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Seiloge öes vorwärts
Wie öie /Ilten sungen—
Die neuen Aitzewitze: wir sind Kaufleute— plüaäeru wir üen Staat.
vom Wortwitz. Von S. ZNeijels. Der Wortwktz, der mehr auf» Begrifflich« als auf» Anschaulich« emgestellt ist, äußert sich zumeist, seiner Eigentümlichkeit entsprechend, in einem packenden, verblüffenden Wortspiel. Das Wortspiel sucht die Sache durch das Wort, den Gegenstand durch seine Benennung zu überwinden: er kümmert sich weniger um die Ding«, als um ihre Namen. Nicht das Mannigfaltige, sondern das Vieldeutige ist seine Domäne. Nicht die Aufdeckung ähnlicher Merkmale in ver- schiedenen Dingen, sondern das Herausgreifen verschiedener Deu- tungen in gleichlautenden Worten ist seine Aufgabe. Nicht das Gleichsein, sondern der Gleichklang bildet seinen Wert. Deshalb ist in ihm eine Art von Rhythmus, etwas Vibrierendes und Schwin- gendes, ein anregender und aufheiternder, wenn auch die Lach. muskeln selten berührender Wohllaut, und mag er auch die größten Ungereimtheiten jagen— es reimt sich immer. Der Wortwitz ist nicht aufbauend, sondern zersetzend. Er reißt diese oder jene Wendung aus einem Satzgefüge und oerstümmell sie zu einer selbständigen Phrase. Er greift dos Wort aus irgend- einer Wendung heraus und läßt es in allen möglichen oder auch unmöglichen Nuancen spielen. Er zerlegt das einzelne Wort in seine Silben und wechselt die Betonung, schiebt nach Willkür ander» Vokale dazwischen, bis er den Spruch in seinen Widerspruch auf- gelöst und die frühere Behauptung in ihr Gegenteil uingewandelt hat. Dabei sagt er dasselbe, was früher gesagt worden ist und hebt dennoch das früher Gesagte auf. Darin besteht denn auch sein« ganze Fertigkeit. Wenn Kürze wirklich de» Witze« Würze ist, so ist der Wortwitz der würzigste unter allen anderen Witzgattungen. Denn: Kürz« ist des Wortwitzes Tugend. Der Wortwitz ist nicht mehr als ein Wurf, der gelingt, eine rasche Wendung im Borbeigehen, und er schafft nur neues, indem er da» Alte wiederholt. Seiner Wesensart ent- spricht es nicht, neues zu schaffen, sondern das Empfangene in anderer Gestalt wiederzugeben. Der Wortwitz schafft nichts, well er kein Produkt des schöpferischen Geistes ist. Er ist das Erzeugnis einer übersprudelnden Laune, das freie Spiel einer Augenblicks- stimmung, die, wie ein Ballspieler den Boll, das Wort von sich schleudert und es sozusagen im Sprung« wieder auffängt. Wer einen Wortwitz macht, bei dem muß das Gefühl für de» im Worte schlummernden Rhythmus stark lebendig sein. Denn häufig wird nur durch die Veränderung des Tonfalls die gewünscht« Wirkung erzielt. Ein klastische» Beispiel hierfür ist folgend« Anekdote: Der bekannte Witzbold Saphir pumpt« einmal den Baron Rothschild in Wien aus der Sttaß« um einen größeren Bettag an. .Gut," sagte der Baron,»kommen Sie morgen in mein Bureau. Sie sollen den Betrog erhalten/ Am zweiten Tage ist Saphir pünktlich zur Stelle.»Sie kommen um Ihr Geld, Herr Saphir?� begrüßt ihn Baron Rothschild.»Nein, Herr Baron, S i e kommen um Ihr Geld/ antwortet Saphir prompt. Dadurch hatte er nur durch Aenderung des Tonfalls den Doppelsinn der Wendung.um etwas kommen� gewistermoßen im Fluge für sich ausgenützt. Einen stark entwicketten Sinn für die Betonungsmöglichkeit des einzelnen Wortes bekundet auch jener Heiratsvermittler, der einem jungen Mann auf die Bemerkung, daß er nur ein ehrbare» Mädchen heiraten würde, die vielsagend«(nebenbei gewisse Kreise trefflich charakterisierende) Frage entgegenhält:.Legen Sie mehr Wert auf ehr oder auf bar?" Hier zeigt sich eine neu« Abart des Wortwitzes, die darin besteht, daß sie das einzelne Wort zer- legt, Silbe von Silbe trennt, und dadurch des Wottes Einheit in eine Vielheit auflöst, deren Bedeutung seinen ursprünglichen Sinn in scherzhafter Weise entstellt. Aehnlich verhält es sich auch mit dem bekannten Ausspruch:.Ein Mädchen mit 20 Jahren hat Hoch- zeit, bei einem Mädchen von 30 Jahren stt's hoch �« i t/ So soll ein mit Töchtern reich gesegneter Mann einmal gesagt haben: diesem Mann war es also kein Wortwitz, sondern ein Erfahrungs- grundsatz. Vom Augenblick geboren, stt der Wortwitz von her Gunst des Augenhlicks abhängig. Dieses blitzartige Aufleuchten, dieses rasch«, zeitlich kaum zu begrenzende Zusammentteffen von Wort und Wort mag vielleicht auf«ine gewiste Gedächtnisroutine zurückzuführen fein: ein Wort weckt die Erinnerung an alle feine eigenen Be- deutungsmöglichkeiten oder an ein anderes Wort gleicher Klang- färbe. Bei Ludwig Börne , der häufig den Wortwitz anwandte, können wir es an manchen Stellen beobachten. Einen Brief aus Bruchsal dottert er einmal:.Trübsal, den 18. November 1S2</ und fügt gleich hinzu:»Bruchsal heißt der Ort, aber mir ist er«in Trübsal und Scheusal. Wenn die Verzweiflung Witz gibt oder nimmt, so werde ich hier ein Voltaire oder Kretin. Ich möchte au» der Haut fahren, hätte sie nur eine Oeffnung, die groß genug wäre, mich durchzutasten.� In Anerkennung und Dankbarkeit für die geistig« Förderung, die ihm durch Jeanette Wohl wurde, unter- zeichnet er seine an die Freundin gerichteten Briefe: ,Dr. Börne geb. Wohl/ Au» dem geborenen Wohl wird ober bald«in Wohlgeboren, und mancher Brief ist unterschrieben:
»Er. Börne Wohlgeboren/ Kein schlechter Witz für den. der de» Zusammenhang kennt: dagegen eine Geschmacklosigkeit für den. der diese Unterschrift mißversteht oder gar sie ernst nimmt. Ebenso wie die verschiedenen Bedeutungen ein und desselben Wortes nützt auch der Wortwitz die etymologischen Abstufungen und Schattierungen und löst nicht fetten substantiviert« Infinitive, Adjektioa und Partizipia in ihre ursprüngliche Form auf. Der bereits erwähnte Saphir wird darin Meister. Wenn er einmal sagt: »Ein Doktor der Rechte ist nicht immer der rechte Doktor/ so wird ihm mancher Recht geben. Oder wenn er aus die Frage, warum man einen Gesandten nicht einen Geschickten nenne, die Erklärung gibt, daß ein Gesandter zwar gesandt, aber meisten- teil» nicht geschickt ist, so hat er diese Erklärung höchst geschickt formuliert. Manchmal ist der Wortwitz nur ein Wortspiel, da» entweder durch die Wortabtcilung oder die Koppelung von Worten gleichen Klanges oder durch die gleiche Aussprach« verschiedener Worte einen witzigen Sinn ergibt. Wilhelm II. fragte einmal einen Schiffs- taucher, wie hoch sein Jahreseinkommen sei. Als dieser eine ziem- lich hohe Summe nannte, meinte der Kaiser:.Soviel erhält ja nicht einmal ein preußischer Minister/»Der taucht(taugt) ja auch nicht/ erwidette der Mann in aller Seelenruhe. Der Mann war ein Norddeutscher, und infolge des Gleichklangs in der Aussprache von .tauchen' und.taugen' machte er unfreiwillig einen gelungenen, treffsicheren Witz. Ein Jude rechtfertigte einmal einen Antisemiten. der eine Jüdin geheiratet hatte, mit den Worten:»Da sieht man, der Mann ist Antisemit, aber nicht Antisemitin/ Hier wird in ein sonst eindeutiges Wort«in anderer Sinn hineingelegt.— Zu erwähnen wäre noch, daß der Wottwitz vom Kalauer wohl zu unterscheiden ist. Auch der Kalauer treibt ein witziges Spiel mit Worten und Wörtern, jedoch ohne tieferen Sinn, sondern in jener leichten, seichten, heiteren Art, die zu allererst verblüfft und zu guter Letzt ein.Au!' herauslockt.
Der Appetit der Schwalben. In großen Scharen sind die Schwalben jetzt wieder nach dem Süden gezogen, und es ist daher vielleicht an der Zeit, eine Bilanz darüber aufzumachen, was sie bei uns verzehrt haben. Die wenigsten können sich ober wohl eine klar« Borstellung davon machen, um welch ungeheure Mengen von In- fetten es sich hierbei handelt, denn die Schwalben haben außer- ordentlich großen Appetit. In der ersten Zeit, d. h. solange das Schwalbenpaar noch beim Nisten stt, fängt jedes der beiden Tier« ungefähr K00 Fliegen und Mücken im Tag, was im Monat die statt- Nche Zahl von 30 000 Insekten ergibt. Sobald später jedoch die Fütterung der Jungen beginnt, erhöht sich diese Zahl ganz beträcht- lich, da die beiden Alten nunmehr ununterbrochen nach Futter au»- fliegen. Wird nun dieser Flug etwa 10 Stunden lang jeden Tag aus- geführt, so können von den beiden Tieren Tausend« von Insekten eingebracht werden. Eine exakte Berechnung, die sich auf eingehende Betrachlungen gründete, ergab, daß, wenn beispielsweise fünf Junge im Nest sind, ein Schwalbenpaar zu Atzung seiner Brut und zu seiner eigenen Ernährung während eines einzigen Monats nicht weniger als 270 000 Insekten braucht. Eine andere Schwalben- familie hat, allerdings während des ganzen Sommers, 1 100 000 Insekten verschmaust. Dichterhonorare. Ueber dieses Kapitel liest man neuerdings Demerkenswertes in der dänischen Preste. Der bekannte dänische Romanschriftsteller Henrik Pontoppidan hat danach bei 4öjähriger fleißiger und bedeutungsvoller Berfasserarbeit kaum 2000 Kronen im Jahr verdient, Marie Brengendahl keine 1000, Hjortö weniger und Kidde in etlichen Iahren keine 400. Wenn man die Bekanntheit der Verfasser, namentlich in ihrem Heimatlande, erwägt, so muß man über solch geringe Einkünfte aus der schriftstellerischen Tätig- keit staunen..Politiken ' erinnett demgegenüber daran, daß ein Kopenhagener Revueverfasier an einer Revue, die in der ver- gnügungsfrohen dänischen Hauptstadt einschlägt, an die 30000 Kronen verdienen kann.— Auch ein bezeichnendes Zeitdokument.
Wir möchten gern arme&ute sehen. vo« Francis Carco . „Das is''ne Geschichte und is' keine Geschichte!" sagte mir Tirelire, der in der Umgebung der Markthallen von der Gutmütig- keit nächtlicher Spaziergänger, und von der Begierde gewisser Lieb- haber, das unterste Paris zu sehen, seinen Lebensunterhall hestreitet. „.. Aber Sie kennen doch die Bor zu den»Drei Kugeln?"... Also gut!..- Dergang'nen Abend war ich nach der Sperrstunde da. mit Kerls, die total voll waren, und war eben dabei, ihnen die Schlauheiten meiner Freund« zu«rklären, als mich einer der Kerls fragt:.Und die Armen?... Gibt's noch welch« hier in der Gegend?" .Welch« Armen?" .Wir möchten gern mal arm« Leute feh'n!" sagte er eigen- �""�So'n Quatsch!... Nein, da Hieb mir wirklich die Lust weg. verltchn Sie?..- Herzukommen mit Weibern in Autos und Bril- lauten um sich darüber lustig zu machen, wenn man Ausgemistete onaaff't nein,... das kann einem wirklich den Geschmack verderben'".. Na. schließlich ging ich drauf ein und weil die Kundschaft'die sich mir da vorgestellt hat. Neureiche gewesen sein dürf'en sa'ate ich: gemacht! Ich werd' sie euch zeigen!... Nur muß ich euch darauf aufmerksam machen, daß der Spaß dreißig Francs«xtta kostet!"„ v i«--•• v. .Di« Raffkes blechten." gestand mir Tirel.r«, indem er selbst- sicher ein- Lurusziqavette aus seiner Mütze herauszog....Und nun waren wir draußen wo alte Leute, ohne sich um den Regen zn scheren, aus dem Trottoir längs der Läden hinter Körben pennten. Meine Rastkes haben sich das angeseh'n, und ihre Brillantenfosen drängten sich, um m,r ja keinen Blick zu verlier'». Dabei Hab' ich der Bande all meine Witze ausgekramt und dann sind wir alle zu Antoine gependelt, dann zur Mutter Marmite, die Suppe verkauft. dann zu den Alleebänken vom Boulevard Sebastopol, na, mit einem Wort: überallhin! Manchmal fchmanzten an die Pennbrüder an. dt«
von den erstaunten Visagen meiner Kundschaft ganz verdreht waren und Sie können sich ja denken, was man da zu hören kriegt«!... Je mehr aber die Penner die Raffkes beschimpften, desto zufriedener waren meine Neureichen!... Verflucht nochmal... jedes Tierchen hat eben sein Pläsierchen!... Und wenigstens war alles echt../ Ich hört« Tirelire zu und sah ihn an. Rauchend plauderte er weiter und ich rief mir, in dieser kleinen Montmartrekneipe, wo wir vor einem trüben Fantasieschnaps saßen, die ganzen Szenen, die er schilderte, ins Gedächtnis, und stellte mir deren ttostlose Schicksals- Wendungen vor. »Sagen Sie mal, Herr Francis!" meint« er nach einer kurzen Pause,..... sind solche Leute nicht komisch?" Er hatte eine Gest« souveräner Verachtung, ensternte die Asche seiner Zigarre, leerte sein Glas und berührte, als ihm sein Armband- uhr die Zeit ins Gedächtnis rief, mit einem Finger den Rand seiner Mütze, reicht« mir die Hand und begab sich an sein sehr unbestimmtes Gewerbe. Nach ihm verließ auch ich die Schenke. Nachmittags sind die Markthallen fast verlassen, doch welch herzzerreißendem Schau- spiel begegnet man nahe den verfaulenden Kehrichthaufen, in denen alte Frauen noch immer etwas zur Stillung ihres Hungers zu ent- decken trachten! Sie humpeln von einem Abfallhaufen zum anderen, durchwühlen und durchforschen ihn und die Lumpensammler, diese schäbigen Kavaliere, die, wie sie, Jagd auf die seltsamsten Mahlzeiten machen, geben da sogar die Würde ihrer Lumpen preis. Ich sah diesen armen Leuten zu. Vor mir ging, schwankend vor Müdigkeit, ein noterdrücktes Weib. Unter seinem Kleid verbarg es einen arm- seligen Abfallbrocken und trachtete, sich müde. dahinschleppend, ein ruhiges Plätzchen zu erreichen, wo ihm niemand das abscheuliche Mahl stteitig machen würde. Das Weib durchquerte die Markthallen. Ich beobachtet« es. Es wich seinesgleichen aus und warf manchmal — anständig, trotz seiner burlesken Armut— dem, der sich um es zu kümmern scheinen wollte, einen scheuen Blick zu. Ich sah, wie diese Aermste in die Rue Bergeve einbog. Doch hier waren ihr scheinbar noch immer zu viele Menschen, denn sie ging, nachdem sie stehen geblieben war, sofort mit ihren armseligen Schritten weiter, bog um die Eck« einer anderen Straß« und erreichte die Seine-Ufer.
Die Kais waren sonnengebadet. Di« Platanenblätter, von sanfter Brise durchschauert, hoben sich lustig ins Licht. Hier war gut sein. Manchmal hatte das Seinewasser den Glanz heller Spiegel. Die Fenster und Schilder der Kaufläden und die Wagenkasten der Ge- fährte glänzten. Längs der Häuser zwitscherten Käfige voller Vögel. ohne auf das Getöse der Automobile, oder auf das geschäftige Rollen der Straßenbahnen und Lastwagen zu achten. Das arme Weib, das ich immer im Auge behielt, zog im strahlenden Tageslicht ein Stück Brot hervor, das es unter seinem Kleid verborgen hatte. Ich empfand eine Art jäher Verlegenheit. Di« Leute um mich sahen diesem Weib zu, wie es aß. Sie kreuzten oder überholten es, ohne Staunen oder Mitleid. Die Arme wandert« immer weiter. Während, sie dieses schmutzige Brot, das sie aus einem Rinnstein aufgelesen haben mochte, gierig verschlang, sah ich, wie sie manchmal vor den Vogelhäusern stehen blieb, die Vögel bewunderte und sich ihrer Lieder freute. Dann ging sie immer noch weiter, mit ihrem alten Unterrock, ihren Holzschuhen und dem Stück Brot. Leute stießen sie beim Vorübergehen an. Sie achtete nicht darauf und war ganz ihrer Freude hingegeben, frei unterm Laub, nah« der kleinen Ge- fängnisse, aus denen Lockrufe und Lieder erschollen, und in der wohl- tuenden Sonne, die ihr unschuldiges Elend beschien, essen zu können. Schließlich blieb sie stehen und beugte sich über einen Käfig, in den ein Neiner. kläglich winselnder Hund gesperrt war. Sie ging an den Käfig heran, um das heulende Tier mehrere Male zu streicheln. Dann geschah etwas Ureinfaches. Die Arm« setzte sich neben den Käfig, sah den Hund an, reichte ihm einen Brocken ihres Brotes und teilte nun wortlos und bis zur letzten Krume mit dem Tier ihre Mahlzeit. Jetzt bildeten die Menschen einen Kreis um sie und waren gerührt. Aber die Arme beachtete sie nicht. Sie steckte nochmals Ihre Hand zwischen die Käsigstangen, um den Hund, der mit schwachem Gebell dantte, zu streicheln, und ging dann gesenkten Kopfes auf dem Trottoir weiter, wo ich sie inmitten der Spaziergänger bald nicht mehr zu unterscheiden vermochte. kDe*q» wrn fln*«.«ngemaoet.)