Nr. 455 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 232
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Sonnabend, den 26. September 1925
Die Ministerpräsidenten einmütig.
Für die Teilnahme an der Konferenz.
Amtlich wird mitgeteilt: In der Bersammlung der Staats- 1 und Ministerpräsidenten der Länder, in der sich die außenpolitische Aussprache bis in die Nachmittagsffunden erftredie, erstattete zunächst der Reichsaußenminister einen eingehenden Bericht. Im Laufe der umfassenden Erörterung, in der auch der Reichskanzler mehrfach das Wort ergriff, wurde einhellige Zustimmung zu dem Entschluß der Reichsregierung festgestellt, die internationale Zusammenkunft in der Schweiz zu beschiden.
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Daß der deutschnationale Ministerpräsident Württem bergs, Bazille, das„ dritte Versailles " gutheißt, kann nicht überraschen. Hat er sich ja erst vor wenigen Tagen gerühmt, daß er es gewesen sei, der am meisten zu dem Umfall der deutschnationalen Reichstagsfraktion 29. August 1924 beigetragen hätte. Und zwar begründete er seine damalige Haltung damit, daß sonst eine Linksregierung im Reich ans Ruder gekommen wäre. Damit hat Herr Bazille selbst zugegeben, daß bei solchen Entscheidungen für ihn weniger das außenpolitische Schicksal des deutschen Voltes als das inner politische Ziel der Verhinderung eines festen republikanischen Kurses maßgebend ist.
Interessanter ist die Zustimmung des mecklenburgischen Ministerpräsidenten v. Brandenstein und des thürin gischen Ministerpräsidenten Leutheuffer zu der Teilnahme an der Pattkonferenz mit dem Ziel des Abschlusses eines Battes, wodurch der Verlust Elsaß - Lothringens als vollendete Tatsache freiwillig anerkannt wird. Denn die beiden in Frage kommenden Länderregierungen fönnen nur eristieren mit Hilfe der deutschpöllischen Stimmen. Bereits im Vorjahre hatte es einiges Aufsehen erregt, daß Leutheusser und Brandenstein die Annahme des Dawes- Gut achtens guthießen, ohne nachträglich von ihren völkischen Koalitionsgenoffen gestürzt zu werden.
Wenn auch jetzt, wo es sich nicht mehr allein um finanzielle„ Sklavenketten", sondern sogar um die Festlegung auf eine ausgesprochen pazifistische Politik für die nächsten Jahrzehnte handelt, die Völkischen Mecklen
Sicherheitspakt und Völkerbund.
Keine Unterzeichnung ohne Eintritt.
Genf , 25. September. ( WTB.) Die vom Rechtsausschuß und vem Ausschuß für Rüstungsfragen gemeinsam der Bölkerbundsver fammlung vorgelegte Entschließung zur Frage der Herstellung des Friedens hat in ihrer endgültigen Fassung folgenden Wortlaut: „ Die Völkerbundsversammlung nimmt Kenntnis von den Er flärungen des Bölkerbundsrates und der Bölkerbundsversammlung in bezug auf das Protokoll zur friedlichen Regelung von internationalen Streitfällen, sowie von der Tatsache, daß dieses Protokoll die für seine sofortige Anwendung notwendige Ratifikation bis jetzt nicht erhalten hat. Die Versammlung ist überzeugt, daß
das dringendste Bedürfnis der Gegenwart die Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens unter den Nationen ift. Sie erklärt von neuem, daß der Angriffs trieg ein internationales Verbrechen darstellen joll und beirachtet mit Genugtuung die Bemühungen gewisser Nationen für Erhaltung dieser Ziele durch den Abschluß von Schiedsverträgen und von Verträgen zur gegenseitigen Sicherheit, die im Geiste des Bölkerbundspaktes und im Einklang mit den Grundsägen des Brotofolls( Schiedsgericht, Sicherheit, Abrüftung) gehalten sind. Die Möllerbundsversammlung stellt fest, daß derartige Uebereinkommen nicht notwendigerweise auf begrenzte Gebiete beschränkt bleiben müssen, sondern auf die ganze Welt ausgedehnt werden können. Sie spricht den Wunsch aus, daß nach der Niederlegung dieser Kon vention und der Verträge beim Völferbund der Völkerbundsrat fie prüft, um in der nächsten Völkerbundsversammlung über die Fort schritte zu berichten, die durch diese Verträge im Hinblick auf die allgemeine Sicherheit erreicht worden sind. Die Versammlung verpflichtet sich aufs neue durch die sichere Methode des Schiedsgerichts, der Sicherheit und der Abrüstung an der Herstellung des Friedens zu arbeiten und forderi den Rat unter Hinweis auf Artikel 8 des Völkerbundspaktes auf,
vorbereitende Studien für die Organisation einer Konferenz zur Herabfehung und Einschränkung der Rüstungen aufzunehmen, damit, sobald vom Bölkerbund zur allgemeinen Sicher. heit zufriedenstellende Bedingungen gewährleistet sind, wie dies in der Resolution Nr. 14 der dritten Völkerbundsversammlung vorgesehen ist, die erwähnte Konferenz einberufen und die allge. meine Herabfeßung und Einschränkung der Rüstungen verwirtlicht werden fönen."
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burgs und Thüringens die Haltung der beiden Ministerpräsidenten gutheißen, anstatt sie unverzüglich als LandesDerräter" zu stürzen, dann werden damit auch die Deutsch völkischen beweisen, daß ihr Geschrei gegen das dritte Bersailles" nur Bluff und Schaumschlägerei ist.
Der bayerische Ministerpräsident Held stüßt sich auf die Stimmen der deutschnationalen Landtagsfraktion Bayerns , ohne die feine Regierung nicht lebensfähig ist. Noch am Donnerstag hat der Vorstand dieser Landtagsfraktion den großen Bannstrahl gegen die„ undeutsche Politit" geschleudert, die Herren bayerischen Deutschnationalen nicht daran hindern, die zur Preisgabe deutschen Landes" führen soll. Das wird dem undeutschen" Ministerpräsidenten Held ihr Vertrauen weiter auszusprechen.
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Auch die sonstigen Ländervertreter, die mit einer Rechts foalition regieren, die Ministerpräsidenten fchweigs, Oldenburgs und Strelig'- fie alle heißen Braun die Bolitit des Sicherheitspattes gut, und es wird ihnen fein deutschnationaler Landtagsabgeordneter wehe tun. Ein jeder denkt sich nämlich: Wenn sogar Hindenburg als Reichspräsident die pazifistische Politik der freiwilligen Anerkennung der deutschen Westgrenze mit seinem Namen deckt, dann kann ich's auch tun, dann fann mir nichts passieren. In diesem ich's auch fun, dann fann mir nichts passieren. In diesem Sinne ist ihnen Hindenburg „ der Retter".
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präsident Schwabe Mecklenburg- Strelig,
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An der gestrigen Besprechung der deutschen Länder- Bertreter haben teilgenommen: Ministerpräsident Braun Breußen, Staatspräsident Dr. Sellpa ch Baden, Ministerpräsident Dr. Held Bayern, Ministerpräsident Marquardt Braunchweig, Bürger meister Dr. Donaudt Bremen, 1. Bürgermeister Dr. Petersen. Hamburg , Staatspräsident Irich Hessen, Bräfidialmitglied Drate Lippe, Bürgermeister Neumann Lübeck, Minister Ministerpräsident v. Finth Oldenburg, Ministerpräsident Heldt Sachsen, Ministerpräsident Bömers- Schaumburg- Lippe, Ministerpräsident 2e uteut heuffer Thüringen , Ministerpräsident Dr. SchmiedingWalded und Minister- und Staatspräsident Bazille- Württemberg. frägen zu umgeben. Das Protokoll ist nicht tot. Es ist im Gegen teil so lebendig, daß es den verschiedenen Verträgen unter den einzelnen Staaten seinen Geist einhaucht. Man hat gesagt, daß es beffer ist, einem Berbrechen vorzubeugen, als es zu bestrafen. Aber die internationalen Verbrechen werden meistens begangen, weil der Echuldige hofft, seiner Strafe zu entgehen. Deshalb find wir alle der Ansicht, daß die Sanktionen sehr scharf gemacht werden müssen. Eine Schiedsgerichtsbarkeit ohne Sanktionen würde zu nichts dienen. Die Abrüstung ist ein Großes und Ganzes und man fann von ihr feinen Teil nehmen, ohne das andere zu zer stören. Jouvenel sagte in seiner Rede wörtlich: Ist der Völkerbund nicht ständig bei den Berhandlungen gegenwärtig gewesen, die seit dem Februar geführt werden? Doch das ist noch nicht genug gesagt: Die ganzen Verhandlungen haben sich vor den Toren des Bölkerbundes abgespielt.
Weder England noch Frankreich werden den Sicherheitspatt unterzeichnen, folange Deutschland dem Völkerbund nicht angehört.
Hymans Belgien teilte mit, daß seine Regierung foeben einen Vertrag, unterzeichnet habe, wodurch Belgien alle Streitfälle mit anderen Staaten auf 15 Jahre der Entscheidung des Haager Schieds. gerichts unterstellt.
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Es sprachen noch Sotol Polen und Coppola Spanien, die sich nochmals zu den Grundfäßen des Protofolls bekannten. Löfgren- Schweden und Paulatius Spanien betonten namens ihrer Länder den großen Wert der Schiedsgerichtsbarkeit für die Regelung von internationalen Streitigkeiten. Nachdem dann die Berichte der verschiedenen Kommissionen gebilligt und die corgelegten Resolutionen angenommen waren, wurden die gefor. Derten Kredite von 11 700 000 Schweizer Franken zum Bau eines neuen Bölterbundpalast es von der Vollversammlung bewilligt.
Räumung Kölns Mitte November.
Neue britische Erklärung. Genf , 25. September. ( Eigener Drahtbericht.) Bon englischer Seite wird unserem Vertreter nochmals bestätigt, daß die Räumung Kölns Mitte November erfolgt. Deutschland habe nach englischer Auffaffung die ihm auferlegten Abrüftungsbedingungen erfüllt, so daß jeder Vorwand zur weiteren Befehung fortfalle. Ebenso werde nach erfolgreichem Abschluß des Sicherheitspattes nach englischer Aufunter anderem aus: Man hat bis jeßt dem Völkerbund angebliche faffung eine Räumung des übrigen befehten Gebietes durchgeführt Unverantwortlichkeit vorgeworfen. Aber diese Frage ist über werden müffen, da ohne solche ein dauernder deutsch - französischer wunden. Die Regierungen fommen jetzt felbft zum Bölferbund. Ausgleich unmöglich fei. Diese Auffaffung habe England bei den Die Grundsäße des Böllerbundes find dazu unzertrennlich von jenen Genfer Besprechungen der Minister entschieden vertreten. Dagegen Frankreichs . Aber nod) mehr. Die Regierungen selbst suchen jetzt feien von englischer Seite teinerlei Versprechungen über die Rüddie Autorität des Bölferbundes mit besonderen Schiedsgerichtsvergabe deutscher Kolonien gemacht worden.
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Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten unb Beamten, Wallstr. 65; Diskonte- Gesellschaft, Depofitenkaffe Lindenstr. 3.
Die politische Lage Japans ist durch Japans Berhältnis zu Amerika und China bestimmt.
Freund und Protektor der Chinesen aufzuspielen. Wenn man Japan hat es immer verstanden, sich nach außen als aber einen genaueren Einblick in die Verhältnisse hat, sieht man, daß der Weg der japanischen Politik durch eine ununterbrochene Reihe von Gewalttaten gegen die chinesische Selbständigkeit bestimmt ist. Die nationale Bewegung, die seit einiger Zeit in China in immer stärkerem Maße sichtbar wird, begann mit einem Streif der Arbeiter in den japanischen Baumrollmühlen in Schanghai . Die Baumwollarbeiter, die zum größten Teil aus chinesischen Kulis bestanden, streikten fürstliche Salär von einer deutschen Goldmark und hatten einen um eine Erhöhung ihres Lohnes. Sie bekamen täglich das Arbeitstag von 10 bis 12 Stunden.
Die kapitalistischen Methoden, die Japan gegen China anmendet, find hier an einem Beispiel überraschend sichtbar chinesisch- japanischen Kriege im Jahre 1894 auf der Bahn geworden. In Wahrheit befindet sich Japan schon seit dem eines tonsequent durchgeführten Imperialis= mus und Rapitalismus. Das muß man ohne jede Animosität gegen Japan feststellen, denn Japan ist nach seinen Lebensbedingungen auf die Erschließung Chinas und die Berwertung der ungeheuren Bodenschäße dieses Landes, worunter vor allem Kohle und Eisenerze zu verstehen sind, aufs bringenste angewiefen.
Nun ist es für die ganze Art des japanischen Charakters bezeichnend, daß Japan niemals versucht hat, mit China auf friedlichem Bege zu einem Austausch von Warenwerten zu fommen. Vielleicht ist der tieffte Grund zu dieser Art des Vorgehens das Bewußtsein der Japaner, daß die Schätze ihres eigenen Landes zu der Zahl ihrer Bevölkerung und der Größe ihrer technischen und industriellen Aspirationen in einem argen Mißverhältnis stehen.
Durch den Krieg von 1894 eroberte Japan Korea . Es sicherte sich für sein Borgehen die Unterstützung Englands. Die englisch - japanische Annäherung, die bald darauf zu einem Bündnis führte, machte die Chinesen und Ruffen zu Freun den. Die Chinesen räumten den Russen wichtige Rechte in der Mandschurei ein. Durch die Besiegung Rußlands fam Japan nicht nur in den Besitz von Dalny und Port Arthur, es eignete fich auch die Rechte an, die Rußland in der Man dschurei besessen hatte. Und zwar tat es dies in echt japanischer Weise, indem es die wirtschaftliche Kontrolle mit einer militärischen verband. Heute gehört die Mandschurei den Japanern, obwohl sie offiziell noch eine Provinz Chinas ist und ein chinesischer Bizefönig bis vor kurzem dort herrschte. Seitdem China von verschiedenen Militärgewalthabern regiert wird, fann man den chinesischen General Tschangtfolin als einen Strohmann der Japaner ansehen.
China Deutschland den Krieg erklärte. Durch den Vertrag Japan war es, das durch seinen Einfluß erwirkte, daß von Bersailles gingen die deutschen Konzeffionen in Schantung an Japan über, nachdem Japan sich durch die Eroberung von Riautschou und Tientsien gewichtige Fauftpfänder geschaffen hatte.
Nach der Eroberung Tsingtaus überreichte Japan China die berüchtigten 21 Forderungen, mit denen es nicht mehr und nicht weniger als eine vollkommene Hegemonie über China zu erwerben hoffte. Da die Ententemächte zu dieser Beit mit sich selbst genug zu tun hatten und auch Japan als Bundesgenoffen feineswegs verlieren wollten, verstand es Japan , die Zustimmung Ameritas und Englands zu diesen 21 Bunften zu erlangen. Amerita schloß mit Japan den Ifchii- Lansing- Bertrag und England bestätigte den japanischen Diplomaten, daß es geneigt fei, allen japanischen Ansprüchen, insbesondere der Forderung auf Uebergang der deutschen Rechte auf Japan vorbehaltlos zuzustimmen.
Dieses ,, vorbehaltlos" wurde später ziemlich modifiziert. Als der Krieg zu Ende war und die Entente Zeit hatte, sich mit den Problemen in Ostasien eingehend zu beschäftigen, ertannte sie erschreckt, was Japan in China beabsichtigte. Die Konferenz von Washington wurde in der Hauptsache zu dem Zweck einberufen, die japanischen Forderungen in bezug auf China auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. An der Beherrschung der Mandschurei durch Japan etwas zu ändern, war um so weniger möglich, als Rußland ja zusammenge brochen war und sich von den Berbündeten getrennt hatte. Immerhin gelang es, die japanischen Schantungansprüche so weit zu reduzieren, daß man in einem unbestimmt gehaltenen Vertrag, der von Japan mit China separat, aber unter den Augen der Konferenz abgeschlossen wurde, den Chinesen eine Rückgabe Schantungs versprach. In Wirklichkeit sind die Eisenbahnen der Provinz Schantung heute noch in den Händen der Japaner, und ob und wann sie von den Japanern den Chinesen übergeben werden, schwebt vollkommen im Ungemiffen. Das vernünftige Maß" murde jegt in der Weise festgelegt, daß alle Mächte der Entente das gleiche Recht zur Ausbeutung Chinas haben sollten.