»Der Sumpf der FtvekSeutkgkeit". Oder: Die doppelte Buchführung der KPD . Die Berliner kommunistische Parteiorganisation ist in vollem Aufruhr. Kein Tag vergeht, ohne daß nicht die„R o t e F a h n e" in den höchsten Tönen der Entrüstung auf die Niederträchtigkeit der Berliner Opposition hinmefft. Unfreiwillig malt sie ein Bild von den kommunistischen Agitationsmethodcn, wenn sie sich über die Opposition in ihren Reihen beschwert. Die KPD. - Zentrale schildert nur sich selber, wenn sie schreibt: „Die gefährlichste Methode der Diskussion sind jene kleinen Tricks, jenes Demagogentum, die allem Poliiikanlentum eigen sind, wie wir sie gestern bereits an einigen Resolutionen nachgewiesen haben. Jene Methode, wo man mit vagen Andeuwngen bzw. mit g- schickten Enlstellungen und Verschiebungen der Tatsachen ver- sacht, die Grundlage der Diskussion zu verschieben, den Begriffen und Streitpunkten einen anderen Sinn zu unterstellen, als den sie haben. Icne Methode der Schlauheit. List. Verschlagenheit, Be- i-mg und Lüge, wie sie im Parteienkamps der Bourgeoisie üblich sind, um einander den Rang abzulaufen. Das sind Methoden, die innerhalb der Partei(innerhalb der Arbeiterbewegung sind sie natürlich erlaubt!! Die Red.) auf das entschiedenste abge- lehnt werden müssen. Der offene Brief der Komintern hat denn auch mit großer Borsicht und Zurückhaltung diese Methode an den Stellen, wo sie innerhalb der Partei aufgetaucht sind, gekennzeichnet, durch die Bezeichnung der Maslow-Fischer-Gruppe als die„Politik der doppelten Buchführung". Zweifellos kann man jetzt schon von einer»Fraktion der doppelten Buchführung" sprechen. Die radikalen Berliner Genosien haben offenbar die Absicht, den befohlenen Rückzug mit dem Kommando»Rechts schwenkt, marsch!" nach Kräften zu sabotieren. Der Berliner Zentralvorstand hat eine neue Resolution angenommen, in der er zwar oerspricht, den Brief des Ekki zu befolgen, im übrigen aber deutlich zu verstehen gibt, daß er nach wie vor sich zu den»Sinken" zählt. Die»Rote Fahne ", die sonst so sehr für.Manöver" eingenommen ist. hat für d i« s e Manöver gar nichts übrig. »Warum aber oder zu welchem Zwecke diese Manöver? Dos ist doch gar zu durchsichtig. Man will mit dem Rückzugs- in n n L o e r vor den Mitgliedern den Boden nicht unter den Füßen verlieren, um von dieser Position aus, die man hält, erneut und organisiert gegen die Komintern vorzustoßen. Dieser Kriegsplan ist gar zu durchsichtig. Die Sappen und Laufgräben, die man in- zwischen ganz systemakisch in die einzelnen Bezirke und VUlglieder- kreise hineintreibt, find zu ossenkundlg. um diese Manöver nicht zu verstehen. Diese Taktik ist natürlich ein Manöver gegen die Exekutive und die Sammlungslosung, die beretts vom 17. Bezirk ausgegeben ist, zeigt gar zu deutlich, wie der westere Stellungs» krieg verlaufen soll. Der Zweck dieser Manöver fft ganz klar: die klare Frage- stellung der Komintern soll vor der Mitgliedschaft mit einer un- klaren, irreführenden Antwort erledigt werden. Dieses Manöver ist hundertmal gefährlicher, als wenn z. B. ein einfaches Partei- Mitglied oder eine Parteigruppe oder gar ein ganzer Berwaltungs- bezirk Feststellungen und Forderungen des Offenen Brieses für falsch holten und ihre Meinung offen aussprechen. Diesen Genosien und diesen Parteiorganisationen ist es Ernst um die Partei. Sie ringen ehrlich um die richtige Taktik, sie können im Verlaufe der Diskussion, vielleicht erst nach längerer Zeit, aber sie können über- zeugt werden, daß der Standpunkt der Komintern der richtige ist. Aber jene Genossen, die mit Trick» und Manöverchen in dieser ernsten Situation in die parteidebatte hineingehen, mit 40 Prozent 3a, mit 60 Prozent Nein, und glauben damit einer klaren Ent- scheidung ausweichen zu können, diese Genossen führen eine Diskussion der Versumpfung der Partei." Man kann gespannt sein, ob es der neuen KPD. -Zentrale gelingt. den radikalen Berliner Zentraloorstand au» dem Sattel zu beben. Eine leichte Arbeit wird das nicht sein. Denn nach der A b s ä g u n g dieser»Sinken" steht vor der neuen KPD. -Führung die Frage:»was nun?" Die Schicksalsfrage des deutschen Kommu. nismus, wie er aus seiner hoffnungslosen Isolierung herauskommen soll, wird die neu« Zentrale weiter nach rechts drängen und sie zwingen, mit ihrer eigenen»Politik der doppelten Buchführung", die sich zunächst innerparteilich in eistem unklaren und verschwommenen Zentrumskurs äußert, für den das schöne Wort bolschewistische Sinie" nur ein« hohle, leere und nichtssagende phrasenhafte Umschreibung ist, Schluß zu machen und offen zum Ausdruck zu bringen, daß sie restlos auf die Sinie von 1921 zurückgehen will. 1921 hat aber die KPD. eben wegen solcher Tendenzen erst die»S e v i t e n" hinausgeworfen, dann eine heftige Parteikrise durchgemacht, um schließlich unter dem Brandlerkurs bis unmittelbar vor die Tore einer Spaltung zu gelangen, deren Perfektwerden nur durch die Ruhr- besetzung und die Folgen der Währungskatastrophe verhindert wurde. Dem Abschlachten der»Sinken" in der KPD . stehen die allergrößten persönlichen und sachlichen Schwierigkeiten entgegen. Aber selbst wenn es gelingen sollte, taucht ein neuer Berg unüberwindlicher chemmnisie für die»einzige Arbeiterpartei" aus. Die Kommunisten werden noch sehr viel miteinander.diskutieren" müsien, ehe sie wissen, was sie eigentlich wollen. Und bei dieser Diskutiererei wird die Anziehungskraft des Kommunismus ganz gewiß nicht wachsen.
Die öeutsch-polnischen Verhandlungen. Endgültiger Vertrag oder Provisorium? Gemäß der im Juli d. I. getroffenen Bereinbarung, wurden die Verhandlungen über den Abschluß eines deutsch - polnischen Handelsvertrages in einer gemeinsamen Sitzung der beiderseitigen Delegationen im Auswärtigen Amt zu Berlin wieder aufgenommen. Von beiden Seiten wurde der Wunsch zum Ausdruck gebracht, möglichst bald zu einer Verständigung zu gelangen, wobei der deutsche Bevoll- mächtigte S e w a l d betonte, daß auf deutscher Seite der Abschluß eines definitiven Handelsvertrages angestrebt werde, während der polnische Bevollmächtigte Exzellenz Pradzynsti den Abschluß eines Provisoriums als Vorstufe zum definitiven Handelsvertrag vorschlug. Der deutsche Bevollmächtigte Sewald wies unter anderem auf die große Bedeutung einer befriedigenden Regelung der Fragen des Riederlassungsrechtes und der Zollbindungen hin. Zum Schluß wurde vereinbart, vor Beginn der offiziellen Kommissionssitzungen im Wege unverbindlicher Besprechungen zwischen je zwei von beiden Bevollmächtigten ernannten Vertretern das aus den früheren Ver. Handlungen vorliegende Material zu prüfen und eine Klärung der bestehenden Differenzpunkte vorzubereiten. Die Wahlen ,mn ersten memelländischen Landtag finden, wie UNS mitgeteilt wird nunmehr bestimmt am 19. Oktober statt. Von litauischer Seit« wird fieberhast gearbeitet, um ein im großlitau, scheu Sinne günstiges Resultat zu erreichen. Ob mit gutem Erfolge, sei dahingestellt, denn auch die deutsche Geste, die ein hervorragendes Intcresie daran hat. die Zkulturfaktoren. die nun einmal durch jähr- bundertelange Gemohnhett Heimatrecht im Gebiet erlangt haben, nicht auszulöschen, ist rührig und dürfte immerhin ein bedeutendes, wenn nicht das bedeutendste'Wort auch in Zukunit mitzureden haben. — Da Sitauen sich als moderne demokratische Republik ansieht, ist die Festsetzung des Wahltermms aut eineu Montag ünmerhin c.was lMMlliA,.»... � i»m-i.«f, fiai'rtn«»
Jndfonet von einst. Die Ureinwohner Amerikas sind jetzt wieder einmal in einem Berliner Zirkus zu sehen. Der„älteren Berliner Jugend" ist das jedoch nichts Neues. Schon vor etwa 30 Iahren trat in dem „Eisernen Zirkus", der sich in der Nähe des Sessing-Theaters befand, eine große Truppe Rothäute auf, die fast ein ganzes Abendprogramm ausfüllten. Kinos gab es damals noch nicht und so führte man auch die Schulen dahin. Vieles wußte man ja schon von den Indianern, aus den Schmökern und aus dem„Lederstrumpf ", aber was man da sah, übertraf alle jugendlichen Erwartungen. Da wurde auf die Weißen mit Lassos Jagd gemacht, die Gefangenen skalpiert, an den Marterpfahl gebunden und zu ihren Füßen ein Feuerchen ange- zündet. Dann wurden die Tomahawks nach den an den Marterpfahl gebunden geworfen, und sie grausam gepeinigt. Das alles hatte auf uns Jungens seine Wirkungen nicht verfehlt. Schon am anderen Tage zeigten uns einige Mitschüler ihre Lassos, die sie sich um den Leib gebunden und unter der Jacke versteckt hatten. Das ließ den anderen keine Ruhe mehr. Musters Waschleine wurde heimlich vom Boden geholt und um ein mächtiges Ende kürzer gemacht. So kam einer nach dem anderen mit dem Lasio um den Leib in die Schule. Nach Schulschluß wurde dann das Seil so lange über dem Kopfe geschlungen und geschleudert, bis wir regelrecht die Kunst des Ein- fangens gelernt hatten. Dem so Getroffenen legte sich ahnungslos das mit Blitzesschnelle geworfene Seil um den Hals und er wurde zu Boden gerissen. Das Trapper- und Jndianerspiel war unter den Iungens in höchster Blüte. Mit einem riesigen bunten Federbusch um den Kopf, und bemallem Gesicht ging es aufs Tempelhoser Feld und dann in den nahen„Wald", wie die Hasenheid« damals genannt wurde. Da wurde Jagd auf die verhaßten weißen Trapper gemacht. Die modernen Feuerwaffen der Weißen, das Holzgewehr, wurde ver- schmäht. Eine ehrliche Rothaut kämpfte nur mit Speer und Tomahawk . Wehe dem Trapper, der diesen Berliner Rothäuten durch das Lasio in die Hände fiel. Cr mußte an den Marterpfahl, wobei es auch vorkam, daß es vergessen wurde, ihn wieder abzu- binden. Auch ein kleines Feuerchen wurde dabei angezündet und einmal passierte es, daß ein Baum stark zu brennen anfing und die Feuerwehr geHoll werden mußte. Die Unsitte des Lasiowerfens nahm so überhand, daß es von der Schule und durch die Polizei verboten wurde. Heute sind die Iungens weniger kriegslustig. Sie sind auch«'cht mehr Rothäute, sondern Braunhäute. denn meistens spielen sie Fußball oder laufen halbnackt durch die Straßen, was sie Leichtathletik nennen. öranüftistung in Neu-heiligensee? Eine Villa vollkommen ausgebrannt. Auf vorsätzliche Brandstiftung ist wahrscheinlich ein Feuer zu- rückzuführen, das in der vergangenen Nacht die Villa des Archi- tekten Stelz in Neu-Heiligensee bei Tegel zerstörte. Das im Jahre 1922 erbaute Haus bestand aus 5 Zimmern und Küche und war von der Familie des Architekten Stelz allein bewohnt. Gegen lOfb Uhr gestern abend nahmen die Hausbewohner und Nachbarn zu gleicher Zeit wahr, daß es im Dachgeschoß brannte und benach- richtigten die Feuerwehren des Ortes und von Tegel . Als diese eintrafen, stand der ganze Dachstuhl schon in hellen Flammen. Man hatte unterdessen an Einrichtungsstücken hin- ausgetragen, was möglich war, um wenigstens etwas zu retten. Bald brach die Decke durch, und ihre Trümmer fielen in das Untergeschoß hinab. So brannte die ganze Villa aus. Erst um 4 Ur morgens konnten die Wehren nach den erforderlichen Aufräumungen wieder abrücken. Weil man gleich Brandstiftung vermutete, so wurde die Sonderkommission der Kriminalpolizei be- nachrichtigt. Kriminalkommissar Hermann begab sich mit mehreren Beamten an die Brandstelle, um sofort die Ermittlungen aufzu- nehmen. Die Untersuchung ergab bereits gewiss« Verdachts- Momente, die augenblicklich noch nachgeprüft werden. G von der Turmwache der Emmauskirche wurde gegen 3% Uhr früh ein Feuer in der Nähe des Moritzplatzes ge- meldet. Es ergab sich, daß es auf dem Grundstück Stallschreiber- straße 29 in einem Fabrikbetrieb im 4. Stock des 2. Quergebäudes brannte. Di« Feuerwehr rückte unter Leitung des Oberbrand- direktors Gempp aus. Um SM Uhr war das Feuer, das auch den Dach stuhl ergriffen hatte und zunächst auch aus Nach- bargeböude überzugreisen drohte, gelöscht. Brandstiftung liegt hier nicht vor. Das Feuer ist wahrscheinlich dadurch ent- standen, daß ein Ofen mangelhaft gelöscht worden war.
Wahlsorgen der Kommunisten. Die B e z i r k s o e r s a m m l u n g des Verwaltungsbezirks Kreuz berg verhandlete über mehrer wichtige Anträge, die von der sozialdemokratischen Fraktion eingebracht waren. Ein Antrag forderte vom Bezirksamt schnellste Vorbereitungen zur Belieferung der Rentenempfänger mit Brennstoffen und Lebensmitteln. Genosse W a n s k i wies auf die Notwendigkeit rechtzeitiger Maßnahmen hin, die zum Schutz der Rentenempfänger gegen Hunger und Kälte dienen können. Stadtrat Zachow versprach die nötigen Schritte vom Bezirksamt, doch müsse man wegen der erforderlichen Mittel auf Magistrats- und Stadwer- ordnetenbeschlüsse warten. Die K o m in u n i st e n schwatzten, unser Antrag sei aus Stimmenfang für die Wahlen berechnet. Sie verrieten hiermit nur ihre eigene Sorge um den Aus- gang der Wahlen. Im Schlußwort sagte ihnen Genosse W a n s k i, daß mit kommunistischen Reden den Rentnern nicht ge- halfen ist. Der Antrag ging an einen Ausschuß. Ein anderer Antrag der sozialdemokratischen Fraktion forderte, das Bezirksamt solle un- verzüglich ausreichende Schritte einleiten, der täglich wachsen- den Arbeitslosigkeit wirksam entgegenzutreten. Gen. K ra a tz schilderte die Zunahm« der Arbeitslosigkeit, die N o t des Heeres der Arbeitslosen und auch der vielen„Aussetzer". Die Gemeinde müsse Staat und Reich auf die Gefahr dieser Zustände aufmerksam machen. Bürgermeister Kahle gab«ine Darlegung der schwierigen Wirtschaftslage, die eine Nachwirkung des Krieges ist und infolge der Zoll- und S t e u e r g e s e tz- g e b u n g noch drückender empfunden wird. Er betonte, daß wir wieder zu einer produktiven Erwerbslosenfürsorg« kommen müssen. Stadtrat G o t t s ch a l k bedauerte, daß viele Arbeitgeber jetzt, um zu sparen, Facharbeiter auf die Straße setzen und dafür billigere Ungelernte einstellen. Das Bauamt des Bezirks wolle Arbeit schaffen und wegen der Mittel auf den Magistrat ein« wirken. Die Kommunisten ergingen sich wieder zur Freud« der rechtsstehenden Parteien in A n r e m p e l u n g c n der SPD. — und die Schimpfkanonade des kommunistischen Redners G cch l m a n n endete dann mit der üblichen Mahnung zum Zusammenschluß der Arbeiter. Der Kommunist R i n t o r f" bemühte sich, auch diesen Antrag unserer Genossen wieder als.Wahlmache" hinzustellen. In der Hitze des Gefechts entfuhr ihm das Geständnis, das Gerede der Kommunisten habe keinen Zweck.„Gerede" nannte er selber es in ungewollter Selbstkritik: er erntete schallende Heiterkeit. Im Schlußwort hielt Genosse Kraatz den kommunistischen Ein- hettspredigern vor, daß gerade sie ihre Macht darangesetzt haben, alles zu ruinieren. Daß es jetzt mit den Kommunisten vorbei ist, wird sich bei den W a h l e n zeigen. Unser Antrag auf Herbeiführung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbettslosigkeit wurde ange- nommen. Zwei vom Genossen Grün begründete Anträge der sozial- demokratischen Fraktion wandten sich gegen gesundheits- schädigende Uebelstände. die in der Nachbarschaft der Lederfabrik Solomon(an der Lohmühlenstraße) und des »L«tde>ip1.«�es Ket-kewAosor(am Lanidwchrtanal) als jchr
lästig empfunden werden. Di« Beschwerden, mtt denen sich(inie Stadtrat Dr. Bejach berichtete) auch das Bezirksamt schon oeschäs- tigt hat, sollen in einem Ausschuß geprüft werden. Dieser wird auch«Stellung nehmen zu der in dem Antrag unserer Genossen ge- gebenen Anregung, auf dem von Fetkenhauer benutzten Gelände einen Spielplatz zu schaffen. Der Deutschnationale Schulze meinte allerdings, das sei nicht nötig, in der Nähe habe man ja deii Treptower Park. Daß er dabei die L e i st u n g e n d e s B e z i r k s- jugendamtes anerkannte, sei hier registriert. Aber seine eigene Stellungnahme zu dem Spielplutzbedürfnis der Jugend des Südostens läßt leider viel zu wünschen übrig.
Ueberfall auf einen Kriminalbeamten. Am Donnerstag früh um H5 Uhr wurde der Kriminalassistent E r d m a n n auf dem Grundstück Salzburger Str. 4 zu Schöneberg von Einbrechern angeschossen und schwer mißhandelt. Einbrecher, die zunächst versucht hatten, in das Nebenhaus Nr. 5 einzudringen aber durch einen Hund gestört und vertrieben worden waren, wandten sich jetzt dem Hause Nr. 4, ebenfalls einem Be- amten-Wohnhause zu. Erdmann, der sie beobachtete, ging um die Ecke herum, um von der Martin-Luther-Straßc an sie heran- zukommen. Er stieg hier über einen Zaun und überraschte die Verbrecher auf dem Hofe des Hauses. Sobald sie ihn sahen und seinen Ruf»Hände hoch!" hörten, schössen sie auf ihn und machten ihn durch einen schweren Schuß in den linken Ober- arm kampfunfähig. Dann fielen sie sofort über ihn her, versetzten ihm mit einer Brechstange einen wuchtigen Hieb über den Kopf und traten ihn, während er am Boden lag, mit den Stiefeln in den Unterleib. Bevor die durch den Lärm erwachten Hausbewohner zu Hilfe eilen konnten, ergriffen die Einbrecher die Flucht und entkamen. Der Ueberfallene wurde schwer verletzt nach dem Krankenhause gebracht. Nach den kurzen Mitteilungen, die der schwerverletzte Beamte bisher machen konnte, hat er mit den Ver- brechern 6 bis 8 Schüsse gewechselt. Auf die Ergreifung der Ber- brecher wird von der Kriminalpolizei eine Belohnung' ausgesetzt. Mitteilungen an Kriminalkommissar Trettin, Zimmer 103 des Polizeipräsidiums und au das Polizeiamt Schöneberg .
Japttnijche flieget auf öem§!ug nach öerlin. Die auf den, Fluge durch Asten und Europa befindlichen zwei japanischen Flieger starteten heute vormittag 8 Uhr IS Minuten auf dem Königsberger Flugplatz zum Weiterflugc über Danzig und Stellin nach Verlin. Eines der Flugzeuge mußte nach kurzer Zett wegen eines Motordefektes wieder auf dem Flugplatz landen Die Flieger mittags mn 1% Uhr noch nicht in Berlin . Die Flieger wurden auf dem Tempelhofer Feld erwartet. Gegen f%12 Uhr traf der japanische Botschafter Honda auf dem Tempelhofer Felde ein und begab sich alsbald zu der bereitstehen- den Maschine des Aero-Lloyd, mit der er dann dem von Danzig— Stettin erwarteten japanischen Flugzeug entgegenflog. Von der Stadt Berlin war inzwischen der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Flugbasengesellschaft, Staötbaurnt Dr. Adler, erschienen. Bis gegen l5s Uhr war der japanisch« Flieger nach nicht eingetrosscn, ebenso lagen keinerlei Nachrichten von seinem Verbleib vor. Da- gegen war aus Königsberg gemeldet worden, daß das zweite japanische Flugzeug um 1 Uhr nach Berlin starten werde.
Geffeutliche Gesundheitspflege. Auf der Jahresversammlung des»Deutschen Vereins für öffentliche Gefundhettspflege", die soeben in Bonn abgehalten wurde, hietten die Professoren S e l l h e i m- Halle und G ö t t- Bonn die einleitenden Referate über die„A e n d e- rungen in der Konstitution des Polles chn letzten Jahrzehnt". Die Zusammensetzung unserer BeooflKüng hat sich — abgesehen von der Abnahme durch Gebietsverlust— tiefgreifend geändert durch die Kriegsverluste und den Kriegsgeburten- ausfall. Bedenklich ist die Verschlechterung der Konstitution durch die Ausbreitung der Syphilis ; das größte Uebei stellt die Durch- seuchung weiter Volksschichten mtt Tuberkulose dar. Die Frauen haben unter den Kriegs- und Nachkriegswehen noch mehr zu leiden gehabt als die Männer. Unter größten Schwierigkeiten und Entbehrungen brachten die Mütter während der schlimmsten Jahre trotzdem ihre Kinder in recht gutem Zustande zur Welt. Danach waren die kleinen Erdenbürger aber in hohem Grade den Schädlichkeiten der durch den Krieg verändenen Außenwelt ausgesetzt. In noch stärkerem Maße hatten diejenigen Kinder zu leiden, die als Kleinkinder oder Schulkinder in die Kriegszeit eintraten. Immerhin ist jetzt von den Hungerfolgen nicht mehr viel zu ver- spüren. Ob das Keimplasma der Kinder geschädigt worden ist, wird sich erst in zwei bis drei Jahrzehnten herausstellen. Die wissenschaftlich ermittellen und statistisch erwiesenen Angaben der beiden Redner, Kliniker von gutem Rufe, wirkten vielfach geradezu erschütterod und stellten eine furchtbare Anklage gegen die Kriegshetzer von damals wie heute dar; leider vermißte man aber jede Stellungnahme zu geeigneten Verhüwngsmahnahmen, jeden Hinweis auf den Pazistsmus. Dadurch wurde die Fruchtbarkeit der Vorträge arg beeinträchtigt. Dr. Schnell, Stadtarzt in Halle, sprach über„Körperliche Erziehung", die heute notwendiger sei denn je, namentlich für die Jugendlichen in der Zeit des sexuellen Heranreisens. Dr. Schnell verlangte für alle Schüler eine tägliche Turnstunde als Pflichtfach und oerwarf das �Zehnminutenturnen" als ungenügenden Ersatz. Viele Menschen glauben immer noch, der Körper sei gewissermaßen nur ein»Stativ für das Gehirn". Mit solchen Auffassungen muß aufgeräumt werden. Voraussetzung für die Einführung der täg- lichen Turnstunde ist aber die Vertiefung der Lehrerbildung hin- sichtlich biologisch-hygienischer und prattisch-gymnastischcr Durch- bUdung. Als U e b u n a s st ä t t e n müssen Freiplütze und Hallen wetter errichtet werden: jedoch macht der gegenwärtige Bestand an Uebungsstätten wenn auch noch nicht die volle Durchführung, so doch den organisatorischen Beginn des körperlichen Erzichungsprogramms möglich. Viele Forderungen Dr. Schnells decken sich erfreulicher- weise mit denen unserer Arbeitersportler. Professor K r u s e- Leipzig forderte in einem Referat über .Rassenhygiene und Volkshygiene" u. a. die Er- richtung behördlicher Eheberatungsstellen. Sonst fühlte er sich noch veranlaßt, einige national! st ische Aus- führungen bezüglich der Slawen und Ostjuden zu machen und Fragen zu erörtern, die weder mtt dem Thema noch mit Wissen- schoft etwas zu tun hatten. In der Diskussion traten ihm in ent- sprechender Weise die Genossen Stadtrat Dr. Landsberg- Breslau und Stadtarzt Dr. R e u m a n n- Neumünster entgegen. Einen interessanten Vortrag über»Technik und Hygiene im heutigen Städtebau" hielten Oberbaurat Dr. A r n tz- Köln und Beigeordneter S v ö l g e n- Bonn. Sie oerlangten eine energische Förderunades Wohnungsbaus und'betonien die Notwendigkeit der Beschränkung aus kleinere Zimmerflächen. Bei der Knappheit der Mittel müsse man danach trachten, mag. lichstoielenFamilieneineHeimstättezu schassen: daher sei es nötig, daß der Einzelne zugunsten der großen Masse der wohnungshimgrigcn Bevölkerung auf jedweden Luxus und Ueber- fluß beim Wohnungsbau verzichte... Gut so! Es folge die Tat? Dann wäre ein Stück praktischer Menschenö'konomie vollbracht! Dr. med. Alfred Korach
Genosse August Pohl, der gestern seinen 70. Geburtstag be- gehen konnte, bittet, allen Parteigenossen und Freunden, besonders aber den Genossen des 3. Kreises und dem Gesangverein, für die ihm zuteil gewordenen Glückwünsche auf diesem Wege seinen Dank ahstatt« zu dürfen.