Der chemisthe G Seme Organisation: Den Marxismus toizusagen, ist das vergebliche Bemühen der privatkapitalistischen Unternehmer. Wie lebendig er ist. beweist die chemische Großindustrie Deutschlands . Für seine Kernthsorie, die Konzentrationstendenz des Kapitals, bedeutet die jetzt eingeleitete Umwandlung der Interessengemeinschaft des Anilinkonzerns in eine Lollfusion, bevor die Hälfte der auf 50 Jahre berechneten Interessengemeinschaft abgelausen ist, ein Beweisdokument vdn epochaler Bedeutung. Gefördert von der Stabilisterungskrise in Deutsch - land, die nur ein kleiner Ausschnitt der internationalen Sa- nicrungskrisis im Gefolg« des Weltkrieges ist erweist sich die Inter- essengeineinschaft mit der für diese privatkapitalistisch« Berwoltungs- sorm verwandter Unternehmungen denkbar engsten Bereinigung der Berwertungs- und Finanzinteressen als z u schwach. Interessen- gemeinschasten, Konzerns sind kein« difinitiven. sondern U e b e r- gangsformen zur kapital- und organisationsintensivsten«in- heitlichen Milliardenunternehmung. Krisen größten Maßstabes, wie die gegenwärtig« der Sanierung der Welttriegsfolgen, vermögen dos Tempo der Konzentration nur zu beschleunigen. Nach dem vorliegenden, offenbar vom Gemeinschaftsrat des Anilinkonzerns selbst inspirierten Kommunique werden die Hoch- st erFarbwerke(Kapital 176. Reserven 17,2 Mill.), die E l b« r- felder Farbenfabriken(176 bzw. 1S.1 Mill.), die A G. f ü r Anilinfabrikotion Berlin(S7,6 bzw. S.8 Mill.). die chemische Fabrik Griesheim Elektron(44 bzw. 4,4 Mill.), die chemische Fabrik Weiler ter Meer (12 bzw. 1,2 Mill.) sowie die L. C a- sella, Frankfurt und die Kalle u. Co., Biebrich , mit der Badi- schen Anilin- und Sodofabrit Ludwigshasen fusioniert und gehen in dieser auf. Damit werden die Größtwert« der deut- schen chemischen Industrie zu einem Einheitsunternehmen mit einem offenen Aktien- und Reservenkapitol von rund 866 Mill. ver- schmolzen, dem einschließlich der Beteiligungen und neuesten Erweiterungen Unternehmungswerte von weit über einer Milliarde entsprechen. Die Berschmelzung dient der „Vereinfachung. Derbesserung und Derbilligung durch zwetfinäßigere Ausgestaltung ihrer Betriebs- und Verkaufsorganisation". Sie wird praktisch durchg«führt in 4 Bctriebsgcmeinschaften(Ober-, Mittel-, Niederrhcin und Mitteldeutschland ) und S Berkaufs- gemeinschasten(Farbstoffe. Stickstoffe, pharmazeutische und Schädlingsbekämpfungsmittel, Kunstseide und photographische Mittel sowie anorganische Produkte). Die finanzielle Verschmelzung wird durch eine Einheitsaktie zum Ausdruck gebracht: die Badische Anilin-, und. Sodafabrik wird ihr Aktienkapital um die Kapital« der übrigen Firmen(mit Ausnahme der Casella und Kalle, die Deteili- gungen der Hauptwerke sind), erhöhen und die neuen Aktien gegen die. eingebrachten austauschen. Der Name der neuen Finna lautet„I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft". Die Neu- bilhung ist also eine cinheilliche Aktiengesellschaft, die dos I. G.
roßtrust perfekt. nd feine Bedeutung. (Jnteresi sngemeinschaft) wesentlich noch aus Tradition mitführt. Der SitzderFirmaist Frankfurt am Main . Die verschmolzenen Firmen werden Zweigniederlassungen, die ihre alten Nomen nur beibehalten. Die bisherigen selbständigen Vorstände ver- schwinden: der neue Einheitsvorstand hat zum Vorsitzenden Geheimrat Prof. Dr. Bosch von der Badischen Anilin. Auch die bisher selbständigen Aufsichtsräte werden e i n Aufsichtsrat; der bis- herige lose Gemeinschaftsrat wird ein Verwaltungsrat. Der Vor- sitzende beider ist D u i? b e r g, Leverkusen . Das ist Konzentratton höchst unpersönlich gewordenen Kapitals, das nicht mehr von I n d i- v i d u a l Unternehmern, sondern von Funktionären gesell- schaftlicherProduktionsmächte verwaltet wird, in vollster Form. Man wird die technischen, kaufmännischen und finanziellen Ber- änderungen, die durch die Schaffung des neuen Chemietrusts ein- treten, nicht überschätzen dürfen. Die Bedeutung der neuen Tatsache liegt in der symbolischen Kraft, mtt der sie als Ausdruck der schwersten Erholungskrise des kapitalistischen Systems die ton« zentratioe Gesetzmäßigkeit in der Entwicklung der tapi- talistischen Produktionsverhältnisse dokumentiert. Diese symbolisch« Kraft ist um so wirkungsvoller, als die bevorstehende Fusion der Ab- schluh eines organischen Wachstumsprozesses von Jahrzehnten ist der zwar von der internationalen Sanierungskrisc im Gefolge des Weltkriegs gefördert, aber von den Zufallselementen sonstiger Konzernbildung im wesentlichen frei ist. Nicht innere Krankheit der Glieder, wie bei der rheinisch-westsälischen Mon- tantrustbildung, sondern die von der technischen Entwicklung de- günstigte innere Gesundheit, die durch Jahrzehnte von der I. G. bei den Gliedern systematisch gepflegt wurde, ist die Ur- fache des Zufammenschlusies. Darin beruht auch seine Bedeutung für die Arbeiter- k l a s s e. Geheimrat Duisberg t st der Vorsitzend« de« Reichsverbandes der deutschen Industrie. Der Rcichsoerband der deutschen Industrie kämpft um die Macht im Staate. Es mußte dementiert werden, daß der Reichskanzler und der Reichswirtfchaftsminister Regierungsmaßnahmen nur mehr in Verbindung mit dem Rcichsoerband der deutschen Industrie er- greift. Es muhte dementiert werden, daß der Reichsarbeits- minister die Lohnpolitik der Arbeitgeberverbände zur eigenen macht. Die Arheiterschast wird zu beachten haben, daß h�se Dementis d i e Bestrebungen der Unternehmerverbände rucht entkräften und noch mehr, daß der gesündeste Stoßtrupp der Industrie, die Chemie, nicht mehr die bankrotte Montanindustrie den Kampf der Unter- nehmerklasse führt. Das heißt aber, daß der Kampf der Klassen und ihrer Verbände um die Auswertung der Staatsgewalt, UM die Schlüsselposition des hochkapitalistischen Wirtschaftssystems, schärfer entbrennen wird als je.,
Frankreichs Kampf in Washington . Seine Bedeutung für Teutschland. Die Verhandlungen des französischen Finanzirnnisters Caillaux mit dem Schatzsekretär der Vereinigten Staaten , Mellon, über die Rückzahlung der französischen Kriegsschuld endeten mit dem Vorschlag einer vorläufigen Lösung. Amerika hat Frankreich ein Provisorium angeboten: in den ersten fünf Jahren soll es je 4v Millionen Goldoollar an das amerikanische Schatzamt abführen; das bedeutet eine Verzinsung von etwa ein Prozent der französischen Schuld. Nach fünf Jahren, auf Frankreichs Wunsch auch früher, möge auf einer neuen Kon- ferenz zwischen Schuldner und Gläubiger die endgültige Rege- lung erfolgen. Caillaux hat sich nicht für befugt erklärt, Mellons Vorschlag anzunehmen. Er hat sich dabei hinter dem formalen Grunde verschanzt, er sei von seiner Regierung nur zum Abschluß einer endgültigen Lösung ermächtigt. In Wahr- lzeit steht dahinter die Erkenntnis, daß das fünfjährige Provi- sorium zwischen Amerika und Frankreich von weitreichender Wirkung aus die Gesamtheit der interalliierten Schuldenrück- Zahlungen sein wird. In Washington standen sich nicht nur e i n reicher Glau- biger und ein fast bankerotter Schuldner gegenüber. Die Verhandlungen waren von vornherein mit der Rückwirkung belastet, die sie auf die anderen finanziellen Kriegsliquidations- Verhandlungen ausüben müsien. Bis jetzt ist ja nur der eng- lisch-amerikanische Schuldenrückzahlungsvertrag in Kraft gesetzt worden: seit 1923 zahlt England, für 62 Jahre, jährlich die ungefähre Summe von 899 Millionen Goldmark. Der belgisch -amerikanische Vertrag bedarf noch der Zustimmung de? belgischen Kammer wie des amerikanischen Senates. England hat sein Abkommen mit Amerika auf der Voraussetzung auf- gebaut, daß es von Amerika nicht schlechter als Frankreich be- handelt wird. Der jetzige Vertrag Frankreichs mit England beruht auf der gleichen Voraussetzung. So standen sich Amerika und Frankreich mit halb gebundenen Händen gegenüber: Jedes weitergehende Entgegenkommen des Gläubigers gegenüber diesem Schuldner hätte zur Folge gehabt, daß die anderen Schuldner— dazu gehören noch Italien , Rumänien , andere kleine Kriegführende— die gleiche Behandlung verlangten. Anderseits ist Frankreichs Finanzlage bedenklich genug, um ihm nur eine geringe Belastung zuzumuten, wozu noch der sentimentale Anspruch Frankreichs tritt, die Welt der Demo- kratie vor dem deutschen Militarismus gerettet zu haben. So kann sich Amerika mit einer vorläufigen Lösung begnügen, die den Anspruch an andere Schuldner auf eine ähnlich günstige Behandlung in einer Regelung leichter zurückweisen läßt. Es hat seinen Standpunkt, daß es unmoralisch sei, Schulden nicht zu bezahlen, wenigstens zur grundsätzlichen Anerkennung durch Frankreich gebracht. Während vor noch gar nicht langen Monaten französische Staatsmänner sich zu dieser Anerken- nung noch nicht aufraffen tonnten, würde Frankreich mit der Annahme des amerikanischen Vorschlages, wenigstens feine Zinszahlung, nach einem Zahlungsaufschub von sieben Jahren, beginnen.- Frankreich hätte den Vorteil des sehr niedrigen Zinssatzes und die Gewähr, daß seine Schuld durch Zinseszins wenigstens nicht weiter anwächst. Ueber die Annahme des amerikanischen Vorschlages des fünfjährigen Provisoriums wird sich Frankreich freilich erst schlüssig werden, wenn die bereits angekündigte Besprechung Caillaux ' mit dem englischen Finanzminister Churchill statt- "gesunden hat. Es handelt sich dabei darum, das bisher ehe»- fall» vorläufige Abkommen mit England in ein endgültiges umzuwandeln. Aber tpie der Ausgang dieser, in etwa vier- zehn Tagen stattfindenden Aussprache auch sein mag: Der amerikanische Vorschlag ist in jedem Falle für Deutschland von höchstem Belang. Frankreich verteidigt ja bisl)er mit dauern- dem Erfolg den Grundsatz, daß feine Zahlungen an seine beiden Gläubiger Amerika und England keinesfalls die Summen übersteigen dürfen, die es von Deutschland erhält. Run sind ja die Reparationszahlungen Deutschlands an Frankreich und seine Alliierten ebenfalls nur vorläufig, für einige Jahre ge- regelt. Die endgültige Belastung Deutschlands bängt also mit von den Summen ab, die die europäischen Schuldner an Am«» rika und die kontinentaleuropäischen an England zu zahlen haben. Caillaux ' Verteidigung der französischen Finanzen ist deshalb von Bedeutung für die deutsche Wirtschaft, sein Kamps in Washington und in London ein Beispiel deutsch - französischer Solidarität der Interessen.
Interparlamentarifthe Union. Die Washingtoner Tagung. Vashingkon. 8. Oktober.(WTB.) Fünf weibliche Mitglieder der deutschen Delegation auf der Tagung der Interparlamentarischen Union brachten zu Lafontaine» Referat über die Menschenrechte den Antrag ein, die Frage de» Frauen st immrecht» und der Anpassung der Gesetze an die Gleichberechtigung der Geschlechter zu einer Angelegenheit der Interparlamentarischen Union zu machen. Relchztagsabgeordnete Genossin Pfüls begründete den An- trag und erklärte, indem die Vereinigten Staaten Francis W i l l a r d ein« Statu « in der Ehrenhalle des Kapitals gesetzt hätten, hätten sie die Wichtigkeit der Befreiung der Frau ane'r- kennt. Die Passivität eines großen Teils der Bevölter-,ng bilde eine Gefahr In Zeiten der Krise. Frau Pfüls forderte ein Mit- bestiminungsrecht der Frauen bei der gesamten Gesetzgebung und zwar entsprechend ihrer Zahl. Ihre Rede wurde mit großem Beifall aufgenommen und der Antrag als Anregung der Standigen Kommission überwiesen. Reichstagsabgeordneter Prof. Dr. Schücking Dem.) nahm Stellung zu den Völkerbundsberichten von Pella. Lafontaine und Root. Er erklärte sich damtt einverstanden, daß Maßnohmen zur Verhinderung verbrecherischer Störungen de» Iveltfrleden» ergriffen würden. Abweichend von Pellas Dorschlag sei er aber der Meinung, daß ein völkerrechtliches Strafrecht wohl gegen Jndivi- duen, ober nicht gegen Staaten zu schaffen sei, weil letztere kein« Straftaten begehen könnten. Em Strasoersahren gegen Staaten führ« immer zur Bestrafung einzelner Bürger und zu Mahnqhmen gegen dos private Eigentum. Das sei, wie der letzte Krieg gelehrt Hab«, eine gefährliche Tendenz. Die von La- sim tarne vorgeschlagene Kodifikation der Grundrecht« der Staaten stelle einen ungeheuren Fortschritt dar. Lafontaine» Entwurf sei von allen Vorschlägen der best«. Er folge in gewisser Hinsicht dem Beispiel der Weimarer Reichsverfassung. Rur die An- erkennung dieser Rechtsüberzeugung durch die Staaten könne Kata- sirophen verhindern. Darüber hinaus sei die von Root vorge- schlagene Kodifikation des gesamten Völkerrecht, erfckrderlich. Heute paßten die Staaten ihr« völkerrechtliche Auffassung den eigenen Bedürfnissen an. Konflikte und Reibungsflächen seien die Folge. Di« Schwierigketten einer Kodifikation seien ungeheuer groß. Das Völkerrecht befinde sich in einem gewaltigen G ä r u n g s- Prozeß. An die Stelle des Kriegsrechtes müsse ein Prozeß- recht treten. Di« Schwierigkeiten würden dadurch gesteigert, daß
die völkerrechtlichen Auffassungen der Völkerbundsstaoten von den- jenigen der Staaten, die nicht Mttglieder des Völkerbundes jeiep. abwichen. Die Völkerbundskommission hob« sich bei ihren Bemühungen um eine Kodifikation ein bescheidenes Ziel ge- setzt, indem sie nur einzelne reise Materien ausgesucht habe. Die Interparlamentarische Union müsse wettergehen und einen um- fastenden Kodisikationsplan durchführen. Die Menschheit könne nicht waclen. bis eine neue Katastrophe hereingebrochen sei. Der Westkrieg hgbc gelehrt, daß eine Weiterbildung des Völkerrechts erforderlich fei. Deutschland sei zur Mttarbett an der Verwirklichung jedes völkerrechtlichen Forlschrms berett. Dr. Schückings Rede fand großen Beifall.
der Liebeowerüaer Prozeß. Abnehmendes Interesse. Torgau . 5. Oktober(Eigener Drahtbericht). Am Montag, dem 7. Derhandlungstag im Liebenwerdaer Prozeß, macht sich ein Abnehmen de« Interesses bemerkbar. Rur wenige Zuschauer sind anwesend. Der Vorsitzende erklärt bei Erössnung der Sitzung, daß ihm fast täglich anonyme Schreiben zu- gingen, auf die er persönlich nichts gebe, die er aber der Staats- anwattschoft zur evtl. Bersolgung übergebe. Die Berteidigung inter - pelliert dann den Vprsitzenden, wie die Stellung de« Gerichtes betr. der C a s s e l e r Akten zu verstehen sei. Der Vorsitzende erwidert. daß der InHall dieser Akten für diesen Prozeß keine Rolle spiel «. Es sei für dieses Gericht nicht maßgebend, welche Stellung eine an- dere Behörde einnehme. Rechtsanwalt Blume bemerkt darauf, daß er aus den Casteler Akten nachweisen wollte, daß vpn der Kreissparkaste Wildungen 22 Sparkastenbücher verwandt worden sind, um einer Firma Geld zu verschaffen. Der deutschnationale Landrat von Morsbach sei im Ausstchtsrat d«r Kreissparkaste und die erwähnten Geschäfte seien in feinem Auftrag gemacht worden. Der Zeuge Mühlenbesitzer Knopf- Liebenwerho, Bor. standsmitglied der Liebenwerdaer Kreissparkast«, fall sich über ein Gespräch zwischen dem Landrot Bogt und dem Stadtbankdirektor Krabbe äußern. Der Zeuge kann ober so gut wie gar nichts b«. künden und es hat den Anschein, als ob er sich nicht viel um die An- gelegcnheil gekümmert hat.— Es wird nun der Kriminalkommissar S e i f f e r t gehört, der den Angeklagten Merres zuerst in Berlin vernommen hat. Bon Merres ist behauptet worden, daß sowohl die ihn vorführenden Kriminalbeamten wie auch Seisfert an ihn die Erage gerichtet hätten, welcher politischen Partei der andrat Dogl angehöre. Auf Befragen des Verteidigers bestreitet ber Zeug« das, gibt dann die Möglichkeit zu. behauptet aber am Schluß der Verhandlung, daß er ein« solch« Frage nicht ge- stellt habe. Der Vorsitzende schneidet weitere Fragen dieser Natur ab und ein von der Verteidigung beantragter Gerichtsbeschluß gibt ihm Recht. Im übrigen macht der Zeuge keine bemerkenswerten Aussagen.— Der Zeuge Regierungsrat a. D. W i en b e ck ist Dorstandsmitglied der Pommersch-Märkischen Wirt- schast-A.-G. in Berlin , an der auch die Pommersche Giro-Zentrole cls Aktionär beteiligt ist. Erstere ist von der Giro-Zentryl« gebeten worden, die Schmidthalsschen Derhältnisse zu prü- f e n. Das fei geschehen und versucht worden, das Unternehmen zu sanieren. An ein Gespräch zwischen Bogl und Krabbe betrefss der Gülligleit der Liebenwerdaer Giros kann sich der Zeuge nicht «rinnern.— Der Zeuge Rechtsanwall Pott ist Justitiar der Pom- mersch.Märktfchen Wirtschasts-A.-G. Auch er weiß nicht» von dem vorerwähnten Gespräch. E» sei keine Red« davon gewesen, daß die Wechsel von Liebenwerda nicht bezahlt werden. Selbst wenn die Gültigkett der Liebenwerdaer Giros theoretisch in Erwägung ge- zogen sein sollte, kam das praktisch nicht in Frage, da ja noch über die Sanierung der Firma Schmidthals weiter verhandelt worden sei. Spgrkasiendirektor Krabbe wird nochmals über sein Gespräch mtt dem Landrat Vogl vernommen. Er bleibt bei seiner Aussage. gibt dieser aber jetzt die Auslegung, daß er den Eindruck gewonnen hatte, als wenn Vogl persönlich nur die Verantwortung von sich ab- wälzen wollte. Der Vorsitzende schreitet nun nochmals zur Vernehmung der beiden Angeklagten, indem er ihnen aus dem Protokoll mehrer« belastende eigene Aussagen vorhält. Der Angeklagte Vogl be- hauptet, daß er diesen Aussagen keinen besonderen Wert beigemesien
Hab«, Wenn er Falsches unterschrieben habe, so nur um der be- fürchteten Verhaftung zu entgehen. Es sei ihm auch nicht möglich gewesen, seine Äuesagen gegenüber der Einstellung des Oberstaatsanwalts durchzusetzen. Auch der Angeklagte M e r r e« behauptet, bei seiner Vernehmung durch den Staatsanwall von diesem beeinfluß! worden zu sein. Er will die ihn belastenden Pro- tokolle nur unterschrieben haben, well man ihm sagte, er ver- schlimmere sonst nur seine Lage. Angeficht? dieser Behauptungen sieht sich das Gericht veranlaßt, nunmehr, den Oberftaots- onwali zeugeneidkich zu vernehmen. Oberstaatsanwalt Dr. T H.I e II ch bestrettet die von den Angeklagten gemachten Angaben. Infolg« de« überhebenden Auftretens des Angeklagten Merres, das später auf da» Augenleiden des Merres zurückgeführt wurde, habe er diesen zunächst allerdings schroff behandelt. Später habe er ihn aber milder behandelt. Auch den Angeklagten Bogl habe er durchaus loyal behandelt. Es läge kein Grund vor, zu be- haupten, daß die in der Voruntersuchung gemachten Auesagen er- zwangen wurden. Damit ist die Montagsoerhandlung beendet. Es sit nur noch ein Zeuge zu vernehmen, der Rechtsanwalt G o r g c w s k i- Berlin , der Rechtsberater der beiden Angeklagten war. Dieser Zeuge soll am Dienstag vernommen werden.
Nationaler Sumpf. Unterschlagungen nationalistischer Ehrenwinner. Dresden . S. Oktober.(Eigener Drahtbericht.) Di« Unter- schlagungen beim„Sächsischen D o l k s o p s e r". die Major Lösfler und der Syndikus des Industriellenverbandes Meißner in Dresden verübt haben, ziehen immer weitere Kreise. Das„Säch- fische Voltsopfer" ist in der Inflationszeit vom Ches des Wehr. kreiskommandos IV, Generalleutnant Müller, ins Leben gerufen worden. Mit Hilfe von Reichswehrwagen und Gespannen war seinerzeit alte Wasche und alte Kleider für die Aermsten der Armen und vor allem für die Kriegsopfer gesammelt worden. Der eine der beiden nationalistischen Ehrenmänner, Syn- dikus Meißner, hat nicht weniger als 100 000 Reichsmark aus der Kaste des»Sächsischen Volksopsers" g e st o h l e n und oersuchte vergebens, nachdem man seine Verfehlungen aufgedeckt hatte, sie zu decken. In Innsbruck wurde er van Dresdener Polizeibeamten verhaftet. Die„Telegraphen-Union", die sich die Verbreitung des gehässigsten Klatsches gegen die Sozialdemokratie zur Aufgabe gemacht hat, versucht vergebens, Dr. Meißner reinzuwaschen, indem sie erklärt, er habe es lediglich an der notwendigen Kon- trolle fehlen lasten. Dabei erfährt unser Dresdener Porteiblatt, daß Dr. Meißner bereits vor einem Jahre wegen eines anderen .Deliktes in Untersuchungshaft saß. Auch der zweite Defrau- dant. Major Lösfler, hätte die Herren vom»Sächsischen Volks- opfer" und vom Dresdener Wehrkreiskommando etwas zur Vorsicht veranlassen müssen. Cr hatte sich vor einiger Zeit schon einen falschen Titel zugelegt, worüber man im Wehrkreiskommando recht gut Bescheid weiß. Lösfler war trotz alledem Geschäftsführer des „Nationalklubs für Sachsen", in dem auch schon früher eigenartige Dinge politischer Natur vorgekommen sind. Es wurden dort selbst altadlige Herren zurückgewiesen, weil in ihren Adern »jüdisches Blut" flösie. Lösfler aber wohnte so lange in der Dillr des berühmten„Nationalklubs" in der Tiergartenstraß«, bis der ihm anvertraut« Verband ruiniert war.
ver preußische Uutersuchung». Ausschuß hat g-sieru seine Verhandlungen wieder ausgenommen. Tie Siyung war fast autsckließlich der Vernehmung de« Direktors Michael H o l z m a n n gewidmer, der seinerzeit auf Veranlosiung KutiSker» wegen angeblichen Betrüge» in Sachen Hanauer Lager verhafte» wurde und neun Monate in Uniersuchung«hast saß. Seine ziemlich eingehend« Vernehmung ergibt aber nichts irgendwie Wesentliche«. Erholung vom Preisabbau. Reich«wirtsckiafISniinister Tr Neubau« ist mit Heiner Gemoblin zu längerem Aulenibalt in Lahmann« Sanatorium in Dresden -Weißer-Hirich eingetroffen, da die Prei«- senkung ihn offenbar stärler angegriffen hat al« die Preis«.