reine Jnteresientenorgane handelt. Es wird versichert, daß sich in der Zusammen- setzun-g der Redaktion der„Deutsch «? Allgemeinen Zeitung " nichts ändern werde. Das ist möglich, wenn die Herren mit demselben Eifer künstig die Interessen der Textilindustrie vertreten, mit dem sie bisher die Interessen des §auses Stinnes und der Schwerindustrie vertreten haben. uf.die H.ä'f�u n g. der Zeitung tyird der Vesitzwechsel ebensowenig, ohne Einfluß bleiben, wie seinerzeit der Uebergang der-»Deutschen Allgemeinen Zeitung" an das Haus Stinnes , oder um auf ein anderes naheliegendes Beispiel hinzuweisen. der Uebergang der„Zeit" an L i t w i n.
Die preußische Amnestie. Wie der Amtliche Preußische Presiedienst mitteilt, steht die amtliche Publikation der preußischen Amnestieverordnung un- mittelbar bevor.
Da» Hamburgische Amaestigeseh. Di« Bürgerschaft wird am kommenden Mittwoch oder Donnerstag das Hamburgische Amnestie- gesetz beraten.
Sophie von Löwenthal nach dem Tode ihres Freundes. Ein Leben lang muhte er das Kreuz tragen wie alle, die zum Leben berufen sind, ohne ihm gewachsen zu sein. Nicht an der Härte seines Schicksals ging er zugrunde, sondern an der Weichheit seines Herzens. „Weiche Herzen bleiben Kinder all ihr Leben, und es falle ihnen auch das Los gelinder, als den Herzen von Metalle." Das sind die Berse eines, der weiß, daß ihm auch weniger un- glückliche Erlebnisse nicht zu einem glücklicheren Geschick verholfen hätten. Die Stimmung seiner Zeit und ihr dichterischer Ton war das, was man— nicht immer ganz ohne Ironie— mit Weltschmerz bezeichnete. Ihm hat sich Lenau hingegeben— aber nicht mit dem Vorbehalt, sein Menschentum bei diesem Spiel zu bewahren, sondern er hat sich ihm hingegeben mit der Leidenschaftlichkeit dessen, der hier und nur hier den Urgrund seines Dichtcrtums erkennt. So muß er, zu Taten ungeschickt, auf die Krone verzichten und durfte sich das Kreuz oerdienen allein durch Lieben, Leiden und Entsagen.
Die„Vewequag"-Atodemii' in Münster . Der städtische General- Musikdirektor Schulz-Dornburg in Münster hat einen großzügigen Plan für den Ausbau der bisherigen Westfälischen Musikhochschule vorgelegt. Danach wird die Akademie in drei Abteilungen ge- gliedert: Eine Schule für Bewegung,«ine Schule für Sprache und eine Schule für Musik mit der Unterabteilung für musikalische Jugenderziehung. Der Unterricht in der rhythmischen Gymnastik ist in Zukunft für den Musik-Studierenden Pflicht- und Prüfungsfach. Ob Rudols von Laban an die Akademie verpflichtet werden wird, hängt von den schwebenden Verhandlungen ab. Es sind im übrigen hervorragende Persönlichkeiten auf allen Gebieten der Musik, Bewequngs- und Sprachkunst verpflichtet worden, so die bekannte Hamburgerin Vstma Mönckeberg, die australische Geigerin Alma Moodie . Die Zusammenfassung der drei Ausdruckskünste in der neuen Akademie zu einem einheitlich organisierten und ge- leiteten Ganzen bedeutet die Realisierung zahlreicher Versuche m ganz Deutschland . Alma Vawlowa wird nach tl jäbriger Abwesenheit am 30. Auguit wieder in Berlin tanzen und zwar in derOperamikönigSvlatz an k Abenden, 30., 3l. August und 2. di« 5.«eptember. Ihre Borstellungen im tlbeater des Westen» im Juni 1914 sollten im Herbst de» gleichen Jahre» sortgesetzt werden. Ter Krieg zcrslärte die Pläne, Anne Pawlowa, die noch am 1. August 1914 in Berlin weilte, mugie die Stadt fluchtartig verlassen und lieh damal» ihre sämtlichen Dekoraiionen, ihre Musik und Kostüme in Berlin zurück. Blumeakors» zar(brunewald-lieilnbahn. Da« am Sonnabend, den 29. August, aus der Giuncwaid- Nennbahn stoltfindende Sommersest der Schule Retmann wird durch einen Auto-Blumenkorso eingeleitet, der sich vom Re!ch»kanzleiplatz bi» zur lSrunewald-Rennbahn ausdehnt und mit einer Blumenschlacht endet. Di- Meldungen zur Teilnahme am Korio werden vom ftestauSschnji de« Freundeskreises der Schule Neimann, W 30, Landihnter Str. 38, entgegengenommen. .Zange Dichter vor die Jronll- fFllhrung Iran , Konrad Haefert.) Im 4. Jahre der Veranstaltungen kommen u.a. jolgende Dichter zu Worte: Otto Braun . Bert Brecht . Jakob Maringer. Leinbard von der Marwitz, Rudolf Paulsen. Eduard R-inacher, Ernst Thraselt, Siegsried von Vege ack. Carl Zuckmaher.