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Man wartet!

In einer der Hauptverkehrsstraßen des Westens herrscht das allgemein bekannte rege Abendleben. An einer Ecke zeugen bunte Glühlampen von der Existenz eines Kabaretts, das heute zum erstenmal eine neue Revue herausbringt. Eine Menge Menschen umlagert den Eingang. Zwei Schupo halten mit Mühe einen schmalen Durchgang für die Baffanten frei. Die Menschen stehen auf den Zehenfpigen und warten, sonst geschieht nichts. Vor dem Eingang steht ein Herr im Glanze eines Prophetenbartes und rudert mit den Armen in der Luft herum. Aber auch diesem Patriarchen gilt nicht die gespannte Aufmerksamkeit. Auf die Frage, was hier eigentlich vorgehe, erhält man nur Blicke, die für einen harmlosen Srren berechnet sind. Niemand weiß etwas. Einige Autos fahren vor und fördern ein paar Damen ans Licht der Bogenlampen. Bor Schminke sieht man das Gesicht nicht. Frohes Geflüster geht durch die Menge. Man stellt fest, es seien berühmte Filmsterne. Die Toiletten werden eingehend fritisiert, und jeder ist froh, daß er die große Diva von Angesicht zu Angesicht gesehen hat. Man versperrt nun entschieden die mühsam freigehaltene Passage.

Unterdessen verbreitet sich die Nachricht, ein echter, aus Indien  flammender Maharadjah hätte sein Erscheinen freibleibend zugesagt. Man wartet jetzt mit legter Energieentfaltung. Aber es geschieht noch immer nichts. Burmſtichige Herren in Fradmantel und Zylinder werden als Maharadjah angestaunt oder als große Film schauspieler bewundert, Lebetaufleute mit scharfen Mundfalten dürfen sich nun tagelang darüber freuen, so etwas wie eine Größe vorgestellt zu haben. Und jetzt ist tatsächlich die große X erschienen, teilen sich einige Damen in ehrfurchtsvollem Flüsterton mit. Man bohrt seine Blicke in die Autos und verspürt einen zu start par­fümierten Hauch der sogenannten besseren Welt. Der erwartete Maharadjah sitzt aber bereits in seinem erotisch flingenden König­reich, und die berühmten Filmleute sind ebenfalls nicht erschienen. Sonst geschieht nichts. Man hat vergessen, daß die Zeit des Abendessens gekommen ist. Mann und Kinder sind gleichgültig geworden; aber der Bürger bleibt sich immer gleich, früher bechrte er die allerhöchsten Herrschaften mit sehnsüchtigen und ergebenen Bliden, heute Filmgrößen. Nur die Namen haben gewechselt.

Festnahme der falschen Kriminalbeamten? Vor der Aufklärung des 20 000- Mart- Schwindels. Zu dem Gaunerstreich der zwei falschen Kriminalbeamten, die zwei junge Angestellte der Deutschen   Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie mit einer gefälschten Vorladung nach dem Polizei präsidium locten und ihnen 20 000 Mart durch Befchlagnahme" abnahmen, erfahren wir, daß es der Kriminalpolizei durch um fassende Ermittlungen gelungen ist, einen Mann als mut­maßlichen Täter ausfindig zu machen und festzunehmen. Auch seine Geliebte ist unter dem Berdacht, ihre Hand im Spiel gehabt zu haben, in Gewahrsam genommen worden. Die beiden betrogenen Kontoristen wurden dem Festgenommenen gegen= übergestellt und glauben, in ihm einen der falschen Kri­minalbeamten wiederzuerkennen. Er sowohl wie seine Braut bestreiten, mit dem Streiche irgend etwas zu tun gehabt zu haben. Die Nennung der Namen und die Mitteilung von Einzel­heiten, die zu der Festnahme führten, verbieten sich im Intereffe der weiteren Ermittlungen der Krininalpolizei, die durch vorzeitige Beröffentlichungen durchtreuzt werden würden.

Falscheid oder Meineid?

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Stacheln, Keulen und Warzenpilze herzählen. Aber es sind sehr schöne Exemplare da. Wie der schiefblickende Knollenblätterpilz, die Schleierdame, Stinkmorcheln mit dem anstößigen Namen Styphallus impudiens oder das Herenei, ein Bovist, groß wie ein Fußball und sehr schöne Erdsterne. Aber auch viele ehrliche Gesellen wie Stein­pilz und der tüchtige, leider noch wenig befannte Blutreizter. Reich vertreten und interessant sind die Parafiten, der Getreide­brand, Roß auf Blättern, Meltau am Obst, die Schmarozer, hallimafch am leuchtenden Holz und Kulturen, die wie Geschwüre aussehen. Geheimrat Klein Karlsruhe hat farbige Lichtbilder hergestellt, die für die verschiedenen bemerkenswerten Vorträge Verwendung fanden.

Umbau des Hochbahnhofes Hallesches Tor.

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Seit Inbetriebnahme der Nerd- Süd- Bahn haben auf dem mit ihr in Verbindung gesetzten Hochbahnhof Hallesches Tor fich Ber­fehrszustande entwickelt, die auf die Dauer unhaltbar sind. Der Bahnsteig des Hochbahnhofes reicht für die Scharen der nach und von der Nord- Süd- Bahn umsteigenden Personen nicht mehr aus, und auch die Umsteigeeinrichtungen mit ihren Treppen und Tunneln find unzulänglich und bringen den Um­fteigenden üble Zeitverluste. Daß ein Ulm   bau des Hochbahnhofes nötig ist und beabsichtigt wird, ist im Vorwärts" bereits vor längerer Zeit mitgeteilt worden. Dabei ist, wie im Vorwärts" gleichfalls bereits gemeldet wurde, der Gedanfte entstanden, durch Einbau rollender Treppen die Umsteigeeinrichtung vereinfachen. Gestern hat die Verkehrsdeputation der Stadt sich mit diesen Projekten in furzer Erörterung beschäftigt und ihnen zu gestimmt. Der Hochbahnhof soll über die Belle- Alliance- Brücke hinaus nach Osten verlängert werden und einen Mittelbahnsteig von aus­reichender Länge und Breite erhalten, auch sollen noch zugänge von der Ostseite der Brücke aus geschaffen werden. Die Verkehrs­deputation genehmigte meiter den Plan, den über die Belle­Alliance Brüde gehenden Straßenbahnverfehr zum Teil über die schon bestehende Brücke im Zuge der 3offener Straße nach der Gitschiner Straße und über eine westlich der Belle­Alliance- Brücke zu bauende neue Brücke nach der Königgrätzer Straße abzulenten. Auch auf dem Spittelmarkt und auf dem lag por dem Brandenburger Tor   soll der Berkehr durch flarere Anordnung der Wege erleichtert werden. Der Platz vor dem Brandenburger Tor   erhält zu diesem Zwed in seiner Mitte einen großen freisförmigen Inselperron.

Derthel- Egloffftein aus der Haft entlassen.

Der durch seine Hochstapeleien größten Stiles in der Deffentlich­feit viel genannte Ludwig Derthel, der sich auf Grund seiner Abstammung aus dem alten Adelsgeschlecht unbefugterweise bei seinen gestern aus der Strafhaft entlassen. Derthel war, wie er ,, Geschäften Freiherr von Egloffstein   nannte, wurde innerlich, wegen feiner zahllojen Betrügereien zu Jahren Ge­fängnis verurteilt worden und hatte dann noch eine Strafe wegen Meineides erhalten. Er hatte auch in der Meineidsfabrik der Frau von Kulas seine Hand im Spiele gehabt. Es wurde dann gegen ihn auf eine Gesamtstrafe pon 4 Jahren 8uchthaus er­3 Jahre währende Untersuchungshaft in Abrechnung gefommen, jo kannt. Der größte Teil der Strafe war aber bereits durch die etwa daß Derthel nur noch eine geringe Reftstrafe zu verbüßen hatte. Er befand sich jedoch, da er förperlich sehr heruntergekommen war, immer noch im Untersuchungsgefängnis als Strafgefangener. Sein Verteidiger hatte mit Rücksicht auf die nur noch kurze Strafdauer und die Krankheit des Angeklagten die Haftentlassung beantragt. Diefer Antrag war vom Staatsanwalt abgelehnt worden. Auf eine Beschwerde des Verteidigers hat jedoch jetzt der General staatsanwalt beim Kammergericht die Freilassung Derthels verfügt. Gestern mittag wurde Derthel in Freiheit gefeßt. Er wird sich nach seinem Heimatsort Dresen begeben, wo er fich wieder verheiraten will.

Schwerer Unfall in einer Gasanftalt.

In der Gasanstalt Danziger Straße ereignete fich heute vormittag ein schwerer Unfall. Der Kranführer Gustav ausch aus der Freienwalder Straße 10 fam aus bisher un geklärten Ursachen zwischen Kran und einen Eisenmast, so das ihm der Brustkasten total eingedrüdt worden ist. In hoff­nungslojem Zustand wurde der Schwerverlegte in einem Wagen des städtischen Rettungsamtes in das Krantenhaus am Friedrichshain  transportiert.

Noch einmal die verkannte Zorte.

Heilig ist der Eid und seine Mißachtung foll nicht zu gelinde geahndet werden, denn mit ihm steht und fällt der Werf jeber Rechtspflege. Aber wenn man mit vollem Recht vom Zeugen ver langt, daß er den Eid michtig nimmt, dann darf man wohl auch vom Richter fordern, daß er bei der Beugenvernehmung gebührend auf seine Bedeutung aufmerksam mache. Daß man sich in Moabit  nicht immer darum fümmert, jeden darauf hinzuweisen, daß er die Möglichtet der freien, d. h. religionslosen Eidesleistung hat, wurde hier schon festgenagelt; da wir doch nicht die geringste Beranlassung haben anzunehmen, daß es Richter gibt, die gegen die Gefeße des neuen Staates Obstruttion treiben, wollen wir glauben, daß die Herren über die Verordnungen der letzten Jahre noch nicht genügend informiert sind. Davon abgesehen muß man sich aber sehr wundern, mit welcher Geschwindigkeit die Belehrung über die Bedeutung des Eides bisweilen vorgenommen wird. Sicherlich wäre die Bahl der Meineidsverfahren geringer, wenn alle Herren Vorsitzenden in diesem Punkte sorgsamer vorgingen. Die Arbeiterin W., die sich vor dem Schöffengericht in Moabit   zu verantworten hatte, gab Dor längerer Zeit in einer Diebstahlssache, in der sie als Zeugin vernommen worden war, einen falschen Namen an. Da sie vorher aus dem Zuchthaus ausgebrochen war, hatte sie daran ein erklär­liches Intereffe. Angezeigt gibt sie den Täuschungsversuch zwar zu, macht aber geltend, daß der Vorsitzende jener Berhandlung fie nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, daß auch falsche Namensangabe, die ja mit der eigentlichen Aussage zur Sache allerdings in feinerlei Zusammenhang steht, Meineid bedeute. Und siehe da: die Ange­Die diesjährige Große Algemeine Seifenfachmeffe findet der Zeit vom 4. bis 6. Oftober in flagte wird wegen fahrlässigen Falscheides zu drei Monaten ben Gesamt Gefängnis verurteilt, weil sich herausstellt, daß die Belehrung räumen der Neuen Welt, Hasenheide 108-114, ftatt. Zur Aus. des Herrn Borfizenden feinerzeit tatsächlich recht flott" vor sichstellung gelangen neben Seifen- und Parfümerien auch fämtliche gegangen ist. Wirtschaftsartikel, Emaillewaren, Toiletteartikel fomie Christbaum schmuck. Messebureau: Berlin   N. 4, Schwarzkopffftr. 10( Norden 4557). Die Ordner der Proletarischen Feierstunden treffen sich morgen zum Ordnerdienst im Großen Schauspielhaus zur Jugendweihe pünktlich vormittags 8 Uhr an der bekannten Stelle.

Was aber wäre gewesen, wenn weniger einfichtsvolle Schöffen nach dem Antrage des Staatsanwalts auf Zuchthaus erfannt hätten? Herabsetzung der Gas-, Waffer- und Elektrizitätstarife.

Wie wir erfahren, wird in der fommenden Woche im Reichs= wirtschaftsministerium eine Besprechung zwischen Ber tretern der Länder, der Kommunen, der Fachverbände und der Ver­braucher stattfinden, deren Ziel ein Abbau der Tarife für Gas, Wasser und Elektrizität ist.

20 Ein rätselhafter Selbstmord.

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In Mariendorf   hat sich vor einigen Tagen der 18jährige Erwin Sch. aus der Kaiserstraße aus bisher vollkommen unbekannten Gründen das Leben genommen. Bei dem jungen Mann wurde eine Mitgliedskarte zur Ku- Kur- lan- Organi­sation gefunden. In einem Briefe an seine Eltern gibt er au, Daß er über die Beweggründe seiner Tat feine Mitteilungen machen fönne, er bitte nur seine Eltern um Berzeihung. Die Kriminal polizei hält sich nicht für verpflimtet, den Zu­fammhängen nachzugehen, trotzdem ihr davon Mitteilung gemacht worden ist, daß Sch. in einem Lokal verfehrt hat, das offen­bar eine Stammfneipe irgendwelcher völtimer Organisationen gewesen ist. Man darf fragen: Hat sich die Abteilung IA des Polizeipräsidiums dieses Falles bisher ange­nommen, oder ist er ihr überhaupt nicht vorgetragen worden?

Pilzausstellung in Dahlem  .

In einer Pilzausstellung der Deutschen Gesell­schaft für Pilzfunde" im Museum des Botanischen Gartens hat sich eine luftige Gesellschaft zusammengefunden. Es ist sehr poffierlich, diesen Aufmarsch der Pilzleute in ihren vielen frudligen Formen und verbogenen Farben zu sehen. Die Schüler sind sehr fleißig gewesen, all das aus den Bäldern und Sümpfen um Berlin   herbeizurufen. Man fann nicht alle die Blätter und Röhrenpilze, eßbar und ungenießbar, die Schwämme,

Eine verdächtige Sendung lief, wie wir damals mitteilten, vor einiger Zeit auf dem hiesigen Anhalter Bahnhof   ein. Es war eine Kifte mit der Anschrift An den obersten Kriegsherrn Kaiser Wilhelm I. Baradenlager I Berlin Man vermutete darin eine Höllenmaschine, fand aber statt beren eine schöne Riesentorte, die von dem Konditor Fürst in Salzburg  stammte und auf deffen Verlangen an ihn zurückgesandt wurde. Wie jetzt festgestellt wurde, ist die Absenderin eine Salzburger  jetzt festgestellt wurde, ist die Absenderin eine Salzburger  Frau, die an Größenwahn leidet. Sie hat die Torte selbst mit einer Adresse versehen und zum Versand aufgegeben.

in

her Adreſſe verfehen

Unterschlagungen auf einem Eisenbahnwerk. Einzelne Unterschleife bis zur Höhe von 10 000 Mart. Am Freitag wurde auf dem Eisenbahnwert Branden burg West eine plötzliche Revision der Lohnbücher vorgenommen. Dabei fam man einer großangelegten Unterschlagung auf die Spur, an der nicht weniger als acht Angestellte beteiligt sind. Leibesvisitationen förderten bei einem Angestellten 1400 Mart zutage. Die Summe der wöchentlichen Unterschlagungen soll sich auf 2000 bis 3000 Mart belaufen. Wie lange die Betrügereien schon vor­gekommen sind und wie hoch sich die Gesamtfumme der unter­schlagenen Gelder beläuft, fonnte noch nicht festgestellt werden. Die Berhafteten sind sämtlich geständig, einzelne geben Unterschlagungen bis zur Höhe von 10 000 Mart zu.

Folgenschwerer Tunneleinsturz in Amerika  . Wie aus Richmond  ( Virginien  ) gemeldet wird, ist auf der Eisenbahnftrede nach Ohio   ein Eisenbahntunnel, an dessen Ausbesserung 50 Arbeiter beschäftigt waren, eingestürzt. Man befürchtet, daß alle Arbei ter im Tunnel begraben worden find.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

2. Areis Tiergarten. Die Sandzettel at den Bersammlungen für die 9., 10., 11., 12., 13. Abt.   liegen zum Abholen bereit bei Joseph, Wilhelms havener Str. 18.

17. Arcis Lichtenberg. 114. bis 120. Abt. Gonntag, 4. Oktober, Händzettel­verbreitung von den belannien Lofoten cus.

32. bt. Sonntag. 4. Ottober, vormittags 10 Uhr, Sandzettelverbreitung pon den bekannten Gruppentolalen aus.

Gewerkschaftsbewegung

Drohende Verstopfung der Güterbahnhöfe.

Sabotage der Hofstandsarbeifen.

Nicht nur die Teno" scheint start enttäuscht zu sein über die unvermutete Bereitwilligkeit der streifenden Speditionsarbeiter zur Berrichtung der Notstandsarbeiten. machten wir in der Abendausgabe des Vorwärts" die Firmen nam­Am Donnerstag haft, die sich auf Anweisung des Lokalvereins der Berliner   Spedi­teure weigern, Streifende zu Rotstandsarbeiten zuzulassen.

Am Freitag verhandelte nun die Reichsbahndirektion mit der Streifleitung bzw. dem Berkehrsbund über die Abwendung der drohenden Gefahr einer Berstopfung der Güterbahn­höfe. Daß die Streifleitung dafür nicht verantwortlich gemacht. werden kann, wurde durch ihre erneut befundete Bereitwilligkeit erwiesen, die Notstandsarbeiten in dem erforderlichen Umfange aus­zuführen. uführen. Die Ausführung dieser Arbeiten ist aber nur dann möglich, wenn die Bahnverwaltung die nötigen Kräfte anfordert und die Frachtbriefe erausgibt. Die Streitleitung fann 50 bis 100 weitere Gespanne stellen und die erforderliche Sicherheitsleistung beibringen. Die Reichsbahndirektion Berlin   will heute Bescheid geben, ob sie die Frachtbriefe an die Streit­leitung ausgeben will oder nicht. Will sie eine Verstopfung der Güterbahnhöfe verhüten, wird ihr nichts anderes übrig bleiben. will sie es nicht, dann fann nicht den Streifenden und der Streitleitung der Vorwurf gemacht werden, daß die Notstandsarbeiten nicht ausgeführt werden.

Ueber den Streit selbst erfolgten gestern Borbesprechun gen mit einzelnen Firmen vor dem Schlichter, die heute fortgesetzt werden.

Aus den städtischen Gaswerken.

Zu unserer Darstellung in Nr. 465 des Borwärts" über einen Konflift in der Berliner Städtischen Gaswerfe 2.-G. erhalten wir von der Direktion folgende Gegenäußerung:

Es ist richtig, daß in einigen Werken einzelne Arbeiter mehrere Sonntage hintereinander entgegen den tariflichen Bestimmungen gearbeitet haben. Eine Beschwerde hierüber ist, wie auch die dem Borwärts" zugegangene Zuschrift beweist, von der Arbeiterschaft oder ihrer Vertretung nicht er hoben, jedenfalls nicht bei der zentralen Direktion Lettere billigt diefes Borgehen nachgeordneter Dienststellen nicht und hat fofort nachdem in einem jept ift, alle in Betracht kommenden Dienststellen erneut an. anhängigen Schlichtungsverfahren diese Tatsache befannt geworden gewiesen, bie Arbeitseinteilung dem Tarifner. frage entsprechend vorzunehmen. Eine Abschaffung der Wochenendpause ist niemals Gegenstand einer Erwägung ge wesen,

Der

Die jetzt wieder vorgenommenen Kündigungen stehen mit fondern sind die Folgen der organisatorischen Busammenfaffung der der fraglichen Mehrarbeit in teinem Busammenhange, einzelnen Gaswerte und der dauernd fortschreitenben technischen Erneuerung und Vervollkommnung der Anlagen. tarifliche Schlichtungsausschus, der am Mittwoch und Freitag getagt hat und in nächster Woche seine Tätigkeit fortsetzt, beschäftigt sich auf Anrufung der Arbeitnehmer lediglich mit der Frage, ob bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeiter eine un­billige Härte vorliegt."

Zur Lohnbewegung der Kämmereiarbeiter.

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Die Rote Fahne" schreibt unter der Notiz Sozialdemokratische Stadträte gegen die Lohnerhöhung der Kämmereiarbeiter", daß die Dom Tarifausschuß als berechtigt anerkannte Forderung im Ma­giftrat abgelehnt worden sei, meil brei sozialdemokratiserar a giftratsmitglieder umgefallen feien und gegen die Forderung gestimmt hätten. Die Notiz der Roten Fahne" ist barer Unsinn. Die Berhandlungen des Magistrats sind geheim. Die Rote Fahne" ist also gar nicht in der Lage, die Stellungnahme der fozialdemokratischen Magistratsmitglieder zu fennen. Wir haben leider zu verzeichnen, daß infolge des Zusammengehens der fommunistischen Frattion mit den Deutsch  . nationalen aus dem früher in seiner Mehrheit sozialistischer Magistrat ein in seiner Mehrheit bürgerlicher Magistrat geworden ist. Die sozialistischen   Mitglieder des Ma gistrats befinden sich in einer hoffnungslosen Minderheit. Die Schuld daran tragen die Kommunisten, und sie haben damit auch die Verantwortung für die Magistratsentscheidung in der Lohnfrage der Arbeiter zu verantworten. Es ist das böse Gewissen, das aus der Notiz der Roten Fahne" spricht.

Scharfmacherei im Schriftgichereigewerbe.

Die Belegschaft der Offizin Berthold, Belle- Alliance- Straße, hatte für Freitag nachmittag 3 Uhr eine Versammlung nach den Blücherjälen einberufen. Der Borsigende eröffnete die Bersammlung und gab einen kurzen Bericht über die Wiedereinstellung der Kollegen. Es ist höchst bedauerlich und verwunderlich zugleich, daß die Firma Berthold, obgleich sie den Schiedsspruch angenommen und sich somit auch gegen jede Maßregelung erklärt hat, sehr langsam mit der Wiedereinstellung zu Werte geht. Die Versprechungen der Firma, daß die älteren Kollegen zu er ft in den Betrieben wieder Aufnahme finden sollten, hat sich bei weitem noch immer nicht bewahrheitet, da von einer Belegschaft von 112 Mann bisher erst 15 wieder eingestellt find. Die Erregung ist demgemäß groß und der Betriebsrat wird alles in Bewegung fehen müssen, um die Firma an ihre Pflichten zu erinnern.

Flaschmann gab dann einen furzen Situationsbericht über mann die Lage im Reich. Diese hat sich dahingehend verbessert, daß in fämtlichen Betrieben, wo Arbeitswillige nicht eingestellt waren, die Arbeit wieder restlos aufgenommen worden ist. Allein bei der Firma Iensch u. Eise find sechs Streitbrecher verblieben. Auch in Leipzig   ist die Arbeit wieder aufgenommen worden, außer bei der Firma Schelter u. Giesede, die den Schiedsspruch abge lehnt hat und demgemäß weiter bestreift wird. Im allgemeinen vollzieht sich in den Berliner   Konzernen, ebenso in Frankfurt   a. M., die Wiederaufnahme der Arbeit langfam. Es ist aber zu erwarten, daß bis Mitte nächster Woche die Einstellung eines großen Teiles der Streifenden erfolgt ist. Ein ähnliches Bild wie bei der Firma Berthold entrollt sich bei der Firma Stempel in Frankfurt   a. M., wo von einer größeren Belegschaft bisher nur zwei Mann eingestellt worden sind, so daß wenig Aussicht besteht, daß die Abteilung wieder mit der alten Belegschaft weitergeführt wird. Ein Gesamtbild ist erst nach dem 21. Oktober möglich, da der Schiedsspruch vorsieht, daß die Wiedereinstellungen erst mit diesem Termin vollzogen sein müssen. Hieran reihte sich eine Diskussion, in der wie bereits oben angeführt, das mehr als seltsame Verhalten der Offizin Berthold zur Sprache fam. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Firma dem Schiedsspruch Beachtung schenkt und sich in den nächsten Tagen zu den Wiedereinstellungen verhalten wird. Sie hatte alle Ursache, die Dinge nicht auf die Spize zu treiben.

Der Arbeiter- Abban geht weiter. Bochum  , 2. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Die Berwaltung der staatlichen Gruben hatte fürzlich mitgeteilt, daß der Abbau in den staatlichen Bergwerfen am 1. Oftober beendet sei und über die Zahl von 2000 Bergarbeitern hinaus im Bezirk der Be. triebsdirektion Recklinghausen   feine weiteren Betriebseinschränkungen erfolgen sollten. Dennoch hat die Zahl der entfaffenem 3ergarbeiter am 1. Oftober bereits die Höhe von 3000 erreicht. Jedoch ist damit die rückläufige Bewegung nicht abge